01.-14.06.: Turmdrachen Weltmeisterschaft

Vom 01.-14.06. findet in Laveno (IT) die Weltmeisterschaft der Trumdrachen statt. Für Team Germany vor Ort: Konrad Lüders, Frank Seide und Melanie Sojka (Support). Die Teilnehmer berichten fortlaufend und freuen sich auf spannende Wettbewerbstage. 

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01.06. - Eröffnung

Am Sonntagabend wurde der Wettbewerb feierlich eröffnet, mit einem Bootscorso der 49 Teilnehmer aus 15 Ländern auf dem Lago Maggiore. Anschließend stimmungsvolle Prozession mit Blaskapelle zum Rathaus. Es wurden viele Ansprachen gehalten, zuvorderst vom Bürgermeister, dann den Organisatoren gedankt und nicht zuletzt den Piloten, dazu mit den besten Wünschen zum beginnenden Wettbewerb. Noch während des  obligatorischen Pflichtbriefings am Montagmorgen setzte anhaltender Regen ein.

Hoffentlich können wir bald von fliegerischen Erlebnissen berichten.


 

03.06. - Offizieller Trainingstag

Die Organisatoren waren optimistisch und haben heute einen Trainingstag angesetzt. Die Wetterprognose sah ziemlich mies aus, im Tagesverlauf musste ständig mit Schauern und tief hängenden Wolken gerechnet werden. Am Startplatz Mte. Nudo, in 1100 m Höhe, bauten wir zunächst in den Wolken auf, die gelegentlich aufrissen und den Blick auf den Lago Maggiore freigaben. Zum Briefing wurde dann eine kleine Streckenaufgabe ausgeschrieben, ein Zickzackkurs über etwa 22 km. Aber nach einer weiteren Stunde ohne deutliche Wetterbesserung entschied sich die Wettkampfleitung, den Task abzusagen. So wurden es am Ende individuelle Trainingsflüge. Bei tief hängenden Wolken und vielen Drachen in der Luft hieß es, ordentlich aufpassen. Große Höhengewinne waren leider nicht drin, daher auch keine Streckenkilometer. Und wer spät landete, wurde dann beim Abbauen auch wirklich noch nass: Die Schauer kamen, wie versprochen.

Der morgige Wettkampftag wurde bereits regenbedingt abgesagt. Wir hoffen auf besseres Wetter und schöne Flüge.
Lieben Gruß - Frank


 

06.06. - Task abgesagt

Leider wurde auch der heutige Tag gecancelt. Es hatte in der Nacht ergiebig geregnet. Erst gegen 11:00Uhr lockerte es auf. Zuviel Feuchtigkeit, keine Hoffnung auf taskbare Bedingungen.


 

08.06. - Task 1

Endlich können wir wieder das machen, wozu wir hier sind – fliegen! Nach den 5 Regentagen war der Boden durchfeuchtet. Nach der Auffahrt zum Mt. Nudo hatten wir uns noch in Geduld zu üben. Das Briefing begann später als angesagt und die laut Taskboard angesagten Zeiten noch einmal verschoben. Die Wolken wollten sich nicht verziehen. Immerhin waren die Startbedingungen bestens und die Organisatoren hatten ihre Aufgaben im Griff. Unsere Aufgabe mit Gate und erster Wende um die Kapelle San Martino auf dem Nachbarberg war zunächst ein Ritsch-Ratsch, zweite Wende über dem Hafen von Laveno, bis an die Küstenlinie galt es zu fliegen, über die Stadt hinweg. Sightseeing vortrefflich, Termik mager. Am Landeplatz nahmen die Einschläge zu, leider musste dort Frank Seide abhocken. Ich schaffte noch den nächsten Buckel und landet an der dritten Wende.

Manfred Ruhmer, Christian Ciech und Peter Song (USA) flogen die 41km bis ins Ziel. Heute war ich als 20ter gestartet. Morgen werde ich wohl um 7 Plätze vorrücken.

Liebe Grüße - Konrad


 

09.06. - Task 2

Heute fahren wir mit der Seilbahn Funivia auf den Sasso del Ferro. Drachen schultern, loslaufen, von hinten in die Gondel springen ist stets eine Herausforderung. Als Musiker weiß ich, was LENTO heißt, der Bahnangestellte versteht`s und ist nett zu mir. Oben bekommen wir erst unseren Aufbauplatz und dann viel Zeit zum Verwarten. Die Luft ist stabil, die Sonne müht sich durch den Dunstschleier. Es gibt Eis, Aqua, Apfelstrudel, nur keine Thermik. Dann gibt es eine Aufgabe. Nominaldistanz ist 40km, die Tasksetter halten sich penibel daran, um die 1000Punkte zu ermöglichen. Endlich wird sehr perspektivisch eine Startzeit festgeklopft. Als die endlich heran ist und sich nichts rührt, erfahre ich den Grund: Ein Paragleiter hängt an unserem Nachbarberg in den Bäumen, der Heli kommt und bleibt. Wir werden unterhalten mit Briefings. Die Zeiten werden nach hinten verschoben, das Taskboard wird bunt. 15:30 Uhr Windows open, 16:50 Uhr Start, letzte Landung 20:45 Uhr! 

Ich habe eine frühe Startnummer, das Warten in der Luft geht also weiter. Es geht sehr zähe mit dem Höhemachen. Eigentlich kämpft man gegen das Absaufen. Für die Zuschauer sicher sehr interessant, die vielen Drachen so eng beieinander zu sehen. Ich sehe das anders. Frank versucht es mit einem Ausbruch zum benachbarten Mt. Nudo, dort liegt das Startgate. Leider wird sein Mut bestraft. Er verliert viel Höhe und kehrt um. Ich habe Glück, finde ein paar Minuten später eine bessere Phase. Eine gute halbe Stunde Kreisen im Pulk am Startgate kostet Nerven und Schweiß. Dann endlich zur ersten Wende, der Kapelle San Martino und zurück. Das verlief insofern glücklich für mich, dass ich den Landeplatz noch sicher erreichte. Kein Piepser unterwegs. Kein Pilot heute im Ziel. 

Lieben Gruß - Konrad


 

11.06. - Task 3

Heute stand wieder die Seilbahnauffahrt auf dem Programm. Leider hatte ich den erstklassigen Aufbauplatz auf der Aussichtsplattform von Vorgestern verflogen und musste eine Etage tiefer aufbauen. Der größte Nachteil besteht darin, dass man zum Start eine steile Treppe aufsteigen muss, in voller Ausrüstung versteht sich. Da sammelt sich der Schweiß im Kinnschutz. 

Als ich (Startnummer 28) dann auf der "Tischtennisplatte" stand, landeten bereits die ersten Drachen. Vor der Startplattform tummelten sich zu viele Drachen. Der Startleiter ließ mich lange warten. Ich riet an, doch eine Viertelstunde zu unterbrechen. Der Startleiter: "is not possible". Das wusste ich natürlich. Etliche Piloten hatten sich schon im vorhinein als Letzte eintragen lassen, auch um sich das über eine Stunde dauernde, nervenaufreibende Pulkkreisen vor Taskbeginn zu verkürzen.  Dann konnte ich endlich die vier Schritte bis ins Freie laufen. 

Ich hatte Glück, konnte recht bald ein Steigen finden und flog zum Monte Nudo, um dort die Zeit bis zum Taskbeginn zu warten. Natürlich wieder im Pulk, Steigen schwach und eng. An der Inversion waren wieder etliche Drachen beisammen. Ich flog die 2km zum Startzylinder und nahm kurz dahinter die erste Wende. Wieder zurück zum Monte Nudo, keine Thermik zu finden, also Rettung Richtung Landeplatz an den Sasso del Ferre. Unten stand schon eine ganze Reihe Drachen. Ich konnte aber noch einmal auftanken, wieder zurück zum Monte Nudo und dann zur zweiten Wende bei San Martino. Leider kam ich zu tief an, kämpfte noch eine Weile und gesellte mich schließlichzu den dort schon eingetroffenen Pechvögeln auf die gleiche Landewiese wie gestern. Immerhin flog ich 800 Wertungsmeter weiter als die Mindeststrecke von 7 km. In 2 Stunden schwer erkämpft. Internationale Spitzenpiloten wie Christian Ciech, Manfred Ruhmer und Mario Alonzi kamen weiter und mussten nach 34km ihre Drachen abbauen; 159 Siegerpunkte..

Grüße - Konrad


 

13.06. - Task 4

Ein Ansporn, gut zu fliegen besteht darin, dass man einen vorderen Aufbauplatz bekommt, zumeist bequem in vielen Beziehungen. Ich hatte heute einen schlechten zwischen zwei Baumstümpfen mit abgesägten Wurzelstümpfen und jeder Menge Felsgestein. Dazu war es schwülheiß und kaum windig. Briefing wurde an den Waldrand in den Schatten verlegt. Ich rechnete mit einer kürzeren und leichteren Aufgabe, wegen des geplanten Abschlussfestes am Abend. 

Die Thermik sollte stärker sein und höher reichen als gestern. Damit klappte es leider nicht. Es war eng, bockig und ging selten höher als 300m über die Berggipfel. Dort eine Stunde Warten auf den Taskbeginn zehrte wieder an den Nerven. Unten bildete sich neben der Rampe eine neue Schlange Drachen. Die Piloten wollten noch nicht starten und wurden jeweils ans Ende  der Startreihenfolge gesetzt. Unter ihnen auch Frank Seide. Mir war es in Der Luft dicht unter der Wolkenbasis zu eng/gefährlich geworden und ich ordnete mich immer wieder neu unter den kreisenden Pulk ein. Natürlich verpasste ich den Moment, als sie losflogen, hatte gerade zu wenig Höhe. 5 Minuten später folgte ich ihnen, hatte aber nicht mehr aufschließen können. In dem mir unbekannten Gelände stocherte ich vergeblich nach Thermikblasen und landete auf einer schönen Wiese, die uns als Notlandeplatz schon angezeigt worden war. Es dauerte nicht lange, dann standen 14 Drachen auf der Wiese neben einem Rinderstall. Frank Seide konnte das von oben betrachten, als er in gut 1000m Höhe über uns zur zweiten Wende flog. Dann zog eine hohe Abschirmung auf, die die restlichen Pilote auf den Boden beförderte. Von den 41 km schaffte Manfred Ruhmer als Bester 28km. 
Es gab wegen der großen Zahl von Mindeststrecken nur eine ganz kleine Wertung. Frank Seide strahlte, weil es endlich mal zu zwei Wenden gereicht hatte. Die Rückholung klappte wie immer perfekt.

Am Abend zum Abschiedsfest gab es Freibier und Freipizza, Musik und Tanz. Morgen sollen wir zur Siegerehrung offiziell gekleidet erscheinen, keine Werbung auf T-Shirts! Ich bin gespannt darauf.

Lieben Gruß - Konrad


 

14.06. - Siegerehrung

Nach 6 Flugtagen am Stück sieht die Ausschreibung einen Ruhetag vor. Daraus wird aber nichts, weil die Sieger zu ehren sind. 

Zuvorderst sind das aber die vielen Organisatoren, Helfer und Sponsoren, denen Dank ausgesprochen wird. Noch davor kommt aber die Zeremonienmeisterin und klärt auf, wer wie einzumarschieren hat. Es dauert und dauert, doch dann marschieren die Piloten, Fahnen schwenkend auf den Hof des Rathauses. Ein Altus hat seine Flügel über das Siegerpodest entfaltet. Ein Trompeter spielt die Nationalhymne, alle Italiener singen lauthals mit, ihre Nationalflagge wird gehisst. 

Ergebnisse

Ladies first: Wir habe mit Thaise Galvan aus Brasilien und der Italienerin Katia Bruni zwei Pilotinnen, die vorne mitfliegen. Es gibt Beifall und Blumensträuße. Dabei hätte es Thaise mit ihrem 4. Platz fast aufs Treppchen geschafft. 

Turmdrachenweltmeister wurde Peter Song (USA) vor Alan Cross (ECU) und Alexander Ferreira (FRA). In der Nationenwertung (max. je 4 Piloten) siegte Italien vor Frankreich und Großbritannien). Weitere Wertungen gab es in einer Offenen Klasse mit Teilnehmern, die an FAI1 - Wettbewerben teilnehmen. Hier war Manfred Ruhmer (AUT)  erfolgreich vor Christian Ciech (ITA) und Gary Wirdnam (GBR). 

Ergebnisse Gesamt

Resume

Nach einer total verregneten ersten Woche wurde es heiß und trocken. Wir konnten jeden Tag fliegen. Das Fluggebiet ist sehr anspruchsvoll.. Die Berge ragen bis ca. 800m über den Talboden, sind bis oben dicht bewaldet. Die Basis war bestenfalls 400m darüber. Das Fluggelände drängt sich zwischen Sperrgebieten und dem Lago Maggiore.. Speziell die Außenlandewiesen sollte man sich gut eingeprägt haben. Wegen der geringen Höhe war die Absaufgefahr latent, wovon auch rege Gebrauch gemacht wurde. Frustrierend, wenn man nach über einer Stunde in der Luft  auf die Startzeit gewartet hat und dann die erste Wende nicht knackt, weil sie sehr anspruchsvoll platziert wurde. Manche Mindestpunkte waren hart erarbeitet worden. Die beiden deutschen Teilnehmer hatten das Glück nicht auf ihrer Seite und konnten ihre Erwartungen nicht erfüllen. 

Zudem wirkt es sich aus, dass in anderen Ländern Turmdrachenfliegen einen höheren Stellenwert hat als bei uns. Die Piloten reisen  von weither an, um an der WM teilzunehmen und sind in der Luft top. Das sollte zu denken geben. Es gilt, das Image des Turmdrachens als Wettbewerbsgerät zu verbessern, Piloten Trainingsmöglichkeiten zu schaffen und ihre Leistungen anzuerkennen.

Liebe Grüße - Konrad