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Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV

Chalvet Open 2011

offizielle Website mit Ergebnissen

Fliegen in der Heimat von Baguette und Gänsegeier

Chalvet Open 21. – 27.08.2011 (kombinierte Britische und Französische Meisterschaft)

Starts von zwei verschiedenen Bergen und jeden Tag ein anderes Ziel. Dies gab dem Wettbewerb den Charakter einer Sightseeingtour zwischen einigen der zumindest ehemals angesagtesten Fluggebieten Südfrankreichs. Die Organisation hatte unter der Leitung von Meet Director Pete Coad dessen Charakterzüge angenommen: Überlegt, entschlossen aber immer auch entspannt, humorvoll und auf einen guten „safen“ Ausgang bedacht. Da das Bergdorf Saint André-les-Alpes die halbe Woche zum großen Volksfest einlud, war auch für das nötige abendliche Rahmenprogramm gesorgt. Doch der Reihe nach…


Freitag 19.08. Nachtfahrt, freies Abendfliegen

Nach der Nachtfahrt aus dem fernen Sauerland trafen wir pünktlich zum morgendlichen Cafe au lait am Laragne Marktplatz ein. Bon jour!  - der Urlaub kann beginnen!
Die 2-stündige Weiterfahrt nach St.-Andre-les-Alpes ließen wir langsamer angehen, hatten wir doch maximal noch einen Abendflug eingeplant. Auf den letzten Kilometern zwischen Digne-les-Bains und St-Andre begann schon die hastige Analyse einigermaßen brauchbarer Landewiesen, was auch in den kommenden Tagen unser zweites Hobby bleiben sollte.

Am Chalvet – dem Startberg St-Andres - waren schon einige Piloten am Soaren. Und die bereits Tage zuvor angereisten Teamkollegen Monique und Konrad wiesen uns umgehend in die Landeproblematiken des Haupt- und Ausweichlandeplatzes ein.
Der abendliche Testflug vom Chalvet – teils immer noch bei brütender Hitze – hat das Team Buktu gleich zum Fotoshooting genutzt. Fliegen in den Sonnenuntergang hinein – eine Farbenpracht par excellence!

Unser eigens aus Warstein eingeflogener Fahrer und Helfer Maik offerierte dem Team gleich nach der Landung das kulturelle Programm dieses kleinen Bergdorfes. Jeden Abend ein anderer Themenabend mit Livebands, Kirmestrubel und – für mich als eingefleischter Karnevalist ein Highlight – eine Art Karnevalsumzug vieler heimischer Akteure mitten durch die engen Gassen.

Doch noch quälte uns eine Frage, können wir überhaupt an den so gut wie überfüllten Chalvet Open teilnehmen? Die britischen und französischen Kollegen waren längst schon bestätigt. Nur das Team Buktu hatte noch mangels Entryfee-Zahlung keine Zusage… sehr blöd! Selbst Gordon Rigg sah mit seinem typisch britischen Humor nur eine Minimalchance ;o)
 
Samstag 20.08. Viel Wind, Comp-Vorbereitungen

Ein pünktliches Einschreiben ab 14 Uhr im HQ war damit obligatorisch und wir erhielten tatsächlich einen der letzten Plätze.
Einige Piloten, so auch viele Gleitschirmflieger, starteten noch spät im schwindenden Wind, während wir den 20 km entfernten Ausweichlandeplatz in Thorame-Basse inspizierten. Eine Oase von einer Landewiese, … im Vergleich zu den Flächen in den engen Tälern ringsherum … au weh!


Sonntag 21.08.
1.Task   der Klassiker: Anflug Dormillouse; Gewitterslalom
135,5 km flaches Dreieck

Habe selten so einen ruhigen und relaxten Aufbauplatz in einem Comp erlebt. Muss an den Briten und den Franzosen liegen. Der Wettermann Frederico kündigte für diesen ersten Tag keine Wolkenbildung an. Und spätestens beim Bergbriefing hatte er beim Blick in den Wolken verhangenen Himmel die Lacher auf seiner Seite. Aber die Basis war sichtbar hoch, mit 3.900 m sehr hoch.
Also wurde der Klassiker ausgepackt. Hinauf – nördlich -  an den Lac de Serre-Poncon nach Saint-Vincent-les- Forts dann zurück über Thorame-Basse weiter in den Süden, entlang an der Seegebirgsflanke von St-Andre. Von dort Retour Richtung Norden nach Thorame. So weit so gut.

Der Flug Richtung Dormillouse glich einem Flug in meine Vergangenheit. Vor 24 Jahren inspizierte ich hier ehrfürchtig verhalten die Flugroute hinauf zum  Montagne du Cheval Blanc. Das war die reinste Rennstrecke.
Leider türmte sich die Wolken genau über dem Thorame-Basse-Tal und spendeten zu viel Schatten. Das Leading Gaggle hatte diese Stelle erschreckend  tief passiert. Stefan und ich erinnerten uns an die tags zuvor begutachteten, bedingt titulierbaren „Landefelder“ … also Höhe tanken.
Auf dem Rückweg von der vorletzten Wende sahen wir dann den Schlamassel, es schiffte auf dem letzten Schenkel. Also die letzten Sonnenflecken anfliegen, um den Parkmodus anzuwerfen. Wertvolle Zeit verstrich, bis sich irgendwann die grauen Schleier verzogen und man das Goal endlich anfliegen konnte.

Ca. 45 Minuten nach meinem Zielüberflug zuckte der erste Blitz in die benachbarte Bergflanke. Der Tag wurde 30 Minuten zurück für gestoppt erklärt. Stefan, der kurz vor dem Ziel landen musste, erhielt partiell einen Regenguss aller erster Güte  ab, während wir 3 km weiter die brüllend heiße Sonne mieden.

Monique, Konrad  und Dietrich kämpften sich nach dem gestoppten Task vergeblich durch, waren aber dennoch überglücklich, das komfortable Landefeld erreicht zu haben.

Gordon Rigg (1), Jörg (19), Stefan (24), Dietrich (31), Konrad (33), Monique (37)


Montag 22.08. im Zickzack nach Laragne-Montegline
2. Task, 86,9km

Das Bergbriefing begann Pete mit dem Satz ´Monique möchte aus dem Krankenhaus abgeholt werden´.
Was war geschehen? Eine verirrte Eistee-Wespe stach Monique abends zuvor in den Rachen und da war Eile geboten. Doch alles wieder im grünen Bereich, eine Fortsetzung des Comps ist für sie jedoch ausgeschlossen.

Der Südwind zwingt das Feld zu einem Zielflug nach Laragne.
(„Konrad!“, sprach der Jörg bla bla,
ERSTE Startzeit! … bleib ja nicht da!) … und wer nahm die zweite Startzeit? Jörg natürlich! Während ein Riesenpulk sich geschwind mit dem ersten Gate vom Berg lösten, trödelte ich immer noch im Chalvet-Aufwindband umher. Fetter Kardinalsfehler und gehört auch bestraft!
Die Basis lag zum Glück bei 4000, so dass man zu Beginn nicht oft nach Thermik suchen musste. Dennoch gab das Flachland zwischen Sisteron und Laragne nur noch vom starken Südwind zerrissenen Thermikmüll her.
Viele mussten hier einbremsen, während andere – wie Laurant  Thevenot – wesentlich effektiver einen Riesenbogen über die Osthügelketten wählten.
Bei unserer Goal-Ankunft waren deren Drachen längst verladen und sie hatten das dritte Eis im Anschlag.
Trotzdem, das gesamte Team Buktu stand zur Freude von Fahrer Maik im Goal! Die kulinarische Belohnung folgte mit dem Besuch der als Geheimtipp geltenden To-Go-Pizzeria gleich am Kreisel unweit des Campingplatzes. Lecker!

Laurent Thevenot (1), Konrad (19), Jörg (27), Stefan (29), Dietrich (30)


Dienstag 23.08. gescheiterter Taskversuch, gelungener Badetag

Der kräftige Südwind bescherte uns heute leider nur das Vergnügen, den halbaufgebauten Drachen ein Stündchen von der Sonne ausbleichen zu lassen. Wie gut, dass wir in einer der attraktivsten Ferienregion zu Gast sind. Zum Tagesausklang gab es einen kurzen Abendflug und einen netten Livejazzabend auf dem Kirchplatz.

Mitwoch 24.08.  Hangwaiting, Airblick in den Canyon-du-Verdon

Für heute ist weniger Wind angesagt und nach einer halben Stunde unter nicht aufgebautem Drachen (Dustdevilgefahr) geht alles ganz schnell: Der Task steht: Der Flug über Aspres-sur-Buech in die Nähe von Gap weiter ins Ziel La Batie-Neuve lässt die Rückholer erschauern (mind. 5h Fahrt stehen ihnen bevor). Nun schnell aufbauen und um 12:30 Uhr los. Doch punktgenau wird auch schon das Fenster wegen zu starkem Crosswind wieder geschlossen. 2h schauen wir nun den fantastischen Wolkenstraßen in den italienischen Bergen hinterher, während wir vor der Ridge mit unfreiwilligen akrobatischen Einlagen von Freifliegern unterhalten werden.

Mangels Zeit soll uns nun ein gekürzter Task mit kleinen Abwegen wieder nach Laragne-Monteglin führen.

„Day is canceled!“, so die vernünftige Entscheidung des Safety-Komitees. Das 100-köpfige Teilnehmerfeld hätte man niemals bei den kritischen Startbedingungen sicher und zeitgerecht vom Berg schicken können.
Ein netter Abendflug nach Süden zum Grand Canyon-du-Verdon versöhnt uns dennoch mit diesem Tag.


Donnerstag 25.08.

Task 3  Montagne de Lachens, Hauptsache weg von diesem Mistberg
110,8 km im Zickzack nach St-Andre

Ein französischer Geheimtipp bei zu starker Südströmung. Unser Team ist beim Anblick in den hinein zu startenden Kessel gleich skeptisch und wir sollen Recht behalten.
Nach einer guten Stunde am Hang, Jojo spielend mit maximal wenigen hundert Metern Startüberhöhung öffnet sich das Startgate. Hoffnungsvoll die Blicke dem Norden zugewendet, wo in den hohen Bergen die Wolken pulsieren, macht man sich auf, um vorsichtig von einem Hügel zum anderen springend, sich dieser Wolkenrennpiste zu nähern. So manchem wollte aber schon auf den ersten Kilometern die mäßig dahinblubbernde Thermik nicht so recht unter den Flügel greifen, was zu einigem Stress in bewaldeten Tälern oder gar zu einem frühen Ende führte. 

Die Tagesbilanz, 35 Piloten mit den unterschiedlichsten Flugreporten erreichen den Hauptlandeplatz am See in Saint Andre.
So kann auch pünktlich die Fliegerparty im Gemeindehaus starten.


Zin Gianietro (1), Jörg (20), Stefan (21), Dietrich (27), Konrad (30)

 

Freitag 26.08. Sightseeingtour a la Boller

Tretbootfahrt in den Grand-Canyon-du-Verdon mit anschließender Panorama-Routenführung durch Monsieur Stefan Boller längst der südlichen Canyon-Höhenstraße – bei tiefstehender Sonne traumhaft schön!


Samstag  27.08.  Vorzeitiges Ende

Die Zeltwand wackelte eigentlich die ganze Nacht und in der Ferne zuckten verhalten einige Blitze. Doch die von den Wetterfröschen prophezeite Campingplatz-Sintflut traf glücklicherweise nur mit 3 Tropfen ein. Abends zuvor hatte selbst das Französische Team ihre Zelte gegen eine feste Behausung getauscht. Kein Regen, dafür blieb der stramme Wind.
Beim 9 Uhr Briefing schallte schon der Name des Starkwindbergs „Lachens“ durch die  Pilotenreihen, bis Pete aufgrund zu starker Windmessungen auf den umliegenden Bergen den Chalvet Open ein vorzeitiges Ende setzte. Sichtliche Erleichterung in den Gesichtern der 100 Teilnehmer.
Gleich um 10 Uhr folgte eine illustre Siegerehrung.

Ein schöner europäischer Saisonabschluss mit Wiederholungszwang in 2012!

Au revoir und Buktu Buktu
Stefan & Jörg