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Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV

Nachprüfung lebenswichtig

In den letzten zwei Jahrzehnten hat eine atemberaubende technische Entwicklung bei den Drachenflügeln und den Gleitschirmen stattgefunden. Sie lässt sich sicherheitstechnisch nur dann im Griff behalten, wenn die Piloten, die turnusmäßige Nachprüfung der Flügel lückenlos vom Hersteller durchführen lassen.

Das DHV/ÖAeC-Technikreferat sah sich während der letzten Flugsaison mit zwei beunruhigende Phänomenen konfrontiert: die Unfallhäufung bei den Starrflüglern und eine erneute Leinenproblematik bei den Gleitschirmen.

Eigentlich darf man nicht von einer Unfallhäufung bei den Starrflüglern per se sprechen, damit täte man insbesondere dem Exxtacy Unrecht. Laut Hersteller sind über 500 ausgeliefert und seit 5 Jahren wurden dem DHV keine Überschläge oder Trudelunfälle damit bekannt. Anders sieht dies beim Atos aus, der augenscheinlich radikaler an die Limits gebaut ist. Der DHV geht davon aus, dass künftig auch der Atos nicht mehr in der Unfallstatistik auffällt. Vorausgesetzt alle Atos Piloten beachten ihre Pflicht zur turnusmäßigen Nachprüfung. Dies ist deshalb so wichtig, weil dabei auch die Kontrolle der Flügelschränkung durch den Hersteller erfolgt. Siehe Sicherheitsmitteilung vom 13.06.02. Und weiter vorausgesetzt, die Atos-Piloten fliegen mit dem neuen Leitwerk, siehe Bericht im DHV Info 119. Denn dies verbessert das Sicherheitspolster des Atos wesentlich.

Auch bei Gleitschirmen ist die regelmäßige Nachprüfung durch den Hersteller von lebenswichtiger Bedeutung. Im vergangenen Jahr kam es wieder zu mehreren Leinenrissen bei Gleitschirmen verschiedener Hersteller. Leinen- Serienrisse schienen über viele Jahre hinweg ein Problem der Vergangenheit zu sein. Mitte der 90er Jahre hatte dieses Schreckgespenst zu mehreren Unfällen, einige davon mit tödlichem Ausgang geführt. Verbesserte Materialien und ein strenges Leinen-Testverfahren des DHV hatten damals dieses Problem rasch und vollständig beseitigt.

Die nun wieder aufgetretenen Vorfälle der jüngsten Vergangenheit, bei denen glücklicherweise kein Pilot ernsthaft verletzt wurde, hatten folgende Gemeinsamkeiten: Die jeweiligen Schirme waren überdurchschnittlich stark gebraucht. Die Leinenrisse erfolgten bei der Wiederöffnung eines stärkeren seitlichen oder frontalen Einklappers. Es rissen jeweils zwischen 3 und 10 Leinen, ein Kaskadeneffekt, also das vollständige Ableinen einer Ebene trat nicht auf. Die betroffenen Galerieleinen hatten eine Stärke von ca. 1mm. Die Ursachenforschung kam zu folgenden Ergebnissen:

Die Leinenrisse bei Schirmen der Fa. FreeX sind auf fehlerhaftes Leinenmaterial zurückzuführen. Der Produktionsfehler schwächt die Leine so stark, dass bei Belastungen wie dem Öffnungsstoß eines wiederöffnenden Klappers, ein Reißen der Leine möglich ist. Die betroffenen Leinengruppen werden von FreeX bei der Nachprüfung gegen besseres Leinenmaterial ausgetauscht.

Bei den anderen betroffenen Schirmen der Hersteller Paratech (Sicherheitsmitteilung 11.10.2002) und Advance (Sicherheitsmitteilung 10.10.2002) waren die Risse durch überdurchschnittlich starken Gebrauch und eine damit einhergehende Schwächung der Leinen verursacht.

Die Kombination sehr geringer Leinendurchmesser und großer Leinenabstände an der Kappe bei modernen V- Rippen- Konstruktionen erfordert besondere Aufmerksamkeit und Wartung. Eine Galerieleine muss hierbei einen vergleichsweise großen Flächenanteil stützen. Bei punktuellen Spitzenbelastungen, wie etwa dem Öffnungsstoß eines Klappers, müssen wenige Leinen hohe Lasten aufnehmen. Dabei kann eine geschwächte Leine überlastet werden und reißen. Besonders wichtig ist die ordnungsgemäße Nachprüfung der Gleitschirme durch einen Fachbetrieb. Nur geschultes Personal kann gefährlich geschwächte Leinen sicher erkennen.