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Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV

Unfälle bei Steilspiralen mit Gleitschirm Gin Gliders Zulu M, DHV 1-2

Im Oktober 07 ereignete sich ein tödlicher Unfall mit einem Gin Gliders Zulu M, DHV 1-2, in Südfrankreich. Zwei deutsche Gleitschirmfluglehrer waren Augenzeugen. Sie berichteten, dass der Pilot, ein Brite, von einem Fluglehrer über Funk ins Thermikkreisen eingewiesen worden war. Die Flugbedingungen waren stark thermisch mit Bärten um die 5-6 m/s.
Der Fluglehrer forderte den Piloten zum sehr engen Kreisen in der Thermik auf, was dieser auch tat. Etwa 300 m über dem Startplatz muss der Gleitschirm aus der Thermik herausgefallen sein, er flog dabei immer noch in deutlicher Schräglage. Innerhalb kurzer Zeit befand sich der Pilot in einer Steilspirale mit hohen Sinkwerten. Nach Funkanweisungen durch den Betreuer gab er beide Bremsen frei, dies führte jedoch zu einer zusätzlichen Beschleunigung des Spiralflugs. Die Augenzeugen konnten beobachten, dass beide Hände des Piloten oben waren. Dieser schlug mit großer Wucht im unwegsamen Gelände auf und wurde dabei so schwer verletzt, dass er kurz darauf starb. Ein Einklapper als Ursache für den Spiralsturz wurde nicht beobachtet.
Die englischen Fluglehrer, die den Unfallpiloten unter Betreuung hatten, bestätigtem dem britischen Verband (BHPA) die Angaben der Augenzeugen.

Mit dem gleichen Schirmmodell war es bereits im Jahr 2006 zu zwei Unfällen von deutschen Piloten durch Steilspiralen gekommen. Ein Pilot war dabei tödlich verunglückt, er spiralte aus großer Höhe mit hoher Sinkgeschwindigkeit in den Boden. (siehe DHV-Unfallanalyse 2006) Ein weiterer Gleitschirmflieger konnte, nachdem die Spirale außer Kontrolle geraten war, gerade noch rechtzeitig das Rettungsgerät auslösen.
Beide tödlich verunglückten Piloten hatten sehr wenig Flugerfahrung. Der Deutsche verunglückte bei seinem ersten Flug nach der A-Schein-Prüfung, der Brite hatte nach Angaben der BHPA 11 Stunden Airtime. Der Gin Gliders Zulu ist nach Herstellerangaben für Flüge unter Fluglehreraufsicht geeignet.

Der Gin Gliders Zulu M wurde vom DHV in der Erprobung für das „DHV-Gütesiegel 2008“ auch in dem neuen Flugmanöver „Steilspirale mit Gewichtsverlagerung“ getestet. Dabei hat sich gezeigt, dass das Gütesiegelmuster eine besonders markante Tendenz hat, auf ein Freigeben der Bremse während einer Steilspirale mit schneller Beschleunigung zu reagieren. Zur Ausleitung war ein starkes beidseitiges Anbremsen erforderlich.
Der Zulu M war nach den Lufttüchtigkeitsforderungen 2003 mustergeprüft worden. Der Test für die Steilspirale erfolgt hierbei ohne Gewichtseinsatz des Testpiloten. Dabei war die Tendenz zum schnellen Beschleunigen beim Zulu M nicht auffällig geworden, es wurde jedoch ein Nachdrehen von 180 Grad festgestellt.

Grundsätzlich kann bei Schirmen aller Klassifizierungen eine aktive Ausleitung der Steilspirale erforderlich werden, wenn die Sinkwerte entsprechend hoch sind. Der DHV empfiehlt dringend, die richtige Flugtechnik ausschließlich in einem Sicherheitstraining über Wasser zu trainieren.

Auszug aus der DHV-Gleitschirm-Unfallanalyse 2006:

Steilspirale
Gleich zu Beginn des letzten Jahres verunglückte ein frisch gebackener A-Schein-Pilot bei seinem ersten Flug nach der Prüfung tödlich. Er hatte sich bei einer österreichischen Flugschule ein ihm unbekanntes und für seinen Ausbildungsstand zu anspruchsvolles Gerät ausgeliehen (Gin Zulu, DHV 1-2) und damit nach Zeugenaussagen in großer Höhe eine Steilspirale eingeleitet. Über 500 Höhenmeter gelang ihm weder die Ausleitung noch die Auslösung des Rettungsschirms, er schlug mit voller Wucht auf dem Boden auf. Der Pilot hatte keinerlei Erfahrung mit diesem Manöver.
In der Schweiz haben zwei tödliche Schulungsunfälle eine Diskussion über den Sinn von Steilspiralen in der Flugausbildung entfacht. In beiden Fällen waren Flugschüler in den Boden spiralt, ohne auf die Funkanweisungen der Fluglehrer zum Beenden der Spirale bzw. zum Auslösen des Rettungsgerätes zu reagieren. (Geräte: Paratech P 26, DHV 1, Advance Epsilon 3, DHV 1-2)
Zwei Tote auch in Frankreich durch Steilspiralen, einer in Österreich. (Geräte: Paratech P 43, Flying Planet Spirit, Advance Epsilon 4, alle DHV 1-2). In allen Fällen berichteten die Augenzeugen davon, dass die Piloten ohne erkennbare Reaktion bis zum Boden spiralt waren.

In einigen Fällen, aber keineswegs immer, muss eine Bewusstlosigkeit des Piloten die Erklärung für das vermeintliche Fehlen von Reaktionen sein. Vielleicht ist es anderen so ergangen wie einem Gleitschirmflieger, der sein Erlebnis glücklicherweise unverletzt erzählen konnte. „Ich habe schon mehrere Steilspiralen geflogen und es hat sehr gut funktioniert. Kürzlich ist mir aber folgendes passiert: Die Spirale hatte etwas mehr Sinken als ich es gewohnt war, es war aber nicht dramatisch. Zum Ausleiten habe ich bisher immer die Außenbremse stärker angezogen und die Innenbremse etwas freigegeben. Mein Gewicht hielt ich, von der Einleitung bis zu Ausleitung, zur Kurveninnenseite verlagert. Diesmal tat sich nichts, der Schirm blieb mit konstantem Sinken in der Spirale. Stärker auf die Außenbremse denke ich mir, aber da ist schon so viel Druck drauf, dass ich das Gefühl habe, nicht mehr weiter ziehen zu können. Was bleibt noch? Innenbremse freigeben. Das war eine schlechte Idee! Der Schirm beschleunigt innerhalb einer halben Umdrehung so stark, dass mir fast schwarz vor Augen wird. „Gewicht“ schießt es mir durch den Kopf. Mich an beiden Bremsen aufrichtend, gelingt mir Körpergewichtsverlagerung auf die hohe Sitzbrettseite, entgegen der Spiralrichtung. Sofort wird die Drehung langsamer und plötzlich schießt der Schirm mit gewaltigem Aufbäumen aus der Spirale nach oben. Trotz Abfangen mit den Bremsen fange ich mir einen Klapper ein, als die Kappe vor mich schießt. Ich blicke geradeaus und sehe die Baumspitzen. 30 Meter weiter und es hätte mich ungespitzt in den Boden gesteckt!“

Zwei Fehler hätte hier beinahe zu einem Unfall geführt: Das Beibehalten der Gewichtsverlagerung zur Kurveninnenseite während der Spiralphase und das Freigeben der Innenbremse als Ausleitversuch.
Gewichtsverlagerung ist als Abkipp-Impuls in der Einleitphase (Gewicht zur Kurveninnenseite) und als Aufricht-Impuls in der Ausleitphase (Gewicht zur Kurvenaußenseite) der Spirale erforderlich, dazwischen bleibt es neutral.
Bei der Ausleitung bekommt der Schirm durch die Gewichtsverlagerung nach Außen und dem stärkeren Anbremsen der Kurvenaußenseite ein klares Signal: „Aufrichten, langsamer werden!“. Ganz anders, wenn das Gewicht in der Kurveninnenseite bleibt und die Innenbremse gelöst wird. Beide Aktionen geben das Signal: „Abkippen, schneller werden!“.

Karl Slezak
DHV-Ausbildung/Sicherheit