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Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV
Schlafplatz unterhalb vom Mont Blanc Massiv
Fußmarsch zum Col de la Seigne
Hans genießt die Landschaft, im Hintergrund der Col de la Seigne
Mont Blanc Massiv
Boxi auf dem Weg nach Tignes

23.7.03 Der Urlaubstag

Der Schlafplatz bietet direkte Aussicht auf das Mont Blanc Massiv und so fällt das Aufstehen leicht. Früh will ich auf die Cresta d'Arp um in der Ostseite zu starten. Doch bereits auf halber Höhe fetzen starke Böen über die Kämme. Trotzdem steige ich auf 2000 m auf und hoffe durch die einsetzende Thermik auf eine Abschwächung des Windes. Gegen 12 Uhr gebe ich auf und muss wieder zur letzten Hütte runter, da ich nicht genug Proviant für einen längeren Marsch dabei habe. Gestärkt mache ich mich auf den Weg zum Col de la Seigne über einen Höhenwanderweg unterhalb vom Mont Blanc. Wow - ein grandioses Panorama begleitet mich auf dem Weg über den Pass. Keine Spur von den Strapazen, es macht richtig Spaß! Ein kurzer Startversuch lohnt sich kaum und ich befinde mich bereits wieder auf der Strasse als die Hitze wieder zunimmt. Als ich auf die Hauptstrasse Richtung Bourg St. Maurice komme, lassen helle Blätter einen Aufwind vermuten und ich entschließe ich mich, auf diesen Sonnenhang etwa 300 hm von der Strasse weg wieder aufzusteigen.  Ich starte kurz vor einer Abschattung und siehe da, obwohl es schon nach 4 Uhr ist, kann ich Höhe gewinnen. Schon 1000 m höher  wird es frostig, ohne Handschuhe und warmer Hose. Eine weitere Fehlplanung ergibt sich bei Bourg St. Maurice - welche Route ist besser, weiter dem linken oder dem rechten Tal folgend? An allen Westhängen kachelt der starke Wind und ich halte mich weit im Tal draußen und versuche Hans zu erreichen. Nach mehreren erfolglosen Anrufen erreiche ich  meine Frau Jana aus der Luft und sie übernimmt diesen Job- inzwischen entschließe ich mich Richtung Val d'Isere zu fliegen. Mittlerweile friere ich wie ein Schneider und weiß vor dem Lac du Chevrill wieder nicht , wohin ich fliegen muss - dieser Teil Frankreichs scheint ohne Karte äußerst schwierig überschaubar zu sein - immer wieder teilen sich die Täler rechts oder links von der Ideallinie und selbst aus der Luft kann man keine Sackgassen erkennen. Dann der erwartete Anruf von Hans: du musst am See rechts fliegen. Ok, bestätige ich und fliege nach Tignes und bin schon fast froh landen zu dürfen, weil es mich so friert. Nachdem der Schirm zusammengelegt und die Brotzeit verdrückt ist, gehe ich in das Örtchen Tignes. Ein paar Engländer in einem Oldtimer Campingbus leihen mir eine Karte. Na ja, irgendwie scheint die Route doch nicht so optimal gewählt zu sein, da es nach Tignes ziemlich einsam wird. Der Hans findet mich nicht, da er mich in Val d'Isere vermutet. Scheiße, da bin ich jetzt wohl ganz verkehrt. Um nicht alles zu Fuß zurückgehen zu müssen, will ich versuchen auf den Skihang bei Tignes aufzusteigen und über den See doch noch nach Val d'Isere zu gleiten. Die Zeit drängt wieder einmal, da es schon nach 8 Uhr ist. Gegen 9 Uhr stehe ich im Geröllfeld und bei jedem sanften Versuch den Schirm im leichten Talwind aufzuziehen, sammle ich mehr Schiefersteine ein. Die Zeit drängt- da müssen wohl jetzt ein paar Leinen dran glauben, und ich reiße den Schirm aus dem Steinhaufen. Einige kiloschwere Brocken verfehlen mich nur knapp aber ich bin wieder in der Luft- seltsam, nicht eine Leine ist ab! Ja- und dann trägt es auch noch und ich kann den Skihang leicht überhöhen und direkt nach Val d'Isere abgleiten, ich komme sogar noch etwas weiter und muss jetzt aber landen, da es schon fast viertel nach neun ist. Den Vorschlag hier ein gemütliches Zimmer zu nehmen lehnt Hans tatsächlich ab, er scheint auch etwas ehrgeiziger geworden zu sein in den letzten Tagen, und so treibt er mich den Col de l'Iserah hinauf. Auf halber Strecke, gegen 11 Uhr nachts ist Schluss für heute, da stehe ich lieber morgen früher auf und kann meine Entscheidungen besser nach dem Wetter richten - die Vorhersage spricht von einer Kaltfront, die uns im Laufe des Tages überqueren wird.

Hans:

Jetzt wird es für uns schwieriger, denn wir betreten beide Neuland bis kurz vor Monaco und sind somit auf  Ratschläge einheimischer Piloten (wir sprechen beide kein Französisch), Landkarten (Boxi nimmt fast nie eine mit) und Handy (das Handynetz ist in abgelegenen Tälern nicht vorhanden) angewiesen. Trotz dieser Probleme finden sich Boxi und  ich gut zurecht (hätte schlimmer kommen können). Ich habe mittlerweile einen siebten Sinn entwickelt, in welchen Tälern er aufzustöbern ist, wenn er nicht erreichbar ist. Dies lässt einige Sorge bei mir aufkommen, weil die Bedingungen kaum fliegbar sind.

Kurz vor der französischen Grenze treffe ich Nicki und David  Dagault und kann  wieder mal Erfahrungen austauschen. Die Fairness in dem Wettkampf ist sehr groß und jeder versucht dem anderen zu helfen, um das gemeinsame Ziel Monaco zu erreichen und die Strapazen zu verkürzen.