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Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV

Slowenien Open 2008

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9. August 2008

Ein unerwarteter Wettkampftag

Nach dem gestrigen Regentag machen wir uns wenig Hoffnung auf einen wirklich guten Task. Gestern Abend bot mir mein Campingplatznachbar wohlwollend noch seine Spitzhacke an, mit der Empfehlung, dass ich mir doch einen Graben entlang des Zeltes buddeln sollte, damit ich nicht in über Nacht weggeschwemmt würde. Er stimmte mich doch zumindest so bedenklich, dass ich für die Nacht ins Auto umzog. Doch die große Flut hielt sich im Zaum und der Samstag zeigte sich in aller Klarheit und Schönheit. Jörg und ich freuten uns auf einen Flugtag mit zumindest gutem Fotografierwetter. Vom Startplatz kann man schließlich heute bis zum Meer schauen, und wir sind voller Erwartung starten zu dürfen.

Die 4 Wenden der 86km Aufgabe befinden sich alle im Haupttal. Wir müssen uns heute im geschickten Umgang mit Abschattungen üben. Der Startberg ist permanent abgeschattet. Fast stationäre Wolkenstreifen ziehen sich vom Haupttal bis ins rund 2000m hohe Gebirge, von wo immer wieder Nachschub zu kommen scheint.

Die Piloten starren auf den gegenüberliegenden, tiefergelegenen Hügel, der am Rande des Startzylinders auf Kurs liegt. Denn dieser 5km entfernte Hügel scheint auch die erste Thermiktankstelle darzustellen. Wo erst noch Gleitschirme zäh aufsteigen, sieht es aber schlechter und schlechter aus. Ist man mal wieder dabei darauf zu warten, dass es nur noch schlechter werden kann?

Endlich: Primoz und Elio starten und ihnen folgen noch 3 weitere Piloten. Jörg und ich sind noch zögerlich, in der Hoffnung auf ein paar Sonnenstrahlen an den näherliegenden Hängen, doch diese bleiben aus. Nach dem wir mit zwei Dritteln des Startfeldes vollkommen unprofessionell sogar die Racestartzeit 14:15 versäumen, starte ich im blinden vertrauen, dass es schon klappen wird. Lediglich Primoz und Elio haben zur Startzeit eine gute Position erlangen können, mindestens ein Pilot musste aber gar landen. Nun folgt auch Jörg mir dicht auf und auch ebenso wird der Rest des Startplatzes langsam aufgeräumt. Und es zeigt sich, dass das Warten zumindest nicht im Fiasko münden soll. Für alle ist irgendwo, irgendwie etwas Steigen zu finden, und wenn auch noch nicht mal mit Startplatzhöhe, so fliegen die meisten weiter. Primoz und Elio sind natürlich längst über alle Berge.

Wir vergleiten Kilometer um Kilometer ohne ergiebige Warmluft zu erschnuppern. Und Jörg und ich bekommen ein weiteres Problem: Unsere Spur ist der von vorgestern so ähnlich, dass es uns wieder auf die selbe verfluchte Außenlandewiese zu ziehen scheint. Ich durchkämme bereits die Baumwipfel der 2 kleinen Hügel bei Kobarid, die einsam im Zentrum zweier aufeinandertreffenden Täler liegen. Jetzt endlich kann ich mit dem déjà-vu brechen. Ein kleiner Thermikschlauch neigt sich mal in dieses mal in jenes Tal nimmt mich aber vor allem erstmals mit hoch an die Basis.

Ein wenig hinter mir hat Jörg leider nicht so viel Glück, er muss noch weiter auf dem Weg der Wiederholung wandeln. Doch habe ich Hoffnung für ihn, da die drei Piloten die ich habe weiter ziehen lassen an dem Bergrücken den es jetzt anzufliegen gilt wieder den Einstieg geschafft haben. Den letzten der drei kann ich nun übergleiten, die anderen zwei gleiten zügig, aber unter Grathöhe die 15km in Richtung Wende die in unlandbarem Gebiet liegt. Ich fliege vorsichtig um nicht unter Grat in eine Leefalle zu geraten. Kaum schneller als die mir folgende Abschattung aus der Jörg immer wieder verzweifelte Funksprüche absetzt. Meine zwei vorfliegenden Tiefflieger kann ich indes einholen. Auf dem Rückweg nun in Richtung Startberg begegnet mir Jörg, der sich mit kühlem Kopf sich vom Hang gelöst endlich emporgeschraubt hat. Mit guten Wünschen lasse ich ihn ziehen, für ihn allerdings unerträgliche, weil unerträglich laut, weil der Lautstärkeregler unerreichbar für ihn ist. Durch die Abschattung hindurch fliege ich wieder die sonnigen kleinen Hügelchen bei Kobarid an, doch diesmal wollen sie nicht so recht angehen. Ein paar Gleitschirme können noch etwas Höhe machen und meine drei Mitflieger erheben sich auch ein wenig, doch ich schaffe nicht den Anschluss und muss sie ziehen lassen. Ich konzentriere mich wieder auf den Wurmbart vom Hinweg, und tatsächlich komme ich nach etlichen Verdrehungen auf der anderen Seite des Schlauches in den hohen Bergen heraus. Gerade noch kann ich diesen Tip an Jörg noch übermitteln, bis er schließlich zum Schutze seiner Ohren am Stecker zieht.

Endlich wieder Höhe zum Gleiten habend ist es auch Zeit wieder eine Abschattung zu durchtauchen. Der Schatten aber folgt mir, am Hang fliege ich stetig an seinem Rande in der Hoffnung, dass er mir, wenn auch die Perspektive verdunkelnd (es geht nämlich nach der Wende wieder in diese Richtung zurück) wenigstens ein paar verklebte Thermikblasen aus dem Wald herauskehren wird, doch ist wohl schon alles ausgelöst. So denn eile ich der Abschattung voraus und setzte alles auf meinen ersten Startbart, der mich auch nicht enttäuscht. Der beste Bart des Tages (mit nicht mehr als 3m/s)kann mich auf eine komfortable Höhe bringen, bevor mich auch hier die große Dunkelheit einholt.

Auf nun zur Wende in der Nähe des Startberges, und... und nun? Die letzten beiden Wenden legen im Schatten. Die nächste auf über 1000m Höhe ist nur mit viel Glück mit Abgleiten zu überfliegen. Mein Plan war zu kurz gefasst. Soll ich eine Stelle zum einparken suchen (und womöglich meine kostbare Höhe verkreisen)? oder raus in die sonnigen aber sehr niederen Hügel? Etwas betriebsblind setzte ich auf Prinzip Hoffnung und quere vorsichtig durch die Abschattung auf die sonnenbefleckten Nordhänge in Richtung nächster Wende.

Ich fliege gegen die Wand: Die Wende liegt zu hoch, ich komme nur bis auf 300m an den Zylinder heran. Gut könnte ich zu der letzten Wende meine Höhe abgleiten, doch ich kann mich keinen Meter mehr dieser vorletzten nähern und der Abschattung ist nicht mehr zu entgehen. Kapitulation! Ich wende und gleite in Richtung offizieller Landewiese ab, doch auch diese ist nicht mehr erreichbar. Unter mir ein Auto an dem gerade noch ein Drachen festgeschnürt wird verleitet mich dazu flugs herunter zu spiralen, den Wagen als Ziellandepunkt zu wählen, aus dem rausstallen heraus quasi auch aus dem Gurtzeug zu springen und in das Auto, so dass ich fast noch einen flüssigen GPS-Track bis ins Headquarter aufzeichne.

Primoz ist vor Elio der Ritt ins Ziel gelungen. Ich komme immerhin noch auf Platz 6 und Jörg, heute etwas sehr abgeschattet, ist vorzeitig wenigstens auf der offiziellen Landewiese und noch auf Platz 8 gelandet.

Stefan Boller

 

Tag 3 - Task 2

Tolmin, provisorischer Campingplatz, der Nachbarschaft-Hahn kräht sich die Seele aus dem Leib. Ein sonniger, windarmer Tag und die Flugeuphorie steigt. Am HQ werden emsig die Drachen auf die Navette geladen (meinem eigenen Wagen möchte ich die Auffahrt zum Start Kobala, 1100m NN, auch nicht wirklich antun wollen…).

Schnell ist der Berg von Drachen und Schirmen zugebaut und ein vielversprechendes Wolkenbild beschert uns einen 101 km-Ritschratsch-Task mit einigen Knackpunkten.

Heftigst geht es zu in der ersten Thermik am Berg, so dass ich schon meinen korrekten Drachenaufbau anzweifelte. Doch ich war nicht alleine mit meiner Meinung und so zogen die meisten schon mit geringer Höhe weiter, um der Waschmaschine zu entfliehen. Eine waise Entscheidung, ging es doch fortan softer zu. Stefan – mein Funkpartner – flog ein ganzes Stück voraus, leider immer tiefer kommend, da die Themik um Kobarid ein ausgedehntes Mittagspäuschen einlegte. Stefan stand bereits, grad nach einem 22km Flug. Am Boden gab er mir Tipps, wie man diese Schlüsselstelle doch noch knacken könnte. Vergebens. Ich erkenne ein Massengrab 2km weiter Richtung 1.Wende, entscheide mich dennoch bei Stefan auf einer riesiggroßen Wiese zu landen. Geteilter Frust ist halber Frust! Es gab nur sehr wenige, die in Kobarid die nötige Höhe an der bewaldeten Bergflanke erreichten und – wie ich später von Primoz erfuhr – völlig easy durch einen Soaringflug die Wende anfliegen konnten. Danach wechselten man gleich von dieser Kante in die nördlich gelegenen schroffen Gebirgszüge, die ergiebigere Thermik boten. Und das war auch gleich der Tagestrick, „ganz einfach“, so Primoz.

Während Stefan und ich noch in sengende Hitze tausende von hartnäckigen Bremsen abwerten, sauste Elio und Peter schon über die Linie. Primoz verbrannte sich etwas und landete leider zu kurz. Hierdurch hat er wohl seinen 1.Platz an Elio, dem amtierenden Europameister abgeben müssen. Hoffentlich gibt es noch einen Finaltask. Der Samstag könnte sich lt. Prognose nochmals zum guten Streckentag mausern… glauben wir es mal… jetzt erwarten wir erst einmal eine Gewitterfront.

LG Jörg

 

 

Tag 2 - kein Durchgang

 

Das hat es bisher bei mir auch noch nicht gegeben, dass ich zu spät zu einem Wettbewerb anreise und gleich den ersten Task verpasse. Hab mich eben mit meiner Wettervorhersage verzockt :o/

Und trotzdem bereue ich es nicht, die 1100 km auf mich genommen zu haben. Allein der schnuckelige Grenzübertritt Italien – Slowenien mit dem anschließend grandiosen Bergpanorama war die Reise schon wert und vermittelte unweigerlich fröhliche Urlaubsstimmung. Jonas und Olli erreichen Tolmin erst spät am Abend – leider war da der Pizzaofen schon kalt – möglicherweise ausgeblasen von der bereits pfeifenden Bora, die den nächsten Flugtag eintrüben sollte. Und Bingo, am nächsten morgen schaut das deutsche Team skeptisch in den Himmel, eine riesige Fönwalze rollt über die 2000m hochgelegene Bergkette. Im HQ macht sich zwar Zweckoptimismus breit und das Briefing wird gleich mehrmals stündlich weiterverschoben. Doch vergebens, die Bora lässt sich nicht verleugnen. Matjaz, der Compleiter cancelt den Task.

Also Touriprogramm – Team D verschlägt es sogleich in die malerische Tolminska-Schlucht. Stefan reicht diese kleine Klettertour allerdings immer noch nicht und redet mit Engelszungen auf mich ein, doch noch eine richtige Bergtour in Angriff zu nehmen. Ich willige zähneknirschend ein. Und schon parke ich mein Auto an einem 950m hohen Bergdorf, wo uns die Bergbewohner ungläubig beäugen. 400 Höhenmeter hatte ich mit Stefan vereinbart. Jede weitere 100m sollte er mit einem großen Bier honorieren. Was für ein Ansporn !! Und wirklich, nach 2h kamen wir dann endlich an die Baumgrenze und eine durch die Bora reingewaschene grandiose Sicht offenbarte sich uns. Immerhin, 1600m hoch über Tolmin, mit klarem Blick zum Startplatz Kobala, wo sich die Schirmheimer in der abendlichen Restbora vergnügten. Und das Schönste, rund um unseren Gipfelberg wuchsen ohne Ende Edelweiße. Man musste aufpassen, wo man hintrat. Spät war es geworden und die Pizza rief. Nach einem Schnellabstieg von nicht einmal 2 Stunden (mit samt Autofahrt) genossen wir mit den Badenixen Jonas und Olli das erste Bier in unserer Lieblingspizzeria. Und Stefan zahlte … mein Höhenmeter-Pivo :o)

Liebe Grüße Jörg


3. August 2008 - 1. Task

Der für gestern angesetzte erste Durchgang wurd abgesagt, der Tag gab allerdings noch Gelegenheit zu einem ausführlichen Soaringflug, sowie zu einem abendlichen Ausflug über die Grenze quasi „zum Eisessen beim Italiener“. Die Wetteraussichten für den heutigen Dienstag klangen gänzlich dramatisch, ließen nur eine Taskwahrscheinlichkeit von unter 10% erwarten. Die Bora, die sich mit starkem Nordostwind bemerkbar machen würde, sollte wetterbestimmend sein. So entschieden sich die weiteren potentiellen Mitglieder des deutschen Teams, Jörg, Olli und Jonas erst heute Abend anzureisen. Jedoch bekommen wir wieder vor Augen geführt, dass Wetter unvorhersehbar ist, sowie wiedererwarten eine übersichtliche 70km Aufgabe im Haupttal über bewaldeten Hügeln mit einem kleinen Abstecher in das hohe Gebirge aufgetischt.

Also heißt es rauf auf den gut 1000m hoch gelegenen kleinen grünen Startplatz des Kobala. Dem als erstes startenden Elio Cataldi will jedoch niemand so recht folgen, da auch der amtierende Europameister sich lange um Startüberhöhung bemühen muss. Bald folgen dennoch Primoz als auch ich. Bis jedoch alle 24 Piloten endlich in der Luft eine brauchbare Startposition sich erarbeitet haben, hat sich bereits das 13:45Uhr Startgate geöffnet. Aus dem vertikal stark gestreuten Feld kann ich mit recht guter Höhe abfliegen. Primoz ist aber schnell uneinholbar.

Auf der Route entlang der niederen Hügelkette kann ich die Geschwindigkeit eines kleinen 5er-Pulkes vorgeben. Als es jedoch in das alpine Nachbartal geht, bin ich es, der hinten heraus fällt. Bis zur Wende am Polovnik muss ich die Mitstreiter schließlich gänzlich ziehen lassen und unter mir sehe ich Primoz bereits von der 5km entfernten Wende zurückkehren. Schwerlich arbeite ich an meiner Motivation, finde aber weiterhin nicht die optimale Spur und lasse mich zudem immer wieder zu kleinen ineffizienten Versuchskreisen verleiten. Als ich an den letzten hohen Bergen vor dem Absprung ins Haupttal um notwendige Höhe kämpfe, befinde ich mich noch immer im "Verzettelmodus". Jetzt muss Schluss damit sein!

Und endlich, der erste brauchbare Bart, wo er auch ach so gebraucht wird, hilft mir auch aus meinem Motivationstal. Und mit kontinuierlichen 3m/s ist am heutigen Tag auch nicht mehr zu erwarten. Also, oben ankommen springe ich ab ins Haupttal, schaffe prompt an der zu überwindenden Gräte den Einstieg und gleite zügig weiter zurück Richtung Landeplatz, der aber nur den vorletzten Wendepunkt darstellt – es läuft wieder. Unter mir sehe ich meine vier Mitstreiter, zurückgekommen von der Wende, sich mühsam am Hang wieder hocharbeiten. Nachdem auch ich die Wende genommen habe sehe ich wieder Land. Und zurück am Hang... ereilt mich die schon absehbare, trostlose Abschattung. Aber auch meine Vorflieger haben auch noch mit ihr zu kämpfen. Die Route bis zur letzten Wende im Haupttal und wieder zurück abzugleiten wäre nur mit einem Swift zu schaffen. Da heißt es also jeden Meter noch herauszukitzeln und schlussendlich eine perfekte Spur auf den verbleibenden 20km zu finden. Und tatsächlich lassen sich in der Dunkelheit noch 300m gen Himmel hart erarbeiten. Aber jetzt die notwendige Gleitzahl 16 erfliegen? Nun denn: Ohne Rückholer hier ausgestattet nehme ich jede Wiese ins Visier auf der ein weiterer Pilot bei dem erfolglosen Finalglide-Versuch die Flinte ins Korn werfen musste. Die Wende ist erreicht und nur noch 1 zu 15 gilt es zu ertasten. Durch Talmitte führt meine Wahlstrecke (bei 400m über Grund fällt die Entscheidung allerdings leicht) Nur gut dass im Tal eine potentielle Landewiese der anderen folgt. Da heißt es klein machen und gleiten, gleiten bis, ja bis 2km vorm Goal sich eine Wiese äußerst unerwünscht als Landewiese aufdrängt. Dies Spiel habe ich verloren.

Als dem dass Ziel wenigstes am nächsten gekommener lande ich auf Platz 6. Primoz hatte den gesamten Durchgang eine sehr gut Spur gefunden, was ihm Platz 1 erringen lies. Ein Trost dass auch der Europameister nur einen Platz vor mir landete und natürlich, dass ich "bester Deutscher" an diesem Tag geworden bin, da sich meine Mitstreiter mit der Wettersituation verpokert hatten und folglich an diesem Tag erst sehr spät ins Ziel kamen, nämlich mit dem Auto aus Deutschland.

Stefan Boller