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Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV

Rettungsgerätegriff in Gleitschirm verhangen

Unfalluntersuchung zur Sicherheitsmitteilung Gleitschirmgurtzeug Charly Cruiser

Unfallablauf

Am 01.04.02 geriet ein Gleitschirmpilot bei einem Flug im Nebelhorngebiet/ Oberallgäu in so schwere thermische Turbulenzen, dass sein Gleitschirm außer Kontrolle geriet.

In ca. 300 Meter Höhe versuchte der Pilot seinen Rettungsschirm auszulösen. Herausziehen aus dem Außencontainer und Wegschleudern gelangen problemlos, der Rettungsschirm blieb anschließend aber im Innencontainer und fiel ungeöffnet, mit teilweise gestreckten Fangleinen, neben dem Piloten her. Der Pilot versuchte nach eigenen Angaben mehrmals vergeblich den Innencontainer durch kräftiges Reißen an der Verbindungsleine zu öffnen, dies gelang jedoch nicht. Etwa 50 Meter über Grund gab der Pilot die Öffnungsbemühungen auf und versuchte den abstürzenden Gleitschirm (vermutlich Spiralsturz wegen eines Verhängers) unter Kontrolle zu bringen. Sein Eingreifen hatte jedoch keinen Erfolg, mit hoher Sinkgeschwindigkeit (9,8 m/Sek. lt. Flugspeicher des Varios) schlug der Pilot in der Drehbewegung auf dem Boden auf. Der Aufprall erfolgte direkt auf den vorderen Bereich des DHV- geprüften Schaumprotektors, der dadurch teilweise beschädigt wurde. Trotz der guten Schutzfunktion zog sich der Pilot mehrere Wirbelbrüche zu, die glücklicherweise keine Ausfallerscheinungen nach sich ziehen werden.

Unfalluntersuchung

Anlässlich der Begutachtung der von der Polizei freigegebenen Ausrüstung fiel auf, dass der Auslösegriff des Rettungsgerätes fast vollständig in das Fangleinenbündel des Rettungsschirmes eingeschlauft war. Versuche des DHV ergaben, dass die Form des Rettungsgerätegriffes und die Länge der Verbindung Griff- Innencontainer ( Abb. 1) ein selbständiges Einschlaufen in das Fangleinenbündel des Rettungsschirmes reproduzierbar ermöglichen. Der Griff wirkt dabei wie ein Anker, der sich beim Wegschleudern in den Leinen des Rettungsschirmes verfangen kann und eine Öffnung mit hoher Wahrscheinlichkeit unmöglich macht. (Abb. 2) Durch die steife, eckenreiche Bauart des Aluminium- Griffes ist auch bei kräftigem Zug an der Verbindungsleine des Rettungsschirmes ein Lösen des Griffes aus dem Fangleinenbündel fast unmöglich.(Abb.3)

Erkenntnisse aus dem Unfall

Das Verhängen des Griffes in den Fangleinen war mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit die Ursache für das Versagen des (neugepackten) Rettungsschirmes.

Der Hersteller des Gurtzeuges, Fa. Charly Produkte tauscht die betroffenen Griffe kostenlos gegen eine Neukonstruktion (geschlossener Alu- Bügelring der sich nicht in den Fangleinen verhängen kann) aus.

Der DHV überprüft derzeit, ob eine ähnliche Problematik auch bei Auslösegriffen anderer, bereits musterzugelassener bzw. mustergeprüfter Gleitschirm- Gurtzeuge besteht und wird ggf. weitere Sicherheitsmitteilungen veröffentlichen.

 

07.05.02

Karl Slezak

DHV- Sicherheit

 

Abb. 1

Rettungsgerät nach dem Lösen aus dem Außencontainer

 

Abb. 2

Beim Wegschleudern kann sich der Griff wegen der langen Verbindungsleine um das Fangleinenbündel wickeln

 

Abb. 3

Aufgrund der starren und eckenreichen Konstruktion des Griffes, kann es zum unlösbaren Verhängen in den Fangleinen des Rettungsschirmes kommen