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Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV

Gleitschirm Jahres-Unfallstatistik 2012

Unfallzahlen

Für das Jahr 2012 wurden dem DHV 136 Unfälle und Störungen von deutschen Piloten in Deutschland gemeldet, darunter drei tödliche Unfälle. Zusammen mit den Meldungen aus dem Ausland lag die Gesamtzahl der gemeldeten Unfälle und Störungen von deutschen Piloten bei 241, davon 12 tödliche Unfälle. Damit blieben die Unfallzahlen nur leicht unter dem hohen Niveau des Vorjahrs.

Die Aussagekraft dieser Zahlen, die tödlichen Unfälle ausgenommen, ist nicht besonders strapazierfähig. Denn die Anzahl nicht gemeldeter Unfälle (Dunkelziffer) dürfte nach wie vor hoch sein, wenn auch mit ständig abnehmender Tendenz. Verschiedene Umstände, wie z.B. die fast lückenlose Erfassung polizeilich gemeldeter Unfälle in Deutschland und Österreich, bequeme Möglichkeit der Online-Unfallmeldung, stetige Zunahme der Hubschrauber-Bergungen von Verletzten (was automatisch eine Meldung an den DHV nach sich zieht), hohe „Meldemoral“ bei Vereinen und Flugschulen, verbesserter Informationsfluss zwischen den europäischen Verbänden,  lassen die Dunkelziffer Jahr für Jahr kleiner werden. Bei den tödlichen Unfällen jedoch gibt es keine Dunkelziffer, diese sind seit Jahren lückenlos erfasst.

 

Die unfallreichsten Monate waren Mai und August. Eine Verteilung die sich so, mit geringen Abweichungen, jedes Jahr stark ähnelt. Im Mai ist die Frühjahrsthermik stark und alle Bergbahnen laufen nach der Revisionszeit wieder. August ist der Haupt-Urlaubsmonat, auch für Gleitschirmflieger. Im Herbst, auch wenn er wochenlange Schönwetterphasen aufweist, sinken die Unfallzahlen wegen der abnehmenden thermischen Aktivität wieder.

Tödliche Unfälle

Von den 12 Unfällen mit Todesfolge ereigneten sich drei in Deutschland, je zwei in Österreich, Italien und in der Schweiz und je einer in Slowenien, Spanien und Portugal.

März: Churfirsten, CH.  Ein erfahrener 48-jähriger deutscher Pilot war am Startplatz Chäserugg/Churfirsten mit seinem Ozone Mantra M 4 (LTF D) zu einem Streckenflug gestartet. Weil er sich bis zum Abend nicht zurückgemeldet hatte, wurde eine Suchaktion eingeleitet, die jedoch tagelang ergebnislos verlief. Erst mehr als einen Monat später wurde die Leiche des Piloten von einem Wanderer entdeckt, ca. 6 km östlich des Startplatzes in einem Lawinenrest. Die Flugaufzeichnung seines GPS-Varios lässt als wahrscheinlichste Unfallursache auf einen Einklapper in Grathöhe mit direkt anschließendem Crash in die Bergflanke und einem tiefen Absturz über die Felswand schließen.

Meduno, Italien. Im Landeanflug verschätzte sich ein wenig erfahrener 48-jähriger deutscher Gleitschirmflieger leicht in der Höhe. Um tiefer zu kommen, leitete der Pilot in ca. 25-30 m GND einen schnellen Vollkreis ein. Dabei zog er die Innenbremse so weit herunter, dass es zum einseitigen Strömungsabriss kam. Beim anschließenden Vorschießen der Kappe erfolgte die Bodenberührung mit so großer Wucht, dass sich der Pilot dabei tödliche Verletzungen zuzog. Gerät: Independence Garuda L, LTF 1-2.  Der Pilot hatte erst wenige Flüge Erfahrung mit diesem Gerät, war vorher ein LTF 1-Gerät geflogen. Zu diesem Unfall gibt es einen ausführlichen Unfallbericht.

Wirmighausen, Deutschland. Ein unerfahrener 47-jähriger deutscher Gleitschirmflieger „kitete“ seinen Gleitschirm im mäßigen Wind den Hang aufwärts. Dabei waren die Tragegurte nicht am Gurtzeug befestigt. Etwa auf halber Hanghöhe erfasste eine Böe den Schirm. Der Pilot wurde aus dem Stand gehoben und klammerte sich mit den Händen an den Tragegurten fest. Schirm und Pilot glitten ohne Höhenverlust Richtung Hangfuß. Wegen des steilen Geländes vergrößerte sich der Bodenabstand innerhalb weniger Sekunden stark. Den Gleitschirmflieger verließen schließlich die Kräfte, er stürzte aus ca. 30 m im freien Fall auf den Boden und wurde durch den Aufprall sofort getötet. Zu diesem Unfall gibt es einen ausführlichen Unfallbericht.

Juni: Greifenburg, Emberger Alm, Österreich. Ein 69-Jähriger deutscher Gelegenheits-Gleitschirmflieger geriet nach einem massiven Einklapper in ca. 100 m GND in einen heftigen Spiralsturz. Die Auslösung des Rettungsgerätes erfolgte zu spät, es konnte nicht mehr tragend öffnen. Bei dem heftigen Aufprall erlitt der Pilot unmittelbar tödliche Verletzungen. Ursache des Spiralsturzes könnte ein massiver Leinenknoten gewesen sein, der durch den Einklapper entstand. Am Unfalltag herrschten stark thermische, von Nordföhn beeinflusste Flugbedingungen. Gerät: Nova Ion 2 M, LTF B. Zu diesem Unfall gibt es einen ausführlichen Unfallbericht.

Liak, Slowenien. Bei sehr stabilen, schwach thermischen Bedingungen flog ein 55-jähriger deutscher Gleitschirmflieger nach dem Start sehr nahe am Hang, um den schwachen Aufwind zu nutzen. In einer felsigen Ausbuchtung, die der Pilot sehr hangnah ausflog, klappte der Schirm plötzlich hangseitig großflächig seitlich ein. Ursache waren vermutlich erste starke thermische Ablösungen, die bei stabiler Schichtung besonders turbulent sein können. Es folgte ein massives Vorschießen der Kappe und eine schnelle Drehung direkt in die Felsen. Der Pilot erlag noch an der Unfallstelle seinen schweren Verletzungen. Gerät: Sky Paragliders Antea 2 L, LTF C. Zu diesem Unfall gibt es einen ausführlichen Unfallbericht.

Kandel, Schwarzwald, Deutschland. Eine 47-jährige deutsche Gleitschirmfliegerin leitete 200-250 m GND eine Steilspirale über dem Landeplatz ein. Es gelang ihr nicht mehr, das Flugmanöver auszuleiten und sie prallte mit hoher Wucht auf der Landewiese auf. Sie verstarb noch an der Unfallstelle. Gerät: Swing Mistral 6, LTF B. Zu diesem Unfall gibt es einen ausführlichen Unfallbericht.

Organya, Serra de Prada/Spanien. Ein 46-jähriger deutscher Pilot verunglückte bei einem Acro-Trainingsflug im Flugelände Organya. Dieses Fluggebiet ist ein bekanntes Trainingsgelände professioneller Acro-Piloten. Trotz geringem Höhenunterschied ist es dort möglich, auch aus niedriger Höhe wieder aufzudrehen, das ermöglicht den Top-Piloten stundenlanges Manövertraining ohne einmal landen zu müssen. Der deutsche Pilot wurde als Acro-Anfänger beschrieben, der im Fluggelände durch leichtsinniges Verhalten aufgefallen war. Er war von einheimischen Piloten mehrmals ermahnt worden, eine größere Sicherheitshöhe bei seinen Acro-Übungen einzuhalten und diese nicht außerhalb des Manöver-Korridors zu fliegen. Bei einem Übungsflug geriet ein „Heli“ in relativ geringer Höhe außer Kontrolle. Der Schirm schoss bei der Ausleitung vor, klappte ein und verhängte sich. Der Pilot wurde vertwistet. Es kam zum Spiralsturz. Kurzzeitig verlangsamte dieser, der Pilot schien die Kontrolle über den Schirm wieder zu erlangen. Dann tauchte die Kappe jedoch erneut in eine Sturzspirale und es kam zum Aufprall auf den Boden mit sehr hoher Energie. Der Rettungsschirm wurde nicht ausgelöst. Anwesende Piloten leisteten sofort Erste Hilfe und konnten den Verunglückten, der keine Lebenszeichen mehr zeigte, reanimieren. Seine Verletzungen waren jedoch so schwer, dass auch der kurz darauf eingetroffene Notarzt nicht mehr helfen konnte.

August: Deutschland, Ittenschwander Horn, Schwarzwald. Ein erfahrener 62-jähriger Gleitschirmflieger stürzte nach einem Strömungsabriss (dem nach Zeugenaussagen wahrscheinlich ein Einklapper vorausgegangen war) aus 20-30 m Flughöhe in einen Baum. Zusammen mit dem abgebrochenen Wipfel fiel der Pilot ca. 10 m tief auf den Waldboden. Dabei zog er sich schwere Verletzungen zu. Zwei Wochen später verstarb der 62-Jährige wegen plötzlich auftretender Komplikationen im Krankenhaus. Gerät: U-Turn Passion, LTF C.

Hohe Salve, Österreich. Ein 56-jähriger deutscher Gleitschirmflieger flog am Rande des Landeplatzes Hopfgarten/Tirol gegen einen Baum und stürzte kopfüber ca. 6 m auf den Boden. Dabei zog er sich so schwere Kopfverletzungen zu, dass er am Abend des Unfalltages im Krankenhaus starb. Gerät: Nova Mentor, LTF 1-2.

September: Im Südtiroler Weitental war ein 76-jähriger deutscher Pilot mit einer flugschul-betreuten Fliegergruppe vom Gitschberg geflogen. Am Beginn der Landeeinteilung klappte der Schirm des 76-Jährigen ein und öffnete nach einigem Höhenverlust wieder. Durch den Höhenverlust und die Richtungsänderung flog der Pilot mit Rückenwind und war einer Baumgruppe nahegekommen. Die anschließende scharfe Richtungskorrektur führte zu einem einseitigem Strömungsabriss und zum Trudeln. Unglücklicherweise prallte der Pilot auf einer Straße auf, wobei er sich schwerste Verletzungen zuzog. Nachdem er über zwei Monate intensiv in verschiedenen Krankenhäusern behandelt worden war, verstarb er an den Verletzungsfolgen. Gerät: Swing Mistral 6, LTF B. Zu diesem Unfall ist ein ausführlicher Unfallbericht unter „Sicherheit und Technik“ auf www.dhv.de in Vorbereitung.

Wallis, Schweiz. Auf einem Streckenflug vom Eggishorn verunglückte ein erfahrender 65-jähriger deutscher Gleitschirmflieger tödlich. Etwa 200 m über dem Sidelhorn war sein Gleitschirm massiv eingeklappt und mit einem Verhänger in einen Spiralsturz geraten. Der Rettungsschirm wurde erst kurz vor dem Aufprall ausgelöst und konnte nicht mehr tragend öffnen. Der Pilot zog sich beim Aufprall in dem felsigen Gelände tödliche Verletzungen zu. Gerät: Advance Sigma 8, LTF C. Zu diesem Unfall ist ein ausführlicher Unfallbericht unter „Sicherheit und Technik“ auf www.dhv.de in Vorbereitung.

Dezember: Madeira/Portugal, Arco de Calheta. Ein unerfahrener 46-jähriger deutscher Gleitschirmpilot war nach einem Fehlstart an dem klippenähnlich abbrechenden Startplatz in Steilgelände gestürzt und hatte sich dabei tödliche Verletzungen zugezogen. Der Pilot hatte vorher mehrere vergebliche Startversuche an einem in Windrichtung ausgerichtetem Startplatz des gleichen Fluggeländes unternommen. Wegen der seitlichen Neigung dieses Startplatzes gelang es ihm nicht, den Schirm gerade über sich zu bringen. Er entschied sich dann zu einem Startversuch in Richtung des Gefälles bei 90° Seitenwind. Auch diesmal kam die Kappe nicht richtig über den Piloten. Zu spät leitete dieser einen Startabbruch ein. Am Übergang des Startplatzes in den Steilhang war er noch nicht zum Stehen gekommen und stürzte daraufhin etwa 100 m den Hang hinunter. Er wurde zwei Stunden später noch lebend geborgen, verstarb aber kurze Zeit danach. Gerät: Gradient Bright 3/30, LTF 1. Zu diesem Unfall gibt es einen ausführlichen Unfallbericht.

Bereich Start
Fehler beim Vorflug- oder Startcheck

Sechs (Vorjahr: acht, 2010:11) Unfälle hatten ihre Ursache in einem fehlerhaften Vorflug- oder Startcheck.
Ein Pilot startete, ohne Bein- und Brustgurte geschlossen zu haben und rutschte im Abflug immer weiter aus seinem Beinsack-Gurtzeug. Er konnte auf „gerufene Anweisungen“ eines am Startplatz befindlichen Piloten seinen Gleitschirm mit Gewichtsverlagerung in den mit Weinstöcken bewachsenen Hang steuern und blieb dabei unverletzt.
Ein Doppelsitzerpilot hatte die Tandemspreize nur an einer Seite ins Pilotengurtzeug eingehängt. Nach dem Abheben ist es in dieser Situation schwierig, die Kontrolle über den Schirm zu behalten, weil der Pilot einseitig stark abgekippt hängt. Im vorliegenden Fall, bei einem Flug vom Tegelberg, gelang dies jedoch. Nach Erreichen eines Sicherheitsabstands vom Gelände, löste der Pilot das Rettungsgerät aus. Beide Insassen des Doppelsitzers landeten unverletzt. Der vom Piloten begangene Fehler ist die häufigste Ursache für tödliche Unfälle beim Gleitschirm-Tandemfliegen. In Österreich gab es in den letzten Jahren drei Tote aus diesem Grund. Tandempiloten sollten sich dieser ernsten Gefahr bewusst sein. Im Regelfall sollte die Tandemspreize fix am Pilotengurtzeug montiert sein, sodass ein Einhängen gar nicht vergessen werden kann. Unter „Unfallvideos mit Analyse“ auf www.dhv.de, „Sicherheit und Technik“ gibt es ein Video, das einen solchen Unfallablauf zeigt.

In vier Fällen (davon ein Doppelsitzer)  wurde ein Knoten oder Fremdkörper in den Leinen übersehen. Der Tandempilot hatte seine Fotostange so ungünstig platziert, dass sich diese beim Start in den Leinen des Gleitschirms verfing. Nach dem Abheben kam es zu einer schnellen Drehbewegung und zum Aufprall auf den Boden. Dabei wurde die 13-jährige Passagierin schwer an der Wirbelsäule verletzt. Für den Piloten hatte der Unfall ein gerichtliches Nachspiel. Er wurde wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe im vierstelligen Bereich verurteilt.
Ein ruhiger Abendflug mit einem zum Probefliegen ausgeliehenem Gleitschirm sollte es werden- und es endete mit sehr schweren Bein- und Wirbelsäulenverletzungen. Der Pilot hatte einen Leinenknoten zwischen einer Steuer- und C-/D-Leinen beim Start übersehen. In der Luft konnte er das seitliche Ausbrechen des Schirmes korrigieren und versuchte dann, den Knoten durch Anbremsen zu lösen, was nicht gelang. Er entschloss sich zu einer Landung am Hang. Dazu musste er jedoch relativ eng kurven, was in ca. 50 m GND zu einem Strömungsabriss führte. Der Schirm geriet ins Trudeln bis zum Aufprall auf dem Boden.

Ebenfalls mit sehr schweren Verletzungen musste ein Walk & Fly-Pilot seine Unaufmerksamkeit büßen. Nach anstrengendem Aufstieg war er mit einer um Tragegurt und Bremsrolle verdrehten Steuerleine gestartet. Bei der ersten Kurve blockierte die Bremse und der Schirm geriet außer Kontrolle. Der Versuch, oberhalb der Verwicklung in die Steuerleine zu greifen funktionierte nicht auf Anhieb wegen der dicken Winterhandschuhe. Etwa 150 m unterhalb des Startplatzes crashte der Pilot in felsiges Gelände. Bei der Sicherheitstestreihe A+B-Schirme des DHV war bei diesem Schirmmodell (Nova Mentor 2) aufgefallen, dass sich der dünne hintere Tragegurt oft selbständig verdreht- und mit ihm die Steuerleine. Besondere Sorgfalt beim Startcheck ist hier angesagt. Mehr Glück hatte ein Pilot bei einem Flug vom Kandel, bei dessen Gleitschirm eine Steuerleine zwischen den A-Leinen verhängt war. Beim „Herausfummeln“ kam er vom Kurs ab und landete in einem Baum.

Egal, ob Leinenknoten oder verdrehte Steuerleine; der Reflex, sich zunächst um die Ursache des Problems zu kümmern (Knoten lösen) und die Auswirkungen (Abweichung von der Flugrichtung) zu ignorieren, ist absolut verlässlich. Man muss ihm bewusst entgegenwirken. Immer erst Richtungskorrektur (bei Leinenknoten mit viel Gewichtsverlagerung und wenig Gegenbremse, bei verwickelter Steuerleine, Steuerung mit dem hinteren Tragegurt oder Steuerleine oberhalb der Rolle am Tragegurt), weg von den Hindernissen, raus in den freien Luftraum. Dann erst Lösungsversuche.
Beeinträchtigt der Leinenknoten das Schirmverhalten so stark, dass der weitere Flug nicht mehr sicher möglich ist (Gegenbremsen nahe am Strömungsabriss zur Stabilisierung des Flugwegs erforderlich), muss der Pilot entscheiden: Eine Rettungsschirmauslösung oder gezielte Baumlandung ist, bei geeignetem Gelände, meist sehr viel weniger riskant, als ein Strömungsabriss beim Kurven im Landeanflug. Flug so planen, dass keine Kurven in Richtung der Seite geflogen werden müssen, auf der man ohnehin schon Gegensteuern muss.
Bei Leinenknoten in Kappenmitte, der dazu führt, dass der Schirm gefährlich langsam wird, zur Kompensation den Beschleuniger betätigen. Auch hier: Lösungsversuche erst mit gutem Höhenpolster, wenn erfolglos, Entscheidung treffen, ob der Flug ausreichend sicher fortgesetzt werden kann oder Notfallmaßnahmen erforderlich sind (Baumlandung, Retter).

Startversuch mit nicht flugfähiger Kappe

Es ist Alltag an den Fluggeländen und einer der Unfallschwerpunkte: Piloten „hauen sich raus“, obwohl die Schirmkappe nicht zu 100% kontrolliert und flugfähig ist. Sie hängt hinten, steht schräg, ist eingeklappt, trägt nicht oder ist durch einen Leinenknoten beeinträchtigt. Im Dezember 2012 starb ein deutscher Pilot auf Madeira, weil er mit nicht flugfähiger Kappe einen Fehlstart hatte und in felsiges Steilgelände stürzte (siehe tödliche Unfälle). Er hatte einen Startabbruch zu spät eingeleitet. Dieser Pilotenfehler war auch Ursache für weitere Unfälle mit mehr oder weniger schwer verletzten Piloten. „Entschied mich trotz hinter mir hängender Kappe für Absprung statt Abbruch“ schrieb ein Pilot in seiner Unfallmeldung. Dank gutem Protektor blieb der folgende harte Aufprall auf einer Geländekante folgenlos.
Schwer verletzt wurden zwei Piloten, die zwar bemerkten, dass die Schirmkappe instabil war und nicht trug, trotzdem den Start fortsetzten. Beim anschließenden Durchsacken kam es zur Bodenberührung und zum Sturz in den Steilhang.

Der Start mit dem Gleitschirm ist ein komplexer Vorgang. Die Dynamik des Körpers, die Steuertechnik der Arme und die Lauftechnik der Beine müssen richtig koordiniert werden. Und das auch noch in Abhängigkeit von Geländeneigung und Windstärke. Niemand schüttelt eine souveräne Starttechnik einfach aus dem Ärmel. Festgestellte Defizite sollten deshalb nicht ignoriert werden sondern Ansporn für Training sein. Gefährlich ist besonders ein Einklappen der Kappe in der Beschleunigungsphase. Die Fehler, die dazu führen sind: Der Schirm wird in der Kontrollphase nicht ausreichend stabilisiert, der Pilot lässt die Kappe in der Beschleunigungsphase zu weit vorkommen (zu geringes Anbremsen, bzw. zu schnelles Freigeben der Bremsen) oder ein Entlasten der Kappe aufgrund einer Geländestufe in der Startstrecke. Häufig führt ein Einklappen der Kappe zum Sturz des Piloten. Weil der entlastete Schirm nicht mehr bremst, sind die Verletzungsfolgen des Sturzes in den Hang oft gravierend. Beim einseitigen Einklappen gegen Ende der Beschleunigungsphase heben Pilot und Schirm in der Regel noch vom Boden ab, drehen dann aber in Einklapprichtung zum Hang zurück. Sechs Unfälle mit Schwerverletzen wurden durch Einklappen der Kappe während der Beschleunigungsphase im Jahr 2012 gemeldet. Jeder Pilot sollte sich bewusst sein, dass hier eine der großen Gefahren beim Gleitschirmfliegen lauert.

Der Startabbruch ist für viele Piloten keine wirkliche Option. Sie sind darauf konditioniert, den Start, vom ersten Aufziehimpuls bis zum Abheben „durchzuziehen“, komme was da wolle. Wichtig wäre aber, den eigentlichen Startlauf erst zu beginnen, wenn sicher ist, dass der Schirm auch dazu bereit ist. Ist das nicht der Fall, aus welchem Grund auch immer, darf der Startlauf erst gar nicht erfolgen, es muss abgebrochen werden. Besonders an Startplätzen, die in Steilgelände übergehen, ist eine vorher festgelegte Startabbruchlinie ein Muss.

Aushebeln beim Rückwärts-Aufziehen

Unkontrolliertes, eingedrehtes Abheben nach dem Rückwärts-Aufziehen der Kappe mit anschließendem Crash in den Hang oder gegen ein Hindernis, verursachte zwei Unfälle mit Schwerverletzten. In beiden Fällen war der Schirm beim Aufziehen von einer Böe erfasst worden und hatte abgehoben. Es ist schwierig, den Schirm in dieser Situation zu kontrollieren, weil der eingedrehte Pilot die Steuerleinen über Kreuz in Händen hält. Zu Unfällen kommt es meist, weil die Piloten zur Richtungskorrektur versehentlich an der falschen Steuerleine ziehen und damit in die falsche Richtung, oft in den Hang oder gegen ein Hindernis, steuern. Besser ist es, der eingedrehte Pilot greift zur Steuerung über der Verkreuzung in die Steuerleinen oder hinteren Tragegurte. Noch besser, es gar nicht erst zu dieser gefährlichen Situation kommen zu lassen. So kann eine Aufziehtechnik, die ein schnelles Hochsteigen und damit auch ein erforderliches starkes Anbremsen der Kappe verhindert (siehe Kasten), helfen, das Aushebeln zu vermeiden. Sind die Böen so stark, dass ein aufgezogener Schirm den Piloten unkontrolliert aushebeln kann, ist ein sicherer Start nicht möglich. 

Beim Rückwärts-Aufziehen empfiehlt sich die Methode „beide A-Gurte und eine Bremse in einer Hand, freie Bremse in der anderen Hand, bewusste Asymmetrie durch einen Schritt des Piloten außerhalb der Schirmmitte“. Dadurch kann die leicht asymmetrisch hochsteigende Schirmkappe sofort über die freie Bremse kontrolliert und dynamisches Schießen wirkungsvoll gedämpft werden.

Zu früh reingesetzt

V1 (Entscheidungsgeschwindigkeit) ist bei Luftfahrzeugen die höchst mögliche Geschwindigkeit für einen Startabbruch. Aber erst bei VR (Rotationsgeschwindigkeit) kann ein Abheben erfolgen. Ein Abhebeversuch vor Erreichen von VR wird in einem Crash enden. Auch beim Gleitschirm, wenn die Piloten zu früh, vor Erreichen der Abhebegeschwindigkeit, mit dem Laufen aufhören und sich ins Gurtzeug setzen. Drei Piloten zogen sich schwere Verletzungen an den Beinen/Füßen zu, weil das zu frühe Reinsetzen Bodenberührung und einen Sturz hangabwärts mit hoher Geschwindigkeit zur Folge hatte. Gelegentlich gewinnt man den Eindruck, dass Gleitschirmflieger den Startlauf so verstehen, sich mit möglichst wenigen Schritten noch unter der Minimalgeschwindigkeit in die Luft plumpsen zu lassen. Viele missinterpretieren das Gefühl, dass der Schirm zu tragen beginnt, als Signal nun mit dem Laufen aufzuhören. In Wirklichkeit hat der Schirm in dieser Phase erst weniger als die Hälfte des Auftriebs aufgebaut, der für ein Abheben erforderlich ist und benötigt nun noch mehrere aktive Beschleunigungsschritte. Auf der sicheren Seite ist man, wenn so lange beschleunigt wird, bis der Schirm den Piloten aktiv vom Boden abhebt.

Start bei gefährlichen Wind- und Wetterbedingungen

In 16 Fällen kam es 2012 unmittelbar nach dem Start zu einem Unfall, weil die Piloten eine Fehleinschätzung der Wind- und Wettersituation getroffen hatten. Auffällig, wie seit Jahren: Starts in Waldschneisen bei unklaren Windbedingungen. Diese „Löcher im Wald“ können überaus tückisch sein, weil die reale Windsituation verfälscht wird. Auch wenn es draußen richtig ordentlich aus einer ganz anderen Richtung kachelt, kann es in der Startschneise
angenehm von vorne säuseln. So startete eine Pilotin am Dieberg im Bayerischen Wald bei vermeintlich mäßigem, laminarem Wind. Kaum aus der Schneise wurde der Wind so stark und turbulent, dass der Schirm trotz voller Beschleunigung rückwärts flog. Nach einem Einklapper endete der Flug mit einer folgenschweren Baumberührung und Absturz bis zum Boden. Krankenhausaufenthalt und Reha dauerten Monate. In drei weiteren Fällen wurden Piloten nach Schneisenstart von starken Windböen erfasst und in die Bäume oder gegen Hindernisse getrieben. Zwei Piloten blieben unverletzt, einer verletzte sich schwer. Ein weiterer Pilot wurde unmittelbar nach dem Start senkrecht in die Höhe gerissen. Über dem Hang ging es rückwärts ins Lee, wo eine riesige Überland-Stromleitung als gefährliches Hindernis lauerte. Der Pilot entschied sich für eine gezielte Baumlandung, die er unverletzt überstand.

Nicht nur an Schneisenstarts, aber gerade dort, sollte der Pilot alle seine Sinne dafür einsetzen, zu erkennen, wie es in der Luft wirklich ist. Hängt der Windanzeiger schlapp herum, obwohl das Rauschen der Bäume zu hören ist, ist das ein ganz kritisches Anzeichen.

Im Polizeibericht beamtensprachlich neutral formuliert, aber das missbilligende Kopfschütteln doch deutlich herauslesbar: „Der Pilot des Rettungshelikopters schätzte die Wetterbedingungen als äußert schwierig ein“. Ein Scheinneuling (Lizenzerteilung ein Monat vor dem Unfall) konnte am Hochgrat-Startplatz (Allgäu) wegen des stürmischen Windes nicht starten. Er ging ein paar hundert Meter den Hang hinunter und „probierte“ es dort. Nach kurzer Flugstrecke in heftigsten Turbulenzen zerlegte es seinen 1-2-er Gleitschirm (Air Cross U-Fly) vollständig und er stürzte aus ca. 50 m Höhe ab. Folge: Sechs Rippen- und drei Wirbelbrüche.
Trocken mit „herannahende Gewitterfront“ beschrieb ein österreichischer Alpin-Polizist die Wetterbedingungen bei einem Unfall im Lechtal. Der Pilot war mit seinem Team 5 Blue (LTF 1-2) nach dem Start heftig in die Höhe gerissen worden. In ca. 50 m GND klappte der Schirm seitlich ein und es kam zum Absturz in einer Drehbewegung bis zum Boden. Mit mittelschweren Verletzungen waren die Folgen seines Leichtsinns für den Piloten noch glimpflich.
Ähnlich erging es einem Piloten mit seinem Mentor 1 (LTF 1-2) am Hahnenkamm bei Reutte/Tirol. Obwohl die in der Luft befindlichen Gleitschirme bereits sichtbar große Schwierigkeiten hatten (Klapper, kaum Vorwärtsfahrt) startete er. Nach 50 m Flugstrecke kam es zu einem massiven seitlichen Einklapper und zum Absturz bis zum Boden, bei dem der Pilot schwer am Rücken verletzt wurde.

Bei „sehr starkem und sehr böigem Westwind“ (Alpin-Polizeibericht) startete ein 72-jähriger deutscher Gleitschirmflieger am Oststartplatz an der Emberger Alm mit seinem Swing Mistral 6 (LTF B) direkt ins Lee. Kurz nach dem Start klappte der Schirm massiv ein und der Pilot stürzte ab. Er fiel zunächst auf die Seile des unterhalb des Oststarts befindlichen Schleppliftes, ein Umstand, der ihm wahrscheinlich das Leben rettete. Beim anschließenden Sturz auf den Boden zog er sich jedoch schwere Wirbelsäulenverletzungen zu.

„Regen, Nebel, Schlechtwetterfront, Dämmerung“ war im Protokoll der Polizei zu den Wetterbedingungen notiert, die zum Zeitpunkt eines Gleitschirmunfalls im Stubaital vorherrschten. Ein Pilot war in der Dämmerung trotz des gefährlichen Flugwetters vom Elfer gestartet, wahrscheinlich um nicht in der Dunkelheit den Berg herunter laufen zu müssen. Starke Turbulenzen verursachten, dass sein Fluggerät (Ozone Buzz Z 3, LTF B) außer Kontrolle geriet und er den Rettungsschirm auslösen musste. Landung unverletzt unweit des Landeplatzes.

„Beinahe ein HWS-Syndrom vom Kopfschütteln“ erlitt ein Gleitschirmflieger, der zwei Piloten beobachtete, die bei starkem Föhn mit „Lentis wie im Bilderbuch“ am Neunerköpfl/Tannheimer Tal gestartet waren. Einer, ein Deutscher mit knapp einjähriger Flugerfahrung, wurde von den Föhn-Böen rückwärts ins Lee geblasen, wo er aus etwa 150 m Höhe abstürzte und sich beim Aufprall schwere Bein- und Wirbelverletzungen zuzog.

Dies ist nur eine kleine Auswahl der Vorfälle, wo die Piloten wegen fehlerhafter Einschätzung der Flugbedingungen bereits kurz nach dem Start in große Schwierigkeiten gekommen sind. Es ist im Nachhinein (meist auch für den Betroffenen) schwierig nachvollziehbar, warum ein ausgebildeter Gleitschirmpilot sich zum Start entscheidet, obwohl die Gefahren klar erkennbar sind. Es sind die „Human Factors“, die der Vernunft in die Quere kommen.
Kernpunkt ist die Erkenntnis der Fehlerhaftigkeit des Menschen. Jeder ist in der Lage so kapitale Fehler zu machen (z.B. die Beingurte des Gurtzeugs nicht zu verschließen), wie er es niemals von sich selbst vermuten würde. Unter bestimmten Umständen („die letzte Bergbahn ist schon weg, ich will nicht zu Fuß runtergehen“, „alle Kumpels sind schon gestartet, ich will mich jetzt nicht blamieren“, „drei Startabbrüche, jetzt muss es funktionieren“), tendiert auch ein umsichtiger Pilot dazu, Gefahren auszublenden und einen Flug gegen alle Vernunft zu erzwingen. Der tödliche Madeira-Startunfall (siehe tödliche Unfälle) ist dafür ein typisches und tragisches Beispiel. Dagegen braucht es persönliche Abwehrstrategien. Eine wäre, vor dem Start kurz innezuhalten und sich zu fragen: “Will ich jetzt in der Luft sein, werde ich an diesem Flug Freude haben? Kann ich mir sicher sein, dass die Verhältnisse, die ich wahrnehme, für mich sicher beherrschbar sind“? Und wenn die Antwort darauf nicht ein eindeutiges Ja ist, gilt der alte Fliegerspruch: „Ein Zweifel ist ein Nein“!

Groundhandling

Bei drei gemeldeten Unfällen wurden zwei Piloten schwer, einer tödlich verletzt. Die Piloten waren jeweils von Böen ausgehoben worden. Die beiden Schwerverletzten waren durch den Starkwind ins Lee getrieben worden und dort, nach Einklappern, abgestürzt. Der Todesfall ereignete sich, weil der Pilot sich beim Aushebeln durch die Böe an den Tragegurten festgeklammert hatte. Diese waren nicht am Gurtzeug eingehängt. Er stürzte aus 30 m GND zu Tode. (siehe tödliche Unfälle)

„Wenn der Wind zu stark zum Fliegen ist, machen wir Groundhandling“. Dies ist ein gefährlicher, aber weit verbreiteter Irrglaube. Spaß und Trainingseffekt beim Groundhandling sind in moderaten und laminaren Windbedingungen von 10-15 km/h am größten. Mehr als 20 km/h Wind, mit stärkerer Böenentwicklung sind definitiv gefährlich. Unkontrolliertes Ausheben durch eine unerwartete Böe und Kollabierung der Schirmkappe in geringer Höhe waren in den letzten Jahren Ursache für mehrere tödliche Unfälle (siehe auch Unfallanalyse 2011). Gleitschirmflieger sollten bei angekündigter stärkerer Böigkeit des Windes weder zum Fliegen noch zum Groundhandling gehen.

Bereich Flug (Gleitflug, Thermikfliegen, Hangsoaren, Extrem- oder Kunstflug)

Einklapper

Für das Jahr 2012 wurden 54 Unfälle nach Einklappern gemeldet. (2011:57, 2010: 50, 2009: 43, 2008: 58, 2007: 60).
In einer Tabelle am Ende dieses Berichtes sind detaillierte Informationen aufgeführt zu den betroffenen Geräten, den Wetterbedingungen, dem Verhalten von Schirm und Pilot sowie den Verletzungsfolgen für den Piloten. Es wurden nur die Einklapper-Unfälle berücksichtigt, für welche die notwendigen Daten vorlagen (39 von 54).
Die Erkenntnisse aus der Tabelle hier kurz zusammengefasst:

Einklapper-Unfälle, Fakten

1. Einer der Unfallschwerpunkte ist das Einklappen des Schirmes im boden- oder hangnahen Bereich. Wer ultranah am Hang kratzt, vergibt sich die Chance, bei einer Störung genügend Zeit und Platz zu haben, um noch eingreifen zu können. Eine besondere Lehre sollte der tödliche Unfall am Lijak vom Juni 2012 sein (siehe tödliche Unfälle und ausführlicher Unfallbericht auf www.dhv.de). Extrem nahes Fliegen an einem felsigen Hang und die sehr schnelle und dynamische Reaktion des LTF-C-Schirmes auf den massiven seitlichen Einklapper ließen dem Piloten praktisch keine Überlebenschance. Je „unfreundlicher“ das Gelände ist, desto mehr Hangabstand! Und das gilt nicht nur für anspruchsvolle Leistungs-Schirme. Aus den „A+B-Sicherheitstests“ wissen wir, dass auch bei manchem A-Schirm die ersten 90° der Drehbewegung nach einem Massivklapper unerwartet dynamisch ausfallen können.

Im Abflug- und Landebereich ist jeder Klapper brandgefährlich, weil auch hier wenig Bodenabstand besteht. Klapper-Prävention ist das oberste Gebot. Konzentriert und aktiv fliegen und turbulente Bereiche unbedingt meiden. Ein Pilot beschrieb seinen Fehler in dieser Phase, der schwere Wirbelsäulenverletzungen zur Folge hatte: „Ich kam nach dem Start nicht ins Gurtzeug, weil ich den Beinstrecker nicht mit dem Fuß erreichte. Daraufhin nahm ich beide Steuerleinen in eine Hand und angelte mit der anderen nach dem Beinstrecker. In diesem Moment kam es zu einem seitlichen Einklapper und schneller Drehung zum Hang. Weil ich nicht steuerbereit war, hatte ich keine Chance, den Schirm zu stabilisieren und prallte nach einer 180°-Drehung im Gelände auf“.

Nicht erkannte Lee-Turbulenzen bei stärkerem Wind sind beim Landen eines der Hauptprobleme. Mehrere Piloten schrieben dies auch in ihren Unfallberichten. „Ich hatte bei der Außenlandung wahrscheinlich die Leewirkung der luvseitig der Wiese befindlichen Baumreihe unterschätzt. In ca. 10 m Höhe kollabierte die Kappe schlagartig und komplett. Ich stürzte senkrecht auf den Wiesenboden“. Das tückische dabei: Die Lee-Turbulenzen von Hindernissen können auf eine Distanz bis zum 10-fachen der Hindernishöhe wirken. Und sie befinden sich in einer Höhe (5-20 m GND), in der ein Absturz bis zum Boden praktisch nicht zu verhindern ist. Deshalb sollten Gleitschirmflieger beim Landen in stärkerem Wind, insbesondere bei Außenlandungen, Gebiete leeseitig von Hindernissen unbedingt vermeiden.

2. Zu frühes/zu starkes (Gegen-) bremsen nach Einklappern ist immer mit der Gefahr eines Strömungsabrisses verbunden. Die Unfallmeldungen zeigen, dass vor allem höher klassifizierte Gleitschirme (LTF C und höher) davon betroffen sind. Diese Geräte haben in der Regel deutlich kürzere Steuerwege als niedriger klassifizierte Modelle und entsprechend schneller sind die Grenzen des Steuerwegs erreicht. Jedoch ist insgesamt ein zu frühes/zu starkes Anbremsen (Frontklapper) oder Gegenbremsen (seitlicher Einklapper) nur bei einem kleineren Teil der Unfälle das Problem.
Bei weitem häufiger ist keine oder ungenügende Stabilisierung der Drehbewegung durch Gewichtsverlagerung und Gegenbremsen. Mit der Stabilisierung des drehenden und schießenden Schirmes sind viele Piloten offensichtlich überfordert. Denn bei den meisten Unfällen nach seitlichen Einklappern in Bodenähe erfolgte der Aufprall aus der nicht oder nicht ausreichend unter Kontrolle gebrachten Drehbewegung.

3. Mehrere Piloten bestätigten in ihren Unfallmeldungen explizit das (bekannte) Problem mit verkleideten „Liegegurtzeugen“. Der Pilot fliegt in diesen Gurtzeugen mit gestreckten Beinen, was eine höhere Trägheit der Pilotenmasse zur Folge hat. Die Gefahr des Eintwistens in Tragegurte und Fangleinen bei schnellen Drehbewegungen, wie sie oft auf einen Klapper folgen, erhöht sich. Einmal vertwistet, ist es schwierig die Kontrolle über den Gleitschirm zu behalten, weil auch die Steuerleinen entsprechend verdreht, bzw. blockiert sind. Ein Pilot beschrieb das so:“ Bei meinem neuen Beinsack-Gurtzeug kam ich einfach nicht schnell genug aus der gestreckten in die sitzenden Position. Deshalb twistete es mich nach dem Klapper gleich 2-fach ein und ich konnte den Spiralsturz des Schirmes nicht mit den Bremsen stoppen. Als ich das realisierte, zog ich sofort den Rettungsschirm, der auch sehr schnell öffnete“. Gleitschirmflieger sollten die Vor- und Nachteile genau abwägen, bevor sie sich für ein verkleidetes Beinsack-Gurtzeug entscheiden.

4. Leider gab es zwei Tote, weil der Rettungsschirm zu spät ausgelöst worden war. Beide Piloten waren in einem Spiralsturz und dabei vertwistet. Die Höhe hätte in jedem dieser Fälle für eine erfolgreiche Öffnung des Retters ausgereicht. Die Auslösung erfolgte jedoch zu tief. Der Retter wurde ausgelöst aber nicht oder nur teilweise geöffnet neben den toten Piloten aufgefunden. „Nicht lange rumbasteln“ wenn der Gleitschirm außer Kontrolle ist sondern sofort die Rettung raus, besonders wenn die Höhe nicht üppig ist. Die Wichtigkeit dieser einfachen Verhaltensanweisung wird durch die zwei Todesfälle noch einmal tragisch und eindringlich unterstrichen. Genau so verhielt sich ein noch recht unerfahrener Gleitschirmflieger, der, hangnah ins Lee geraten, einen massiven seitlichen Klapper kassierte. Die Kappe schoss vor, drehte rasch zum Hang und in diesem Moment war schon der Retter draußen. Das auf Youtube veröffentlichte GoPro-Video des Vorfalls hatte zunächst ein paar besserwisserische Kommentare im Web mit dem Tenor „viel zu früh die Rettung geworfen“ zur Folge. Aber der Pilot hatte richtig reagiert. Denn die Analyse des Videos lässt es zumindest fraglich erscheinen, ob er die Kurve weg vom Hang noch geschafft hätte. So landete er unbeschädigt am Retter und kommentierte das Eintauchen in einen Latschenbusch noch ziemlich cool mit „You too, Alter“!

5. Verhänger mit Spiralsturz sind, wenn nicht der Rettungsschirm ausgelöst wird, ein tödliches Szenario, weil sich eine extreme Rotationsenergie aufbaut. Betroffen, das zeigt auch die Tabelle deutlich, sind vor allem Gleitschirme der Klassen C oder höher, seltener B  fast nie A. Gerade bei „Verhängerspiralen“ treten enorme Fliehkräfte auf. Eine Stabilisierung des Schirmes durch Gegenbremsen gelingt häufig nicht, weil der Steuerdruck extrem stark anwächst, bzw. weil Tragegurte und Fangleinen eingedreht sind (Twist) und die Bremsen blockieren. Mehrere Piloten berichteten davon, dass die Rotation so heftig war, dass die Auslösung des Retters zu einem großen Kraftakt geworden ist. Wenn Verhänger bei der Musterprüfung auftreten, besteht der Schirm dieselbe nicht. Trotzdem kommt es auch mit mustergeprüften Schirmen immer wieder zu solchen Vorfällen.

6. Jeder Gleitschirm kann in der Praxis sehr viel dynamischer auf eine Störung reagieren, als bei den Tests zu seiner Musterprüfung oder im Sicherheitstraining. Das liegt daran, dass „Real-Life-Klapper“ den Schirm manchmal stärker über die Flächentiefe deformieren als dies „von Hand“ möglich ist.  Diese Tatsache sollten vor allem Piloten beachten, die von einem einsteigertauglichen Schirm in eine höhere Klasse „aufsteigen“ wollen. „Im Sicherheitstraining hatte ich keine Probleme meinen Schirm bei Klappern zu kontrollieren, bei dem Unfall lief aber alles schneller und dynamischer ab“ schrieb ein Pilot in seiner Unfallmeldung und merkte kritisch an, dass seine „Wischi-Waschi-Klapper“ im Sicherheitstraining ihn wohl in falscher Sicherheit gewiegt haben. „Beim nächsten Sicherheitstraining werde ich vor allem darauf achten, wirklich realistische Einklapper zustande zu bringen“. Eine Erkenntnis, die man so jedem Sicherheitstrainings-Teilnehmer wärmstens empfehlen kann.

Kollisionen

10  (Vorjahr:fünf, 2010:5) Zusammenstöße (neun GS/GS, ein GS/HG) wurden gemeldet. Dabei wurden zwei Personen schwer verletzt, die andere blieben unverletzt bzw. zogen sich nur leichtere Verletzungen zu. In Greifenburg war ein Gleitschirmflieger, der wegen eines Einklappers die Rettung ausgelöst hatte, mit einer unterhalb fliegenden Pilotin kollidiert. Diese wurde so in Tuch und Leinen des gegnerischen Gleitschirms eingewickelt, dass sie selbst die Rettung nicht aktivieren konnte. Beide sanken mit hoher Vertikalgeschwindigkeit zusammen an einem Rettungsschirm in den Wald und zwischen die Bäume. Beim Aufprall erlitt die Pilotin schwere Wirbelverletzungen, während sich der Verursacher nicht verletzte.
Unachtsamkeit im Landeanflug war der Grund für zwei weitere Kollisionen. Im Endanflug auf den Landeplatz in Meduno wurde ein Pilot von einem oberhalb Fliegenden „abgeschossen“. Dieser hatte überschüssige Höhe durch Wingovern abgebaut und den tiefer fliegenden, im Endanflug befindlichen Piloten übersehen. Weil die luftrechtlichen Vorschriften weltweit eine Ausweichpflicht gegenüber dem im Endanflug tiefer Fliegenden vorsehen, war die Schuldfrage in diesem Fall eindeutig zu klären. "Im Queranflug kommt plötzlich ein anderer Gleitschirm von vorne rechts auf Dich zu". In dieser Situation befand sich ein Flugschüler im Fluggebiet Niederau/Tirol. Seinem Bericht war deutlich der Ärger anzumerken, von einem „Wilden“, der entgegen der im Fluggebiet vorgeschriebenen Landeeinteilung, den Landeplatz „irgendwie“ anflog, nieder geflogen zu werden. Es kam zur Kollision, die jedoch glimpflich, mit ein paar Prellungen, endete. Um genau diese Situationen zu verhindern, wurde die Landevolte erfunden. Jeder den Landeplatz anfliegende Pilot weiß dann, wie alle anderen einlanden werden und muss keine unliebsamen Überraschungen erleben. Wer in einem vielbeflogenen und auch von Flugschulen stark frequentierten Gelände disziplinlos, wie in den beiden zuletzt genannten Fällen, handelt, macht sich grober Fahrlässigkeit schuldig.
Beim Hangsoaren und Thermikfliegen kam es zu sechs Zusammenstößen. Fünfmal wurde anschließend, von mindestens einem der Beteiligten, der Rettungsschirm benötigt. Dabei kam es in keinem Fall zu schweren Verletzungen. „Ich sah die Unfallgegnerin erst im allerletzten Moment“. „Beim Linkskreisen in der Thermik kam mir plötzlich ein etwas höher fliegender Gleitschirm entgegen. Trotz energischem Ausweichmanöver kam es zur Kollision“. „Ich machte einen Kontrollblick nach rechts und sah von rechts/hinten einen Hängegleiter schnell auf mich zufliegen, eine Sekunde später krachte es“. „Beim Einleiten einer Rechtskehre am Hang flog die hinter und etwas über mir befindliche Pilotin direkt in meine Kappe“. „Ich hatte nichts gesehen und gehört, plötzlich spürte ich einen harten Stoß auf der rechten Körperseite“ In diesen fünf Fällen aus 2012 wird klar, dass mindestens einer der Beteiligten „gepennt“ und den anderen übersehen haben muss.

Die Thermik- und Hangflugregeln sind das eine. Aber fast noch wichtiger der Grundsatz „See and avoid, Sehen und vermeiden“. Das bedeutet vor allem dauernde Luftraumbeobachtung und die Schulung der Fähigkeit, ähnlich wie im dichten Autobahnverkehr, ein ständiges „inneres“ Bild davon zu haben, wo sich gerade der andere Verkehrsteilnehmer befindet. Mark Dale, Autor des britischen Standard-Gleitschirm-Lehrbuchs „Pilot Handbook“ schreibt dazu: „Ein guter Autofahrer bekommt Schuldgefühle wenn er überholt wird, ohne den Überholenden vorher im Rückspiegel wahrgenommen zu haben. Gute Piloten sollten dasselbe Gefühl haben, wenn plötzlich ein anderes Fluggerät in der Nähe auftaucht, das sie vorher nicht gesehen haben“.

Daneben gab es aber auch 2012 Fälle, wo eindeutige Missachtung der Ausweich- oder Hangflugregeln zu Kollision führten. So ignorierten zwei Piloten das Gebot dem Entgegenkommenden auszuweichen, wenn dieser den Hang an seiner rechten Seite hat. Zu einer weiteren Kollision kam es, weil bei zwei Piloten ein „Kappe-an-Kappe-Fliegen“-Spielchen schiefgegangen war. Beide landeten unverletzt am Retter. Wie schlimm so etwas enden kann, zeigt ein Beispiel von vor drei Jahren. Auch damals verfingen sich zwei bewusst nahe beieinander fliegende Gleitschirmflieger und stürzten ab. Einer ist seitdem querschnittsgelähmt.

Trudeln/Stall/Sackflug

Überbremsen einer Flügelseite bis zum einseitigen Strömungsabriss war Ursache für zwei tödliche Unfälle 2012. Beide ereigneten sich im Landeanflug. In einem Fall war der Pilot zu hoch und wollte, vollkommen unerklärlich, den geringen Höhenüberschuss im Übergang vom Quer- in den Endanflug mit einem Vollkreis abbauen, anstatt den Queranflug einfach etwas auszuweiten. Beim Fliegen des Vollkreises bemerkte er jedoch, wie schnell er an Höhe verlor und zog deshalb die Innenbremse nach, um den Kreis rascher zu beenden. Dabei überzog er die Innenseite, es kam zum einseitigen Strömungsabriss und zum Absturz. Dieser Unfall ist mit der GoPro-Helmkamera des verunglückten Piloten dokumentiert. Die Aufnahmen waren Grundlage für einen ausführlichen Unfallbericht, der unter Sicherheit und Technik auf www.dhv.de nachzulesen ist. Ein eindrückliches Beispiel, wie eine in Sekundenbruchteilen getroffene Fehlentscheidung beim Gleitschirmfliegen schlimmste Folgen nach sich ziehen kann. Im Rahmen der Unfalluntersuchung wurde festgestellt, dass der Pilot, der vorher ein A-Gerät geflogen war, mit den deutlich kürzeren Steuerwegen seines brandneuen High-End-B-Gerätes wohl noch nicht vertraut war. Er war bei seinem vorherigen Flug bereits einmal ins Trudeln geraten.
Bei einem übereilten Wendemanöver war ein 76-jähriger Gleitschirmflieger, ebenfalls auf einem Leistungsflügel der LTF-Klasse B, im Landeanflug ins Trudeln gekommen. Ein vorangegangener Einklapper hatte zu einem Höhenverlust und den Schirm nahe an eine Baumreihe geführt. Um dem Hindernis auszuweichen zog der Pilot die Innenbremse schnell und tief. Dies hatte einen einseitigen Strömungsabriss und Absturz auf eine Straße zur Folge. Der Pilot verletzte sich lebensgefährlich und starb mehr als zwei Monate später in einem Krankenhaus.
Acht weitere Fälle von ein- oder beidseitigen Strömungsabrissen im Landeanflug wurden dem DHV gemeldet. In sieben Fällen waren Wirbelsäulenverletzungen die Folge, ein Pilot brach sich die Hand. Im Landeanflug führt oft der gleiche Fehler zum einseitigen Strömungsabriss. Ausgangspunkt ist ein zu hoher Anflug, der durch beidseitiges Anbremsen verkürzt werden soll. Beim Kurven wird nicht auf die tiefe Bremsstellung geachtet und eine Steuerleine noch weiter heruntergezogen. Es kommt zum ein- oder beidseitigen Strömungsabriss. „Ich hätte mich früher für eine kontrollierte Außenlandung entscheiden und nicht versuchen sollen, auf Teufel-komm-raus den Schirm noch irgendwie auf dem Landeplatz runterzuwürgen. In den Wochen nach dem Unfall hatte ich verletzungsbedingt genügend Zeit, über meinen blöden Fehler nachzudenken“, schrieb ein Pilot in seiner Unfallmeldung. Und ein anderer: „Bin eigentlich kein Depp, aber hier war ich einer. Flog zu hoch rein, bremste beidseitig stark an und versuchte gleichzeitig mit leichten Wingovers die Höhe abzubauen. Zack, schlagartig stallte die Kappe und schon lag ich auf dem Rücken. Die angebrochenen Wirbel schmerzten sehr aber fast genauso der Ärger über meine Dummheit. Dank gutem Protektor verlief mein Absturz noch vergleichsweise glimpflich“.

Ein Strömungsabriss hat immer ein markantes symmetrisches oder asymmetrisches Vorschießen der Kappe zur Folge, wenn der Schirm wieder anfährt. In Bodennähe besteht in dieser Situation immer Lebensgefahr, weil der Pilot im Hinterherpendeln sehr hohe Energie aufbaut. Ein derart ungebremster Aufprall zieht häufig besonders schwere Wirbelverletzungen nach sich oder kann tödlich enden. Tiefes ein- oder beidseitiges Bremsen muss im Landeanflug ein absolutes Tabu sein.

Bei einem Durchgang der Hessischen Meisterschaft in Greifenburg (der jedoch abgebrochen wurde), geriet ein Ozone Enzo (LTF-D)-Pilot in einen Regenschauer. Der nasse Schirm ging über einem Waldstück in einen Sackflug über mit sehr hohem Sinken (aufgezeichneter Wert, mehr als –10m/s). Der Pilot hatte großes Glück und blieb mit seinem Schirm im Wipfel eines Nadelbaums hängen. 27 Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettung waren zur Bergung des unverletzten Gleitschirmfliegers im Einsatz.

Das Fliegen im Regen, auch wenn es nur ein kleinerer Schauer ist, sollte unbedingt vermieden werden. Durch verschiedene Faktoren (Gewichtszunahme der Kappe, Anstellwinkelerhöhung, weil sich Wasser an der Hinterkante sammelt, Widerstandsvergrößerung durch Wasserfilm-/tropfen) steigt die Sackfluggefahr rapide an. Wird man beim Fliegen von einem Regenschauer überrascht, sollte der Pilot keine Manöver mit erhöhtem Anstellwinkel fliegen (B-Stall, Ohren-Anlegen), den Beschleuniger nutzen, den Schirm nicht stark anbremsen.

Steilspirale/Acro/Kunstflug

Am Kandel war es im Juni 2012 zu einem tödlichen Steilspiralen-Unfall gekommen (siehe tödliche Unfälle). Die zu tief (ca. 200-250 m GND) eingeleitete Steilspirale konnte von der Pilotin nicht kontrolliert und ausgeleitet werden. Sie schlug mit großer Wucht auf dem Landeplatz auf und starb noch an der Unfallstelle. Es war dies der zweite tödliche Steilspiralen-Unfall von deutschen Piloten mit dem Gerät Swing Mistral 6. Ein weiterer tödlicher Unfall ist aus Frankreich bekannt geworden. Piloten dieses Modells sollten die beiden auf www.dhv.de befindlichen Unfallberichte lesen und die Sicherheitsanweisungen des Herstellers unbedingt beachten.

Ebenfalls sehr nahe über Grund (200-250 m) wollte ein Pilot am Tegelberg in einer moderaten Steilspirale Höhe abbauen. Zur Ausleitung betätigte er noch einmal die Innenbremse (um ein Aufbäumen des Schirmes zu verhindern). Diese Aktion erfolgte jedoch wahrscheinlich zu früh und zu stark. Der Schirm (Nova Mentor S, LTF-B) kippte dynamisch in eine sehr schnelle Spirale. Zunächst von Panik blockiert, zog der Pilot, als der Boden immer näher kam, mit aller Kraft beidseitig an den Steuerleinen. Dies führte in ca. 20 m GND zu einem beginnenden Aufrichten des Schirmes. Seine Reaktion hat dem Piloten mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben gerettet. Denn durch die erheblich reduzierte Sinkgeschwindigkeit und dem günstigeren Aufprallwinkel fiel die Bodenberührung zwar hart (Wirbel,- Becken,-innere Verletzungen) aber nicht tödlich aus.

Schwere Kopfverletzungen erlitt eine Pilotin, die in einem Sicherheitstraining ihre erste Steilspirale flog. Von diesem Unfall existiert ein Video, der Ablauf ist deshalb gut zu analysieren. Die Fliegerin schien zunächst den Funkanweisungen des Trainers gut zu folgen. Als der Schirm (Nova Prion, LTF A) jedoch stärker beschleunigte blieb sie passiv, mit gezogener Innenbremse. Die mehrmalige Aufforderung, die Außenbremse zu betätigen ignorierte sie zunächst. Dann endlich begann der Schirm die Spirale etwas zu verlangsamen, die Pilotin schien nun doch mit der Außenbremse zu arbeiten. Unmittelbar darauf beschleunigte das Gerät aber erneut stark und der Trainer gab sofort die Anweisung den Rettungsschirm auszulösen. Die Pilotin reagierte jedoch nicht mehr und schlug mit großer Wucht auf dem Wasser auf. Es folgte eine, dem Polizeibericht zufolge, vorbildlich schnelle und professionelle Bergungsaktion durch das Personal der Flugschule.

Unglaubliches Glück hatte ein Pilot bei einem Flug entlang der Eiger-Nordwand. An der Wand bildeten sich immer wieder kleinere Nebelfelder, die die Flugsicht stets kurzzeitig beeinträchtigten. Als der Pilot um eine Geländekante flog, wartete dort erneut eine Wolke, die aber erheblich größer war als erwartet. Im Blindflug ging es minutenlang in eine Richtung, die der Pilot als „talwärts“ einschätze. Als er vermeintlich genügend Geländeabstand gewonnen hatte, leitete er eine Steilspirale ein, um die Wolke nach unten zu verlassen. Ihm kam aber nicht die Wolkenbasis entgegen sondern die Eiger-Nordwand! Der Aufprall erfolgte glücklicherweise auf einem steilen Schneefeld, was den Piloten vor schweren Verletzungen bewahrte. Es gelang ihm sich zu sichern und die Bergrettung zu alarmieren. Er wurde in einer aufwändigen Rettungsaktion mit dem Helikopter geborgen.

Beim Acrofliegen über Land in Spanien verunglückte ein deutscher Pilot tödlich (siehe tödliche Unfälle). Die weltweit bedeutendste Website für Acropiloten, www.justacro.com, warnt eindringlich vor dem Acro-Training über Land: „Akro-Fliegen ist eine extrem gefährliche Tätigkeit! Um die Möglichkeit einer schweren, sogar tödlichen Verletzung zu vermeiden, üben Sie nur über Wasser, nur mit einer Ausrüstung, die sich in einem guten Zustand befindet, mit einem Rettungsboot und mit einem professionellem Akro-Trainer“.

Hindernisberührung im Flug
Baumlandung/Baumberührung

34 Baumlandungen/Baumberührungen wurden im Berichtszeitraum gemeldet. Dafür waren mehrheitlich meteorologische Gründe oder räumliche Fehleinschätzung der Piloten ursächlich. Ganz typisch ist ein Absacken durch erhöhtes Sinken beim hangnahen Fliegen oder eine Fehleinschätzung des Gleitwinkels für das Überqueren eines Waldstückes. 20 Piloten blieben unverletzt, fünf verletzten sich leicht, neun schwer, wovon einer zwei Wochen nach dem Unfall im Krankenhaus wegen schwerer gesundheitlicher Komplikationen verstarb. Ein weiterer Pilot zog sich beim Sturz auf den Boden, nach einer Baumberührung im Landeanflug, tödliche Verletzungen zu (siehe tödliche Unfälle).

„Weil mir die Landung in einer kleinen Lichtung zu riskant erschien, entschied ich mich bewusst für eine gezielte Baumlandung“ berichtete ein Gleitschirmflieger. Von 17 Piloten, die so handelten, verletzte sich einer schwer, weil sein Schirm sich nicht in den Ästen verfing. Er fiel, leicht gebremst, ca. 20 m auf den Waldboden, wo er direkt auf dem Protektor aufschlug und sich Brustwirbelverletzungen zuzog. Bei der Wahl seines Gurtzeugs hatte der Pilot in erster Linie Wert auf die Güte des Protektors gelegt und schrieb in seinem Unfallbericht, dass er „noch nie einen relativ geringen Geldbetrag so sinnvoll angelegt hat, denn eine geringere Protektorqualität hätte wohl eine Querschnittslähmung zur Folge gehabt“. Von den anderen 16 Piloten blieben bei ihrer gezielten Baumlandung 13 unverletzt, drei zogen sich leichte Verletzungen, Schürfwunden und Prellungen zu. 
Anders bei den Baumberührungen. Hier gab es acht Schwerverletzte und zwei Tote. In fast allen Fällen war die Baumberührung mit einer Flügelseite erfolgt, was zu einer schnellen Drehbewegung von Schirm und Piloten führte. Der Aufprall am Boden oder am Stamm des Baumes verursachte dann die schweren Verletzungen.

Baumberührungen sind außerordentlich gefährlich. Im Zweifel nicht versuchen, auf einer Lichtung, einem Waldweg zu landen oder irgendwie durch einzeln stehende Bäume zu manövrieren. Der seitliche Abstand zu den Bäumen ist schwierig abzuschätzen.
Bei einer gezielten Baumlandung sollte der Baum frontal angeflogen werden. Den Schirm vor der Baumlandung nicht stallen sondern etwas Fahrt lassen, damit sich die Kappe über den Baum legen kann. Nach der Baumlandung sofort versuchen, sich an stabilen Ästen festzuhalten und zu sichern.

Sonstige Hindernisse

Sehr selbstkritisch berichtete ein Gleitschirmpilot über eine Kette von Fehlern, die schließlich zur Kollision mit den Seilen der Seilbahn Campitello-Col Rodella geführt haben. Er hatte das Hindernis frühzeitig wahrgenommen, war jedoch nicht abgedreht, obwohl es knapp zu werden drohte. Diese Art von Hindernisfixierung ist als Unfallursache gut bekannt. Glücklicherweise verhängte sich der Schirm sicher in den Seilen und zum Unfallzeitpunkt befanden sich beide Seilbahnkabinen in ihren Stationen. Weil der Pilot direkt mit dem Gesicht in die Tragseile geflogen war, zog er sich am Kopf erhebliche Verletzungen zu. Ganz Ähnliches geschah einem Schwarzflieger (ohne Lizenz, mit Uralt-Ausrüstung und der Erfahrung eines Grundkurses 10 Jahre vorher, seitdem keine Flugpraxis) in Berchtesgaden. Er war mit der Jenner-Seilbahn kollidiert, nachdem er vorher „aus fliegerischem Unvermögen“ (Polizeibericht) unkontrolliert Höhe verloren hatte. Hier verhängte sich der Schirm jedoch nicht in den Seilen, der Mann stürzte zu Boden und blieb wie durch ein Wunder unverletzt.

Beim Überfliegen von Seilbahnen sehen die Piloten in der Regel die dicken Tragseile, häufig übersehen sie aber die manchmal meterweit oberhalb verlaufenden dünnen Hilfsseile (Versorgungsseile oder Seile für Seilbahn-Evakuierungsmaßnahmen).

Gegen die Seile einer Materialseilbahn flog ein Pilot im Fluggebiet Ebenalp in der Schweiz. In diesem Fluggelände gibt es viele solcher schlecht erkennbaren Materialseilbahnen (aber auch entsprechende Informationstafeln), es war in der Vergangenheit bereits zu tödlichen Unfällen gekommen. Im Moment der Kappenberührung mit den Seilen, zog der Pilot gewaltsam an einer Bremse, was ein Verhängen der Kappe verhinderte. Der Gleitschirm löste sich aus den Seilen und trudelte in die Tiefe. In ca. 40 m GND löste der Pilot den Retter aus, der auch noch tragend öffnete. Leider wurde der Pilot trotzdem schwer verletzt, weil er im Auspendeln unter der Rettung eine Felswand berührte und sich dabei eine Rippen-Serienfraktur zuzog.

Die Kollision mit einer Stromleitung ist potentiell lebensgefährlich, wenn der Starkstrom auf den Piloten überspringt. Glück (im Unglück) hatten die vier Piloten, die in 2012 einen solchen Vorfall meldeten. Im Zillertal war eine Pilotin bei starkem Talwind in die den Landeplatz Bruggerstuben begrenzende Stromleitung geflogen. Der Unfall wurde zufällig gefilmt. Ursache für die Kollision mit der Leitung war ein mäßiger seitlicher Einklapper, der zwar rasch wieder öffnete, aber den Schirm ca. 45° in Richtung Stromleitung abdrehen ließ und die verspätete Reaktion der Pilotin auf diese Richtungsänderung. Mit einem Abstand von ca. 10 m war sie viel zu nahe an dieses gefährliche Hindernis herangeflogen. Nachdem sich der Gleitschirm kurz in der Stromleitung verhangen hatte, löste er sich wieder und die Pilotin stürzte mit dem Rücken voran auf den Boden. Sie zog sich dabei eine Brustwirbelfraktur zu. Ganz ähnlich lief ein Unfall am Landeplatz Fiesch/CH ab. Der Pilot führte seinen Landeanflug bei schwierigen Landebedingungen durch (Gletscherwind). Im Gegenanflug, parallel zu den Gleisen der Bahnlinie, kam es zu einem seitlichen Einklapper und zum Abdrehen in Richtung der Oberleitung. Der Pilot kollidierte mit einem Masten und stürzte dann auf den Boden. Schwere Verletzungen an den Beinen waren die Folge.

Die große Stromleitung am Hirzer-Landeplatz (Südtirol) hat schon einige Gleitschirmflieger ins Schwitzen gebracht, vor allem bei starkem Talwind im Passeiertal. Eine noch wenig erfahrene Pilotin war direkt in diese Stromleitung geflogen, weil sie im starken Gegenwind einen sicheren Überflug nicht schaffte. Der Schirm verfing sich glücklicherweise sicher in den Leitungen, die Bergung erforderte jedoch einen großen Aufwand.

Zum sicheren Überfliegen von Hindernissen sollte die Methode der Hintergrund-Peilung angewandt werden:
Wandert das Hindernis optisch nach oben und verkleinert sich der Hintergrund, ist man auf Kollisionskurs. In diesem Fall sofort abdrehen und eine alternative Flugroute suchen.
Wandert das Hindernis optisch nach unten und wird mehr vom Hintergrund sichtbar, ist ein Überflug möglich.

Gegen den Hang drehen

Beim Einkreisen in den Aufwind mit zu wenig Hangabstand ist es 2012 zu vier gemeldeten Unfällen gekommen. Dabei verletzten sich zwei Piloten (sehr) schwer, weil sie frontal auf dem Hang aufprallten. Die beiden anderen landeten unverletzt in einem Baum. Alle Piloten analysierten in ihren Unfallmeldungen den gleichen Fehler; Platzbedarf für einen Kreis zum Hang und die „schiebende“ Komponente des Rückenwindes unterschätzt. Bei einer flugschulbetreuten Fliegerreise war es in Castellucio zu einem folgenschweren Missverständnis gekommen. Ein Pilot hatte den für eine andere (namentlich am Funk genannte) Fliegerin bestimmten Funkspruch „....Barbara, Du hast jetzt genug Höhe und Hangsabstand, dreh mal rechts ein“ auf sich bezogen. Er war, mit viel zuwenig Geländeabstand, nach einer 180°-Kurve in den Hang geprallt und hatte sich dabei mehrere Frakturen an Beinen und Wirbelsäule zugezogen.

Unfälle bei Landeeinteilung und Landung

47 Störungen und Unfälle wurden für den Bereich Landeanflug und Landung gemeldet. Acht davon bei Außenlandungen, sieben beim Toplanden, der Rest beim Anflug auf einen regulären Landeplatz.
„Um eine Baumlandung zu vermeiden, musste ich die Notlandung auf dem kleinen gerodeten Hang im Wald vornehmen“ schrieb eine Pilotin, die wegen einer meteorologischen Fehleinschätzung (Flug im Lee) den Landeplatz nicht mehr erreichte. Sie zog sich bei der Landung eine Fraktur am Knie zu. Aus der Formulierung im Unfallbericht geht hervor, dass dieser Pilotin nicht bewusst war, dass eine kontrollierte Baumlandung mit erheblich geringeren Gefahren verbunden ist, als der Versuch, in einer hindernisreichen Lichtung niederzugehen.
Um eine Wasserlandung zu verhindern musste ein Pilot im felsdurchsetzten Uferbereich des Schlegeisspeichers/Zillertal notlanden. Er hatte bei einem sommerlichen Walk&Fly-Flug vom Furtschaglhaus (Zillertaler Hauptkamm) Stärke und Turbulenz eines Talwind-Lees unterschätzt und konnte den geplanten Landeplatz nicht mehr erreichen. Bei der Landung im Lee der Dammkrone kam er mit sehr hoher Geschwindigkeit auf und verletze sich schwer an den Beinen und an der Wirbelsäule.

Bei hochalpinen Walk&Fly-Unternehmungen hat man es oft mit komplizierter Topografie, Hochtälern, Taleinmündungen- und Verzweigungen und weithin unlandbarem Gelände zu tun. Es ist oft schwierig, die komplexe Talwind-Situation zu erkennen und damit auch die Gefahren von möglichen ausgeprägten Talwind-Leebereichen. Solche Unternehmungen sollten vorzugsweise in den Herbstmonaten stattfinden, weil dann Stärke und Mächtigkeit der Talwinde, im Vergleich zu den Sommermonaten, deutlich weniger ausgeprägt sind.

Beim Einflug in ein Seitental sollten Gleitschirmflieger ständig checken, ob sie sich nicht auf einer Reise ohne Wiederkehr befinden. Hinein geht es mit dem taleinwärts blasenden Wind problemlos, aber ohne thermischen oder dynamischen Anschluss kann das Herausfliegen gegen den Wind schwierig werden. So erging es zwei Piloten, einem am Elfer im Stubaital und einem an der Kanzelwand im Allgäu. Im Rückwärtsflug, bedingt durch die Düsenwirkung des sich stark verengenden Tales, wurde einer der beiden ins Lee einer Baumgruppe getrieben, wo er mit offenem Schirm durchsackte und hart auf eine Almwiese crashte. Er zog sich dabei schwere Verletzungen an Lenden-, Brust- und Halswirbel zu. Der andere Pilot kam glimpflicher mit Prellungen und Stauchungen davon. Als er bemerkte, dass der Rückflug aus dem Seitental nicht mehr machbar sein würde, entschied er sich für eine Landung am Hang, die sehr unsanft ausfiel.

Tückischer Windgradient

Immer dann, wenn sich der Gegenwind zum Boden hin stark abschwächt, sollten Gleitschirmflieger an die Tücken dieses „Windgradienten“ bei der Landung denken. Dies ist z.B. bei muldenartigen Landeplätzen aber auch in allseits von Bäumen umstandenen Landefeldern ein nicht selten auftretendes Phänomen. Sinkt der Schirm aus dem Gegenwind rasch in den windschwächeren Bereich, wird er kurzzeitig sehr langsam. Die Kappe muss sich die Fahrt wieder holen, wird zunächst durchsacken und dann vornicken. Wird sie daran gehindert, weil der Pilot stark bremst, kann es zum Strömungsabriss kommen. Auch dann, wenn die Bremsstellung noch weit von der normalen Abrissgrenze entfernt ist. In den Unfallberichten ist dann häufig die Ratlosigkeit der Piloten herauszulesen. Sie verstehen nicht, warum es mit beidseitig 50% Bremse zu einem plötzlichen Stall kommen konnte. Bei festgestelltem starken Windgradienten während des Landeanfluges sind Piloten gut beraten, den Gleitschirm nicht stark anzubremsen. Drei Unfälle in 2012 sind eindeutig dem Windgradienten und seiner Auswirkung auf den Gleitschirm zuzuordnen. Bei einem Pilot kam es in ca.10 m Höhe zu einem Strömungsabriss („dachte eigentlich, dass ich mit den Bremsen noch deutlich im grünen Bereich bin“), ein anderer setze während des Durchsackens/Vornickens hart mit dem Gurtzeug auf dem Boden auf, dabei hat „nicht nur mein 11. Brustwirbel sondern auch mein Vertrauen in die Tuchfliegerei einen Sprung bekommen“.

Bei den weiteren gemeldeten Außenlandungs-Unfällen waren die Piloten entweder mit einem Hindernis kollidiert oder es war im Landeanflug zum harten Aufsetzen wegen Rückenwind oder Landung aus hoher Schräglage gekommen. Beides meist eine Folge von beengten Landeverhältnissen und schlecht erkennbarer Windsituation. Aus den Unfallberichten geht hervor, dass Gleitschirmflieger sich oft zu spät für eine Außenlandung entscheiden und die Auswahl an landbarem Gelände dann stark eingeschränkt ist.

Toplandung
Siebenmal wurden Unfälle beim Toplanden gemeldet (vier Schwerverletzte). Die Gründe waren Hindernisberührung im Anflug (3), Frontklapper in geringer Höhe (1), Strömungsabriss durch zu starkes Anbremsen (1), Sturz nach der Landung (2).

Turbulente Landeplätze

Manche Landeplätze haben ihre ganz besonderen Tücken, die regelmäßig zu Unfällen führen. So wurden 2012 drei Unfälle mit praktisch identischer Ursache vom Landeplatz des Flugberges Grubigstein in Lermoos/Tirol gemeldet. In allen drei Fällen war es in geringer Höhe zu einem massiven Einklappen des Schirmes gekommen, alle drei Piloten verletzten sich schwer am Rücken. Betrachtet man das Landegelände genauer, z.B. auf Google Earth, wird schnell klar, warum es hier immer wieder zu Problemen kommt. Im Talkessel von Lermoos treffen zwei Talwind-Systeme aufeinander, eines aus West und eines aus Nordost, das den Bayerischen Wind ins Innere des Gebirges leitet. Der Landeplatz befindet sich in einem Bereich, wo meist der aus West wehende Talwind dominiert, der aber immer wieder auch vom Bayerischen Wind aus Nordost durchmischt wird. Die Turbulenzen, die entstehen, wenn zwei mit jeweils 20-30 km/h wehende Winde im 90°-Winkel aufeinandertreffen, sind entsprechend stark. Zudem kommt, dass der Landeplatz im Lee von teilweise nur 50-70 m entfernter Bebauung liegt.

Abbildung: Beispiel des ungünstig im Bereich konvergierender Talwinde befindlichen Landeplatzes Grubigstein.

Weitere Beispiel turbulenter Landeplätze mit Unfallhäufungen sind in den engen Tälern der Mittelgebirge zu finden. So „kracht“ es an den Landeplätzen in Oppenau/Schwarzwald überdurchschnittlich häufig (vier Meldungen mit drei Schwerverletzten 2012). Die Landeplätze sind klein, Topografie und Talwindsituation begünstigen reichliche, oft kleinräumige turbulente Bereiche und oft reißt es dann im Landeanflug auch noch thermisch ordentlich an. Auch am Merkur-Landeplatz in Baden-Baden sind des öfteren Landeunfälle zu verzeichnen (zwei Schwerverletzte nach Einklappern im Landeanflug 2012). Der von Bäumen umringte Landeplatz gilt wegen seiner Turbulenzen als anspruchsvoll.

Übrige Landeunfälle

Vor allem Anfänger können noch Probleme mit der Abschätzung der letzten Höhenmeter vor der Landung haben. Diese Pilotengruppe verunfallt deshalb überdurchschnittlich oft wegen daraus resultierender Fehler, z.B. eine zu hohe Landegeschwindigkeit weil der Schirm vor der Bodenberührung nicht vollständig durchgebremst wurde (drei Piloten mit Beinfrakturen in 2012). Oder, hierbei verletzten sich zwei Flugschüler sehr schwer, ein zu frühes (zu hohes) Anbremsen und anschließendes Lösen der Bremsen. Die Aufprallsituation, wenn der Pilot der vornickenden Kappe hinterher pendelt, ist  fast immer mit sehr schweren Verletzungen verbunden. Auch das vollständige Durchziehen beider Bremsen in zu großer Höhe mit anschließendem Strömungsabriss (2012 zwei Schwerverletzte) ist so ein Abschätzungs-Anfängerfehler.

„Wenn Du meinst, ein letzter Positionskreis ist jetzt noch sinnvoll, dann lass ihn weg“! Dies ist wahrhaft goldener Rat, denn seine Beachtung würde die Unfallstatistik spürbar schmälern. Größenordnungsmäßig zwei Dutzend Landeunfälle sind einem zu tiefen Anflug geschuldet. „Zu tief aus der Position geflogen, dadurch Hektik im Landeanflug, steile Kurve vom Gegen- in den Queranflug, durch den Höhenverlust, Aufprall in Schräglage auf dem Boden“. So schilderte es ein Pilot in seiner Unfallmeldung und so oder sehr ähnlich liefen nahezu alle diese Unfälle ab.

Bei einem zu hohen Landeanflug kann man die Anflugteile ausweiten und hat Zeit den Endanflug optimal vorzubereiten. Bei einem zu tiefen Landeanflug reagieren viele Piloten nicht rechtzeitig auf die Situation und bleiben vorerst bei ihrem Landeplan, obwohl dafür die Höhe zu gering ist. Im letzten Moment erfolgt dann of eine viel zu heftige Reaktion, z.B. eine Steilkurve, um doch noch gegen den Wind zu landen. Genau dieser Fehler verursacht in diesem Bereich die hohe Anzahl von Unfällen.
Bei ständiger Peilung ab der Position zum voraussichtlichen Landeort (an dem im Idealfall ein Peilpunkt liegt), sollte sehr schnell klar werden, wenn der Beginn des Landeanfluges zu niedrig ist. Der Pilot kann dann durch kontrolliertes Verkürzen der Anflugteile eine etwas engere Landeeinteilung fliegen, ohne dabei hektisch und mit zu großer Schräglage kurven zu müssen. Aber besser erst gar nicht zu tief reinfliegen und daran denken: „Wenn Du meinst, ein letzter Positionskreis ist jetzt noch sinnvoll, dann lass ihn weg“!

Rettungsgeräteauslösungen

23 (Vorjahr: 23, 2011:24) Rettungsgeräte-Auslösungen wurden gemeldet. Die Ursachen waren: Einklapper/Verhänger:13, Kollision:8, Absturz nach Kollision mit Seilbahn:1, nicht steuerbarer Gleitschirm (Tandemspreize an einer Seite nicht eingehängt): 1
In drei Fällen wurde der Retter in so niedriger Höhe ausgelöst, dass er nicht mehr tragend öffnen konnte. Zwei Piloten kamen dabei zu Tode, einer wurde schwer verletzt. In einem weiteren Fall hatte sich der ausgelöste Retter in den Leinen des Gleitschirms verfangen und öffnete nicht. Der Pilot schlug im Spiralsturz auf dem Boden auf und zog sich schwere Verletzungen zu.

Zur Problematik des gefährlichen „Retterfraßes“ (Retter verfängt sich nach der Auslösung im Gleitschirm) gibt es mehrere Fachartikel unter „Sicherheit und Technik“ auf www.dhv.de

Bei der Landung am Rettungsschirm blieben 12 Piloten (und ein Passagier) gänzlich unverletzt, einer verletzte sich leicht. Drei Piloten zogen sich bei der Landung schwere Verletzungen zu. Einer von ihnen war auf einem Bein aufgekommen und hatte sich ein Kreuzband gerissen. Ein anderer konnte sich im Gurtzeug nicht richtig aufrichten und schlug in sitzender Position auf dem Boden auf. Er erlitt Frakturen an der Wirbelsäule. Ebenfalls an der Wirbelsäule verletzt wurde ein dritter Pilot, der auf beiden Beinen gelandet war, den Stoß aber nicht durch „in die Knie gehen“ und Abrollen zur Seite abfing.

Unfälle beim Tandemfliegen

Achtmal (Vorjahr ebenfalls acht) wurden Unfälle beim Tandemfliegen gemeldet. In fünf Fällen verletzen sich die Passagiere schwer. Dreimal war die Ursache des Unfalls ein „Verweigern“ oder zu frühes ins Gurtzeug setzen des Passagiers beim Start. In zwei dieser Fälle kam es in der Folge auch zum Sturz des Piloten. Dabei wurden Passagier und Pilot noch von der sich vorwärts bewegenden Schirmkappe den Starthang hinuntergezogen. Selbstkritisch analysierte ein anderer Tandempilot, dass ein Startabbruch wohl noch möglich und auch sinnvoll gewesen wäre, er sich aber, mit „praktisch am Boden liegender Passagierin“ zu einem Fortsetzen des Startlaufs entschied, was anschließend zum Unfall führte.

Die Wahrscheinlichkeit eines erforderlichen Startabbruchs ist beim Tandemfliegen viel höher als mit dem Soloschirm. Deshalb sollten Tandempiloten keinen Start durchführen ohne den Passagier entsprechend einzuweisen und das Startgelände auf diese Möglichkeit zu prüfen (Startabbruchlinie, Richtung des Startabbruchs).

Das Verhängen der Fotostange in den Gleitschirm-Leinen war Ursache eines weiteren Startunfalles mit schwerverletzter Passagierin (siehe Unfälle bei Startvorbereitungen).

Das hätte auch böse ins Auge gehen können: Ein Tandemgleitschirm bleibt beim Landeanflug auf einen Sportplatz an einem Flutlichtmasten hängen. Zum Glück kommt es nicht zum Absturz bis zum Boden, Pilot und Passagier werden unverletzt von der Feuerwehr geborgen. Eine Rettungsgeräteauslösung beim Tandemfliegen endete für Pilot und Passagier ohne Verletzungen (siehe Unfälle bei Startvorbereitungen).
Beim Landen wurde lediglich ein Unfall gemeldet. Der Passagier war umgeknickt und hatte sich einen Bänderriss zugezogen.

Unfälle beim Windenschlepp

Zu einem Sackflug am Seil in ca. 40 m Höhe kam es mit einem älteren Ozone Rush LTF 1-2, Baujahr 2005). Es ist nicht bekannt, ob eine mögliche Vertrimmung des Schirmes (Check wenige Monate vor dem Unfall) oder ein Steuerfehler unfallursächlich waren. Der Pilot prallte im Sackflug in sitzender Position auf dem Boden auf und verletzte sich dabei glücklicherweise nur leicht (Gehirnerschütterung). Es wurde keine Windenschlepphilfe verwendet.

Dringende Empfehlung des DHV: Die Nutzung einer Windenschlepphilfe, die den Gleitschirm in der Steigflugphase vorbeschleunigt, ist die beste Methode, um gefährliche Sackflüge am Schleppseil zu verhindern.

Nach einem Seilriss im Steigflug (ca. 70 m GND) schoss die Kappe eines Gradient Golden (LTF 1-2) vor und klappte ein. Es gelang dem Piloten nicht, die Drehbewegung zu stabilisieren und er stürzte bis zum Boden ab. Folge: Schwere Wirbelsäulenverletzungen.

Fassungslos war ein Fluglehrer, als ein gerade an der Winde gestarteter Gleitschirmpilot in ca. 3 m GND mit beiden Bremsen in den Händen an das Gurtzeug griff, um dadurch das Hineinsetzen zu unterstützen. Der wenig erfahrene 63-Jährige provozierte dadurch einen beidseitigen Strömungsabriss und die Schirmkappe kippte nach hinten weg. Der Aufprall des Piloten erfolgte genau auf dem Gurtzeugprotektor. Mehrere angebrochene Brustwirbel und eine Fraktur des Handgelenks waren die Verletzungsfolgen.

Unfälle in der Ausbildung

Insgesamt 39 Unfälle wurden aus der Flugausbildung bis zum A-Schein gemeldet (Grundausbildung 24, Höhenflugausbildung 13, Passagierflug-Ausbildung 2) . Da die Flugschulen aus Haftungs- und Versicherungsgründen alle Unfälle mit Personenschaden melden, ist die Dunkelziffer in diesem Bereich sehr gering.
Bei den 18 Startunfällen waren die Hauptursachen Überschießen des Schirmes mit anschließendem Einklappen oder Entlasten und Sturz des Flugschülers in den Hang (6), zu frühes Hineinsetzen ins Gurtzeug mit anschließender Bodenberührung (5), Stolpern oder Umknicken beim Startlauf (6).
Die Vorfälle während des Fluges (5) betrafen ausschließlich den Abflugbereich. Vier Flugschüler waren dabei mit einem Hindernis, meist einem Baum, kollidiert, weil sie den Gleitschirm aus der Flugrichtung brachten oder ins Pendeln gekommen waren. Ein Flugschüler hatte sich beim Abheben zu früh ins Gurtzeug gesetzt, beim Bodenkontakt zweifach eingetwistet und war so abgehoben. Die Funkanweisungen des Fluglehrers konnten, wegen der blockierten Bremsen, nicht umgesetzt werden. Es kam zu einem Crash ins Gelände mit schweren Verletzungsfolgen.
In der Landephase kam es zu 16 Unfällen. Die folgenschwersten (3) hatten ihre Ursache in einem Strömungsabriss im Endanflug (3-10 m GND) wegen zu starkem Anbremsen. Dabei wurden alle drei Flugschüler schwer an der Wirbelsäule verletzt, ein weiterer zog sich leichtere Verletzungen zu. Die verantwortlichen Fluglehrer gaben jeweils an, der Schüler hätte überraschend und ohne nachvollziehbaren Grund, plötzlich beide Steuerleinen voll durchgezogen. Einer dieser Unfälle ist auf Video dokumentiert. Entgegen der Funkanweisung des Lehrers, beide Steuerleinen auf Schulterhöhe zu halten, kommt plötzlich, in ca. 5 m GND, der Vollausschlag beider Bremsen bis unters Sitzbrett. Es ist bekannt, dass die Höhenabschätzung im letzten Teil des Landeanfluges für Anfänger schwierig ist. Eine verunfallte Flugschülerin gab an: „Ich dachte, ich wäre schon am Boden“.

Neun Verletzte waren direkt bei der Landung ins Stolpern gekommen oder beim Auslaufen umgeknickt. Meistens liegt die Ursache für diese Art von Unfall bei einer zu hohen Landegeschwindigkeit. Beobachtet man Anfänger bei der Landung, fällt auf, dass sie vor dem Aufsetzen häufig die Steuerleinen nicht vollständig sondern nur bis Brust- oder Bauchhöhe herunterziehen. Ursache dafür: Nur in der ersten Hälfte des Steuerwegs ist das Herunterziehen der Steuerleinen eine Zugbewegung (bis der Ellbogen einen 90°-Winkel bildet), der weitere Steuerweg erfordert eine Druckbewegung. Einem Anfänger sollte deshalb genau erklärt werden, dass ein vollständiges Durchbremsen zwei Bewegungen mit den Armen sind, zunächst ein Ziehen und anschließend ein Durchdrücken der Unterarme.

Ebenfalls auf eine fehlerhafte Steuertechnik zurückzuführen sind Landeunfälle, die durch eine provozierte Nickbewegung verursacht werden. Zwei schwerverletzte Flugschüler (einer davon mit den Folgen einer langfristig stark eingeschränkten Berufsfähigkeit) hatten den Schirm zu früh im Endanflug angebremst und, als sie dies bemerkten, die Bremsen wieder gelöst. Vornicken der Kappe und Aufprall des Piloten im Nachpendeln waren die Folge.

Im Schulungsbereich sind Landeunfälle die Hauptursache für schwere Verletzungen von Flugschülern. Einer eingehenden Einweisung in die Steuertechnik und in die Gefahren fehlerhafter Betätigung der Steuerleinen sollte deshalb genügend Platz eingeräumt werden.


Unfälle bei Fortbildungen und flugschulbetreuten Reisen

Ein schwerer Unfall ereignete sich in einem Sicherheitstraining (siehe Abschnitt Steilspirale). Fünf Unfälle mit Schwerverletzten und ein tödlicher Unfall wurden von flugschulbetreuten Reisen gemeldet. Einmal war es zu einer Kollision mit einem anderen Gleitschirm bei einem Thermikkurs gekommen (Retter ausgelöst, unverletzt), zwei Reiseteilnehmer kollidierten mit Hindernissen bei der Landung (beide schwer verletzt). Bei zwei Unfällen war der Unfallgrund ein Einklapper, bei einem weiteren eine falsch verstandene Funkanweisung. Drei der verunfallten Piloten, darunter der tödlich Verunglückte, standen nicht unter Fluglehrer-Funkbetreuung. Ein Pilot, eingewiesen von einem lokalen Veranstalter, war am Lions Head in Kapstadt/Südafrika von starken Windböen ins Lee getrieben worden, wo sein Schirm außer Kontrolle geriet. Der erste tödliche Unfall im Jahr 2013 hat sich am selben Flugberg zugetragen, ebenfalls wegen stark auffrischendem Wind und Abtreiben des Piloten ins Lee. Dieses Fluggebiet gilt als äußerst anspruchsvoll und tückisch wegen der raschen Windzunahme und gefährlichen Leegebiete.

Karl Slezak
Leiter Referat Sicherheit und Technik