X
Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV
King of the Road
Hans´ Kartographiestudium machte sich während der X-Alps bezahlt
Foto: Red Bull

25.7.03 Wia a Engerl…

Die Aussicht vom Startberg ist phänomenal. Die Landschaft hier ist umwerfend schön und der Aufwind bereits um 10 Uhr lässt uns auf einen weiten Flug hoffen. Vergessen ist der Lärm der Raupen und tonnenschweren Riesen- LKW's etwas unterhalb, die ein neues Skigebiet aus diesem Paradies herausstampfen. Überhaupt fällt bei so einer Reise auf, dass die Alpen teilweise einer einzigen Baustelle gleichen, bei der die Natur nicht mehr viel zu sagen hat. Dann die ersten Windhosen- ein Zeichen für stärkeren Wind, aber nicht aus der Startrichtung. Gegen 11 Uhr 30 starte ich in einer ruhigen Phase nach Süden und werde prompt vom Hang weggeblasen- ich flüchte ins Tal und kann mich gerade noch an einer flachen Rippe halten. Ich wage kaum zu atmen und konzentriere mich angestrengt auf diesen versetzten Bart- ein Absaufer um diese Tageszeit hätte einen bitteren Rückschlag zur Folge. Der Aufwind löst sich in nichts auf und ich quere viel zu niedrig zum Col d'Izoard. In einer bockigen Felsenostseite würge ich mich wieder über Grathöhe. Selbst aus guten Bärten, die auf über 3000 Meter reichen komme ich durch das endlose Saufen nur ein paar Kilometer vorwärts. Beim Versuch, Richtung Guillestre zu fliegen, muss ich sogar wieder umdrehen, da der Weg gegen den Wind unweigerlich zum Absaufen verurteilt ist. Als ich wieder an der Basis bin, versuche ich den Weg weiter östlich Richtung Col Agnel. Der Versuch, bei extrem starkem Höhenwind Kurs zu halten, führt zu einem Katz und Maus- Spiel zwischen den über 3000 Meter hohen Gipfeln der Seealpen. Um einen besseren Überblick zu bekommen, lande ich noch auf 2600m ein und studiere die Karte. Gegen 15 Uhr 30 ist die Partie zu Ende und der Talwind  zwingt den starken Krieger zu Boden. Während der anschließenden Wanderung Richtung Barcelonette fühle ich mich zwar abgekämpft, aber ich weiß zugleich, dass heute keiner weitere Strecken gegen den Wind schaffen wird. Zu Fuß auf der Hauptstrasse nach Barcelonette glaube ich meinen Augen nicht zu trauen- da fliegt doch tatsächlich ein Schirm gegen den Wind vor- ist das ein lokaler Pilot? Ist da nicht eine Werbung im Schirm? Was macht der um 18 Uhr noch auf dieser Route? Wer kann das sein, der David war doch heute noch 30 km hinter mir? Ich rufe nervös meine Frau an und sie berichtet mir, der David sei nur noch 10 km hinter mir! Verflucht, die Tracks erscheinen etwa 20 Minuten später auf der X-alps Homepage. Ein weiterer Anruf mit meinem Sponsor Hans von Aerosport gibt Gewissheit - der David fliegt mit viel Werbung im Schirm, das kann nur er sein! Tja und so muss ich mit ansehen, wie David über mich hinwegfliegt. Kurze Zeit später kommt auch schon Nicky, seine Supporterin, angebraust und grüßt mich euphorisch. Ich wünsche ihr und David weiter viel Glück. Ich bin mir sicher, dass David heute nicht mehr über den Col de La Bonette kommen wird und freue mich auf einen gemeinsamen Start vom Cima de La Bonette. Gegen 8 Uhr stehe ich am Fuß des Passes, verdammt, die Westseiten leuchten einladend in der Abendsonne. Um halb neun dann die Botschaft: David hat den Pass geschafft und ist sogar noch 20 km weiter geflogen!

23 km und über 2000 Höhenmeter stehen noch auf dem Abendprogramm, die Bewohner des Dorfes am Fuß des Passes sehen mich an wie einen Außerirdischen - und ich fühle mich genauso!

Da hilft nur noch AC/DC. Auf halber Strecke bittet Hans um eine Schlafpause und verspricht, mich nicht im Stich zu lassen. Oben am Pass auf 2700m wird der Wind kräftig blasen und ich nehme Handschuhe und  meine aufblasbare Airvantage-Jacke mit. Kurz nach zwei Uhr morgens erreiche ich die Passhöhe, der Wind bläst eiskalt und ich warte auf das Motorengerausch des Campers. Der Hans wird doch wohl nicht verschlafen ??- gerade als ich beginne sauer zu werden, sehe ich einen Lichtkegel den Berg heraufschleichen, und als ich das vertraute Motorengerausch wahrnehme löst sich die Anspannung. Ich krieche in den warmen Bus und freue mich auf die obligatorischen Spaghetti. In der Nacht rüttelt starker Wind am Bus.