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Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV
Volles Haus (Foto Christian Müller)
Der erste Platz (Foto Christian Müller)
Wertvolle Preise
Ralph Schlöffel begrüßt die Sportler
DHV-Vorsitzende Charlie Jöst und Yvonne Dathe, frisch-gewählter Sportvorstand, beglückwünschen die Deutschen Meister
Das Team vom Streckenflugfilm
Föhn, föhnig oder doch nur Südwind?
Volker Schwaniz erläutert die notwendige meteorologische Voraussetzung
Tipps zur Außenlandung vom Torsten Hahne
Letzte Rettung
Deutsche Meister XC-Sportklasse v.l. Dietmar Siglbauer (2), Oliver Teubert (1), Uli Straßer (3)
Deutsche Meister XC-Performance Klasse v.l. Rene Rau (2),Daniel Tyrkas (1)
Gratulation zur Meisterschaft
Deutsche Meister XC-Standerdklasse v.l. Christoph Kirsch (2), Georg Rauscher (1), Stefan Lauth (3)
Deutsche Meisterinnen XC freuen sich über ihren Erfolg, v.l. Monika Mack (2), Christin Kirst (1), Angela Dachs (3)
Sieger Deutschlandpokal v.l. Ralf Kopp (2), Erwin Auer (1), Markus Seidl (3)
Applaus für die Sieger
Deutsche Meister XC-flexibel v.l. Peter Waldmann (2), Markus Ebenfeld (1), Bernd Otterpohl (3)
Deutsche Meister XC-starr v.l. Dirk Ripkens (2), Frank Schmid (1)

XC-Sportlertag 2012

Text und Fotos Benedikt Liebermeister

Zur Jahrestagung

Photogallery am Ende des Textes

Siegerehrungen und erstklassige Vorträge zur XC-Praxis


Pünktlich zum Sportlertag hat der DHV-Streckenflugfilm die DVD-Presse verlassen. Ein Mammut-Werk in 4 Stunden 35 Minuten. Filmemacher Charlie Jöst stellte den gespannten Sportlern ein Kapitel vor: den Deutschen XC-Klassiker, das FAI-Dreieck vom Hochfelln.

Film ab: Eine Schlüsselstelle ist die Querung vom Dürnbachhorn zur Steinplatte. Beim ersten Anlauf ist die Thermik am Dürnbachhorn so schwach, dass XC-Profi Torsten Hahne nicht durch die Inversion stößt. Er versucht mit 2.500 Meter die acht Kilometer lange Querung zur Steinplatte. Macht keinen Sinn, über der Winkelmoosalm kehrt er um. Doch das Dürnbachhorn will wieder nicht so recht, er sucht den gesamten Südgrat ab. Nichts. Letzte Möglichkeit, Richtung Süden in die vorgelagerte Senke. Treffer, ein starker Bart zieht ihn zügig auf 3.000 Meter. Ab zur Steinplatte. Die Zeichen stehen gut: Südwind, dass heißt, die berüchtigte Südseite der Steinplatte müsste im Luv angeströmt werden, kein bockiges Leebart-Zentrieren wie so oft. Doch Torsten hat Pech, er findet nicht sofort Anschluss und gerät in den Bayerischen Nordwind. Rasant verliert er an Höhe und muss tief in bockiger Leethermik den rettenden Aufwind suchen.
Das Vario kreischt hysterisch. "Mamma Mia", stöhnt er, als er die zerrissene Blase zentriert. Die Kamera zeigt ihn frontal. Sieht aus wie Bullriding. Doch reitet er nicht auf einem wütenden Stier sondern auf agressiver Frühjahrsthermik, die starker Wind verbläst. Als abgebrühter Profi kommentiert er dabei jede Aktion. Wieder heult das Vario auf, der Horizont kippt aus dem Bildrand. Torsten verstummt - zieht schnell und impulsiv an der Außenbremse, blickt kurz zur Kappe - und spricht unbeeindruckt weiter. Der Schirm schießt jetzt mit Steigspitzen bis zu 5 m der Basis auf 3.300 entgegen.

Der Film bildet die Realität ab. Auf der einen Seite steht die starke Faszination dieser Form des freien Fliegens, auf der anderen der hohe Anspruch an Können und Wissen, den Streckenfliegen an den Piloten stellt. Ein Muss für den XC-Einsteiger, eine Bereicherung für den erfahrenen Piloten. Ein Weihnachtsgeschenk im DHV-Shop ;-)

Der Sportlertag ist zu einer festen Institution geworden. Das Feedback war überwältigend, die Profis gaben ihre Geheimnisse preis und der XC-interessierte Pilot nahm geballtes Wissen und Motivation mit nach Hause. Mit urwüchsigem fränkischem Charme moderierte Ralph Schlöffel die Vorträge an und bereitete detailliert die Siegerflüge der Deutschen Meister auf. Ralph fliegt erfolgreich im DHV-XC, kennt die Topppiloten persönlich aus langem Wettbewerbsfliegen und wertet Flüge aus. Die Deutschen Meister beglückwünschten der DHV-Vorsitzende Charlie Jöst und Yvonne Dathe, frisch-gewählter Sportvorstand.

Der Föhn verblies 2012 so manchen Flugtag. DHV-Wetterexperte Volker Schwaniz stellte die Frage: Wann ist es Föhn, föhnig oder doch nur Südwind?
Dabei charakterisierte er drastisch den gefährlichen Fallwind: "Eine unberechenbare, chaotische Strömung mit hoher Geschwindigkeit ins zerklüftete Gebirge einfällt." Oft würden am Vormittag noch scheinbar fliegbare Bedingungen herrschen. Ist jedoch die Inversion weggeheizt, droht der Föhn ansatzlos durchzubrechen. Die Folge ist Starkwind mit extremen Turbulenzen, ausgelöst durch Leerotoren. Bei föhnigen Wetterlagen hingegen ist die Strömung nur schwach ausgeprägt, kann von kräftiger Thermik oder Talwind überlagert werden. Örtlich könnten sich fliegbare Bedingungen einstellen. Doch erfordert es viel Erfahrung, diese Bedingungen sicher einzuschätzen und ein Rest an Unberechenbarkeit bleibt bestehen.
Gute Prognosen für die Stärke des Föhns liefern unter anderem die Föhndiagramme von Team Kachelmann (wetteralarm.at) und Austrocontrol (Alptherm). Ab einer Druckdifferenz von 3-5 hPa wird es kritisch.

Die meisten Streckenflüge enden mit einer Außenlandung. Für den Einsteiger ist das die erste Hürde, die er zu meistern hat. Thorsten Hahne spielte verschiedene Szenarien durch. Typischer Fehler: Kein Plan, der Pilot fliegt den Landeplatz irgendwie an. Funktioniert bei hindernisfreien großen Flächen, kann bei kleinen oder geneigten Flächen fatal enden. Auch hier ist die einzig sichere Option die klassische Landeeinteilung mit Position, Gegen-, Quer-, und Endanflug. Mit Schwerpunkt Queranflug. Verkürzt oder verlängert der Pilot diesen Schenkel, kann er thermische Komponenten und Windeinfluss weitgehend ausgleichen. Achtung auf Kabel: Materialseilbahnen und Stromleitungen sind aus der Luft schwer zu erkennen. Torsten riet: "Schaut nach Warnsignalen. Gibt es frische Kahlschläge, Baustellen oder Almhütten weiter oben am Berg? Wenn ja, dann rechnet mit Kabeln." Kleinere Telefon- oder Strommasten lassen sich am Schattenwurf oder dem höheren Grasbewuchs in einer gemähten Wiese lokalisieren.
Bei Außenlandungen gilt Learning by doing. Doch zuvor sollte der Pilot am Hausberg eine souveräne Landeeinteilung und die punktgenaue Landung im Zielkreis trainiert haben. Mehr zur Außenlandung im Info 176, Seite 42ff.

Der DHV-XC, die Deutsche Meisterschaft im Streckenfliegen, nahm auch 2012 wieder mächtig Fahrt auf. 3.700 Piloten reichten 78.000 Flüge ein, flogen mit 1.200.000 km fast 30 Mal um die Erde und umrundeten dabei 7.600 FAI-Dreiecke. Das größte bei den Gleitschirmen flog Oliver Teubert gleich Anfang Mai von der Grente im Antholzer Tal, mit 252 km zugleich Deutscher Rekord. Damit gewann er Deutsche Meisterschaft in der Sportklasse, Vorjahressieger Dietmar Siglbauer schaffte "nur" ein 235er-FAI, damit Platz 2, auf Drei Uli Straßer, der sein 213er-FAI ausnahmsweise in Fiesch flog. Der mehrfache Deutsche Meister in der Performanceklasse Daniel Tyrkas legte drei 200er vor und bewies mit einem 228er-FAI vom Wank, dass der Hochfelln in Deutschland nicht das Maß aller XC-Streckenspots ist. Der zweite Rene Rau kommt aus Neuffen, fliegt nicht so oft im Gebirge, aber wenn, dann weit. Platz drei für Vorjahressieger Uli Wiesmeier. Georg Rauscher ist vom Drachen auf den Gleitschirm gewechselt und holte sich gleich den Deutschen Meistertitel in der neuen Standardklasse, gefolgt von Christoph Kirsch, dem ein 204er-FAI vom Speikboden gelang und Stefan Lauth. Der fliegt erst seit 2008 und hat's wohl schnell gelernt.
Bis Mitte August führte die Monika Mack noch souverän die Damenwertung an. Dann schlug Christin Kirst zweimal kräftig zu. 150er-FAI von der Grente und am Tag danach ein 183er-FAI vom Speikboden, Deutscher Rekord bei den Damen. Dafür gab's den Meistertitel, Platz zwei für Monika, Platz drei für Angela Dachs, die nur im Flachland flog. Markus Henninger nimmt den Sohn gern im Tandem mit. Das Gespann funktionierte und holte sich den Meistertitel, dahinter Hartmut Anding und Wolfgang Nöhring. Ewin Auer gewann erneut den Deutschlandpokal. "Ich liebe das Fliegen und denk' nicht über Punkte nach. Ich hoffe, das bleibt so", antwortete er auf die Frage, was ihn antreibt. Rang zwei und drei für Ralf Kopp und Markus Seidl. Der Turnverein Bissingen kann auch fliegen, Platz eins in der Bundesliga vor den Bayerwäldlern und dem Club aus Tegernsee. Bester Verein die Flieger am Hochfelln. Viel Spaß hatten Friedrich und Margot Kunert, Platz eins und drei beim Fun-Cup, zweiter wurde Josef Wurzer. Der jüngste und beste ist Christoph Bessei, zum ersten Mal erfolgreich dabei Robert Schaller.

Markus Ebenfeld fühlt sich wohl da oben. Zum dritten Mal in Folge hat er die Deutsche Meisterschaft bei den Flexiblen vor Peter Waldmann und Bernd Otterpohl gewonnen. Peter ist seit Jahren vorn dabei, wird Zeit, dass er mal auf dem Treppchen oben steht. Bernd flog ausschließlich im Flachland, dieses Jahr waren die Bedingungen nur mäßig. Deutscher Meister bei den Starren ist Frank Schmid, er flog ein 303er-FAI vom Hochfelln. Dirk Ripkens ist Vize, auch er war nur im Flachen unterwegs. Dritter wurde Berthold Meier. Dirk Ripkens holte sich auch den Deutschlandpokal vor Reinhard Pöppl und Bernd Otterpohl. Reinhard ist gerade in Namibia unterwegs und am 28.11.12 511 km weit geflogen. Zum sechsten Mal in Folge ist Corinna Schwiegershausen Deutsche Meisterin, gefolgt von Greetje Janßen und Katharina Dressel. Bester Junior Tim Grabowski, der knapp den dritten Platz bei den Starren verpasst hatte. Der Newcomer heißt Jochen Aicher. Am besten mit Turm flog Tom Becher, auf zwei Peter Pfab, drei Andreas Dürr. Wie immer, nämlich sechs Jahre in Folge, haben die Ruhpoldinger die Vereinswertung errungen. Bundesliga Spitzenreiter sind die Drachenflieger aus dem Südschwarzwald vor den Ruhpoldingern und der Wasserkuppe. 131 Stunden flog Sieger Winfried Oswald beim Fun-Cup, zweiter wurde Klaus Kilberth, dritter Timo Andree.

Leistung lohnt sich. Großzügige Sponsoren und der DHV bedachten die Sportler mit wertvollen Preisen von Hi-Tech-Varios über schnittige Helme bis zu hochwertigen Fliegerstiefeln und vieles mehr.

Dass Markus Ebenfeld fliegen kann, hat er als mehrfach als Deutscher Meister bewiesen. Wie sein Weg von der Bleiente zum Gänsegeier vonstatten ging, beschrieb er in seinem Vortrag. Vorn dran steht bei ihm das Training der mentalen Fähigkeiten. Beim Fliegen sind schnelle Entscheidungen gefordert, die müssen aus dem Bauch kommen, für langes Nachdenken bleibt keine Zeit. Interessant ist das Motivationskonzept von Mihaly Csikscentmihalyi - Markus hat den Namen wirklich aussprechen können - , der den Flow als "Zustand der völligen Vertiefung und des Aufgehens in eine herausfordernde und komplexe Tätigkeit" definiert. Ein schönes Bild für das Fliegen. Kein kurzeitiger Nervenkitzel sondern eine länger andauernde Euphorie, eine Form von Glück, auf das man selbst Einfluss nehmen kann. Markus sagte:" Ich spüre beim Streckenflug so gut wie nie Müdigkeit, Schmerz oder Erschöpfung. selbst nach neun Stunden habe ich das Gefühl, mir geht die Zeit aus und ich wäre eigentlich gerne noch etwas länger geflogen." Beeindruckt hat ihn das Buch Dennis Pagens "The secrets of champions", eine Sammlung von Interviews mit Toppiloten. Er hat's es für sich übersetzt und thematisch geordnet, dabei ist eine Sammlung von Tipps und Tricks entstanden. Ein Beispiel: Intuitives und logisch analytisches Entscheiden und Handeln miteinander kombinieren. Es gibt drei verschiedene Pilotentypen. Der erste entscheidet rein intuitiv und handelt direkt und spontan aus seinen Ahnungen und Gefühlen heraus. Der Analytische Typ bedenkt jeden einzelnen Schritt seiner Handlungen und auf einer logisch rationalen Ebene. Der dritte Pilotentyp ist eine Kombination aus den beiden ersten und wird in der Regel der erfolgreichste sein. Man sollte also bei sich selber herausfinden, wohin man eher tendiert und dann die schwächere Seite gezielt entwickeln.

Neues vom DHV-XC-Server hatte Peter Wild im Gepäck. Das geniale Tool heißt banal "Flüge vergleichen". Damit lege ich an einem interessanten Tag die Flüge mehrerer Piloten übereinander und spiele sie ab. Je nach Laune synchron oder nach Startzeit versetzt. Dazu lassen sich Thermikquellen und Skyways - alle bisher geflogenen Routen - einblenden. Der DHV-XC ist mehr als ein Wettbewerb. Er bietet das Werkzeug, um von den guten Piloten zu lernen. Aus ihren Stärken wie auch aus ihren Fehlern. "Lernt auch aus Euren Fehlern, aber vergesst dabei Eure Erfolge nicht", gibt Peter den Piloten mit auf den Weg nach Hause.

Spannend, informativ und unterhaltsam waren die Vorträge. Die Deutschen Meister persönlich zu treffen und mit ihnen zu feiern, war auf jeden Fall eine Reise wert. Im März kommen die Vorträge ausführlich als Artikel im DHV-Info.

Der Sportlertag in Bildern

Deutsche Meisterinnen XC-HG Katharina Dressel (3)
Markus Ebenfeld im Flow
Tischtuch-Thermik
Gespanntes Publikum (Foto Christian Müller)
XC macht Spaß
Sieger Deutschland-Pokal HG v.l. Dirk Ripkens (1), Bernd Otterpohl (3)
GS Junior Christoph Bessei
HG Junior Tim Grabowski
HG Newcomer Jochen Aicher
GS Newcomer Robert Schaller
Sieger HG-Turmdrachen v.l. Peter Pfab (2), Tom Becher (1)
Sieger Vereinswertung HG Delta Club Bavaria Ruhpolding
Sieger Vereinswertung GS Hochfelln Flieger
Sieger Bundesliga GS Turnverein Bissingen (mitte)
Sieger Bundesliga HG Drachen- und Gleitschirmfliegerclub Südschwarzwald (rechts)
Sieger Fun-Cup HG v.l. Klaus Kilberth (2), Winfried Oswald (1), Timo Andree (3)
Sieger Fun-Cup GS v.l. Josef Wurzer (2), Friedrich Kunert (1), Margot Kunert (3)
Peter Wild stellt Neues beim DHV-XC vor