X
Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV

FLARM

Sehen und Gesehen Werden!

Text: Gerhard Peter

Lasst uns einmal über den Zaun schauen und sehen was unsere Fliegerkameraden von der Motor- und Segelflugfraktion für die Sicherheit tun. Zusammenstöße in der Luft sind gerade bei Segelfliegern weltweit ein Problem. Es gilt der Grundsatz „See and Avoid“, aber meist kollidiert man mit dem Flugzeug, das man nicht sieht. Geschätzt gibt es ca. 20 Zusammenstöße in der General Aviation weltweit pro Jahr. Das klingt nicht sehr viel, ist aber oft mit Todesfällen verbunden und daher ein relevantes Flugsicherheitsthema.

Die großen Airliner sind seit Jahren mit TCAS (Terminal Collision Avoidance System) ausgestattet, um Kollisionen zu vermeiden. TCAS wäre für Segelflugzeuge und Luftsportgeräte zu aufwändig und teuer. Aus diesem Grund haben  2004 drei engagierte Segelflieger aus der Schweiz ein günstiges und relativ kleines System erfunden das Abhilfe schafft. Urs Rothacher (Elektroingenieur), Andrea Schlapbach (dipl. natw. ETH) und Urban Mäder (Elektroingenieur) erhielten viele Preise und Auszeichnungen und vor allem viel Unterstützung von Schweizer Segelflugvereinen und den Behörden. Unzählige Arbeitsstunden, mehrere tausend dokumentierte Flugstunden und eine große finanzielle Anstrengungen führten schließlich zu Serienreife von FLARM.
FLARM ist ein Kollisionswarngerät für Kleinflugzeuge, das mittlerweile weltweit im Einsatz ist und starke Beachtung und Verbreitung erfährt.

Es ist etwa so groß wie eine Zigarettenschachtel, braucht wenig Strom und basiert  auf einem GPS Gerät mit Funkmodul. Ein Sender strahlt die Position des Gerätes im Nahbereich (2-3km) ab, die wiederum können von anderen FLARM Geräten empfangen und verarbeitet werden.  Die Datenübermittlung findet auf einer Funkfrequenz (in Europa 868,2 und 868,4 MHz) statt.
Die vom FLARM-Gerät bereitgestellten Daten können neben den reinen Kollisionswarnungen auch weitere Warnungen und Segelflugrelevante taktische Informationen beinhalten. Außerdem können diese in kompatible Moving-Map-Geräte eingespielt werden und dort zur Anzeige von Flugzeugwarnungen verwendet werden. Möglich ist dies zurzeit mit den graphischen Displays von Butterfly Avionics und LX Navigation und den meisten Moving-Map-Programmen XCSoar, GPS_Log, Sky-Map, SeeyouMobile, pocket*Strepla, Winpilot, Flymap und Skymap.

Außer vor anderen, mit FLARM ausgerüsteten, Flugzeugen warnt das Gerät auch vor festen Hindernissen wie Sendemasten und Seilbahnen sowie anderen offiziell bekannten Luftfahrthindernissen. Zu diesem Zweck ist eine Datenbank im Gerät integriert.
FLARM Geräte sind, vor allem bei im Alpenraum eingesetzten Segelflugzeugen, stark verbreitet. Auch im Flachland werden immer mehr Segelflugzeuge, Motorsegler, Motorflugzeuge, Hubschrauber und Ultraleichtflugzeuge mit FLARM ausgerüstet. Laut Hersteller sind Ende 2010 alleine in Europa über 14.800 Geräte im Einsatz, davon in Deutschland etwas über 8.000. 71% dieser Geräte stammen von FLARM direkt, die restlichen von Dritten, welche in Lizenz kompatible Geräte herstellen.


Neben dem Original-FLARM gibt es noch einige weitere kompatible Produkte von anderen Herstellern. Die verschiedenen Produkte sind alle auf demselben FLARM-Kernmodul aufgebaut, um eine maximale Kompatibilität zwischen den Geräten sicherzustellen.
In Zusammenarbeit mit FLARM hat die Firma Flytec AG, zu der auch die Bräuniger GmbH gehört, eine raffinierte Lösung entwickelt. Ihre populärsten Multifunktions-Geräte für Drachen- und Gleitschirm Piloten, das COMPETINO+ und das COMPEO+, und die Modelle 6020 und 6030, von Flytech, können mit einem sogenannten „Passiv-FLARM“ ausgestattet werden. Es handelt sich um einen FLARM-Transponder.
Während ein komplettes FLARM - Gerät immerhin ca. 1.000 € kostet, ist der neue FLARM-Transponder als Option in einem Neugerät für 70 € und als Nachrüstsatz für 110.- € zu haben. Die Nachrüstung wird von Flytec/Bräuniger vorgenommen.

Der FLARM-Transponder verursacht einen ca.30 %  erhöhten Stromverbrauch des Gerätes, kann aber ausgeschaltet werden. Drachen sowie auch Gleitschirme werden in der Stufe 7 der FLARM Klassifizierung dargestellt. Das beinhaltet Fluggeräte, die ihre Richtung jederzeit ändern können. Mehr dazu direkt auf der FLARM Website.

Angesichts der sicherheitsrelevanten Bedeutung des Moduls, wurde diese FLARM -Weiterentwicklung vom Schweizerischen Hängegleiterverband SHV und von der Schweizerischen Rettungsflugwacht Rega finanziell unterstützt. Zudem verzichten die beiden Entwicklerfirmen FLARM und Flytec AG darauf, die restlichen Entwicklungs- und Herstellungskosten vollständig auf den Gerätepreis zu übertragen. Dies in der Hoffnung, dass der FLARM-Transponder unter den Drachen und Gleitschirme die gleiche Verbreitung findet, wie das FLARM - Vollgerät bei Flugzeugen und Helikoptern. Somit steht nun allen Piloten eine äußerst wichtige Sicherheitsoption zu einem attraktiven Preis zur Verfügung.  Für alle Piloten, die in stark frequentieren Lufträumen fliegen, eine gute Option.

Alle paar Jahre müssen sämtliche FLARM-Geräte zwingend eine kostenlose Software Aktualisierung durchführen. Dies betrifft auch das eingebaute FLARM Modul in den Geräten IQ-Compeo+/IQ-Competino+. Diese Aktualisierung ist notwendig, damit der Pilot von anderen, in Flugzeugen und Helikoptern eingebauten FLARM - Geräten mit Version 5 sicher erkannt werden. Man kann jetzt kostenlos die Firmware auf Version 5 vor dem nächsten Flug aktualisieren. Eine Anleitung zum Updaten auf die neue FLARM Firmware Version 5 findet man unter www.brauniger.com  sowie unter der Flytec Website www.flytec.ch/news.htm.

Es muss jedoch jedem klar sein, dass es sich hier um ein passives System handelt. Der Gleitschirm-/Drachenflieger bekommt nur die Anzahl der aktiven FLARM Geräte im Wirkungsbereich angezeigt. Der Segel-/Motorflieger mit einem Standard FLARM Gerät bekommt eine genaue Peilung und kann somit entsprechend reagieren.

Bleibt zu hoffen, dass andere Hersteller dem Beispiel folgen und eine FLARM Variante ihrer Geräte anbieten. Ob und wie sinnvoll das Gerät in einem stark besuchten Thermikbart, oder aber auf klassischen „Gleitschirmautobahnen“, wie dem Pinzgau, ist, bleibt jedem selbst überlassen. Schaden kann es sicher nicht und wer technikverliebt und interessiert ist, der hat mit Sicherheit an Sicherheit im Luftraum gewonnen.
Nichts desto trotz: „See and Avoid“ oder auf gut Deutsch, „Augen auf bei der Fliegerei“ sind und bleiben die Maxime für ein kollisionsfreies Fliegen. Mehr Infos unter www.flarm.com, www.flytec.ch und www.brauniger.com.