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Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV
Zwei Profis am Werk - Fotograf Wolfram Kastl und die Sony DSR 500
Morgendliches Testpilotenbriefing, Funkcheck und Testschirmzuordnung nach Startgewichten
Besprechung der Testflugmanöver, inkl. der Videoachsen und einer sinnvollen Manöverreihenfolge. Eine wohl überlegte Reihenfolge der einzelnen Testflugmanöver ermöglicht eine flüssige Testflugdurchführung und vermeidet unnötigen Verlust an „Arbeitshöhe“ und Zeitverzug.
Mike mit „ Arbeitspapier“ am Oberschenkel - Landeplatz in Malcesine
Vorbereitung der Testschirme mit Klebesegel - hier Knicklinienmarkierung für das Einseitige Einklappen 75% der Spannweite und 45 ° Knickwinkel. Diese Markierungen am Untersegel zeigen dem Tetspiloten die Grenzen der Einklappgröße und Winkel und dienen auch der besseren Visualisierung bei der Videoauswertung.
Einsatzbereites Rettungsboot für eine evtl. Wasserbergung eines Testpiloten – Wassertemperatur Lago di Garda im Januar 2008 ca. 8 ° C!

Neustrukturierung DHV GS Testflug - Testvideos online!

Ein Beitrag von Benedikt Liebermeister und Reiner Brunn/Fotos: Wolfram Kastl

Ab sofort zeigt der DHV bei den Testflugprotokollen im Internet die wichtigsten Testflugmanöver. Die ersten Testberichte mit Videodokumentation sind online. Vorerst werden nur die Manöver gezeigt, die in ausreichender Videoqualität für das Internetstreaming zur Verfügung stehen. Bei den kommenden Testflugberichten wird die Videoveröffentlichung weiter ausgebaut.

Gleitschirmkauf ist Vertrauenssache. Bildlich gesprochen hängt am Schirm das eigene Leben. Deshalb wünscht sich der Pilot so viele Informationen wie möglich über sein Gerät. Die Klassifizierung des DHV-Gütesiegels mit der Empfehlung, für welche Pilotengruppe der Schirm geeignet ist, gibt einen wichtigen Anhaltspunkt. Noch aussagekräftiger ist das Prüfprotokoll, in dem die jeweiligen Manöver einzeln bewertet werden.
Doch nichts ist so aussagekräftig wie bewegte Bilder! Deshalb war der Wunsch unter den Piloten groß, dass die DHV-Technik die Videos der wichtigsten Testflugmanöver veröffentlichen möge.
Leider lieferte die bei der Flugtest-Dokumentation verwendete semi-professionelle Kameraausrüstung bisher nur unter optimalen Bedingungen geeignetes Filmmaterial. Doch die Kameratechnik machte rasante Fortschritte und professionelle Ausrüstung wurde erschwinglich.
Der DHV machte Nägel mit Köpfen und erwarb die Sony DSR 500, eine Profi-Kamera mit 22-fachem Teleobjektiv und integriertem Verdoppler. Mit Wolfram Kastl, Fotograf und Fotodesigner, holte die DHV-Technik einen geübten Kameramann mit gutem Auge und ruhiger Hand ins Team.
Die Aufnahmen liefern jetzt auch für die Streaming-Videos im Internet noch eine brauchbare Qualität.
Der Pilot hat jetzt die optimale Ergänzung zum Testbericht des jeweiligen Schirmes.
Wer kann sich schon bei einem beschleunigten Einklapper unter Wegdrehen von 180 -360 Grad mit hoher Drehgeschwindigkeit und einem maximalen Roll bzw. Nickwinkel größer 45 Grad mit großem Höhenverlust wirklich etwas vorstellen. Umso eindruckvoller präsentiert sich dieses mit 2-3 bewertete Manöver in der Filmdokumentation.

Jeder Schirm wird von zwei am min. und max. Startgewicht DHV-Testpiloten geflogen. Ein dritter Testpilot begutachtet die Testflüge vom Boden aus. Gleichzeitig verfolgt er am Laptop die Video-Aufzeichnung. Ist er mit der Durchführung einzelner Manöver oder der Videoqualität nicht zufrieden, gibt er dem Testpiloten über Funk Bescheid und der wiederholt die bemängelten Teile. Möglichst zeitnah, am besten unmittelbar nach den Testflügen werten die Testpiloten gemeinsam das Video aus. Dabei besprechen die Testpiloten die Manöver-Ein- und Ausleitungen sowie die Bewertungen um sich zu „kalibrieren“.
Wenn sich die Testpiloten in der Bewertung eines Manövers unstimmig sind, führen sie weitere Tests durch. Wenn nötig, wiederholt ein dritter Testpilot die Manöver.
Nachdem die Testpiloten zu einem einheitlichen Ergebnis gekommen sind, informieren sie den Hersteller über die endgültige Klassifizierung.

Es hat sich gezeigt, dass eine Klassifizierung, die nur auf der Auswertung von Videoaufnahmen oder nur auf die Testpilotenaussage ohne Videounterstützung beruht, ungenügend ist. Ein Prüfer kann z.B. den Roll-/Nickwinkel (Vorschießen) der Kappe nach Einklappern abhängig vom Winkel, in dem sich der Schirm zur Kamera befindet, optisch nur schwer einschätzen. Außerdem stellt auch die beste Videodokumentation nicht sicher, dass der Testpilot korrekt getestet hat. Es ist einfach für den Testpiloten, das Testergebnis so zu beeinflussen, dass es auf der Videoauswertung nicht nachzuweisen ist. Verlagert z.B. der Testpilot vor oder während Einklapper das Gewicht im Gurtzeug, kommt er zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen.

Die Unabhängigkeit der Testpiloten ist deshalb unabdingbar für einen korrekten Prüfbetrieb. Da von der Bewertung eines Schirms unter Unständen die Existenz eines Herstellers abhängen kann, ist der Versuch der Einflussnahme auf den Testpiloten kein Einzelfall. Deshalb müssen die Testpiloten der Prüfstelle in einem dauerhaft von Herstellern unabhängigen Verhältnis stehen. Freiberufliche Testpiloten, die vielleicht in Zukunft wieder für einen Hersteller arbeiten müssen, werden immer im Zwiespalt stehen, „herstellerfreundlich“ zu testen. Die gleiche Problematik gilt für das Modell “Herstellertestpiloten testen für eine Prüfstelle die Geräte anderer Hersteller”. Auch hier ist der Manipulation Tür und Tor geöffnet. Der DHV lehnt auch dieses Modell entschieden ab.
Die festangestellten DHV-Testpiloten Christian Amon, Reiner Brunn, Harry Buntz, Mike Küng und Beni Stocker blicken auf eine außergewöhnliche Erfahrung (seit ‘96 ca. 4.000 Gleitschirmtestflüge) zurück und sind in der Flugsportbranche ausschließlich dem DHV als Arbeitgeber verpflichtet. Außerdem hat keiner dieser Testpiloten Sponsoring-Vereinbarungen mit einem Hersteller musterprüfpflichtiger Ausrüstung.

Um latente Lücken, die sowohl bei der Testpilotenbewertung als auch bei der Filmdokumentation bestehen, zu minimieren, arbeitet der DHV mit Hochdruck an einer zusätzlichen digitalen Dokumentation (integrale G-Force,- Sinkgeschwindigkeit und GPS-Aufzeichnung) der Testflüge. Eine außergewöhnlich anspruchsvolle Aufgabe, da sich Last- und Geschwindigkeitswerte beim Testen in Sekundenbruchteilen ändern und die Zuordnung der einzelnen Messwerte hochkomplex ist.

Seit 1987 ist der DHV vom Luftfahrt-Bundesamt als Prüfstelle für Gleitschirme und Drachen anerkannt. In den letzten 30 Jahren hat das Technikreferat des DHV 1722 Gleitschirme, 427 Drachen, 492 Gurtzeuge und über 200 Rettungen zugelassen.


Die Testpiloten auf dem Weg zum Startplatz Monte Baldo – es gibt wohl unangenehmere Arbeitsplätze
DHV Testpilot Beni Stocker bei den Startvorbereitungen
In der Luft über Malcesine und 1.600 Hm Arbeitshöhe zur Verfügung. Dies ist gerade ausreichend für ein kpl. Testflugprogramm an einer Gewichtsgrenze, vorausgesetzt der Prototyp funktioniert wie vom Hersteller angegeben und es treten keine Überraschungen auf. Aussage über Thermikflugeigenschaften sind dabei noch nicht integriert - 2007 (Schirm: Sol Koala Doppelsitzer).
DHV Testpilot Mike Küng beim letzten Testflügmanöver – Landung mit dem Nova Mentor M - 2007
Beni Stocker im Endanflug mit einem neuen Swing Mistral 5 24
Zeitnahes Auswerten der Testflüge des Tages am Laptop mit allen Testpiloten - hier die Auswertung eines Einseitigen Einklappers 75 %, UP Picco M in Einzelbildschaltung
Besprechung der Manöverdurchführungen, der Auswertung, evtl. aufgetretenen Probleme und Ausarbeitung von Lösungen und Verbesserungen.
Hohe Teamfähigkeit und Kritikfähigkeit der Testpiloten garantieren ein gut „kalibriertes“ Testteam, um möglichst reproduzierbare Ergebnisse zu erhalten.
Perfekte Testflugbedingungen im Prüfbereich am Lago im Januar 2008. Synthese aus „Testpilot als Messinstrument“ und moderner Aufzeichnungs - und Messtechnik - es gibt zu diesem Arbeitsablauf keine Alternative