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Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV

Owens Valley - Ein Bericht von Ralf Müller

 

Mit Respekt - Das Owens Valley

© Ralf Müller 2019

 

Das Owens Valley - kaum jemandem als das tiefste Tal der Welt bekannt - liegt in Kalifornien zwischen der Sierra Nevada im Westen und den Inyo Mountains, sowie den White Mountains im Osten. Die Sierra - das Schneegebirge - erhebt sich vom 45°C heißen Wüstenboden bis zum 14.497 ft (4.419 m) hohen Mt. Whitney, dem höchsten Berg der USA unter Ausnahme Alaskas. Aber auch die Whites im Nordosten mit ihrem gleiterfressenden, da thermisch extrem starken und turbulenten White Mountain erreichen eine Höhe von 14.252 ft (4.340 m). Neben der Tiefe des Tales ist auch seine Breite beeindruckend. Die mindestens 10 Meilen machen Querungen zur maximalen Herausforderung für jeden Hängegleiter, andererseits ermöglicht das breite Tal aber auch die Flucht vor sich schnell entwickelnden Gewittern oder haarsträubenden Lee-Rotoren an der Sierra.

Hier, vom Cero Gordo startend, schaffte George Worthington 1980 den ersten Flug über 100 Meilen (exakt 169 km) mit einem Starrflügler. Von Horseshoe aus, flog Larry Tudor 1983 seinen ersten Flex-Wing Weltrekord über 200 Meilen (exakt 355 km). Hier fanden 1993 atemberaubende Weltmeisterschaften statt. Seit Jahrzehnten wohnt in der Hauptstadt Bishop Kari Castle. Sie ist dreifache Weltmeisterin im HG und Inhaberin zahlreicher Weltrekorde im Bereich HG und PG! Der Begriff “Big Air” beschreibt das Tal wohl am treffendsten, vergleichbar mit dem Begriff “Big Wall” im nahen Yosemite Valley.

Über die unendlichen Weiten des Wüstentales und seiner gewaltigen Bergketten werden zahlreiche Unannehmlichkeiten berichtet:  Tucks (Überschläge) auf Grund der unbändigen Thermik jenseits der 10 m/sek, Amnesien und Bewusstlosigkeiten auf Grund der Hypoxie in Flughöhen bis zu 21.000 ft  (6.400 m) und vermisste Piloten. Einer von ihnen, oder besser gesagt seine DNA, wurde erst zwei Jahre nach seinem Verschwinden gefunden. Aber auch die Suche nach dem berühmten, fliegenden Millionär Steve Fossett, der 2007 in der Sierra Nevada mit seinem Privatflugzeug abgestürzt war, dauerte ein halbes Jahr! Kein Wunder, dass selbst einige Piloten der aktuellen Weltelite dieses Tal meiden wie die Pest.

Somit sind wir bei der berechtigten Frage, was denn mich hierher in dieses Tal zwischen Himmel und Hölle verschlagen hat, einen derzeit eher schwächlich fliegenden 60 Jahre alten Flugsaurier mit 38 wechselhaften Jahren an Luft-Erfahrung? Nun, das Buch „Downwind – A true Hang Gliding Story“ entfloss 1992 der Feder von Larry Fleming, der bereits seit 1976 hier fliegt. Larry ist ein wahrer Pionier des Drachenfluges. Sein Buch wurde von mir ins Deutsche übersetzt und in einer zweiten Auflage mit wesentlich erweitertem Umfang unter Mitarbeit von Manfred Ruhmer, Angelo d’Arrigo und zahlreichen anderen weltberühmten Vögeln unter dem Titel „Mit dem Wind II – Eine wahre Geschichte vom freien Fliegen“ veröffentlicht (Amazon). Endlich, nach jahrzehntelanger Freundschaft, konnte ich Larrys Einladung nicht mehr widerstehen. Und so hänge ich nun friedlich in meiner Hängematte zwischen zwei Pinien am Sonora Pass in über 9000 ft Meereshöhe als Gast der Drachenfliegertruppe “Tarantulas”, die seit über 30 Jahren das Owens Valley besucht. Die Feuerstelle, die vor einem Jahr von den Männern errichtet worden war, blieb unberührt: Die Scheiter liegen zeltförmig zum Anzünden bereit geschlichtet, niemand hat diesen Platz entweiht. Vor dem Einschlafen halte ich noch Ausschau nach Bären, stattdessen tauchen aber blutrünstige Moskitos auf und ich verliere in dieser Wildnis mein erstes Paar Brillen, ein folgenschweres Ereignis, wie sich später herausstellen sollte.

Nach einer weiteren Nacht in unserem Base Camp in Bishop werde ich um 6 Uhr morgens geweckt. Rick, auf Grund seines Organisationstalentes seit Jahrzehnten als Tarantula-Führer geachtet und wegen seines tiefen, guturalen, amerikanischen Murmeltons „Mumbles“ genannt, ruft in unser Zelt: „Got to be rolling at seven“ und so rollen wir frühmorgens mit zwei 4WD-Trucks nach Lone Pine und fahren von dort durch die Alabama Hills den Horseshoe hoch zum Walt’s Point, so genannt, weil sich hier ein gewisser Walter beim Bau der Straße mitsamt seinem Caterpillar für immer verabschiedete. Beim Blick von diesem in über 9000 ft gelegenen Startplatz in die gruselige, etwa 5.000 ft tiefe Startschlucht hoffe ich, dass der bestehende Rückenwind anhält. Eins ist sofort klar: Ein Fehlstart hat hier katastrophale Folgen.

Der Wind dreht optimal auf den nach Osten gerichteten Starthang, es ist kein Rotor wie anfangs vermutet - nein, es handelt sich um einen konstanten und an Stärke zunehmenden OSO. Don „Donut“, Paul „Short Rip“ und Steve „Skippy“ bauen auf, sind alsbald airborne und drehen mit atemberaubenden Steigen über einem kleinen Sattel zwischen zwei Schluchten rechts vor dem Start auf. Weg sind sie, kein Sichtkontakt für den Rest des Tages!

Ich beschließe, den ersten Flugtag in einem der beiden, mit einem leistungsstarken 2-Meter-Funk ausgerüsteten Chase-Trucks zu verbringen. So lerne ich alle bedeutenden Checkpunkte kennen, beobachte die Überentwicklung, die sich wie ein Reißverschluss hinter der Flugbahn der Piloten schließt, sehe gewaltige Lentis auftauchen, die sich mit den darunter liegenden Cumuli vermengen und lerne die den Tarantulas eigene, präzise Funkersprache: „Donut – 17.000 feet above Bishop – crossing the valley“ oder „Skippy – very low above Independence – burbling north“. Donut wurde als Sohn zweier Missionare in Peru in einer Meereshöhe von über 9.000 ft geboren und ist unglaublich resistent gegen jede Art von Höhenkrankheit. Trotzdem steigt er rechtzeitig aus der unbändigen Thermik aus, die oft wesentlich höher reicht, als die erlaubten 18.000 ft.

Meine Augen streifen über den Wüstenboden auf der Suche nach Landemöglichkeiten.  Wer hier eine flache, mit Sand bedeckte, sanfte Ebene vermutet, liegt völlig daneben. Das Owens Valley ist eine Stein- und Staubwüste, unterbrochen durch teils ausgetrocknete Salzseen, übersät mit Sagebrush, dem im amerikanischen Nordwesten typischen Wüstensalbei. Seine Äste sind aus knorrigem Holz und ragen bis zu drei Meter über den Wüstenboden. Sagebrush wächst beinahe überall am Talboden und an seinen Hängen. Apropos Hänge: Am Übergang der steilen Gebirge in die flache Wüste bildet das Sediment des abfließenden Schmelz- und Regenwassers gewaltige Schwemmkegel aus, die sich zu riesigen Schwemmfächern - alluvial fans - ausbreiten. Diese Schwemmkegel fallen mit einem Winkel, der ziemlich genau dem Gleitwinkel eines modernen Hängegleiters entspricht über einige Kilometer zur Ebene hin ab. Für eine Landerichtung zum Highway hin und schräg zum Talwind bedeutet dies: mission impossible. Als ob all dies nicht schon lange für ein ungutes Gefühl in der Magengrube ausreichen würde, kommen noch viele Quadratkilometer große Lavafelder hinzu, die mit ihren messerscharfen Zacken nach einem tief fliegenden Opfer lechzen. Darüber hinaus sollte eine Landung möglichst nahe am Highway 395 im Zentrum des Tales geplant werden, wenn man sich stundenlange Märsche mit 34 kg Drachen plus 18 kg Gurtzeug am Rücken in der gleißenden Wüstensonne ersparen will.

An diesem Tag zieht Donut auf und davon. Short Rip hat technische Probleme: Sein Mikrofon funktioniert nicht mehr. Die Verständigung per „Klick-Klick“ ist kaum noch zu verantworten. Zudem friert er auf einer Höhe von 15.000 ft. Schließlich dreht er seinen Moyes Litespeed S5 runter und landet sicher nach etwa 50 Meilen Strecke nahe dem Lake Tinemaha. Chase-Car II holt ihn ab und bringt ihn zurück ins Base Camp. Skippy säuft ab und muss ebenfalls in der Talmitte nahe dem Highway 395 Landemöglichkeiten suchen. Er blubbert aber im von Süden nach Norden wehenden Talwind vor sich hin, burbling – vor sich hin rülpsen - nennen die Tarantulas das tiefe, flache Weiterkreisen knapp über dem Wüstenboden. Es gelingt Skippy tatsächlich nochmals hochzudrehen, das über 10 Meilen breite Tal vollständig zu queren und am Black Mountain mit sicherer Anschlusshöhe anzukommen. Obwohl es Skippy sogar gelingt, Donut am Weg nach Norden abzufangen, sehen sich die beiden Piloten während der knapp fünf Flugstunden kein einziges Mal. Die beiden Helden ziehen an den nach Westen gerichteten Startplätzen der White Mountains vorbei. Der Startplatz Gunter war bei der Weltmeisterschaft in Verwendung, da hier große Flächen für den Aufbau zur Verfügung stehen. Er ist allerdings relativ flach und fordert bei extremer Wärmedichtehöhe eine perfekte Starttechnik. Die Auffahrt zum Piute Start ist hingegen mehr als abenteuerlich und nur mit einem 4WD-Truck, Reserverädern und einem mutigen Fahrer schaffbar. Piute belohnt die Piloten dafür mit einem stetig steiler werdenden, guten Gefälle.

Donut berichtet später, am White Mountain wie erwartet mit dem schon beschriebenen Mörderbart gekämpft zu haben, der ihn wie üblich schlicht überdrehen wollte. Einmal fliegt er, den Bart maximal zentrierend gegen eine unsichtbare Mauer, die seine Flugbahn je stoppt, schmiert seitlich ab und fängt das Gerät nach diesem atemberaubenden, seitlichen Stall wieder ab. Donut erzählt kein Fliegerlatein, er war Jahrzehnte lang Test- und Akropilot bei WillsWing und anderen Firmen. Checkpunkt für Checkpunkt verfolgen wir den vorne liegenden Skippy, bis er schließlich nach über 100 Meilen bei Janie’s Sporting Ranch, einem schon lange geschlossenen Bordell knapp hinter der Grenze in Nevada runter geht. Der alte Airstrip, auf dem früher Janie‘s Kunden mit ihren Motormaschinen gelandet waren, ist kaum noch zu erkennen. Auch Chase-Truck II trifft mittlerweile bei Janie’s ein, während Donut weiterzieht. Er will über den Boundary Pass weit in den Luftraum Nevadas eindringen, kehrt aber wegen einer totalen Abschattung und Überentwicklung um.

Auf der Rückfahrt werden die Chase-Trucks frontal von einem „Gust“ getroffen: Irgendwo zwischen der Sierra Nevada und den Whites ist ein Gewitter niedergegangen, hat kalte Luftmassen aus großer Höhe mit nach unten gerissen. Beim Aufprall am Wüstenboden stiebt die kalte Luft waagrecht nach allen Seiten auseinander und reißt dabei Staub, Sand und losen Sagebrush mit, der auf unsere Windschutzscheiben prasselt. Der Gust ist also eine Böenwalze mit Sandsturm-Charakter.

Wetterbedingt pausieren wir einen Tag, Larry Fleming, seines Zeichens ein begnadeter Deutsch- und Geschichtelehrer, führt mich durch die Bishop High-School und lehrt mich amerikanische Geschichte. Vor 42 Jahren hatte ich selbst das amerikanische High-School-Diploma erlangt und bin nun tief beeindruckt, welche humanitäre Grundgedanken, sowie rassen- wie auch klassenkämpferische Hintergründe sich hinter einer einfachen Schule der USA verbergen. Beginnend mit George Washington – nicht zu verwechseln mit unserem Rekordmann George Worthington – bis hin zu J.F. Kennedy wird Geschichte aus dem Mund Larry Flemings zu einem spannenden Roman.

Dann wird es aber wieder ernst. Ich habe beschlossen zu starten, völlig egal wohin mich die Tarantulas führen werden. Wieder geht es nicht zum sanfteren und späten, da westlich gelegenen Piute, nein, wir fahren erneut frühmorgens Richtung Horseshoe zum Oststart. Ich wurde von den Tarantulas gut vorbereitet, sogar die Kleidung zum Auf- und Abbauen sollte hier durchdacht sein: Weiße Langarm-T-Shirts, Krempen-Hüte mit Nackenschutz, dunkle Sonnenbrillen und Sunblocker mit Faktor 50 sind zu empfehlen. Schon beim Aufbauen in der prallen Sonne über 9.000 ft kann man leicht überhitzen oder einen Sonnenstich erleiden. In den Pickup-Trucks befindet sich Gott sei Dank genügend gekühltes Wasser und Eiswürfel, die ich mir immer wieder unter den Hut und mein T-Shirt schiebe. Neben den physischen Beschwerden, die ein Start in dieser Gegend bei Unachtsamkeit sehr leicht verursachen kann, sind die rein physikalischen Gesetze des Luftdrucks zu bedenken: Nicht nur die ohnehin geringe Luftdichte auf Grund der großen Starthöhe stellt eine Herausforderung an die Starttechnik dar, es kommt noch die Wärmedichtehöhe hinzu: Bei diesen Temperaturen kann man sogleich 1000 bis 2000 Meter zur rein topographischen Höhe addieren. Knapp 6 Monate hat die logistische Vorbereitung auf diesen Moment gedauert, nun stehen alle Ampeln auf grün. Durch eine nicht beeinflussbare Verzögerung vor dem Start, wird es später als gedacht, die tollen Cumuli tendieren zum Überentwickeln, die F-18-plus Abfangjäger knallen irgendwo über meinem Segel durch den Luftraum. Ich bin völlig ruhig, die Felsen, Büsche und abgestorbenen Bäume in der Startschlucht beeindrucken mich heute kaum noch. Mein Körper hat auf Flugmodus geschaltet.

Ich stelle den Vogel mit dem Trapez ganz nach vorne an die Kante, sodass die Fläche gut angeströmt werden kann. Die erste Ablöse lasse ich durchziehen, warte den Beginn der zweiten Ablöse ab und hebe den Flügel hoch. Der Anstellwinkel ist perfekt ausgerichtet, der Wind weht mir frontal ins Gesicht. Ein erster, langsamer Schritt, dann noch zwei bis drei weit ausladende Schritte über loses Geröll und mein Flügel hebt mich sanft, ohne Durchsacken in die Luft.

Ich drehe sanfte Kreise in der Startschlucht, überhöhe den Start und sollte nun, laut Instruktion der Tarantulas sofort den nahen Sattel zwischen der Startschlucht und dem Canyon dahinter anfliegen, um einen der verlässlichsten Bärte des Tales zu erreichen. Zwischen zwei Wüstenschluchten über einem schmalen und kurzen Sattel zu hängen ist mir für den Erstflug nun doch etwas zu heiß. Ich beginne also schon jetzt mit dem oben beschriebenen “Burbling” und rülpse etwas an den Hängen der Sierra entlang. Vor mir erhebt sich der gewaltige Mt. Whitney. Sein Gipfel verbirgt sich bereits jetzt in tiefschwarzen Wolken. Mit 8.000 ft hätte ich noch einige Chancen, hochzudrehen, so zum Beispiel an der Nordschulter des Whitney-Portals, dort wo die Bergsteiger und Wanderer Ihre Zufahrt zu diesem Bergmassiv finden. Ich drehe aber ab, überfliege die “Postage Stamp Landing Zone“ (PSLZ) – sie mutiert nach jeder Landung eines Drachenfliegers zur “Fucking Postage Stamp Landing Zone“ (FPSLZ). Ich lasse auch die nicht gerade ehrenhafte “Little Girls‘ Landing Zone“ (LGLZ) links liegen, fliege seitlich an den Alabama Hills vorbei zum Lake Diaz. Südlich der Landebahn des Flugplatzes von Lone Pine drehe ich den perfekt getrimmten WW T2 runter und bereite mich innerlich auf den Sagebrush nahe dem Highway 395 vor. Mein gut eingestelltes Skytraxx 3.0 warnt mich mit rot blinkendem Display und einem fordernden Alarmton vor dem Luftraum des Lone Pine Airport. Wohl wissend, dass ich mich im Luftraum G ohne aktive NOTAMs befinde, stelle ich den Alarm ab und schalte auf meinen Landebildschirm um – die Technik beeindruckt mich: Das Skytraxx 3.0 zeigt mir fette Windfahnen aus OSO mit 12 Knoten an, dazu die Höhe über Grund, Airspeed und Groundspeed. Alle Daten können von meinen 60 Jahre alten Augen problemlos ohne Brillen gelesen werden. Da kommt er auch schon, der verdammte Sagebrush: Er will meine linke Unterverspannung fangen und meinen Gleiter zu einem Ringelpiez zwingen... Nix da, der Gleiter wird rausgedrückt und landet sanft zwischen den Büschen im Staub der Wüste.

Ich bin heilfroh am Boden zu sein. Am Mt. Whitney blitzt und donnert es schon gewaltig. Niemand hat an diesem Tag den Sprung zur Wolkenstraße über den gegenüberliegenden Inyo Mountains geschafft, die hunderte Kilometer an Flugstrecke zu versprechen schien. Und ich bin glücklich darüber, zu jenen wenigen Promille aller Drachenflieger zu gehören, die jemals das Owens Valley befliegen durften. Glücklich darüber, den tatsächlich Wilden Westen Amerikas mit seinen unendlichen Weiten kennengelernt zu haben. Glücklich darüber, dieses gewaltige Abenteuer gesund  und unverletzt überstanden zu haben. Glücklich darüber, alte Freundschaften vertieft und neue gewonnen zu haben. Während ich meinen Gleiter durch die verdammt heiße und staubige Wüste zu dem doch nicht so nahen Highway 395 schleppe, steht bereits fest: Ich komme wieder in dieses Urparadies der Drachenflieger, das über all die Jahrzehnte nichts an Attraktivität verloren hat. Mit genügend Respekt stellt das Owens Valley eines der faszinierendsten Fluggebiete des Planeten dar oder anders, mit den Worten eines Manfred Ruhmer formuliert: „A richtiga Drochnfliega muss im Owens gflogen sein.“

In der folgenden, hochoffiziellen Inauguration-Feier werde ich als Vollmitglied in den ehrenvollen Club der Tarantulas aufgenommen und mit dem Codenamen „Googles“ bedacht, da ich ständig auf der Suche nach meinen "glasses" war, die ich irrtümlich "googles" nannte. Es war ein kleiner Flug unter großen Drachenfliegern, aber ein großes Abenteuer unter herzlichen Menschen.

Owens Valley - Facts & Figures

© Ralf Müller 2019

Anreise: Von San Francisco 7 Stunden Fahrt über den Sonora Pass oder von Fresno über das Yosemite Valley und den Tioga Pass, 9.945 ft (3.031 m). Vorsicht: Im Juni 2019 waren alle Pässe noch tief verschneit und geschlossen. In diesem Fall kann man das Owens Valley vom Süden her über Bakersfield oder Los Angeles erreichen.

Saison: Die großen Strecken fliegt man hier im Juli und August. Der September scheint für gemütlichere Flüge besser geeignet.

Luftraum: Der Luftraum E reicht hier bis zur barometrisch gemessener FL 180. Das entspricht ca. 18.000 ft (5.486 m). Das Owens Valley kann somit bis zu dieser Höhe problemlos für HG und PG genutzt werden. 3 große Militärbasen (China Lake im Süden, Fallon im Norden und Tonapah im Osten) sorgen für aufregende F-18-plus Kameraden, wobei Tiefflugbegegnungen vor allem in der Wüste Nevadas berichtet werden (NOTAMs beachten). Die Flugplätze von Lone Pine, Manzanar und Independence zählen zum Luftraum G und können somit von HG und PG zum Landen verwendet werden, so nicht Feuerlöschflugzeuge tätig sind (NOTAMs beachten). Der Flughafen von Bishop, auf dem auch Privatjets landen, zählt zur Klasse E und kann theoretisch ebenso von HG und PG benutzt werden. Dies vermeidet man eher aus diplomatischen Gründen.

Wetter: Wie Europa liegt auch das Owens Valley in der gemäßigten Westwindzone. Die überwiegend westlichen Winde kommen hier vom feuchtkühlen Pazifik. Die Feuchtigkeit regnet an den Westhängen der Sierra Nevada ab und ermöglicht so dem Central Valley Kaliforniens eine überschießende Landwirtschaft. Die Westwinde nehmen meist im Verlauf des Tages zu (Lentis), daher ist ein früher Start an den ohnehin östlich gelegenen Startplätzen Horseshoe und McGee notwendig, bevor gleiterfressende Rotoren über die Sierra in das Owens Valley schwappen. Andererseits ermöglicht das sehr breite Tal bei der oft raschen Überentwicklung über der Sierra eine tolle Fluchtmöglichkeit Richtung Osten. Der enorme Temperaturgradient (+ 45°C am Boden und -5°C in der Höhe) und andere, oft regionale Faktoren machen das Owens Valley zu einem der heißesten Thermikorte des Planeten. Besonders berüchtigt ist der Bart über dem White Mountain, der aus einer ganzen Reihe von steil aufsteigenden Schluchten genährt wird. Alles das kann sein, muss nicht sein und ist oft ganz anders…

Höhenmedizin (eine Kostprobe): Im Owens Valley werden tatsächlich gewaltige Höhen nach sehr raschem Aufstieg erreicht. Die dabei auftretenden medizinischen Probleme sind in erster Linie auf den plötzlichen Sauerstoffmangel (akute Hypoxie) zurückzuführen und reichen vom Höhenrausch (Euphorie) über die Amnesie (Verlust der Erinnerungsfähigkeit) bis zur völligen Bewusstlosigkeit. Weniger relevant sind die beim Bergsteigen in großer Höhe häufig angetroffenen Symptome der Acute Mountain Sickness (AMS), die viele Stunden bis Tage benötigen, um sich zu entwickeln. Es gibt aber auch hier fließende Übergänge, zum Beispiel Kopfschmerzen als Vorboten eines Hirnödems (HACE), die gut auf Ibuprufen ansprechen. Häufig, besonders über 15.000 ft sind die Augen betroffen: Netzhautveränderungen (HARH), die meist nur dann auffallen, wenn sie nahe an der Macula (Stelle des schärfsten Sehens) liegen. In der langjährigen Erfahrung der Tarantulas hat sich folgendes Vorgehen als sinnvoll erwiesen: Die erste Nacht wird in einer Höhe von ca. 9.000 ft geschlafen, die folgenden Nächte schläft man auf ca. 4.000 ft im Tal. Beim Streckenflug versuchen die Tarantulas möglichst wenig Zeit in Höhen über 15.000 ft zu verbringen und bei Problemen (Atemnot, Sehstörungen, verwirrtes Gespräch am Funkgerät, etc.) möglichst rasch abzusteigen. 2 Piloten hatten O2-Flaschen mit Demand-Reglern im Gurtzeug, die O2 nur beim Einatmen über eine Nasensonde abgeben. Dies scheint die sicherste Prophylaxe zu sein, der normalerweise über die Nasenöffnungen verlorene O2 reichert sich ja auch im Vollvisierhelm an! Als Komplikation sind hier Vereisungen des Gerätes bzw. der zuführenden Schläuche möglich. Apropos Prophylaxe: Das vormals sehr beliebte Acetazolamid (Diamox®) ist in der Vorbeugung der AMS heute obsolet, da es die Symptome sogar verschlimmert. Das Northern Inyo Hospital in Bishop (Tel: 1-760-873-5811) hat auf Grund der vielen Bergtouristen sicherlich einige Erfahrung, die Höhenmedizin betreffend. Eine diesbezügliche Recherche ist im Laufen.

Notruf/Notfall: Handymasten suchen Sie in den Bergen und in der Wüste vergeblich. Wer also einen Live Tracker verwenden will, benötigt einen rein über Satellit kommunizierenden Typ, z.B. SPOT Gen3. Die Lande- und Notfallmeldungen an die Kameraden via SMS und Email können dann im Tal via Mobilnetz oder WLAN empfangen werden. Der 2-Meter-Funk mit regelmäßigen Meldungen der Position, Höhe und Flugrichtung hat sich bei den Tarantulas seit Jahrzehnten bewährt. Nach der Landung benötigen sie am ebenen Wüstenboden eine ausziehbare Antenne! Es ist empfehlenswert, seine Berge-, Rückhol-, Kranken- und Unfallversicherung auf Deckung der Kosten in den USA zu überprüfen! Telefonnotruf USA: 911

Startplätze: Neben der ohnehin enormen Starthöhe (knapp 3000 m asl) mit entsprechend geringer Luftdichte ist bei allen Starts und Landungen die enorme Wärmedichtehöhe bedingt durch die hohen Temperaturen zu beachten! Google Earth, das übrigens von unserem Piloten Don bei der Firma Keylock (daher k bei kml- und kmz-Dateien) mitentwickelt wurde, ist oft eine tolle Hilfe!

A Few Tarantula Facts by Larry Fleming

The Tarantulas are a group of hang glider pilots who first met and became good friends while flying the Owens Valley during the late 1980’s. Rick Devlin was unanimously chosen Tarantula leader because of his ability to organize and other qualities. Many new members have been added over the years. The group continues to fly together each year; sometimes at other places around the western US, but they usually fly at their birthplace; the Owens in July. 


While talking informally about having a group name, Larry Fleming, a founding member, suggested “The Tarantulas”. Since a Tarantula is a desert animal and somewhat unusual looking, the name seemed to fit. The Tarantula name was first introduced to the world at the “Hot Ditch” a natural desert hot spring south of Bishop, California, where locals and visitors gather to soak in the evenings. Larry had forgotten his under-wear at the spring and had returned down a dusty path to find the hot-pool filled with a rough and tough motorcycle gang and their naked girls… also rough, tough, and rowdy! Larry made small talk by introducing himself and his group in a quivering, shaky voice, “Hi there, we’re the Tarantulas. What’s the name of your gang?” One of the girls insolently flicked Larry’s under-wear into his face with her big toe as a reply.

The Tarantulas greet each other with their right hands making an up and down motion in front as if they were zipping up a harness. A couple of Tarantula mottos are; “Live to fly. Fly to die” and “It’s not over until we say it’s over.” 

The town of Gabbs, Nevada is our adopted home, because the high school mascot there is a Tarantula. All Tarantulas are obligated to fly to Gabbs once during their life-time. The group gives each new Tarantula a nick-name, based on some comment or action he has said or done. No Tarantula likes their name. They just learn to live with it, because second attempts usually end up creating much worse names. 

     

Below is a list of Tarantula nick-names.

Rick ”Mumbles” Devlin is difficult to understand on the radio; he mumbles. Rick is our leader.

Larry “Lo Lo” Fleming often flys between 6,0000 and 10,000 feet, which is low in the Owens.

Don “Donut” Burns has a very high wing-loading.

Steve “Skippy” Cheuvront once had a stretched-out landing run that looked like skipping.

Paul “Short Rib” Clayton once returned to his landing spot (2-hour trip) to find his lost batten.

Tony “Blinker” Barbarite likes to follow roads exactly.

Jim “Gizmo” Okamoto can repair any glider with tape, knife, empty soda can, or string.

Ralf “Googles” Mueller keeps losing his glasses and is challenged in translating what he has lost.

Steve “Jackass” Rodrigues once mistakenly reported that he had landed in Jackass Flats.

Zack “Zippy-dee-do-dah” Majors already came with a name, but we altered it to Tarantula standards.

“Meat” often looks like dead meat in 100-degree heat after waiting for retrieval.

“Porno” is a shortened version of this pilot’s real last name.

“Squinty” has very thick glasses and often flies deep into challenging areas as if he were blind.

“Rim Rider” likes to fly deep, along the rim of the Sierra Nevada mountains

“Flounder” tends to wander around in the air, like a flopping fish. 

“Cinderella” was so happy on his first trip to the Owens, that it was like a fairytale for him. “Two-Stroke” is noisy and talks often and fast, like the sound of a two-stroke engine.

“Beaver” came with his name. It just seemed to fit him.

“Cheater” flies a Millennium, sits comfortably reclined, and unfairly cruises long distances.

Our Tarantula distance leaders are; 

Donut – Horseshoe to almost Austin, Nevada, 201 miles

Squinty - Horseshoe to beyond Gabbs, Nevada, 189 miles 

Rim Rider – Horseshoe to beyond Gabbs, Nevada, 176 miles

Zippy-dee- do-dah – Piute to Mina, return to Piute, no retrieve needed, 144 miles


Although the Tarantulas are motivated to gather each year to fly long distance and many of them have often flown over 100-miles, there is also a bond of friendship, adventure, humor, and good times that is very important for this group. What seems to matter most at the end of the day is not flying 20 or 120 miles, but rather how high the reading was on our “fun-o-meters”. 

Live to Fly 

“Lo Lo”

Tarantulas-Gabbs
entspannen in der Naturtherme