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Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

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Aeros Winterrace 2017

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AEROS WinterRace 2017 in Vipava/Slowenien 29. März - 1. April 2017

Anreise und Trainingstag  
Nachdem der erste Termin wegen Südstau abgesagt und auf den Ausweichtermin verschoben wurde, erwartet uns nach der Wettervorhersage eine Woche Hochdruck mit sommerlichen Frühlingstemperaturen. Eine sehr gute und mutige Entscheidung des Veranstalters.  Ich treffe Roland schon am Vortag in Übersee beim Genghammer Wolfi, wo Roland seinen neuen Moyes abholt, den er natürlich noch vor dem Wettbewerb einfliegen möchte. 
Nach der langen Flugpause freuen wir uns beide auf den Wettbewerb und gute Flugbedingungen. Wir fahren früh los und stehen gegen halb eins schon mit anderen Piloten am Startplatz des Lijak.
Schon der erste Tag hält, was die Wetterfrösche vorhergesagt haben. Wir fliegen mit Steigwerten bis zu 4 m/s die Kante entlang, queren das Flachland zu südlichen Hügelkette und genießen aus 2.450 m die Aussicht über das so nahe gelegene Mittelmeer, die Bucht von Triest und im Norden die noch schneebedeckten hohen Berge. Überhaupt zeigt Slowenien uns zu dieser Jahreszeit eine seine schönsten Seiten, überall blühen teilweise flächendeckend Obstbäume in allen Farben.
 
Am Hauptlandeplatz vom Lijak bei Ozeljan trinken wir unser erstes Landebier mit vielen anderen Piloten, die mittlerweile eingetroffen sind. Anschließend schreiben wir uns zusammen mit den anderen Piloten im registration office dem "Hiša mladih" in Ajdovščina, einer neuen modernen Jugendherberge ein. Trotz der Terminverschiebung nehmen insgesamt 58 Piloten aus 11 Nationen an dem hochkarätig besetzten Wettbewerb teil. Österreich reist mit 14 Piloten an, Italien mit 13 Piloten, beide Nationen haben erfreulicherweise neben den etablierten, bekannten Gesichtern einige vielversprechende junge Talente dabei. Die Slowenen mit 8, Ungarn mit 6, die Niederlande und Ukraine mit jeweils 3, Schweiz 2, Norwegen, Belgien und Polen mit 1 und Deutschland mit 6 Piloten ergänzen das internationale Teilnehmerfeld. Besonders freue ich mich über die Teilnahme des ehemaligen, sehr sympatischen Weltmeisters Oleg Bondarchuk. Immer wieder gern gesehen. Leider hat Oleg in den Folgetagen einen Fehlstart. Wir wünschen ihm von dieser Stelle aus eine schnelle, gute Genesung.  
Das Deutsche Team setzt sich aus Corinna, Roland, Jörg, Kajo, Andreas und mir zusammen.
Gespannt erwarten wir alle den ersten Wettbewerbstag und lassen den Abend bei Meeresfrüchten, Pizza und Wein ausklingen.
 
1. Durchgang -  61,1 km über 6 Wenden
Im Bereich östlich von Ajdovščina drückt noch immer der Nodostwind durch, deshalb entschließt sich der Veranstalter zu einem Task entlang der Kante mit Querung der Ebene zur südlichen Ridge (Antenne bei Lipa), weiter entlang der Kante nach Osten bis Branik und einen letzten Wendepunkt NW von Kromberg ins Goal. Matjaz, der souveräne Wettbewerbsleiter sagt gute Steigwerte und Basishöhen bei wenig Wind voraus, die angetroffenen Verhältnisse sollten alle Vorhersagen überbieten.
Fast pünktlich um 14:30 Uhr starte ich aus 2.900 m in den Startzylinder und stelle fest, dass der Führungspulk und weitere Piloten schon ca. 1 km voraus sind. Bei diesen Bedingungen wird von den guten Piloten mittlerweile jede Sekunde gnadenlos in Strecke umgesetzt, schon beim Start muss man voll konzentriert bei der Sache sein. Mit 70-80 km/h geht es zur 1 Wende nach Westen, zurück an der Kante zur 2 Wende und etwas weiter nördlich über die Hochebene zur 3 Wende bei Sveta Gora mit dem südlich gelegenen Stausee der aus dieser Höhe wie eine Spielzeulandschaft wirkt. Der Führungspulk ist kurz vorher zur 4. Wende abgeflogen, ich sehe immer wieder Teammitglieder und bin immer noch ganz passabel dabei. Mit 2.500m Abflughöhe kann ich die 14 km über die Ebene zur 4. Wende in einem Zug queren.
 
An der südlichen Hügelkette bei der Antenne angekommen mache ich den „Fehler“ von 1.435m auf 2.850 m aufzudrehen, um die restlichen 25 km ins Ziel zu sichern. Aus dieser Höhe ist die ganze Triester Bucht bis hinein nach Kroatien wunderschön anzusehen, aber für den Wettbewerb habe ich ca. 600 m zuviel aufgedreht und trotz Steigwerten von bis zu 5 m/s ca. 4-5 Minuten liegen lassen. Den Führungspulk sehe ich in schon Richtung Ziel abfliegen, wo sich meine Teammitglieder aufhalten, kann ich im Moment nicht ausmachen. Trotz dem Fehler genießse ich die wunderschöne slowenische Landschaft, die Ausblicke über das tiefblaue Meer und die verschneiten Berge im Norden. Mit Blick auf meinen Endanflugrechner gebe ich endlich Vollgas zur fünften und sechsten Wende. und fliege die 25 km in einem Stück ab.
Trotz 80-100 km/h über weite Strecken kann ich im Endanflug die erkurbelte Höhe nicht mehr wegziehen, ich lande nach 25 Piloten, nicht allzu schnell, aber trotzdem glücklich im Ziel. 
Der junge, erst 22 jährige sympathische Italiener Marco Laurenzi zeigt uns wie´s geht....
Mit 1h:16min gewinnt er den Durchgang vor dem Niederländer Arne Tänzer und dem Ungar Uhjelyi Balaz und dem „Local“ Matjaz Kelmencic. Die minimalen Sekundenabstände deuten schon an, auf welch hohem Niveau hier geflogen wird.
 
Roland punktet mit Platz 14, Jörg mit Platz 18, Semo mit Platz 26, Kajo 30, Corinna mit 37 und Andreas mit 56 für das Deutsche Team. Für den Anfang ganz ok, aber wir werden uns mehr anstrengen müssen.  Sooo..... Tag 1 war zum Abschütteln des Winterschlafes, wir freuen uns alle auf die kommenden Wettbewerbstage bei diesen genialen Bedingungen in der blühenden Frühlingslandschaft von Slowenien. 
Viele Fliegergrüße aus Slowenien
Semo.
    
2. Durchgang - So wars!
Tag zwei hielt mit 121 km Taskdistanz die zweitweiteste Aufgabe bereit. Dabei sollte zweimal die Ebene zur südlich gelegenen Ridge gequert werden. Der aufkommende 20er Westwind erschwerte das Unterfangen etwas. Gestartet wurde wieder am Lijak, weil immer noch Bora erwartet wurde. Dieser Startplatz liegt im vom Nordwind geschützten Bereich des Tales. Unerwartet hoch ging es heute. Die Wolkenbasis bei annähernd 3000 m NN und kaum Windversatz ließ einen schönen Flugtag erwarten. Nach dem Airstart war als erste Wende ein wunderschönes, hoch gelegenes Bergdorf zu umrunden. Danach die erste Querung nach draußen zur Antenne, ein Wendepunkt links, ein weiterer rechts und zurück an die heimelige Kante. Wer im Flachen kein Bärtchen finden konnte, hatte wegen des auffrischenden Gegenwindes zur vierten Wende gleich mal alle Hände voll zu tun, um wieder Anschluss an der Ridge zu bekommen. Nach einem weiteren Abstecher zum wie gesagt malerischen Bergdorf stand die Antenne draußen wieder auf dem Programm. Thermik gab es zu meiner Ankunft genug, überall wurde gekurbelt, aber nirgendwo stand der ultimative, kräftige Bart. Somit zog ich es vor, erst mal weiter zu fliegen und tatsächlich, es stieg im Geradeausflug. Die errechnete Ankunftshöhe über Ziel stieg und stieg, irgendwann schaute ich nicht mehr auf das Instrument, um mir die Peinlichkeit eines vierstelligen Wertes zu ersparen. Ich querte die Ziellinie als dritter nach drei Stunden und einem 40er Schnitt. Insgesamt schafften heute 14 Piloten die gestellte Aufgabe.
Im Ziel auch Zimmerkollege Semo, allerdings ohne sieben von acht Wenden. Nicht sein Tag heute. Hatte sich allerdings schon früh am morgen im Supermarkt angedeutet. Obst, Müsli, Milch, alles schon auf dem Band an der Kasse, der Fünfziger schon gerichtet... aber da war noch was – mit Händen und Füßen und etwas Englisch verstand die junge Dame an der Kasse: Semo hatte noch was vergessen! Höflich bat sie die nachfolgenden Kunden um etwas Geduld, Semo verschwand derweil zwischen den Regalen. Die Schlange an der Kasse wurde länger und länger, der Hals der jungen Dame an der Kasse dicker und dicker. Nichts ging mehr, alle warten auf Semo. Und was macht derweil dieser freundliche, höfliche Allgäuer Bursch? Richtig! Er stellt sich, wie es sich schließlich gehört, am Ende der Schlange an. Und wartet. Und wundert sich, warum da vorne nichts geht. Und schaut ungeduldig auf die Uhr, schließlich ist bald Briefing am Headquarter!  
So war´s!
Roland 

3. Durchgang - „Wer … hat an der Uhr gedreht …? …“
Der morgendliche Blick auf die Infotafel am HQ: Wenig Wind, klasse Thermikprognose, damit fällt erstmals die Startplatzwahl auf den regulären Startberg Kovk und das Ziel gleich neben das HQ mit kulinarischem PitStop Anja.
Corinna lud mich als Ortskundigen in ihr Auto, um den für sie unbekannten Startplatz schnell zu erreichen. Irgendwie haben wir dann so herumgequasselt, dass die Spitzkehre verpasst wurde und wir erst als Dritter im „Startberggoal“ ankamen ;o)
Am komfortablen Aufbauplatz genießen wir die Sonne und die lang vermisste Wärme. Zwischenzeitlich wurde das Aeros Winter Race schon auf dem Taskboard in ein Sommer Race umgetauft.
Ein Rundkurs von 126,5km über 8 Wenden wird uns angeboten, Deadline notiert für 18:00 Uhr. Soweit… so gut! Alle Piloten nehmen die erste Zeit und der Sender Nanos an der Nachbarbergkette Richtung Kroatien wird angeflogen. Ein ewiger Gleit hin und ein ewiger Gleit zurück wieder bis zum Startplatz. Dort ausreichend Höhe machen, um bei dem immer noch starken Südwestwind die etwas vorgelagerte Bergkette, in der bekannten Lee-Waschmaschine mit ausreichend Höhe zu erreichen. Und hier bremste sich fast das halbe Feld ein und musste in der Nähe des Flughafens Ajdovscina die Geräte chancenlos abstellen. Raimund fädelte zu hart am Landeplatz ein und verletzte sich den Oberarm. Für die Weitergekommenen war es immer noch keine sichere Bank, die Lijak-Ridge lässig - wie die 2 Tage zuvor - bis zum nächsten WP entlang zu gleiten. Fehlanzeige - es wurde ein bockiges Unterfangen. Der Trick, weit hinter der Lijak-Kante erreichte man die höchste Höhe, um den großen Sprung zur Antenne Richtung Süden  (mit wunderbarem Gratisblick auf die Adria!) zu versuchen. Nur wenige kamen oberhalb der Parallel-Ridge an. Semo und mich wusch es hinter ihr erst einmal runter. Zwei drei gingen gleich landen. Wir bissen uns irgendwie an der Wende durch. Richtig hoch ging es jedoch nicht, so dass wir auf die niedrigen im Wind stehenden Hügelchen ausweichen mussten. Da ich die Ecke hier kannte, verließ ich die Gruppe um Semo und versuchte mein Glück allein. Semo nahm - wie ich 1 Stunde später im Goal erfuhr - den Umweg über den Kovk. Ich nahm die direkte Linie zum 2. Anfliegen des Senders Nanos. Hier unterflog mich Semo und nahm die vorletzte Wende tief. Ich traute dem Braten nicht, kannte ich doch aus den letzten Jahren die thermischen Ausfälle dieser Kante. Noch 25 km to go … doch dann der bange Blick auf die Uhr, KURZ VOR SECHS! „Wer hat an der Uhr gedreht? …“ Da war doch noch diese bescheuerte Deadline. Semo kam mir von der letzten Wende schon entgegen und ich wusste gar nicht, wie weit ich den Bügel meines neuen Lamis noch nach hinten drücken sollte. Es reichte nicht, 2 Minuten irgendwo gebummelt oder einfach nicht dem Instinkt meines Ligapatenonkel Semo gefolgt. Semo erreichte mit einem 65 Sekunden-Puffer als 14. und Letzter das Anja-Goal. Roland gar mit etwas größerem Puffer als 8., ich wurde Punkt 18 Uhr gestoppt und zurückgezirkelt. Was für ein Flugtag und dazu noch gute Aussichten für Tag 4.
"... ich komm´ wieder, keine Frage!"
Jörg

4. Durchgang - Wer dreht verliert!
Auf geht’s zum letzten Tag des Aeros Winter Race. Bis jetzt hatten wir immer bestes Wetter und auch heute sahen die Bedingungen super aus. Wind aus SW und Basis um 2000m, perfekt für die Kante.
Der Veranstalter wollte offenbar früh mit der Siegerehrung beginnen und schickte uns heute nicht so weit weg. Trotz der kurzen Strecke, war es eine interessante Aufgabe. Im Prinzip war es ein 46 km großes Dreieck, mit zwei Wendepunkten an der Ridge und einem im Tal. Das ganze musste dann zweimal geflogen werden. Gepaart mit den guten Bedingungen, versprach es ein sehr schnelles Rennen zu werden.
Und so war es auch. Ganz nach dem Motto: Wer dreht verliert, konnte man fast alles geradeaus fliegen.
2-3m Bärte wurden einfach ignoriert. Erst auf der zweiten Runde hatte ich einen 5m Bart komplett ausgekurbelt. Mit der gewonnen Höhe konnte ich schon meinen Endanflug beginnen und die letzten zwei Wenden, gemütlich im Gleitflug nehmen. Nach nicht einmal zwei Stunden stand ich schon im Ziel. Umgeben von vielen Drachen und jeder Menge glücklicher Gesichter. Ein sehr gelungener Abschluss für einen tollen Wettbewerb. Nächstes Jahr werde ich auf jeden Fall wieder dabei sein. 
Grüße, Kajo