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Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV

Tödlicher Unfall; Kollision Gleitschirm/Drachen

Am 22.01.06 kam es auf Lanzarote, im Fluggelände Mancher, zu einer Kollision zwischen einem 62-jährigen deutschen Gleitschirmflieger und einem niederländischen Drachenflieger. Der Drachenflieger erlitt beim Aufprall so schwere Verletzungen, dass er bereits leblos aufgefunden wurde. Der Gleitschirmpilot konnte noch lebend ins Krankenhaus eingeliefert werden, er verstarb wenig später.
Obwohl sich zum Unfallzeitpunkt viele Piloten in der Luft und auch am Startplatz aufgehalten haben, gibt es keine Augenzeugenberichte über den Zusammenstoß. Nach Lage der Fluggeräte am Boden und der Art der Verhängung, muss der Drachenflieger frontal in die Kappe des Gleitschirms geflogen sein. Beide Fluggeräte verhängten sich sofort ineinander und stürzten ab. Über den weiteren Verlauf gibt es mehrere etwas abweichende Augenzeugenberichte. Sicher ist, dass einer der beiden Piloten seinen Rettungsschirm ausgelöst hat. Dies wurde von zwei Zeuginnen beobachtet, bevor die Abstürzenden hinter einem vorgelagerten Hügel aus ihrer Sicht verschwanden. Die Öffnung des Rettungsgerätes konnte jedoch von den beiden nicht beobachtet werden, auch nicht, ob dem zweiten Piloten die Auslösung gelang. Beide Rettungsgerätekappen wurden am Absturzort von den Helfern geöffnet vorgefunden. Über die Lage der Innencontainer, die Aufschluss darüber geben könnte, ob die Rettungen bereits in der Luft offen waren, konnten keine Angaben gemacht werden.
Ein anderer Augenzeuge will die Öffnung beider Rettungsschirme und den unmittelbar darauf erfolgten Aufprall beider Piloten gesehen haben.
Wieder andere berichten davon, dass die Rettungen vor dem Aufprall zwar aus den Innencontainern heraus waren aber gerade nicht mehr tragend öffneten. Erst der Wind am Boden habe sie mit Luft gefüllt. Der Zusammenstoß hatte sich in ca. 50-100 Meter über Grund ereignet, auch hier gehen die Zeugenaussagen auseinander.

Der deutsche Gleitschirmflieger hatte noch wenig Flugerfahrung (A-Lizenz wurde erst wenige Monate vorher erteilt)und auf Lanzarote seine ersten längeren Flüge gemacht, zum Unfallzeitpunkt war er bereits seit ca. zwei Stunden in der Luft. Er befand sich unter Betreuung einer deutschen Flugschule, die seit vielen Jahren Reisen nach Lanzarote organisiert. Sein Fluglehrer hat ihn als ruhigen, bedachten und sicherheitsbewussten Piloten beschrieben, der sich seiner geringen Flugerfahrung bewusst war.
Der Niederländer war ein sehr erfahrener Drachenflieger mit langjähriger Flugerfahrung. Er war jedoch mehreren anderen Piloten wegen seines aggressiven Flugstil aufgefallen und zwar am Unfalltag und auch an den Tagen davor. Es wurde von schnellem und sehr dichtem Heran- und Überfliegen andere Fluggeräte berichtet. 

Nach den Berichten der Piloten, die sich zum Unfallzeitpunkt in der Luft befanden, herrschten moderate Flugbedingungen. An der Hangkante reichte der Wind zum Soaren, weiter draußen konnte in schwacher Thermik aufgedreht werden.

Zum Unfallzeitpunkt waren viele Piloten, Drachen und Gleitschirme, in der Luft. Im Aufwindband des Hanges ging es ziemlich eng zu. Mehrere Piloten waren schon vom Hang in den freien Luftraum geflogen, wohl weil das Gedränge an der Kante zu groß war. Hier, ein gutes Stück vom Hang entfernt, kam es auch zu dem Zusammenstoß. Es bestand keine Sichtbehinderung durch Wolken, Dunst oder tiefstehende Sonne.

Obwohl bei diesem Unfall wahrscheinlich nicht maßgeblich, besteht ein besonderes Problem darin, dass viele Gleitschirmpiloten keine oder wenig Erfahrung hinsichtlich des Mischbetriebs mit Drachen haben. In vielen Fluggebieten sind keine Hängegleiter mehr in der Luft. Die Besonderheiten beim gemeinsamen Fliegen, z.B. Geschwindigkeitsunterschiede, unterschiedliche Kurvenradien, Sichteinschränkung der Drachenflieger nach oben, sind vielen Gleitschirmpiloten nicht bewusst. Das kann zu gefährlichen Situationen führen, wenn dann in einem von Drachenfliegern stark frequentiertem Gebiet geflogen wird.