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Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV

Steilspirale

Die Steilspirale ist ein anspruchsvolles Flugmanöver, das solide Schirmbeherrschung und einen guten Trainingsstand des Piloten erfordert. Spiralen ist zweifellos die wirkungsvollste Möglichkeit schnell Höhe abzubauen. Andererseits mahnt eine steigende Zahl von Unfällen und Beinaheunfällen beim Trainieren der Steilspirale sehr eindringlich zur Vorsicht. Die schöne neue Gleitschirmwelt mit ihren superschnellen, superwendigen Leistungsmaschinen, auch in den unteren Gütesiegelkategorien, hat auch ihre Kehrseite. Wer flugtechnisch auf dem Stand vor 5 oder 7 Jahren ist, kann beim Spiralen Probleme bekommen. Die Analyse der gemeldeten Unfälle und Vorfälle zeigt folgende Gefahrenschwerpunkte auf:

 

Einleitung

Sehr rasches Herunterziehen der kurveninneren Bremse, oder die Einleitung aus einer Vorbeschleunigung, (Rollen, Nicken) lässt manche Schirme förmlich in die Steilspirale stürzen. Eine so rasche Beschleunigung überfordert einen ungeübten Piloten mit Sicherheit und provoziert aggresive Schirmreaktionen.Die Zunahme der Beschleunigung sollte unbedingt dosiert mittels beider Steuerleinen und Gewicht über mehrere Umdrehungen erfolgen. Sobald die Beschleunigung stärker wird als geplant und der Schirm »auf die Nase gehen will«, muss durch Zurücknahme der Gewichtsverlagerung, deutlichem Anbremsen der Kurvenaußenseite und Nachlassen der heruntergezogenen kurveninneren Bremse die Geschwindigkeit reduziert werden. Dieses komplexe Spiel mit beiden Bremsen und dem Gewicht erfordert sehr viel Übung und muss intensiv trainiert werden. Das Einleitverhalten kann - auch bei Schirmen gleicher Gütesiegelkategorie - stark unterschiedlich sein. Viele Geräte beschleunigen homogen, gleichmäßig und einfach kontrollierbar, andere überraschen den Ungeübten mit sehr rascher, ja plötzlicher Geschwindigkeitszunahme bereits kurz nach Beginn der Einleitung. Um den Piloten bereits im Vorfeld differenziertere Informationen zum Einleitverhalten seines Schirmes zu geben, wollen wir diesen Punkt künftig vom DHV in den Test


Spiralflug

Nach der Einleitphase ist es Aufgabe des Piloten, den Schirm in einem Sinkgeschwindigkeitsbereich zu halten, der Mensch und Material nicht überfordert. Das sind 8 - 12 m/s und nicht 15 - 20 m/s wie manche Helden immer noch glauben. In der Steilspirale ist das Pilotengewicht nur leicht zur Kurvenseite verlagert, die Kontrolle der Geschwindigkeit erfolgt über beide Bremsen, der Pilot blickt zur ständigen Höhenkontrolle in Flugrichtung, also seitlich, der kurveninneren Schulter entlang Richtung Innenflügel/ Grund. Die DHV-Testpiloten bewerten das Schirmverhalten bis zu einer Sinkgeschwindigkeit von 14 m/s. Bis zu diesem Wert sind keine Probleme zu erwarten. Jeder Schirm kann aber mit wesentlich höherem Sinken spiralt werden. Hier ergibt sich dann bei manchen Schirmen das Problem des stabilen Spiralens.

 

Nachdrehen/Stabile Spirale

Deutliches Nachdrehen oder stabiles Spiralen ist stets Folge eines Pilotenfehlers. Dem Schirm wurde erlaubt zu stark zu beschleunigen, meist durch unzureichendes Anbremsen der Flügelaußenseite. Nach dem Freigeben der Bremsen zur Ausleitung erfolgt keine Verlangsamung des Spiralfluges, manche Schirme können in dieser Situation sogar noch zusätzlich beschleunigen. Jetzt muss aktiv ausgeleitet werden. Und das heißt: Gewicht gegen die Kurvenseite und rausbremsen. Beidseitiges Anbremsen bis der Schirm langsamer wird. Das kann sehr einfach sein, bei Sinkwerten die nicht deutlich über den getesteten 14 m/s. liegen, es kann aber, bei Hammerspiralen jenseits von 18 m/s., ein gewaltiger Kraftakt gegen einen enormen Steuerdruck werden. Diese Situation ist brandgefährlich ! Der Pilot jagt mit 120 km/h und 50-70 Metern Höhenverlust pro Umdrehung dem Boden zu. Kommt der Grund immer näher und der Schirm zeigt keine Reaktion auf die Bemühungen des Piloten, muss der Rettungsschirm raus. Im Sicherheitstraining hat sich gezeigt, dass die Gurtzeuge einen großen Einfluß auf das Spiralverhalten des Schirmes haben. Gurtzeuge mit kreuzgurtähnlicher Konfiguration »loggen« den Piloten regelrecht in die Kurvenseite ein. Eine Gewichtsverlagerung zur Gegenseite ist nicht möglich. Ähnliches gilt bei zu groß gewählten Gurtzeugen. Wenn das Sitzbrett deutlich breiter als das Hinterteil des Piloten ist, kippt dieser mit seinem Gewicht regelrecht in die »Kurvenecke«, verstärkt, durch das »Mitnehmen« des kurveninneren Tragegurtes die Beschleunigung zusätzlich und hat, einmal in seine Ecke gedrückt, oft keine Chance mehr auf die andere Gurtzeugseite zu kommen.

 

Ausleitung

Probleme bei der Ausleitung liegen vor allem im zu schnellen Freigeben der Bremsen und nachfolgendem starken Aufschaukeln des Schirmes bis zum Einklappen. Auch eine moderate Spirale wird immer langsam ausgeleitet. Die Sinkgeschwindigkeit wird durch sehr langsames Freigeben der Innenbremse über mindestens 2 Umdrehungen reduziert. Zeigt der Schirm dann eine deutliche Tendenz zum Aufrichten, wird die kurveninnere Bremse noch einmal dosiert nachgezogen und die restliche Energie in einem letzten Kreis abgebaut. Damit ist eine weitgehend pendelfreie Ausleitung gewährleistet. Bei sehr raschem Freigeben der Innenbremse, »schießt« der Schirm, bedingt durch die Überfahrt, aus der Spirale, stellt sich stark auf, und nickt anschließend mit einem gewaltigen Pendler nach vorne. Diesen Pendler gilt es, in der Vorwärtsbewegung, durch deutliches beidseitiges Anbremsen zu dämpfen. Sonst kann der Schirm großflächig einklappen.

 

Wichtige Sicherheitshinweise

1. Das wichtigste beim Spiralen ist ausreichende Höhe. Besonders in der Trainingsphase- wenn das Schirmverhalten noch nicht gänzlich vertraut ist- sollten mindestens 500 Meter über Grund bei der Einleitung dasein. In 200 Meter über Grund muss die Spirale komplett ausgeleitet und der Schirm wieder im Normalflug sein.

2. Besondere Vorsicht beim Umstieg auf ein neues Gerät. Sein Spiralverhalten kann völlig anders sein als das des vertrauten Schirmes. Hier ist ein langsames Herantasten an die Eigenschaften des Neuen, mit mehreren Einleitübungen erforderlich.

3. Niemand muss Spiralen. Wer wenig fliegt, tut sich schwer, ständig den erforderlichen Trainingsstand für eine sichere Steilspirale zu halten. Hier ist der B-Stall als Abstiegshilfe vorzuziehen. Gelegenheitsflieger sollten bei der Schirmwahl auf wirklich problemloses Verhalten des Gerätes beim B-Stall, also leichte Einleitung, keine Tendenz zur Deformation, hohe Sinkgeschwindigkeit und sauberes Ausleitverhalten (kein verzögertes Anfahren) achten. Dies gilt auch für Piloten, die beim Spiralen körperliche Probleme (Schwindel, Schwarz-vor-denAugen-werden-Unwohlsein) haben.

4. Steilspiralen trainiert man am sichersten in einem Performance- oder Sicherheitstraining. Die Lernfortschritte sind sehr viel größer als beim autodidaktischen Üben und es ist immer ein ausgewiesener Fachmann da der auf einen aufpasst und mögliche Fehler korrigiert.

5. Defensiv fliegen. Wer spiralen muss um einer drohenden Wettergefahr zu entgehen, ist schon viel zu lange in der Luft gewesen. Auf keinen Fall das Beherrschen der Abstiegshilfen zum Fliegen in kritischen Wetterbedingungen missbrauchen.

Karl Slezak

DHV- Sicherheitsvorstand