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Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV

Retterauslösung in Spiralstürzen

In der Praxis funktionieren Rettungssysteme für Gleitschirme sehr gut, aber hin und wieder erreichen das Sicherheitsreferat Berichte von Fehlfunktionen des Rettungsschirms bei Auslösungen in Spiralstürzen. Dabei zeigten sich zwei unterschiedliche Problematiken.

1. Retter verhängt sich in der Gleitschirmkappe
Piloten berichteten, dass sich der ausgelöste Rettungsschirm vor der Entfaltung in der Kappe des Gleitschirms verfangen hatte. Die anschließenden Szenarien waren unterschiedlich. Einigen Gleitschirmfliegern gelang es, durch kräftiges Ziehen der Verbindungsleine, die Rettung aus dem Gleitschirm zu lösen. In anderen Fällen erfolgte eine verzögerte selbständige Öffnung, weil eine glückliche Luftströmung den Retter dann doch noch erfasste und aus dem Gleitschirm befreite. Mehrmals war aber auch von einem völligen Versagen des Rettungsschirmes berichtet worden. In einem Fall wusste ein Acroflieger zu erzählen, dass sich beide von ihm mitgeführten und ausgelösten Retter unlösbar in der Gleitschirmkappe verheddert hatten. Bäume oder Wasser (Sicherheitstraining) verhinderten in diesen Fällen das Schlimmste.
Dieses Problem ist als regelmäßig auftretend zu bezeichnen. Deshalb ist eine genaue Betrachtung der Vorgänge und möglicher Gesetzmäßigkeiten erforderlich.

Jeder Rettungsschirm ist daraufhin konstruiert einen mit höherer Geschwindigkeit vertikal herunterstürzenden Gegenstand abzubremsen. Diese Aufgabe erfüllen die gegenwärtigen Konstruktionen hervorragend. Das gleiche gilt, wenn sich der Gegenstand mit größerer Geschwindigkeit horizontal bewegt. In beiden Fällen wird der ausgelöste Rettungsschirm von einer weitgehend geradlinigen Luftströmung erfasst und genau das ist es, was er für eine rasche Füllung und Öffnung benötigt.
Nur; wann fallen wir Gleitschirmflieger senkrecht von oben herunter und wie oft ist es im Geradeausflug erforderlich seine Rettung auszulösen? Ziemlich selten.
Der weitaus häufigste Anlass den Retter auszulösen sind unkontrollierte Drehbewegungen, meist seitliche Einklapper, die sich in den Leinen verhängt haben und den Schirm in einen Spiralsturz bringen oder unkontrolliertes Trudeln, manchmal auch außer Kontrolle geratene Steilspiralen.
Wird in dieser Situation der Rettungsschirm ausgelöst, kommt er in ein regelrechtes Konfliktfeld von zwei Kräften; der Schwerkraft und der Zentrifugalkraft. Das wäre noch gar nicht das eigentliche Problem, gäbe es nicht zusätzlich den schnell rotierenden Gleitschirm.

Bildreihe 1: Rettungsgeräteauslösung im Sicherheitstraining nach einem (sich weitgehend wieder selbständig öffnenden) Klapper. Aus leicht erhöhter Geschwindigkeit ausgelöst (ca. 40 km/h) und ohne Rotationsbewegung des Gleitschirms, ist der moderne und gut gewartete Rettungsschirm in ca. 4 Sekunden voll tragend über dem Piloten.

In Drehbewegungen
Jedermann würde der Theorie zustimmen, dass sich ein Rettungsgerät schneller öffnet, wenn es, statt bei 35-40 km/h und einem Sinken von 2m/s aus dem Normalflug, in einer Situation mit einer Sinkgeschwindigkeit von ca. 15 m/s (etwa 50 km/h) und einer Bahngeschwindigkeit des Piloten von ca. 70 km/h ausgelöst wird. Das sind etwa die Größenordnungen bei Spiralstürzen.
Problematisch ist dabei, dass der ausgelöste Rettungsschirm, anfangs noch im Innencontainer, von beiden Kräften, Schwerkraft und Zentrifugalkraft, beeinflusst wird. Bei hohen Sinkgeschwindigkeiten bewirkt der Widerstand des Rettungsgerätecontainers, dass dieser sich nach oben bewegt (anders ausgedrückt: Pilot und Gleitschirm fallen schneller als der Rettungsgerätecontainer). Die Zentrifugalkraft wirkt nach außen, sorgt im Idealfall dafür, dass der Rettungsgerätecontainer sich vom Piloten wegbewegt. Es ist jedoch entscheidend, in welcher Stellung sich das System Kappe-Pilot befindet, wenn der Rettungsgerätecontainer sich auf seinen Weg in den Luftraum macht. Die folgende Bildreihe 2 zeigt einen Spiralsturz nach Verhänger in geringer Höhe. Die Auslösung des Rettungsgerätes erfolgt vom Piloten sehr schnell und zwar in dem Moment, als er merkt, dass der Schirm in den Spiralsturz beschleunigt. 

Video

Hier (klick auf Bild) kann die Bildserie 2 als Video heruntergeladen werden. Beeindruckend ist, mit welcher Konsequenz der Pilot, beim ersten Anzeichen von Kontrollverlust, sofort den Rettungsschirm auslöst. Aus gutem Grund. Kaum 3 Sekunden nach der tragenden Öffnung der Reserve erfolgt die Landung.

 

 

Schirm beginnt dynamischen Spiralsturz nach rechts (zur verhängten Seite). Pilot greift den Griff des Retters....
...und schleudert das Paket entgegen der Drehrichtung des Absturzes in den Luftraum.
Der Schirm rotiert weiter nach rechts während der Rettungsgerätecontainer, unterstützt durch die Zentrifugalkraft, in die Gegenrichtung fliegt.
Die Fangleinen der Rettung sind jetzt gestreckt, Retter und Gleitschirm sind in maximal weit voneinander entfernter Position.
Die Rettung beginnt sich zu öffnen. Durch die Vergrößerung der Fläche wächst der Widerstand, der öffnende Rettungsschirm steigt nach oben.
Spät löst sich der Innencontainer und gibt die Rettung nun ganz frei.
Rettung und Gleitschirm sind sich nun schon sehr nahe....
.....aber der Rettungsschirm gewinnt und kann sich vollständig öffnen.

Ungleich kritischer ist es, wenn die Rettung nicht entgegen der Drehrichtung der Kappe geworfen wird sondern in Richtung der rotierenden Kappe. Diese Gefahr besteht immer dann, wenn die Drehrichtung identisch mit der Auslöserichtung ist.
Die folgende Bildreihe 3 verdeutlicht dieses Dilemma. Hier hatte ein verunglückter Wingover zu einem großflächigen Einklapper geführt. Der Einklapper hatte sich zwar wieder geöffnet, aber der Pilot war, mit links weit heruntergezogener Bremse, in die Tragegurte eingetwistet worden. Folglich war die Bremse blockiert und der Schirm geriet in einen Spiralsturz nach links. Nach zwei schnellen Umdrehungen entschließt sich der Pilot zur Auslösung des Rettungsgerätes. Unglücklicherweise erfolgt das Auslösen der Rettung direkt in die Sturzrichtung der rotierenden Gleitschirmkappe.

Der Rettungsschirm wird, Augenblicke nach der Auslösung, genau in die Sturzrichtung der Kappe gelangen.
Noch nicht einmal mit halb gestreckten Fangleinen muss die Rettung unweigerlich vom rotierenden Gleitschirm (bzw. dessen Leinen) eingefangen werden.
Dies geschieht, noch bevor...
....der Innencontainer davonfliegt.
Die Anströmung drückt den nicht geöffneten Rettungsschirm mit Gewalt an die Fangleinen des Gleitschirms.
In dieser Situation erfolgt die Anströmung des Rettungsgerätes nicht mehr von unten (was für eine Öffnung erforderlich wäre) sondern von vorne.
Das schaut nicht gut aus! Der Pilot gibt jedoch nicht auf und erreicht durch energisches Ziehen an der Verbindungsleine, dass sich der Retter....
....aus den Leinen befreien kann und zumindest teilweise öffnet.

Die Bildreihe kann hier (klick auf die Bilder) als Video betrachtet werden.

 
     Echtzeit                 Zeitlupe    

 


Das zweite Bild der obigen Serie hilft, die Problematik zu verstehen. Der Gleitschirm stürzt in einer Drehbewegung nach links unten. Für eine volle Umdrehung benötigt er ca. 3-4 Sekunden. Das ist auch ziemlich genau die Zeit, die der Rettungsschirm braucht um zu öffnen. Erfolgt der Wurf des Rettungsschirmes in Dreh- und Sturzrichtung des Gleitschirms (rote Pfeile), muss es innerhalb der nächsten Sekunde zur Berührung mit den Gleitschirmleinen kommen.
Hätte der Pilot entgegen der Dreh- und Sturzrichtung ausgelöst (schwarzer Pfeil), wären etwa 4 Sekunden geblieben damit sich der Rettungsschirm öffnet. Erst dann hätte sich der Gleitschirm wieder in einer Position befunden, in welcher er den Rettungsschirm „einfangen“ kann. Zeit, die im Normalfall für eine (zumindest partielle) Öffnung reicht.
Im Grunde reduziert sich das Problem auf die Fragestellung: „Wer ist schneller!“ Der Gleitschirm, der in seiner Drehbewegung spätestens nach 360° den Rettungsschirm einfangen muss. Oder der Rettungsschirm der spätestens nach 360° vom Gleitschirm eingefangen wird und genau so viel Zeit hat, sich zu öffnen.

Was kann man tun um eine solch gefährliche Situation zu verhindern?
Wie meist ist alle Theorie grau. Denn eine Absturzsituation mit Spiralsturz ist hochdramatisch.
Häufig geht der Spiralsturz noch damit einher, dass der Pilot ein- oder mehrmals eingetwistet ist. Dann können Sturz- und Drehrichtung des Schirmes um 180° entgegengesetzt zur Blickrichtung des Piloten sein. Dies ist übrigens auch die Erklärung, warum Piloten bei von Augenzeugen bestätigten Spiralstürzen, also bei positiver Anströmung des Schirmes, schwören, die Kappe habe nach hinten weggedreht und bei der Extremsituation habe es sich um ein Negativdrehen (Trudeln) gehandelt.

Also was tun?
Der Pilot in der zweiten Bildreihe hat das gemacht, was sich jeder Gleitschirmflieger verinnerlichen sollte: Bei Kontrollverlust sofort die Rettung auslösen, bevor die Situation dramatisch an Dynamik gewinnt. Nicht erst zwei bis drei schneller werdende Umdrehungen im Spiralsturz abwarten sondern handeln, solange man noch Herr der Lage ist.

Ist die Entscheidung zum Auslösen des Retters gefallen, Griff nehmen und jetzt kurz abchecken: Wo steht die Kappe? In welche Richtung dreht sie? Dann das Päckchen, so kraftvoll wie möglich wegschleudern und zwar weg von der Kappe und in die Gegenrichtung der Drehung, auch wenn dies bedeutet, dass eine andere Wurfrichtung gewählt werden muss, als die vom Außencontainer vorgegebene.


Noch einmal zurück zur ersten Szene der obigen Bildserie. In dieser Situation hätte der Pilot sich dafür entscheiden sollen, den Rettungsschirm nicht nach links vorne, in Richtung der Dreh- und Sturzrichtung der Kappe sondern nach rechts hinten weg von der Kappe und entgegen der Drehrichtung des Schirmes zu schleudern.


2. Rettungsschirm öffnet nicht
Zwei ziemlich schockierte Piloten berichteten in diesem Jahr davon, dass der in einem Spiralsturz (jeweils nach Verhänger) ausgelöste Rettungsschirm nicht öffnete. Hier die Schilderung eines Streckenfliegers:
„Ein Augenzeuge berichtete, dass mein Schirm beim Einfliegen in eine starke Thermik durch einen Fronstall weit nach hinten gekippt ist, bevor er dann auf etwas mehr als 90 Grad nach vorne schoss. Durch massiven Bremseinsatz konnte ich verhindern, in die Kappe zu fallen, allerdings begannen die Leinen bereits zu entlasten.
Die linke Hälfte des Schirmes klappte völlig ein und legte sich unter die offene rechte Hälfte. Der Schirm begann ansatzlos in eine heftige Spirale zu gehen (in etwa ein SAT mit einem halben Flügel). Nach einigen zunehmend heftiger werdenden Umdrehungen mit extrem hoher G-Belastung entschloss ich mich, den Retter zu werfen  Vermutlich bedingt durch den Umstand, dass ich mich mit hohem Tempo rückwärts bewegte, öffnete der Retter jedoch nicht, sondern drehte sich um mich und sank mit dem Container nach unten. Er wurde durch meine Rückwärtsspirale mit hoher Wahrscheinlichkeit auch eingetwistet.
Dieser Moment - mitten in einer heftigen Spirale, etwa 150 m über Grund und ohne jede Retterwirkung - war psychisch ziemlich belastend. Mir wurde klar, dass ich mir ab jetzt nur mehr selber helfen konnte, indem ich die Spirale irgendwie beende, bevor das näherkommende Terrain das tun würde“

Diesem Piloten gelang es in der Folge seinen Gleitschirm wieder unter Kontrolle zu bringen und heil zu landen. Die von ihm geschilderte Situation könnte ähnlich wie die in der folgenden Bildreihe 4 gewesen sein.

 

 

Spiralsturz mit Verhänger nach links, zur verhängten Seite. Retter wird ausgelöst....
....die Fangleinen strecken sich...
....sind nun ganz gestreckt, Innencontainer löst sich.
Jetzt geschieht etwas Seltsames; der gestreckte aber noch nicht geöffnete Rettungsschirm...
bewegt sich wieder auf den Piloten zu,
gelangt schließlich sogar unter diesen....
.....und dreht sich dabei um den Piloten....
.....bis zum Aufschlag auf dem Boden.

Zwei Umstände sind hier ursächlich für die Fehlfunktion.

1. Die Vertikalgeschwindigkeit (Sinken) des Absturzes ist relativ gering. Gut erkennbar an der Position des gelösten Innencontainers, der kaum langsamer sinkt als der Pilot/Gleitschirm. Der nicht geöffnete Rettungsschirm sinkt während des Absturzes etwas schneller als Pilot/Gleitschirm. Aus diesem Grund erfährt die Basis des Rettungsgerätes keine Anströmung die es ermöglicht, dass Luft einströmt und der Öffnungsvorgang beginnen kann.

2. Verursacht durch den großflächigen Verhänger befindet sich der Pilot relativ nahe an der Drehachse um die der Schirm rotiert. Bei kleineren Verhängern, setzt die Hebelwirkung weit außen, bei großen weiter innen an. Dies hat zwei Effekte bei einem Spiralsturz: Der Kurvenradius ist bei Spiralstürzen mit kleinen Verhängern viel größer. Damit auch die Bahngeschwindigkeit des Piloten. Die nach außen wirkende starke Fliehkraft wird einen Gegenstand, wie einen ausgelösten Rettungsgeräte-Innencontainer, sehr schnell vom Piloten wegtragen. Zweiter Effekt: Bei großen Verhängern wirkt viel mehr Widerstand als bei kleineren. Der aerodynamisch noch intakte Teil der Fläche will fliegen, wird aber gezwungen, um den Widerstand des verhängten Flügels zu rotieren. Je mehr fliegende Fläche noch vorhanden ist, desto ausgeprägter wird das „auf die Nase gehen“ des Schirmes, also die Intensität des Spiralsturzes sein. Je stärker der Widerstand dominiert, desto größer das Moment, welches gegen die Beschleunigung arbeitet.
Ganz typisch für Spiralstürze mit großen Verhängern ist eine moderate Sinkgeschwindigkeit und eine Drehung die stärker über die Hochachse und schwächer über die Querachse erfolgt. SAT-ähnlich, wie es der Unfallbericht des Piloten weiter oben beschreibt. Das Video zeigt auch deutlich, dass diese charakteristische SAT-ähnliche Drehung immer deutlicher wird, je länger der Spiralsturz andauert.

Kleiner Verhänger, Pilot weiter von Drehachse entfernt
Großer Verhänger, Pilot näher an Drehachse

Wird in dieser Situation der Rettungsschirm ausgelöst, so hat er, wegen der relativ geringen Bahngeschwindigkeit aus der dies erfolgt schon mal einen schlechten Start. Mit Pech kommt er, wie in der Bildserie, schon sehr schnell das Phänomen der nahe am Piloten befindlichen Drehachse zu spüren, er beginnt selbst sich zu drehen, von der Rotation erfasst kann eine Streckung der Fangleinen nicht vollständig erfolgen. Jetzt kommt die Schwerkraft dazu. Der Rettungsschirm sinkt zusätzlich nach unten. Während des gesamten Ablaufs ist u.U. keine Situation gegeben, in welcher die anströmende Luft in die Basis des Rettungsschirms gelangen kann um den Öffnungsvorgang zu initiieren. Der Pilot überlebt den Aufprall auf den Boden mit mittelschweren Verletzungen.


Video zur Bildserie

Was kann ein Pilot tun, um eine solche Situation zu verhindern?
Zunächst mal hat ein regelmäßig gepackter Rettungsschirm auch in einer ungünstigen Öffnungssituation die deutlich besseren Chancen. Schlecht, wenn der Retter schon wie ein Ziegelstein im Innencontainer liegt und die Gummis so verrottet sind, dass sie an den Fangleinen kleben. Dies verzögert eine Öffnung des Innencontainers und erschwert den Luftströmungen den Eintritt in den Rettungsschirm. Überhaupt der Innencontainer; Sicherheitstrainer beobachten, dass weit öffnende Innencontainer wie z.B. Vierblattcontainer oder tief „geschlitzte“ Taschencontainer den Rettungsschirm, nach Abziehen der Gummis, gerade in den für eine schnelle Öffnung ungünstigen „Low-Speed-Abstürzen“, am schnellsten freigeben.
Allgemein ist immer wieder festzustellen, dass die Position des Rettungsgeräte-Außencontainers und die Länge der Verbindung Griff-Innencontainer die entscheidenden Rollen spielen. Mit kurzer Verbindung Griff-Innencontainer und ergonomisch günstig angebrachtem Außencontainer ist ein viel kraftvolleres und auch gezielteres Werfen des Rettungsgeräte-Päckchens möglich. Das kann im Ernstfall entscheidend sein und sollte beim Gurtzeugkauf Beachtung finden.

Rettungsgeräte sollten immer gemäß Betriebsanleitung gepackt werden. Bei allen modernen Rettern ist die Packweise so gestaltet, dass die Basis (untere Öffnung des Retters), nach Öffnung des Innencontainers, unmittelbar in den Luftstrom gelangt. Ganz früher, aber bei manchem Rettungsgeräte-Packer leider noch Praxis, wurde der „letzte Schlag“, also die Basis des Retters mit dem Ansatz der Fangleinen, beim Packen noch einmal nach oben gelegt, weg von der anströmenden Luft. Solche Praktiken sind gefährlich und sollten schnellstmöglich abgelegt werden.

Die Analysen der heute im Internet verfügbaren Absturz-Videos sind hochinteressant. Meist sind verunglückte Flugmanöver z.B. Wingover oder Fullstall im Sicherheitstraining Auslöser für die Absturzsituation, in der Regel Verhänger mit Spiralsturz. Gelegentlich findet man aber auch Videos von „echten“ Unfallsituationen.
Allen gemein ist eine sehr deutliche Botschaft: Nicht warten, werfen. Bei festgestelltem Kontrollverlust sofort Rettungsschirm raus. Jede weitere Sekunde bringt Dich dem Boden näher, mit jeder Umdrehung die der Schirm im Spiralsturz macht, wachsen die auf Dich wirkenden Kräfte. Die schneller werdende Rotation verkürzt die Zeit, die dem Retter bleibt um sich zu öffnen, bevor er in Konflikt mit der Gleitschirmkappe gerät.
Auch bei „Low-Speed-Abstürzen“ ist zu Beginn, wenn die Drehung noch weniger stark um die Hochachse geht, die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Rettungsgeräteöffnung an höchsten.
„Zack und raus“! Diese Devise berücksichtigen Piloten anspruchsvoller Schirme erstaunlich konsequent. In der Unfallstatistik sind überdurchschnittlich viele „Störungsmeldungen“ mit Geräten der obersten Klassen und Protos zu verzeichnen. Weil deren Piloten aber offensichtlich sehr rasch den Ernst der Lage erkennen und mit dem Auslösen des Retters nicht lange fackeln, sind nur selten schwere Verletzungen zu verzeichnen.

Karl Slezak
DHV-Ausbildung/Sicherheit