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Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV

Sinkgeschwindigkeit von Rettungsgeräten

Einzelne Gleitschirmpiloten und Sicherheitstrainer berichteten von hohen Sinkgeschwindigkeiten und starker Pendelneigung bei Rettungsgeräten in Leichtbauweise mit kleiner Fläche. Die aufgefallenen Rettungsgeräte sind LTF-mustergeprüft auf Grundlage des Prüfverfahrens nach EN 12491. Die Musterprüfung dieser Rettungsgeräte ist nicht beim DHV erfolgt.
Schwere Verletzungen bei der Landung mit Leichtbau-Rettern sind bisher nicht dokumentiert.
In Fachkreisen wird derzeit die Frage der Messgenauigkeit bei den Prüfverfahren diskutiert.

Die LBA-anerkannten Prüfstellen bedienen sich unterschiedlicher Messverfahren um Anhängelasten und Sinkwerte zu ermitteln.
Der DHV benutzt dazu das Flugmechanik-Messfahrzeug. Mit diesem wird eine Messung des Widerstands der Rettungsschirmkappe durchgeführt. Bei einer vorgegebenen Geschwindigkeit von 6,8 m/s wird die auf die Messvorrichtung wirkende Kraft ermittelt. Dies ergibt die Anhängelast bei einer Sinkgeschwindigkeit von -6,8 m/s. Vor der Sinkgeschwindigkeitsmessung wird der gleiche Test zunächst mit einem Referenzgerät durchgeführt.
Die anderen LBA-anerkannten Prüfstellen führen Fallversuche mit den Rettungsgeräten durch, denn die Lufttüchtigkeitsforderungen (LTF) erlauben, die für Rettungsgeräte erforderlichen Versuche auch nach dem Standard EN 12491 durchzuführen. Dabei werden 30 m Fallstrecke des Rettungsschirms (mit maximal zulässiger Anhängelast) gemessen und daraus die Sinkgeschwindigkeit ermittelt, die nach EN nicht höher als -5,5 m/s sein darf.

Beide Messverfahren sind naturgemäß fehlerbehaftet, weil äußeren Einflüssen ausgesetzt. Die Messmethode des DHV war Grundlage für mehr als 150 Rettungsgeräte-Musterprüfungen. Der maximal erlaubte Sinkwert von -6,8 m/s wurde aus der militärischen Fallschirmspringerei übernommen, weil „bei Sinkwerten unter 7 m/s im Regelfall nicht mit schweren Verletzungen zu rechnen ist“. Um die für den ungeübten Sportler hohe Aufprallgeschwindigkeit von -6,8 m/s zu reduzieren, empfiehlt der DHV seit vielen Jahren: Das Startgewicht sollte mindestens 20-30% unterhalb der Anhängelast des bei -6,8 m/s geprüften Rettungsschirms liegen. Diese Empfehlung hat sich weitestgehend durchgesetzt. Klagen über gefährlich hohe Sinkgeschwindigkeiten bei DHV-geprüften Rettungsgeräten sind uns in den letzten Jahren nicht mehr bekannt geworden.

Fallversuche nach EN führt der DHV nicht durch. Vom DHV wurden mehrere EN-geprüfte Rettungsschirme auf dem Flugmechanik-Messfahrzeug nachgemessen. Dabei gab es ausschließlich Abweichungen nach oben, d.h. die gemessenen Sinkgeschwindigkeiten waren höher als die maximal erlaubten -5,5 m/s (gemäß EN 12491), aber noch im Rahmen der -6,8 m/s nach LTF. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass für diese recht regelmäßigen Abweichungen die Möglichkeit verantwortlich sein könnte, dass die DHV-Messtechnik „zu scharf“ misst, d.h. eine höhere Sinkgeschwindigkeit als die Geräte tatsächlich aufweisen.

Flugschulen berichten dem DHV, dass viele Piloten, in dem Glauben, mit den nach EN maximal erlaubten -5,5 m/s, auf der „sicheren Seite zu sein“, eine Rettung wählen, bei der sie sich an der Gewichtsobergrenze oder sogar darüber befinden. Das kann dann unter ungünstigen Umständen dazu führen, dass die Sinkgeschwindigkeit in der Praxis erheblich höher ist als erwartet.

Der DHV hat mit der Musterprüfstelle EAPR und dem Herstellerverband PMA eine Zusammenarbeit zur Lösung der Problematik der Sinkgeschwindigkeitsmessung vereinbart. Ein EN-Arbeitsgruppentreffen nach Pfingsten wird für erste Gespräche genutzt werden.
Unabhängig davon empfiehlt der DHV:

Bei Rettungsschirmen grundsätzlich ein „Sinkgeschwindigkeits-Sicherheitspolster“ einplanen. Bei den vom DHV geprüften Rettern gilt weiterhin „Anhängelast bei -6,8 m/s minus mindestens 20-30%“. Auch EN-geprüfte Retter sollten nicht bis an die Gewichtsobergrenze „ausgereizt“ werden, im Zweifelsfall das größere Modell wählen.

Wir haben inzwischen die Meldung einer Landung mit EN-geprüftem Retter im ebenen Gelände nach einer Notsituation erhalten. Der Pilot (Startgewicht ca. 100 kg) konnte stehend und verletzungsfrei landen. Er benutzte ein nach EN geprüftes Rettungsgerät mit einer Anhängelast bei -5,5 m/s von 120 kg.
Die Empfehlung „bleib’ deutlich unter der oberen Gewichtsgrenze Deines Retters“ hat auch in diesem Fall für eine sichere Landung am Retter gesorgt, sie hat für Rettungsgeräte aller Prüfnormen ihre Gültigkeit.

Der DHV wird über die weitere Entwicklung berichten.