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Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV
03.08.2012

Warnung: Steilspirale Swing Mistral 6 - tödlicher Unfall

Am Abend des 23.6.2012  ist eine 47-jährige Gleitschirmpilotin am Landeplatz Kandel in einer Steilspiral-Bewegung mit hoher Sinkgeschwindigkeit aufgeprallt und hat sich tödliche Verletzungen zugezogen. Laut GPS-Auswertung und  Augenzeugenberichten begann die Steilspirale mit dem Swing Mistral 6 in 250 m über Grund.  Die Pilotin hatte viele Jahre Flugerfahrung. Nach Angaben von Personen aus ihrem fliegerischen Umfeld hatte sie wenig Steilspiral-Erfahrung, mit dem Unfallgerät hatte sie bisher keine Steilspirale geflogen, mit den Steilspiral-Besonderheiten des Mistral 6 war sie in der Theorie vertraut und der DHV-Unfallbericht über einen tödlichen Spiral-Unfall mit dem Mistral 6 aus dem Jahr 2011 war ihr bekannt.
Ausführlicher Unfallbericht hier  .

Die Gleitschirme der Serie Swing Mistral 6 sind im April 2010 bei der LBA-anerkannten Musterprüfstelle des DHV mustergeprüft worden. Der Prüfstellenleiter hatte vermerkt: „Bereits bei den Testflügen wurde festgestellt, dass die Steilspirale bei der Ausleitung am oberen Limit für die Klasse B liegt. Bei exakter Ausleitung nach den Prüfvorgaben der EN 926-2:2005 und LTF 09 zeigte der Musterschirm die Reaktion, die für die Klasse B zulässig ist (dies ist auch aus der Videodokumentation ersichtlich). Dem Hersteller wurde zur Auflage gemacht, das bei der Musterprüfung festgestellte Verhalten bei Steilspiralen oberhalb 14 m/s zu beschreiben und Anweisungen für die Ausleitung des Flugzustandes zu geben.“ Die Betriebsanleitung des Mistral 6 enthält die entsprechenden Hinweise sowie den Hinweis des vom DHV veröffentlichten Testflugberichts: „Bei Sinkwerten > 14 m/s kann eine aktive Ausleitung durch den Piloten erforderlich sein (siehe Betriebsanleitung.)“

Bei Nachtests mit neuer Datenlogger-Technik, veröffentlicht im DHV-Info 174, zeigte sich beim Swing Mistral 6, dass bei Sinkwerten höher als den bei der Musterprüfung getestet 14 m/s eine stark verzögerte selbständige Ausleitung auftritt und bei Sinkwerten höher als 18 m/s eine stabile Spirale auftritt, deren kraftaufwändige Ausleitung durch den Piloten aktiv erfolgen muss (beidseitiges Anbremsen).

Bereits als Konsequenz aus einem tödlichen Steilspiral-Unfall im August 2011 mit einem Mistral 6 hatte der DHV sich in der „EN-Arbeitsgruppe Flugtestnorm“ für eine deutliche Verschärfung der Prüfanforderungen für das Testflugmanöver Steilspirale eingesetzt. Diese wurde dort im Juli 2012 beschlossen und der DHV wird diese Verschärfung bei den künftigen LTF-Musterprüfungen anwenden.


Warnung an alle Gleitschirmpiloten: Steilspiralen sollten immer so eingeteilt werden, dass die Ausleitung in 250 m GND bereits erfolgt ist. Gleitschirmpiloten mit geringer Flugerfahrung sollten sich eingehend mit der aktuellen Flugtechnik bei Steilspiralen befassen - oder ganz darauf verzichten. Bei höheren Sinkgeschwindigkeiten kann die früher übliche Ausleitung durch Freigeben der Innenbremse zu einer weiteren Beschleunigung der Steilspirale führen. Zur Kontrolle der Sinkgeschwindigkeit und zur Ausleitung ist deshalb das Betätigen der Außenbremse unumgänglich. Eine praktische Einweisung in einem anerkannten Sicherheitstraining wird dringend empfohlen. Unter „Sicherheit“ auf www.dhv.de  gibt es eine Reihe von Fachartikeln zu diesem Thema.
Piloten von Gleitschirmen der Muster Swing Mistral 6 müssen die Hinweise des Herstellers zur Steilspirale in der Betriebsanleitung unbedingt beachten.

Die Fa. Swing hat sich in einer Stellungnahme zu dem Unfall und dem Verhalten des Mistral 6 bei Steilspiralen geäußert.