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Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV

Fliegen und Tauchen

Tauchen und Fliegen in einem Urlaub – eine faszinierende Kombination! Sie kann aber auch brandgefährlich sein! Warum?

Bei Tauchern wohl bekannt ist die so genannte Caisson-Krankheit (DCS – decompression sikness). Sie tritt bei einem schnellen Wechsel von einem höheren zu einem niedrigeren Umgebungsdruck auf, wie er zum Beispiel in der Auftauchphase vorkommt. Aber auch in der Kabine eines Linienflugzeuges herrschen im Flug nur 0,75 Bar (Entspricht etwa dem Luftdruck auf 2000 mNN). Darauf bezieht sich die so genannte „Flugverbotszeit“ nach Tauchgängen die unter anderem auf modernen Tauchcomputern angezeigt werden kann.

Wie kann es eigentlich zu dieser gefährlichen Dekompressionskrankheit kommen?

Durch den erhöhten Druck bei einem Tauchgang unter Wasser gehen über die Atmung so genannte inerte Gase (u. a. Stickstoff), im Blut und den Geweben des Körpers vermehrt in Lösung. Lässt dieser Druck dann zu schnell nach, kommt es zu Bläschenbildungen im Körper. Dies ist mit dem Aufschrauben einer Mineralwasserflasche vergleichbar. Diese Bläschen können dann Blutgefäße verstopfen und Gewebe schädigen.

Der Taucher klagt nach einem Tauchgang bei dem er die sog. „Dekompressionszeiten“ nicht eingehalten hat über Hautrötungen („Taucherflöhe“), stechende Gelenkschmerzen („Bends“) oder brennende stechende Schmerzen hinter dem Brustbein („Chokes“). Es kann zu Ausfällen des zentralen Nervensystems mit Lähmungen kommen. Arterielle Gasembolien führen zu Lungenembolien, Herzinfarkten oder Schlaganfällen und deren typischen Symptomen bis hin zum Tode.

Im Falle von Anzeichen einer Dekompressionskrankheit sollte durch einen Notarzt die schnellstmögliche Verbringung in eine Druckkammer erfolgen. Wichtig ist auch die Gabe von Sauerstoff und Flüssigkeitszufuhr. Der Erkrankte sollte, wenn er bei Bewusstsein ist, mit leicht angehobenem Kopf flach gelagert werden.

Um diese Bläschenbildung zu vermeiden muss die Druckabnahme (der Aufstieg) so langsam erfolgen, dass die gelösten Gase abgeatmet werden können. Hierzu werden auf Erfahrungswerten basierende „Tauchtabellen“ verwendet, die in Abhängigkeit von Tauchtiefe und Tauchdauer entsprechende Deko-Stopps (Auftauchpausen) vorschreiben.

Da aber eine Vielzahl weitere Faktoren (Druckprofil des Abtauchens, Temperatur usw.) die Sättigungsvorgänge von Gasen beeinflussen und jedes Körpergewebe dabei auch noch ein anderes Verhalten zeigt, werden heutzutage häufig „Tauchcomputer“ verwendet. Sie berechnen anhand von Modellen (das Modell ZH-L16 von Albert A. Bühlmann berücksichtigt 16 verschiedene Körperkompartimente) „sichere“ Aufstiegszeiten.

Diese Computer können auch entsprechend einzuhaltende so genannte „Flugverbotszeiten“ nach einem Tauchgang angeben. Denn der weitere Abfall des Luftdruckes mit der Höhe könnte nach erfolgreichem Auftauchen noch zur vermehrten Bläschenbildung führen. Und diese Gefahr besteht beim Drachen- oder Gleitschirmfliegen, insbesondere in der Thermik, auch. Da aber über „sichere“ Bedingungen bei Herstellern und Experten Uneinigkeit herrscht kommt es vor, das ein Tauchcomputer 6 Stunden Flugverbot vorschreibt, und der Computer des Tauchpartners mit dem gleichen Tauchgang eines anderen Herstellers 19 Stunden! Dies liegt auch daran, dass unterschiedliche Berechnungsmodelle und Sicherheitshöhen (je nach Hersteller von 4200 bis 4800 mNN) verwendet werden.

Des Weiteren gibt es Risikofaktoren, die das Entstehen einer Deko-Krankheit begünstigen können. Dazu gehören: Rauchen, Dehydration, Erschöpfung oder starke körperliche Belastung, Alkohol, Kälte, erhöhtes Körperfettgehalt durch Übergewicht, Defekte der Herzscheidewand, sonstige vorher durchgemachte Krankheiten oder No-Limit Tauchen ohne Ruhetage. Sie sollte man also unbedingt vermeiden.

Wie sollen wir uns nun verhalten, wenn die Ermittlung einer solchen „Flugverbotszeit“ von so vielen Faktoren abhängt und derart schwierig zu berechnen scheint?

Mit der folgenden Tabelle wird man weit gehend auf der sicheren Seite sein:

 

 Fliegen nach Tauchen
 
 Bei Nullzeit-Tauchgängen während einem bis maximal zwei Tagen und wenn die addierten Grundzeiten beider Tage weniger als 2 Stunden sind 12 Stunden warten 

 Wenn die addierten Grundzeiten mehr als 2 Stunden betragen

 24 Stunden warten
 Beim Tauchen über mehr als 2 Tage hintereinander immer 24 Stunden warten
 Nach Deko-Notfall immer 48 Stunden warten

 

 

Man könnte also vormittags Fliegen gehen und nachmittags einen kurzen Nullzeit-Tauchgang durchführen. Nullzeit-Tauchgänge sind Tauchgänge, bei denen aufgrund der geringen Tauchtiefe oder der kurzen Tauchzeit keine Deko-Stopps notwendig sind. Dazu muss man sich also in beiden Sportarten etwas mäßigen oder eben auf die eine verzichten.

Dr. med. E. Schröter

Verbandsarzt des DHV

(1/2004)

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Weiterführende Literatur

Albert A. Bühlmann und Ernst B. Völlm, Tauchmedizin: Barotrauma, Gasembolie, Dekompression, Dekompressionskrankheit, 4. Auflage, Springer-Verlag 1995

Peter Bennet and David Elliot, The Physiology and Medizine of Diving, 4. Ed., W.B. Saunders Company Ltd. 1998

Schreiner HR and Kelley PL, A Pragmatic View of Decompression, Underwater Physiology: Proceedings of the Fourth Symposium on Underwater Physiology, edited by C.J. Lambertsen, Academic Press, New York 1971, pp. 205-219

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