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Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV
01.07.2004

Verhalten von Unfallbeteiligten

Vor einigen Wochen kollidierte ein Drachenflieger mit einer Gleitschirmfliegerin beim Thermikkreisen hoch über dem Hochfelln. Während die Gleitschirmfliegerin den Rettungsschirm auslöste und - weitgehend unverletzt- in einem steilen Latschenfeld landete, konnte der Drachenflieger weiterfliegen.
Die Tatsache, dass der Hängegleiterpilot noch für längere Zeit in der Luft blieb, keine eigenen Bemühungen zur Hilfeleistung anstellte und sich erst mehrere Tage nach dem Vorkommnis beim DHV meldete, hat zu einer Diskussion im DHV-Internet-Forum geführt. Unabhängig von der Schuldfrage (wer hatte die Kollision verursacht ?), wurde das Verhalten des Drachenfliegers nach dem Vorfall kritisch diskutiert. Dieser hatte geltend gemacht, dass er noch so lange über dem Landeort der Gleitschirmfliegerin gekreist war, bis ersichtlich geworden war, dass Hilfe gewährleistet ist. Nach der Landung habe er sich bei der Bergbahn versichert, dass der Gleitschirmfliegerin nichts passiert war und die Sache damit als erledigt betrachtet.

Wir haben uns nach der Rechtslage erkundigt und nach Empfehlungen, wie sich ein Pilot in einer vergleichbaren Situation verhalten sollte.

1.Vergleichbarkeit mit dem Straßenverkehr
Für den Bereich des Luftverkehrs gibt es keine dem Straßenverkehr entsprechende Vorschrift für das unerlaubte Entfernen vom Unfallort.

2. Unterlassene Hilfeleistung
Strafbar kann sich ein am Unfall Unbeteiligter ebenso machen wie der Unfallverursacher selbst.
Voraussetzung ist, dass die Hilfeleistung objektiv erforderlich ist. Eine Pflicht zur Hilfe entfällt etwa dann, wenn sichere Gewähr dafür gegeben ist, dass sofort anderweitige Hilfe geleistet wird. Darüber hinaus muss die Hilfeleistung nach den Umständen des Einzelfalls zumutbar sein. Birgt die Hilfeleistung eine erheblich eigene Gefahr, so entfällt eine Pflicht zur Hilfeleistung ebenfalls. Eine Pflicht, eine eigene Gefahr in Kauf zu nehmen besteht jedoch dann, wenn der Unfallverursacher den Unfall schuldhaft herbeigeführt hat.

3. Unfallmeldung
Bei dem Vorfall am Hochfelln handelt es sich nicht um einen Unfall (schwere oder tödliche Verletzungen eines Beteiligten, starke Beschädigung oder Zerstörung des Luftfahrzeugs)  sondern um eine schwere Störung, einem "Ereignis beim Betrieb eines Luftfahrzeuges, dessen Umstände darauf hindeuten, dass sich beinahe ein Unfall ereignet hätte".
Ebenso wie Unfälle sind schwere Störungen "unverzüglich zu melden", d.h. innerhalb von 24 Stunden oder am nächsten Werktag (Unfallmeldepflicht, LuftVO § 5). Unfallmeldestelle ist der DHV. Meldepflichtig sind alle an dem Unfall oder der schweren Störung beteiligten Piloten.

4. Empfehlung für das Verhalten von Piloten
Bei einem Unglücksfall ist jeder zur Hilfeleistung verpflichtet, wenn seine Hilfe erforderlich ist und die Hilfeleistung ohne erhebliche eigene Gefahr zu erbringen ist.
Der sicherste Weg, um eine strafrechtliche Verantwortlichkeit wegen unterlassener Hilfeleistung zu entgehen, ist sicherlich die Landung und Hilfeleistung für den Verunglückten, soweit dies nicht mit einer erheblichen Eigengefährdung verbunden ist.
Ist eine Landung und Hilfeleistung beim Verunglückten nicht möglich, muss dringend empfohlen werden, den Flug sofort abzubrechen und einen geeigneten Landeplatz anzufliegen. Der Pilot muss sich unverzüglich um die Einleitung von Hilf- bzw. Rettungsmaßnahmen für den Verunglückten kümmern.
Die am Unfall beteiligten Piloten müssen den Unfall baldmöglichst (per E-Mail, Fax, telefonisch) dem DHV melden. Unfallmeldeformular unter:

www.dhv.de/web/St_rungsmeldung.330.0.html

 

 

Quellen:
RA Dr. Eick Busz
Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung
LuftVO § 5


Karl Slezak
DHV-Sicherheit/Ausbildung