X
Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV
10.12.2011

Ergebnisse des Treffens von Prüfstellen, Herstellerverband und Pilotenverbänden

Foto:Hans Bausenwein

Am 9.12.2011 trafen sich die Vertreter der LBA-anerkannten Prüfstellen Air Turquoise, DHV und EAPR, der EN-Prüfstelle des französischen Verbandes FFVL, des Herstellerverbandes PMA, der CIVL-Arbeitsgruppe "Wettbewerbsschirme" sowie der Pilotenverbände SHV und DHV in Bregenz zum „erweiterten Runden Tisch“, um die aktuellen Entwicklungen bei der Musterprüfung von Gleitschirmen zu besprechen.

Hier die wichtigsten Beschlüsse:

Der seit längerem anberaumte Termin hatte durch den vom SHV kurzfristig vorgeschlagenen und von allen Prüfstellen vereinbarten Teststop für EN/LTF-D-Gleitschirme, besondere Bedeutung gewonnen. Hintergrund war u.a. der schwere Unfall eines Prüfstellen-Testpiloten beim Testfliegen eines für die Klasse D geplanten High-End-Flügels.

Vor einer Entscheidung über das weitere Vorgehen bei den EN/LTF-D-Gleitschirmen wurde das Thema „Verwendung von Faltleinen für Einklapper bei den Musterprüfungen“ diskutiert. Einig war man sich, dass Faltleinen nicht als Mittel zur gezielten Beeinflussung des Klappverhaltens missbraucht werden dürfen. Dazu wurde vereinbart, dass Faltleinen von den Prüfstellen nur akzeptiert werden, wenn sie die gleiche Geometrie wie die A-Leinen aufweisen. Zudem müssen die Faltleinen am Untersegel, hinter der Eintrittskante, angebracht sein, nicht an der Profilnase oder oberhalb. Damit soll verhindert werden, dass durch „Trimmung“ der Faltleinen gezielt ein „weiches“ Klappverhalten erreicht wird. Grundsätzlich wird ein Gleitschirm zunächst ohne Faltleinen geprüft. Nur wenn die Musterprüfstelle feststellt, dass ein normgerechtes Einklappen damit nicht möglich ist, sind Faltleinen erlaubt. Hinsichtlich der Geräteklassen, für die Faltleinen akzeptiert werden, wurde schließlich ein Kompromiss gefunden: Faltleinen mit den oben beschriebenen Einschränkungen werden nur für Gleitschirme der Klassen C und D erlaubt. Gleitschirme der Klassen A und B müssen grundsätzlich ohne Faltleinen geprüft werden, ausgenommen einer diagonal zur Gegenseite des Einklappers verspannten Hilfsleine auf einen bestehenden A-Leinen-Aufhängepunkt. Diese wird in manchen Fällen benötigt, um die vorgeschriebene Einklappgröße an der Eintrittskante zu erreichen.
Mit Faltleinen getestete Gleitschirme müssen im Testflugbericht deutlich gekennzeichnet sein.
Dieser Beschluss soll jährlich überprüft werden. Einerseits um auf mögliche Auffälligkeiten Faltleinen-geprüfter Schirme reagieren zu können und andererseits um den Gebrauch von Faltleinen in den anderen Geräteklassen nicht zwingend langfristig auszuschließen, sollten positive Erfahrungen in den höheren Klassen dies vertretbar erscheinen lassen.

 

Vor dem Hintergrund dieser Definition zum Gebrauch von Faltleinen, wurde eine Aufhebung des Teststops für LTF/EN-D-Schirme beschlossen. Dazu wurde folgende gemeinsame Erklärung formuliert:

Der Teststop der Prüfstellen von EN-D Gleitschirmen wird aufgehoben.

Das Zertifizierungssytem muss sehr objektiv arbeiten. Einige neue EN-D Gleitschirme haben die Flugtests bestanden.

Diese Gleitschirme wurden bereits mit der beschränkten Benutzung von Faltleinen getestet, wie sie beim Meeting der Prüfstellen und der PMA am 9. Dezember 2011 beschlossen wurde.

Das Zertifizierungssystem hat nicht die Berechtigung technische Beschränkungen wie zum Beispiel der Streckung oder der Geschwindigkeit zu beschließen. Dies können nur die Hersteller und Wettbewerbsorganisatoren tun.

Die Piloten müssen sich darüber im Klaren sein, dass es innerhalb der EN-D Kategorie einen breiten Bereich von Gleitschirmen gibt für unterschiedliche Pilotenfähigkeiten. Gleitschirme, die konstruiert wurden um nur von den besten Piloten in Wettbewerben des Spitzensports geflogen zu werden und traditionelle EN-D Gleitschirme, wie wir sie alle bisher seit vielen Jahren kennen, die für Hobbypiloten gedacht sind.

 

Die Beschreibung für welche Pilotengruppe EN-D Gleitschirme gedacht sind, ist in der Norm festgelegt:

 

 “ EN-D

Gleitschirme mit anspruchsvollem Flugverhalten und potenziell heftigen Reaktionen auf Turbulenzen und Pilotenfehler. Die Rückkehr in den Normalflug erfordert präzisen Piloteneingriff.

Für Piloten, die  über viel Übung im Ausleiten abnormaler Flugzustände verfügen, die sehr aktiv fliegen, die signifikante Erfahrungen in turbulenten Bedingungen gesammelt haben, und die die möglichen Konsequenzen des Fliegens mit einem solchen Gleitschirm akzeptieren.”

 

Als ein weiterer Tagesordnungspunkt wurde die Verwendung von Rettungsgeräte-Innencontainern diskutiert, die Bestandteil des Gurtzeuges sind. Immer mehr Gurtzeughersteller kommen mit der Neuerung, dass ihre Gurtzeuge einen allein für dieses Modell verwendbaren Innencontainer besitzen. Das hat eine Reihe von Sicherheitsvorteilen, insbesondere eine deutliche Vereinfachung der Kompatibilitätsprüfung und größere Auslösesicherheit. Bisher war der Innencontainer luftrechtlich dem Rettungsgerät zugeordnet, diese Kombination wurde mustergeprüft. Mit der Kombination eines Rettungsgerätes mit einem „fremden“ Innencontainer, der keine Musterprüfungstests durchlaufen hat, ergeben sich rechtssystematische und haftungsrechtliche Probleme.

Es wurde vereinbart, dass die Prüfstellen mit den betreffenden Innencontainern einen vereinfachten Auslösetest mit standardisierten Retter-Größen durchführen. Damit kann eine Bestätigung der „Lufttüchtigkeit“ eines zum Gurtzeug gehörigen Innencontainers erfolgen und dieser kann mit verschiedenen Rettungsgeräten kombiniert werden. Eine genaue Ausarbeitung des vereinfachten Auslösetests erfolgt in Kürze durch die Prüfstellen des DHV und der EAPR.

 

9.12.2001

Karl Slezak