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Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV
 

8. Frauen-WM in Chelan, USA

Die 8. Drachenflugweltmeisterschaften der Frauen wurden vom 11.-21.Juli 2002 in Chelan im Staat Washington ausgetragen. Als erfolgreichstes Team standen die deutschen Frauen auch diesmal wieder ganz oben auf dem Podest, in der Einzelwertung siegte Kari Castle (USA) vor Claire Vassort (USA) und Natalia Khamlova (RUS).

Erstmals in Frankfurt treffen alle Mädels außer Gudi, die sich bereits in Chelan befindet, am Flughafen zusammen. Die Drachen werden verladen. Gudi und Corinna haben bereits drei Wochen vorher drei Drachen nach Chelan transportiert. Dank der Firma Lufthansa hat der Transport prima geklappt. Vielen Dank hiermit von uns allen an LUFTHANSA und LUFTHANSA CARGO, besonders die Station in Frankfurt/Main hat das Reisen um einiges erleichtert. Ein Direktflug von Frankfurt nach Vancouver ist die beste Garantie, Fluggeräte und Gepäck sicher und unversehrt vor Ort in Kanada wieder in Empfang zu nehmen. Von dort aus sind wir mit unseren, für uns, riesigen Leihwagen über die Grenze nach Washington State geprettert. Auf diesem Kontinent sind normale PKW´s anscheinend Mangelware. Völlig überladen mit Gurtzeugen, verpackten Drachen und Koffern, kamen wir total übermüdet nach sechs Stunden in Chelan an. Zwei super Appartements erwarteten uns mit Blick auf den Lake Chelan und auf den Startberg "Butte". Hier kann man es aushalten, wir freuten uns tierisch auf die nächsten Trainingstage. Zwei Tage später war der Jetlag überwunden, die Drachen flugfertig und wir super motiviert.....! Fünf Trainingstage haben wir ausgenutzt um uns im Gelände vertraut zu machen, die Fliegerei spielte sich hier im Flachland ab und war für die meisten von uns neu. Nur Gudi, Corinna und Rosi hatten hier vor acht Jahren bereits Flugerfahrung gesammelt. Also jeden Tag um neun Uhr rauf auf den Berg um noch einen Schattenparkplatz zu erwischen, denn Schatten war selten und bei Temperaturen über 40 Grad jeden Tag echt wichtig. Unsere Helfer, Rudl, Ecki, Margit, Papa Schwiegershausen und Oli und Primoz, Florian und Otto, Charly....alle haben uns mit trinkbaren versorgt, auf unsere Drachen aufgepaßt, während etliche Dust Devils durchsausten und haben uns täglich neu motiviert. Vielen Dank dafür! Vielen Dank auch an unseren Hauptsponsor DAS und alle anderen Sponsoren, ALPINA, ZEISS, FITLINE, WOODY VALLEY, OPTIK KLAUNIG, LUFTHANSA, FLY MIKE die uns viel ermöglicht haben.

Die Regeln

Auf Zeichen von Meet Director Dan durfte aufgebaut werden am Start, vor dem ersten Briefing mußten alle Packsäcke wegen akuter Dust Devil Gefahr geschlossen bleiben. Der erste Griff jeden Tag war das Anketten des Drachen am gespannten Stahlseil, um ein unbemanntes Abheben der Fluggeräte zu verhindern. Rund um den Berg konnte zumeist in zwei Richtungen gestartet werden,Frauen und Starrflügelpiloten reihten sich gemischt in die langen Warteschlangen vor den möglichen Startgassen. Das Startverfahren war täglich für alle drei Klassen gleich. Ein 12 km-Sektor konnte ab einer bestimmten Uhrzeit alle 15 Minuten verlassen werden. Es gab es bis zu sechs Startzeiten. Hatte man den ersten nervenaufreibenden Startbergpulk überlebt, folgte gleich die zweite Mutprobe auf der Querung vom Butte über den Canyon des Columbia Rivers auf die 1000m hohe Ebene. Allein Kari Castle schaffte es, an dieser Schlüsselstelle nicht ein einziges Mal zu versagen. Der Sprung in die nächste Thermikquelle hinter die sogenannten Powerlines, riesige, fünfreihige Hochspannungsleitungen, war äußerst selektiv.

Hot hot hot

43 Grad im Schatten ließen Piloten und Randbögen schmilzen, sorgten aber für die zuverlässig guten Flugbedingungen auf der Hochebene zwischen Waterville und Spokane. Wegen der Trockenheit blieb der Himmel fast immer blau, deshalb war es trotz vieler Dust Devils schwierig, alleine zu fliegen, so daß sich meistens kleine Gruppen von zwei bis fünf Pilotinnen zusammenfanden, um sich auf den Strecken zwischen 62,8 km und 128,6 km gegenseitig zu helfen.

Rosi Brams gewann den ersten Tag und brachte zusammen mit Gudrun Maier das deutsche Team in Führung. Kurz über Grund war Gudi an den Powerlines vor massiven Staubsäulen wieder aufgestiegen und wurde Tagesvierte. Am 3. Tag flogen alle deutschen Damen ins Ziel. Allen voran die Gudi als 4. und in Minutenabständen dahinter Regina, Rosi, Sybille, Corinna und Moni. Dieser Tag brachte wieder viele Punkte fürs deutsche Team. Leider blieb Rosi die einzige Deutsche, die einen Tagessieg verbuchen konnte. Kari Castle trug fünfmal das gelbe Trikot, davon zweimal mit 1000 Punkten. Mit Teamkollegin Claire Vassort im Schlepptau überholtendie Amerikanerinnen das deutsche Team und führten vor den Französinnen mit den beiden starken Francoises. Von der starken Teamleistung der letzten Jahre motiviert, holten die deutschen Pilotinnen mit Unterstützung eines perfekten Bodenteams Punkt für Punkt wieder auf.

Spannender ging es kaum: erst am vorletzten Tag gelang den Deutschen Frauen der große Coup. Nach Kari als Schnellster segelten im Abstand von wenigen Minuten Rosi, Regina, Sybille, Monika und Corinna nach 102 km ins Ziel, verblüfften und überholten damit Amerikaner und Franzosen.

Fünf von acht Pilotinnen im Ziel Deutsche! "Wenn ihr in dieser Konstellation ins Ziel segelt, wird heute Abend in Prosecco gebadet!" Nur zu gerne lösten die Frauen abends Teamleader Rudl Bürgers Versprechen ein und feierten die gemeinsame Leistung, zumal die ausufernden Waldbrände einen letzten Durchgang unwahrscheinlich machten. Ein thermischer Wind von bis zu 50 km/h schneite den 3500-Seelen-Ort mit Asche ein. In beißendem Qualm wurden die Pilotinnen dennoch ein letztes Mal auf den Berg geschickt. Für den Fall einer Sichtbesserung beschlossen die Veranstalter ganz optimistisch eine Aufgabe - Dan wollte einfach den Wettbewerb nicht wie in Griechenland mit einem abgesagten Tag beenden. Um ein Uhr gings tatsächlich los, die Thermik schob die Rauchschwaden beiseite und die Piloten starteten auf eine letzte Tour. Trotz der großflächigen Rauchabschattung aus Oregon und der Manson-Region waren Thermik und Basishöhen von 3300m erstaunlich gut. Mit 500 Punkten Vorsprung auf die Amerikanerinnen durften die deutschen Frauen trozdem nichts riskieren. Die Spannung in der Luft und am Boden stieg, als nach Gudi und Regina auch Rosi acht km vorm Ziel am Boden stand, aber Kari und Claire (USA) die letzte Aufgabe schon vollendet hatten. Die 71,5 km auf geknickter Bahn gewann die Französin Francoise Mocellin mit einem Rekordschnitt von 47,23km/h. Durchhalten, einfach in der Luft bleiben und heimsegeln hieß es jetzt fuer Sybille, Monika und Corinna. Als tatsächlich Corinna im Ziel auftauchte, fünfzehn Minuten darauf Sybille, und schließlich auch Moni jubelnd über die Linie heizte, kannte die Party keine Grenzen mehr. Zahllose Helfer am Boden und Interessierte im Internet haben mit Gudi, Rosi, Corinna, Regina, Monika und Sybille mitgefiebert, nun ist es offiziell: Gold für Deutschland! Ein schönes Ergebnis auch für DHV-Vorsitzenden Charlie Jöst, der als professioneller Filmemacher, finanziert von Team-Sponsor DAS, etliche Meter Zelluloid über die WM zusammenschnitt. Zurück in Deutschland fand die Berichterstattung von Charlie bei den Fernsehsendern reißend Absatz.

Der Einzeltitel war ab dem zweiten Durchgang, in dem Kari Castle ganz alleine im Ziel landete, eine klare Sache. Die 43jährige aus Bishop im Owens Valley ist nicht nur bei Gegendwindschenkeln aller Konkurrenz überlegen und durfte sich wohlverdient wieder mit Gold schmücken.

Das Rekordergebnis der 8. Frauen-WM: Acht gewerteteDurchgänge an acht Wettbewerbstagen, insgesamt 704,4 Aufgabenkilometer! Für die kommende WM 2004 hoffen alle teilnehmenden Teams auf Österreich als nächsten Veranstalter.

WM damals und heute

Schon 1994 war eine Frauen-WM in Chelan veranstaltet worden, damals mein erster internationaler Wettbewerb. Ich war beeindruckt von der Anzahl der Pilotinnen, über 50 Frauen, darunter viele aus sowjetischen Staaten. Zum ersten Mal sah ich Filmteams fast jedem Tag am Start und, wenn ich es ins Ziel schaffte, auch dort. Die "Fans" baten uns im Ort um Autogramme und verfolgten uns sogar bis auf den Berg, die öffentliche Anteilnahme war riesig. Dank einiger großer Sponsoren blieben die Startgelder gering und es wurde viel geboten, angefangen von einer riesigen Eröffnungsfeier im Park mit Kunstflugvorführungen über eine Schiffsfahrt nachts auf den See mit Feuerwerk, ein Rodeo im Nachbarort bis hin zu mehreren gemeinsamen Essen zu Beginn und am Schluß des Wettbewerbs. Zur Siegerehrung wurden den Erstplazierten liebevoll ausgewählte Preise zusammen mit den Medaillen überreicht.

Was ist diesmal geschehen? Das Organisationsteam war dasselbe wie 94. Meet Director Dan Uchytil hatte in der Vorbereitungsphase mit der Trennung von Frau und Familie zu kämpfen, und ohne Motor keine Presse, ohne Presse keine Sponsoren, ohne Sponsoren mußten die hohen Kosten für FAI-Offizielle und Organisation auf die Rücken der Teilnehmer abgewälzt werden. Kein Rahmenprogramm, Chaos am Start, in der Luft und bei der Auswertung, eine einsame Siegerehrung- man gewann den Eindruck, daß die Veranstalter den Wettbewerb nur möglichst schnell hinter sich bringen wollten. Zum Glück hat das Wetter mitgespielt, es gab keine schwerwiegenden Unfälle, und wenn die ganze Zeit geflogen werden kann, hält sich die Unzufriedenheit der Piloten über hohe Kosten und wenig Programm in Grenzen. Und dennoch, das besondere an einer WM ist nicht nur der sportliche Wettkampf, sondern auch alte Freunde wiederzusehen und zusammen etwas zu unternehmen. Ein einfaches Picknick im Park nach der Siegerehrung hätte schon gereicht, um dem faden Nachgeschmack der WM in Chelan entgegenzuwirken. Natürlich hat der 11.September und die wirtschaftliche Rezession die Sponsorensuche um ein vielfaches erschwert, natürlich ist der Dollarkurs für alle bis auf die Briten und die Amerikaner selbst so hoch wie schon lange nicht mehr gewesen. Ein Startgeld von 675 US$ und die Kosten vor Ort schreckten einen Großteil der internationalen Pilotinnen ab, nur 20 Teilnehmerinnen leisteten sich den Luxus dieser WM. Die vielen freiwilligen Helfer am Start und im Ziel haben wirklich gute Arbeit geleistet und ihr möglichstes getan, diese WM trotz allem zu etwas besonderem zu machen.

Natalia Khamlova

Die WM -Dritte aus Wolgograd ist die einzige Teilnehmerin, die vorher die EM in Slowenien mitgeflogen ist. Ein Visum aus Rußland hätte Monate gedauert, weshalb die Ausreise via Ljubljana ihre einzige Chance zur Teilnahme in Chelan war. Dieses Jahr war die WM ihr letzter Wettbewerb, da ihre Kasse (und auch die ihres Mannes) nun total leer sei.

Claire Vassort

Als Windschatten von Kari etablierte sich Claire Vassort (ehemalige Pagen) und punktete zusammen mit ihrer großen Kollegin so zuverlässig, daß die beiden fast im Alleingang das gesamte französische Team auf den dritten Platz verwiesen.

Kari Castle

Karis Sieg war mit einem Vorsprung von fast 1700 Punkten auf die Zweitplazierte Claire ein Rekordergebnis. Angefeuert von vielen Fans auf dem Weg zum Start, genoß sie sichtlich die Heldinnenrolle. ³Es tut gut, im eigenen Land zu gewinnen, die Party ist einfach größer.³ Eine Verletzungspause habe ihr gutgetan, sich auf die wichtigen Werte im Leben zu besinnen, die Wettbewerbe nicht zu ernst zu nehmen und so eine gewisse Lockerheit auch in Streßsituationen zu bewahren.

 

Ergebnisse

1. Kari Castle, USA, Icaro Laminar MRX, 6723

2. Claire Vassort, USA, Moyes Litespeed 3, 5092

3. Natalia Khamlova, RUS, Aeros Combat, 4941

4. Corinna Schwiegershausen, DEU, Moyes Litespeed 4, 4732

5. Francoise Mocellin, FRA, Airborne Climax, 4620

6. Sybille Baeumer, DEU, Aeros Combat, 4571

7. Francoise Dieuzeide, FRA, Moyes Litespeed 3, 4545

8. Rosi Brams, DEU, Moyes Litespeed 4, 4262

9. Monika Schönsteiner, DEU, Moyes Litespeed 4, 3367

10. Akiko Okada, JPN, La Mouette Topless, 3018

11. Regina Glas, DEU, Seedwings Vertigo, 2978

15. Gudrun Maier, DEU, Seedwings Vertigo, 2182

 

Teamresults

1. Deutschland 14458 Punkte

Corinna Schwiegershausen, Sybille Baeumer, Rosi Brams, Monika Schönsteiner, Regina Glas, Gudrun Maier

2. USA 14291 Punkte

Kari Castle, Claire Vassort, Raean Permenter, Jamie Shelden, Judy Hilderbrandt

3. Frankreich 11901 Punkte

Francoise Mocellin, Francoise Dieuzeide, Stella Merillon, Christine Guignard

4. Japan 5874 Punkte

5. Rußland

6. Australien

7. Italien

 

Task 1: 70,3 km

Task 2: 84,6 km

Task 3: 62,8 km

Task 4: 111,8 km

Task 5: 128,6 km

Task 6: 72,5 km

Task 7: 102,3 km

Task 8: 71,5 km

 

Der Bericht wurde von Regina (Einleitung) und Corinna (Rest) geschrieben!