X
Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV

Antoine Girard über dem Gipfel des Broad Peaks
Raphaela Haug im Gespräch mit Antoine Girard
Über dem Konkordia Platz (Screenshot Film)
DHV-Vorsitzender Charlie Jöst gratuliert zu dieser Leistung
Am Ende eines langen Tages (Screenshot Film)
Deutsche Meister XC-GS Gesamt vl. Uli Straßer (2), Johannes Baumgarten (1)
Deutsche Meister XC-GS Standard vl. Dietmar Siglbauer (2), Oliver Teubert (1), Hans Walcher (3)
Deutsche Meister XC-GS Damen vl. Ramona Eckert (2), Brigitte Kurbel (1), Elisabeth Seibt (3)
Deutsche Meister XC-HG Flexibel vl. Markus Ebenfeld (2), Roland Wöhrle (1), Helmut Denz (3)
Deutsche Meister XC-HG Damen vl. Aline Dobrosvsky (2), Corinna Schwiegershausen (1), Claudia Franken (3)
Deutsche Meister XC-HG Starr vl. Jochen Zeyher (2), Reinhard Pöppl (1)

XC-Sportlertag 2018

Text Benedikt Liebermeister, Fotos Ewa Korneluk

Zur Jahrestagung

Photogallery am Ende des Textes

Biwak extrem im Karakorum. Siegerehrungen und erstklassige Vorträge.

„Und so endet der Mythos vom wilden Mann im Unwetter“, stellt ein fröhlich dreinblickender Bergsteiger im gelben Zelt fest. Antoine Girard, der als erster Mensch einen Achtausender nur mithilfe von Thermik überflog, hängt seit 19 Stunden im Dreckswetter kurz vorm Nanga Parbat fest. Eine der Schlüsselszenen aus seinem Film „En vol vers les 8000“. Der mehrfach preisgekrönte Film war Topact des DHV-Sportlertags. Das Besondere dabei: Antoine Girard (www.antoinegirard.fr )war persönlich anwesend. 

Die Szene im Zelt zeigt die unfassbar mentale Stärke des Extremsportlers. Auch in widrigsten Bedingungen bewahrt er seinen Humor und blickt nach vorn. Als der Himmel kurz aufklart, macht er sich auf die Suche nach einem Gletscherbach zum Duschen und Haarewaschen. Denn frisch gewaschen schaut die Welt gleich anders aus. Einen Monat war er völlig allein im Karakorum unterwegs, hat Täler gemieden, da sie als extrem unsicher gelten. Dabei 1.200 Kilometer Flugstrecke im Biwakstil zurückgelegt und den Höhenrekord (8.157 m) mit Überflug des Broad Peak Gipfels errungen. Sein Motor ist seine unendliche Liebe zu den Bergen. Hoch überm Baltoro-Gletscher im Angesicht der Trango-Towers spricht er in die Kamera: „Hier will ich stundenlang im Kreis fliegen.“ Kurze Pause. „Und das mach ich auch!“ Er genießt jeden Augenblick in einer Umgebung, die uns vor ehrfürchtigem Respekt Schauer über den Rücken jagt. Die Kamera ersetzte ihm den Freund, mit ihr hielt er Zwiesprache, sie half ihm, nicht verrückt zu werden. Herausgekommen ist ein ganz großer Film, der als Leistung eines einzelnen nicht hoch genug bewertet werden kann. 

Raphaela Haug, selbst leidenschaftliche Alpinistin, hatte für den sympathischen Franzosen einige Fragen vorbereitet. Antoine Girard hatte Cho Oyu, Gasherbrum 1 und 2 bestiegen. Am Broad Peak war er  mehrmals gescheitert. Diesen Flug empfand er als eine Art Wiedergutmachung, ein magischer Augenblick. „Ich sah die Wolken über dem Broad Peak. Auf denen stand mein Name geschrieben“. Er möchte so viele Gipfel besteigen, dazu würde er zwei Menschenleben benötigen. Deshalb hat er mit dem Gleitschirmfliegen angefangen. Jetzt scheint es ihm möglich.

Mit lang anhaltendendem Applaus feierten ihn die Sportler und holten sich anschließend eine von ihm handsignierte DVD ab. Auch Volker Schwaniz und Stefan Ungemach boten im Anschluss erstklassige Vorträge. Ralph Schlöffel hatte diesmal eine Co Moderatorin zur Seite, Teamchefin Regina Glas ehrte die Drachen-Meister. Sehr gut vorbereitet hatten sie zu jedem Sportler eine kleine Geschichte parat und bereiteten außergewöhnliche Flüge detailliert auf.

The winner is….

Der Höhepunkt des Sportlertages: Die Ehrung der Deutschen Meister 2018 im Streckenfliegen, der Pilotinnen und Piloten, die ein Jahr unermüdlich um den Sieg gekämpft haben. Der DHV-Vorsitzende Charlie Jöst und Sportvorstand Klaus Tretter gratulierten, die Sportler zollten gebührend Beifall. Ein paar Zahlen zu den beeindruckenden Leistungen: 4.505 Piloten reichten 121.414 Flüge ein; davon 2.483 über 100 km und 317 über 200 km. 15 Piloten flogen über 300 Kilometer (7 Gleitschirm und 8 Drachen), über 400 km reichten 3 Flüge (2 Gleitschirm, 1 Drachen). Flüge außerhalb Europas gehen nicht in die Wertung zur Deutschen Meisterschaft ein.

Johannes Baumgarten heißt der Shootingstar, der mit Punkterekord und dem punktbesten FAI mit 284 km von der Grente die Gesamt- sowie die Juniorwertung bei den Gleitschirmen gewann. Dahinter Uli Straßer, schon mehrmals auf dem Treppchen, und Markus Anders. Eigentlich ein Unbekannter, wenn Markus nicht neben Manuel Nübel 2019 an den Red Bull Xalps 2019 teilnehmen würde. Die Standardklasse lag in der Hand der alten Haudegen. Erster Oliver Teubert, Zweiter ausnahmsweise Dietmar Siglbauer, der fünf Mal erster war, und dritter Hans Walcher. Werner Schütz ist Deutscher Meister in der Sportklasse, auch er seit Jahren vorn dabei, ebenso der zweite Marcel Dürr. Marcel flog seine punktstärksten FAIs vom Brauneck, sicher nicht der leichteste Ausgangspunkt für wirklich weite Strecken. Neu im Team Kilian Hallweger, der Dritte, von ihm wird in Zukunft noch zu hören sein. 

Frauenpower

Seriensiegerin Brigitte Kurbel holte sich erneut den Deutschen Meistertitel, Zweite wurde Ramona Eckert, Dritte Elisabeth Seibt, die sich in Hike & Fly Wettbewerben einen Namen machte. Wie letztes Jahr errang Stefan Lauth die Deutsche Tandemmeisterschaft, vor Harmut Anding und Sebastian Huber. Basti hat jetzt nicht mehr die Freundin dabei, denn die fliegt jetzt selbst. Mit dem weitesten Flug in Deutschland von 375 km von Altes Lager sicherte sich Andreas Lieder die Deutsche Flachlandmeisterschaft und den zweiten im Deutschlandpokal. Auf Platz zwei Altmeister Erwin Auer, der wiederum den Deutschlandpokal gewann. Punkte sind nicht mehr das Wichtigste für Erwin: „ Mei Vorbuild is der Gschwendtner Sepp. So oid und imma no so guad und so a Freid am Fliagn.“ Dritter in der Meisterschaft ist Schwarzwald-Crack Samuel Blocher, Dritter im Pokal Markus Seidl. Bester Verein sind die Hochries/Samerberger, die erste Bundeliga ging an den Bayerwald, die zweite an die Augsburger. Zum dritten Mal in Folge flog Danny Oberender aufs Fun Cup Podest, Zweiter Werner Röhrmann vor Vincent Grampp. Artem Kalinin ist der beste Newcomer.

Wenn Norddeutschland plötzlich in Brasilien liegt...

DHV-Wetterexperte Volker Schwaniz analysierte den Rekordsommer 2018. Verantwortlich: das Omega-Hoch. „Bei solchen Omega-Lagen bildet die Höhenströmung die Form des griechischen Buchstaben Omega aus, mit dem Hochdruckkern weit in Nordeuropa und an den südlichen Flanken jeweils ein aus der Frontalzone abtropfendes Tiefdruckgebiet“. Das führte im Norden im Hochsommer zur einer extrem ausgeprägten Dürre, der Süden hatte eher mit labiler Luft zu kämpfen. 2018 war das Fliegen im Flachland von ungewohnt starker Thermik und Böigkeit geprägt. In Verbindung mit Dustdevils kam es zu zwei tragischen Unfällen. In Zukunft muss sich der Pilot auch im Flachland bei ähnlichem Wetterverlauf mit deutlich anspruchsvolleren Flugbedingungen auseinandersetzen. Zur Vorbereitung ist die Kenntnis der Schichtung (Gradient und Höhenwind), um die Böigkeit abzuschätzen, dringend notwendig. War der Sommer schon ein Anzeichen des Klimawandels? „Klimaaussagen brauchen mindestens 30 Jahre lange Zeitreihen, am besten sogar länger“, stellte Volker klar. Eine recht plausible Theorie sage jedoch, dass sich durch das abschmelzende Polareis die Temperaturgegensätze verringern und damit die Stärke des Jetstreams abnimmt. Damit würde die Tendenz zu langsam ziehenden Großwetterlagen mit Extremwettern (anhaltend nass oder trocken) gesteigert. 

Flexibel und Starr

Wachablösung bei den Drachen. Roland Wöhrle räumte ab, entthronte Seriensieger Markus Ebenfeld, Platz 2, in der Deutschen Meisterschaft bei den Flexis, holte sich die Flachlandmeisterschaft und gewann den Deutschlandpokal. Roland flog nur von seinem Hausberg, dem Kandel, 5 FAIs und ein flaches Dreieck. Im Deutschlandpokal zeigte er deutlich das Potential der Drachen. 500 Punkte mehr als die Gleitschirme ist beachtlich. Helmut Denz wurde Dritter in der Deutschen Meisterschaft und im Deutschlandpokal. Helmut war vor Jahren sehr erfolgreich im XC unterwegs, wechselte zu den Segelfliegern und ist nun wieder zurück. Reinhard Pöppl siegte bei den Starren und wurde gleichzeitig zweiter in der Flachlandmeisterschaft und beim Deutschlandpokal. Jochen Zehyer wiederum ist zweiter bei den Starren und dritter in der Flachlandmeisterschaft. Roland Beutlhauser wurde dritter bei den Starren. Corinna Schwiegershausen ist Deutsche Meisterin, Aline Dobrowski zweite und Claudia Franken dritte. Turmlos flog Timo Andree am besten, dahinter Stefan Baumgartner und Tom Becher. Die Ruhpoldinger – wer sonst – haben die Vereinswertung gewonnen, die 1. Bundesliga die Südschwarzwälder und die 2. die Wolkenkratzer. Newcomer-Wertung ging an Martin Baronner, Junior-Wertung an Markus Baisch. Fun-Cup Sieger ist Winfried Oswald vor Timo Andree und Thomas Kuhlmann.

Muss ich ein Hacker sein, um mein Vario zu verstehen?

Die Lufträume werden enger, die Strecken immer größer, da ist es von großem Vorteil, wenn der Pilot sich im Dschungel der Elektronik zurecht findet. Computer-Experte Stefan Ungemach brachte Licht ins Dunkel. Sein Thema: Cloudbasics – Livetracking und vernetztes Fliegen. Die große Frage zu Beginn "Wozu ist das gut?" ist schnell beantwortet: Unterhaltung, Sicherheit, Performance und nicht zuletzt Unfallvermeidung. Der Markt ist mannigfaltig, punktgenau stellte Stefan Vor- und Nachteile der Plattformen, der Technologie und der Geräte vor. Safety Tracking beherrschen Spot, InReach/Garmin und A*Live. Lange war der Spot das Maß aller Dinge, doch die Konkurrenz rüstete gewaltig auf und die Preispolitik driftet ins Unseriöse. Die Frage "Wo macht Fanet Sinn?" bedarf einer deutlich differenzierteren Betrachtung. Das Ad-hoc Netzwerk basiert auf 868 MHz-Funk mit dessen Stärken und Schwächen. Ebenso die Kollisionswarnung FLARM.

Weitere Infos zu diesem und dem Vortrag von Volker Schwaniz werden in den nächsten DHV-Infos als Artikel veröffentlich.

Wie ein Magnet wirkte der Film von Antoine Girard und das Interview mit ihm. Die Halle war brechend voll. Spannend, informativ und unterhaltsam waren die Vorträge. Die Deutschen Meister persönlich zu treffen und mit ihnen zu feiern, war auf jeden Fall eine Reise ins Isartal wert. Der nächste Sportlertag findet am 1.12.19 in Gunzenhausen statt.

 

 

Der Sportlertag in Bildern

Auf dem Weg zum Broad Peak
Baltoro-Gletscher
Trango-Towers (Screenshot Film)
Gruß an die Bergsteiger auf dem Weg zum Broad Peak (Screenshot Film)
Screenshot Film
1.200 Kilometer durch das Karakorum (Screenshot Film)
Screenshot Film
DHV-Geschäftsführer Robin Frieß wünscht viel Spaß am Sportlertag
Erklärung zum Sommerwetter 2018 von Volker Schwaniz
Bester Verein GS Gleitschirmclub Hochries-Samerberg
Sieger Deutschlandpokal GS vl. Andreas Lieder (2), Erwin Auer (1), Markus Seidl (3)
Sieger Funcup vl. Werner Röhrmann (2), Danny Oberender (1), Vincent Grampp (3)
Sieger Turmdrachen vl. Stefan Baumgarten (2), Timo Andree (1)
Stefan Ungemach erklärt die Flugelektronik
Sieger 1. Bundesliga Drachen- und Gleitschirmclub Bayerwald
Sieger 2. Bundesliga Para-Air Augsburg West
Bester Junior Markus Baisch im Gespräch mit Teamchefin Regina Glas
XC -Cracks im Gespräch, vl. Helmut Denz und Roland Wöhrle
Newcomer HG Martin Baronner
Sieger Deutschlandpokal HG vl. Reinhard Pöppl (2), Roland Wöhrle (1), Helmut Denz (3)
Bester Verein HG Delta Club Bavaria Ruhpolding
Sieger 2. Bundesliga Wolkenkratzer
Sieger Funcup HG vl. Timo Andree (2), Winfried Oswald (1)
Deutsche Meister XC-GS Tandem vl. Stefan Lauth (1), Basti Huber (3)
Deutsche Meister XC-GS Flachland vl. Erwin Auer (2), Andreas Lieder (1)
Deutsche Meister XC-HG Flachland vl. Reinhard Pöppl (2), Roland Wöhrle (1), Jochen Zeyher (3)
Stolzer Lehrer, Lissy Seibt lernte bei Moderator Ralph Schlöffel Gleitschirmfliegen.
Sieger 1. Bundesliga Drachen- und Gleitschirmfliegerclub Südschwarzwald
Deutsche Meister XC-GS Sportklasse vl. Marcel Dürr (2), Werner Schütz (1), Kilian Hallweger (3)
Die erfrorene Hand ist wieder ok, freut sich Antoine Girard.
Weltrekord von Corinna Schwiegershausen
Bis zum nächsten Mal!