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Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV

Naviter-Blade-Challenge 2019

Naviter Blade Challenge

Der deutsche Starrflügel-Meister wills wissen

Text: Markus Baisch (Juni 2019)

100 km mit einem Floater fliegen? Die Gleitschirme fliegen das auch regelmäßig mit ihren A-Schirmen. Warum sollte ich mir als Starrflügelpilot sowas antun? Die Antwort auf diese Frage ist so simpel wie das Fluggerät. Es ist schnell aufgebaut, sehr leicht und einfach zu fliegen.

An Ostern habe ich in Sand in Taufers meinen ersten Flug mit einem Flexi nach 8 Jahren gemacht. Im Rahmen meiner Ausbildung zum Fluglehrerassistent konnte ich weitere Flüge mit einem Fox und dem Impuls 14 machen.

Bei der letztjährigen Hangglding Challenge hatte ich mir vorgenommen, dieses Jahr mindestens einen Durchgang mit einem Einfachsegler zu fliegen. Einen Tag vor der diesjährigen HG-Challenge nutzte ich die Gelegenheit, mit meinem 28-Jahre alten Impuls ein bisschen Thermik zu fliegen, um mich wieder an die Steuertechnik eines Flexis zu gewöhnen. An der Emberger Alm war schon viel los, viele bekannte und unbekannte Gesichter. Ich startete gegen Mittag. Der erste Bart war noch etwas wacklig und unrund aber mit jedem Kreis fühlte ich mich wohler. Also flog ich einfach mal los. Nach 45 Minuten fand ich mich am Anna-Schutz-Haus wieder und ich konnte es kaum glauben. Auf dem Weg zurück zum Startplatz bekam ich das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. Es lief super und Zeit hatte ich auch noch etwas, also entschied ich mich rüber an den Weißensee zu fliegen. Dort angekommen, wurde ich etwas übermütig und hatte den Gleitwinkel von meinem Starrflügel im Kopf. So flog ich zu weit unter die Abschattung. Beim Rausfliegen verlor ich viel Höhe, ich kämpfte mich gerade noch vor an die Westseite des Weissensees um dort zu landen. Ein bisschen ärgerte ich mich über mich selbst, aber die Freude überwog doch sehr. Was für ein genialer Flug, dachte ich mir und dank Livetracker wusste ich sofort es waren 69,5km in etwas über 3 Stunden. Für den Anfang perfekt. Einen Durchgang bei der Challange fliege ich auf jeden Fall mit dem Impuls und die 100km nehme ich am Wochenende in den Angriff, das war mein Plan.

Regina mit ihrem „Fix+Foxi“ (Aeros Fox) und ich mit der „Rosa Liebe“ (Impuls 14) wollten einen Tag der Liga anschließen. Doch die großen Talquerungen zum Zettersfeld und wieder zurück waren mir auf Grund des Ostwindes mit zu viel Risiko verbunden. Also haben wir beschlossen, das wir die 100 km im Ritsch Ratsch zwischen Annaschutzhaus und Radelberger Alm in Angriff nehmen. Ich starte früh, steige in den Gurt und will in die Liegeposition, dabei höre ich einen lauten Knall. Mir sofort klar was passiert war, die Schnur meiner Neigungsverstellung am Gurt war gerissen. Mein erster Gedanke war, der Tag ist  gelaufen, so kann ich keine 4 Stunden fliegen. Ich überlege was ich tun kann. Toplanden beim Sattelegger, Gurt reparieren und wieder starten war die einzige Option. Aber dies war nicht möglich, da genau zu diesem Zeitpunkt ein Hubschrauber im Anflug war. Also Augen zu und durch. Ich mache mich mit Regina auf den Weg zum Annaschutzhaus, auch wenn es noch sehr zäh geht. Umzingelt von Gleitschirmen arbeiten wir uns im Tiefflug voran. Was die Schirme können, klappt bei mir auch denke ich mir. Und endlich kann ich kurz vor der ersten Wende wieder Basis machen. Regina hatte leider nicht so viel Glück und musste leider in Dellach landen. Über Funk gab sie mir Bescheid, dass sie gut gelandet war und fragte, wie es bei mir läuft. Ganz gut antwortete ich. Du packst das, zieh es durch, sprach mir Regina Mut zu. Anschließend wurde es auch deutlich besser und so konnte ich auf dem Weg zur Radelberger Alm wieder etwas Zeit aufholen. Kurz nach 15 Uhr setzte ich den zweiten Wendepunkt, ich lag wieder im Zeitplan. Nur das ständige Abstützen, um mit dem Kopf nicht zu tief zu liegen, strengte ziemlich an. Den nächsten Wendepunkt wollte ich deshalb an der Stromleitung setzen. Wieder meldete sich Regina, die inzwischen beim Bananensplit im Eiscafé saß und sich nach meiner Position erkundigte. Es läuft super, ich bin bereits wieder über der Emberger Alm angekommen, antwortete ich. Auch der Weg bis zur Stromleitung war angenehm und immer wieder durch Thermikbojen gekennzeichnet. Am Scharnik konnte ich  wieder auf über 3000 m aufdrehen und beschloss, direkt zu Stromleitung zu fliegen und wieder zurück in den gleichen Bart. Der Ostwind hatte inzwischen zugenommen und so musste ich auf dem Rückweg zum Scharnik nochmal tanken. Das bin ich von meinem Atos nicht gewohnt. Also nochmal richtig Höhe gemacht und vom Scharnik in den Endanflug. Sicher ist sicher, dachte ich mir und nahm alles mit. Ich sah die Schirme im Talwind stehen und wusste, dass meine Entscheidung richtig war, hoch zu fliegen. Dies bestätigte Regina mir direkt nach meinem Abflug Richtung Landeplatz. Mit knapp 700 m kam ich über dem Landeplatz an, flog noch eine Kurve über Radlach und Steinfeld und glitt mit Rückenwind zum Campingplatz. Hat es für 100 km gereicht fragte ich mich? Egal es war ein Hammererlebnis und ich hatte mega viel Spaß. Am Landeplatz wartete schon ein Empfangskomitee - darunter auch einige Teilnehmer der Challange - auf mich. Ob es gereicht hat? Ich lud den Track direkt über meinen Livetracker hoch:  Ergebnis 100,4 km in 4 Stunden 15 Minuten. Ich hüpfte vor Freude, ich habe mein Ziel erreicht.

Die schlechte Nachricht bekam ich dann am Montag. Der fast 30 Jahre alte Impuls ist ein LTF2 und somit zählt er leider nicht als Floater. Die Enttäuschung hält sich in Grenzen, da die Eindrücke des Fluges immer noch überwältigend sind. Ich bekomme viele Nachrichten mit Glückwünschen zu diesem Flug, darunter auch der aktuelle Weltmeister der Starrflügler Wolfgang Kothgasser.

Fazit

Ich konnte mir lange nicht vorstellen mit einem Einfachsegler auf Strecke zu gehen, aber es ist noch viel mehr möglich mit diesen einfachen Drachen. Ich werde mir einen modernen Floater zulegen und habe schon einige Ideen, welche Strecken ich damit fliegen könnte. Es ist eine andere Herausforderung und ein super Training fürs Strecken- und Wettbewerbsfliegen. Und das wichtigste für mich, es macht riesig Spaß!