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Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV

Rosenheimer Gleitschirmflieger erneut Weltklasse

Uli Strasser von den Bergdohlen Brannenburg und promovierter Maschinenbauer fliegt von der Hochries 180 Kilometer ins Ennstal.

Kaum ist die Hochriesbahn wieder in Betrieb, purzeln auch schon die Rekorde in diesem Jahr. Am 22. April flog der amtierende deutsche Meister im Gleitschirmstreckenfliegen, Uli Strasser aus Rosenheim, ganze 180 km.
Genau auf den Tag zwei Jahre nachdem Werner Schütz den bislang weitesten Flug über 153 km vom Rosenheimer Hausberg aus startete, gelang Uli Strasser von den Brannenburger Bergdohlen erneut ein meisterlicher Flug, der ihn bis nach Lassing bei Liezen im Ennstal führte. „Mit seiner Nord-Nordwest-Lage war es der erste gute Tag in diesem Jahr, allerdings gestört durch häufige Abschattungen“, blickt Strasser auf die Bedingungen zurück. In den Monaten April und Mai herrschen nämlich in den Alpen die besten Voraussetzungen für weite Flüge. Dann haben aber die meisten Bergbahnen wegen Revision geschlossen. „Für uns leistungsorientierte Piloten ist die Hochries oft die einzige Möglichkeit, in dieser Jahreszeit mit der internationalen Konkurrenz mitzuhalten“, freut sich der promovierte Maschinenbauer.

Fast hätte es aber nicht funktioniert, denn es tummelten sich bereits einige Kollegen am Startplatz, die ebenfalls auf Streckenjagd gehen wollten. So verzögerte sich sein Start ein wenig und die Aufwinde waren durch die abschattenden Wolken schon nicht mehr so optimal, sodass er sein ganzes Können aufbieten musste, um nach relativ langem Sinkflug überhaupt noch  über die Hochries zu kommen.

Als er sich schließlich auf den Weg nach Kössen zum Unterberghorn machte, waren seine Kollegen schon längst abgeflogen. Dieser Berg war an diesem Tag die erste Schlüsselstelle, weil die eigentlichen Thermikquellen durch Wolken abgeschattet wurden. So mogelte er sich am „Bermudadreieck“ (Taleinschnitt zwischen Unterberghorn und vorgelagertem Bergrücken) entlang über den Bertgrücken und fand auf dessen Rückseite den entscheidenden Thermikbart, der ihn auf 2600 m hochzog. Von dort aus ging es weiter über Waidring und Leogang, wo er schließlich aufgrund der geschickten Streckenwahl seinen Kameraden Christian Endner vom GSC Hochries-Samerberg einholte, beinahe aber auch am Boden stand. Gemeinsam flogen sie nun weiter ins Pongau, immer in sicherem Abstand vor der aufziehenden Front und sich bei der Suche nach dem rettenden Aufwind gegenseitig unterstützend. Am Eingang des Gasteiner Tals überlegte sich der deutsche Meister kurz, ob er die Überquerung des Alpenhauptkamms wagen sollte. „Es lag aber noch sehr viel Schnee und die Wolkenbasis war mit rund 3300 Meter nicht hoch genug. Einen Rückmarsch aus den Bergen hatte ich eigentlich nicht eingeplant“, erklärt Strasser seine Wahl für die Flugroute Ennstal. Während Endner nach 116 km wegen zu wenig Höhe in Radstadt zum Landen gehen musste, hatte Strasser noch ausreichend Potenzial um den Sprung ins Ennstal zu schaffen. Allerdings musste er sich die letzten zweieinhalb Stunden seines Fluges von Bergrippe zu Bergrippe schwindeln. Mit einigen Hebern und ausreichend Höhe schob es ihn aber trotzdem bis kurz vor Liezen, wo er gegen 19:15 sicher und glücklich seinen neuen Rekordflug beendete.

Die Heimreise war dann noch einmal ein Abenteuer für sich. In vier Stunden und in vier Etappen per Anhalter durch Österreich, hatte er das Glück, immer wieder neugierige und aufgeschlossene Autofahrer/innen zu finden. An diesem Tag flogen auch die anderen Toppiloten des Rosenheimer Landkreises sehr weite Strecken. Götz Balzer vom GSC Inntal kam mit 132 km bis Schladming und Markus Kroiss vom GSC Hochries-Samerberg stand nach 112 Kilometern in Kleinarl am Boden.

Klaus Jotz