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Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV

Achtung Lawinengefahr!

Text Sepp Schwitzer

Ohne Zweifel ist das Fliegen über einer tief verschneiten Landschaft ein beeindruckendes Erlebnis. Zudem kann man im Winter mit entsprechender Schneeauflage oft an Berggipfeln starten, wo man im Sommer keine Chance hat, in die Luft zu kommen. Selbst der Aufstieg, wenn meist auch beschwerlicher als im Sommer, ist über die schön verschneiten Hänge ein Traum. Um diesen Traum nicht zum Alptraum werden zu lassen, gilt es, die Gefahr eines möglichen Lawinenabgangs zu erkennen und richtig einzuschätzen. Lawinengefahr gibt es, solange Schnee auf geneigten Flächen liegt. Selbst bei günstigen Verhältnissen sinkt die Lawinengefahr nie auf null.

Ein Lawinenunfall mit gleich zwei toten Gleitschirmfliegern Ende Dezember des vergangenen Jahres und die darauffolgende Diskussion im Gleitschirmdrachenforum haben gezeigt, dass sich viele ParaAlpinisten auf diese latente Gefahr überhaupt nicht vorbereiten, manche nicht mal wissen, dass es sie gibt. Seit diesem überaus tragischen Vorfall müsste eigentlich jedem Winter-ParaAlpinisten klar sein, dass die Lawine keinen Unterschied zwischen Skibergsteigern und wandernden Gleitschirmfliegern macht. Der Grund, weshalb sich Schneemassen in Bewegung setzen, ist vielfältig. Das Ergebnis ist jedoch meist dasselbe, Zerstörung und Tod. Um einen Menschen zu töten, braucht es nicht allzu viel Schnee. Einer der Irrtümer aus der früheren Lawinenkunde ist, dass eine dünne Schneedecke ungefährlich sei.

Werner Munter, der Schweizer Lawinenpapst, hat die Lawinenkunde 1997 revolutioniert. Mit seiner Risikoformel lässt sich ein zu akzeptierendes Restrisiko errechnen. Die einzusetzenden Faktoren sind seiner Reduktionsmethode zu entnehmen. Scheint kompliziert, ist aber in seinem Buch „3 x 3 Lawinen“ sehr anschaulich erklärt. Einfacher ist seine elementare Reduktionsmethode für Anfänger. Zitat aus seinem Buch: „Die angestrebte Halbierung der Lawinentoten könnte man durch die konsequente Anwendung eines Satzes deutlich überbieten: Bei MÄSSIG geht man in allen Expositionen nicht über 39°, bei ERHEBLICH nicht über 34° und bei GROSS beschränken wir uns auf mäßig steiles Gelände unter 30°.“ Das ist für Munter der Hauptgrundsatz der praktischen Lawinenkunde. Zu diesem Hauptgrundsatz gehört natürlich das sorgfältige Studieren des Lawinenlageberichts. 

Technik und der Umgang mit ihr

Einen 100 %igen Schutz gegen Lawinen gibt es leider nicht. Der Einsatz von technischen Hilfsmitteln, allen voran ein LVS (Lawinenverschüttetensuchgerät), ist auch nur dann eine wahre Hilfe, wenn der Suchende damit umgehen kann. Der Umgang mit einem LVS Gerät muss gelernt werden und auch immer wieder geübt werden, auch wenn die heutigen digitalen Geräte etwas bedienerfreundlicher sind als die alten analogen. Auch das Sondieren muss gelernt sein und selbst, so komisch es klingt, der effektive Einsatz der Lawinenschaufel verlangt einiges an Übung. 

Wer sich im Winter in den Bergen außerhalb von gesichertem Gelände bewegt, der muss sich mit der Materie Lawinenkunde auseinandersetzen. Dieses Thema ist allerdings so umfangreich, dass man nicht von heute auf morgen zum Experten wird, der die Lawinengefahr gut einschätzen kann. Die Devise muss sein: ständige Weiterbildung in Sachen Lawinenkunde. Es werden zahlreiche Kurse angeboten, ausfindig machen kann man sie im Internet, z.B. über Google. 

Wichtige Lektüre zum Thema: 

„3 x 3 Lawinen“ von Werner Munter und „Lawine“ von Rudi Mair und Patrik Nairz vom Lawinenwarndienst Innsbruck.