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Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV

Leistungsstand im Drachenbau

Ein neuer Drachen?

Schwächen und Potentiale der jetzigen Drachen
Die Schränkung und Nachteile des Nurflüglers 
Bedeutung und Nachteile des Tunneleffekts
Positive Effekte der Flexibilität in Turbulenzen
Randbedingungen und Potentiale für das Flügelprofil
Zusammenfassung zur Leistung des Drachenflügels 
Möglichkeiten und Grenzen der Drachenstruktur 
Ein Konzept für neue Drachen
Zur Umsetzung des Konzepts 
Alle Vorzüge des neuen Drachen auf einen Blick 
Und der Starre?
Schlussfolgerungen und Ausblick 

Hat der Drachen, der flexible, konventionelle Drachen, noch eine Zukunft? Hat man konstruktiv alle derzeit bestehenden Möglichkeiten ausgeschöpft, damit dieses klassische Flugsportgerät attraktiv bleibt? Oder hat die Leistungsbetonung bei der Weiterentwicklung in eine Sackgasse geführt? Wird er auf der einen Seite vom komfortableren Gleitschirm, auf der anderen Seite vom leistungsstärkeren Starren (Starrflügler) irgendwann ganz abgelöst?

Die Zahl der Drachenflug-Lizenzen und die Verkaufszahlen für Drachen sind in den letzten Jahren kontinuierlich zurück gegangen, und wie weit sich die Drachenfliegerszene nun auf niedrigem Niveau stabilisiert, ist noch unklar. Der DHV macht z.T. für diese Entwicklung eine zu einseitige Leistungsorientierung der Drachenbauer verantwortlich, die modernen Geräte würden durchschnittliche Piloten fliegerisch überfordern und seien daher nicht marktgerecht.

Ich gebe dem Drachen für die Zukunft jedoch bleibende Chancen. Schon der jetzige Drachen wird wegen seiner spezifischen Flugeigenschaften, seines günstigen Preises und seiner langen Lebensdauer immer eine, wenn auch kleine, Schar von Anhängern unter den Flugsportlern behalten. Aber wie würde sich die Nachfrage nach diesem Fluggerät wieder beleben, wenn es gelänge, auf Basis der jetzigen Konstruktion mit wenig Aufwand, also zu günstigen Preisen, sowohl Leistung als auch Sicherheit und Komfort (Handling, Gewicht, Packmaß) noch deutlich zu steigern? Dass und wie dies m.E. möglich ist, soll im Folgenden dargelegt werden.

Schwächen und Potentiale der jetzigen Drachen

Dem Drachen (und seinem Piloten) wird nicht nur als Symbol für die Pionierzeit des Drachen- und Gleitschirmfliegens und wegen seines Anspruchs an das fliegerische Können des Piloten in der Szene nach wie vor Respekt gezollt. Auch die Flugdynamik dieser einfachen Konstruktion wird weiter geschätzt. Doch wer als Flugsportler keine Transportprobleme haben möchte, entscheidet sich für den Gleitschirm, trotz dessen geringerer Leistung (Gleitwinkel). Und wer als erstes Leistung verlangt, wählt einen Starren, trotz der höheren Kosten und eines höheren Gewichts und Packmaßes. Dies, und weniger die Leistungsorientierung im Drachenbau, hat m.E. zum Nischendasein des Drachens geführt, denn auch der Sonntagsflieger wünscht sich neben Sicherheit und Komfort auch Leistung.

Der momentane Trend, unter Verzicht auf letzte Leistungsprozente wieder leichtere und einfacher zu fliegende Geräte anzubieten, mag dem durchschnittlichen Drachenpiloten entgegenkommen und den Absatz begünstigen. Die 'Neuen mit Turm' verfügen wie die 'Turmlosen' über zusätzliche Schränkungsanschläge (Swivel(tips)), so dass die Luff-Lines (Segelabspannungen) entfallen. Schon dadurch erhält man ein Gerät mit reduziertem Luftwiderstand, das jedoch längst nicht so schwer ist wie ein Turmloser. Außerdem wurden Verbesserungen (Segelschnitt, Schränkung, Profil) bei den 'Hochleistern' auf diese neue 'Mittelklasse' z.T. übertragen. Wirklich Neues wird damit jedoch nicht gewagt. Auch diese neuen Modelle orientieren sich in ihren Grundzügen (Nurflügler, flexibles Segel (Hinterkante)) nach wie vor am Rogallo-Flügel, dem legendären Urahn des Drachens. Aber liegt es nicht geradezu auf der Hand, wie sich Leistung mit Sicherheit und Komfort durch wenige einfache konstruktive Maßnahmen, also ohne hohe Kosten bzw. Preise, verbinden und deutlich verbessern ließen? Warum hält man immer noch am Nurflügel fest, obwohl die nun schon etwa 100-jährige Geschichte der Luftfahrt (und die Evolution der Natur) gezeigt hat, dass für die Flugstabilität ein Schwanz bzw. eine Heckflosse (Höhen- und Seitenleitwerk) mehr Vor- als Nachteile bringt? Warum wird keine Kurvensteuerung durch Spoiler bzw. Querruder versucht, um auf den 'Tunneleffekt' mit seiner Leistungseinbuße verzichten zu können? Und sind Lande-/Wölbklappen für den Langsamflug auch nur etwas für Starre? Immerhin experimentiert Thomas Pellici von der Hochries mit Landeklappen an flexiblen Aeros-Geräten (Stealth), nach Auskunft von Piloten im Mai 2005 erfolgversprechend. Und schließlich: Kann man einen verwindungsarmen (starren) Flügel nur in Kohlefaser bauen?

Die Schränkung und Nachteile des Nurflüglers

Durch die 'Schränkung' (geometrische Schränkung, Verwindung) eines Flügels nimmt sein Anstellwinkel von der Flügelwurzel zur Flügelspitze (selten auch umgekehrt) (linear) ab, siehe Bilder 3 und 4. Eine solche Schränkung beträgt bei Flugzeugen wenige Grad, bei Starren z.B. etwa 4 Grad. Schränkung kostet Leistung, da ein verschränkter Flügel nie über seine gesamte Länge den optimalen Anstellwinkel haben kann, macht den Flügel gegenüber Änderungen des Anströmwinkels (z.B. in Turbulenzen) jedoch robuster und um den Stallpunkt herum (also z.B. beim Landen) gutmütiger, da die Strömung kaum schlagartig über die gesamte Flügellänge abreißen kann, siehe Bilder 5 und 6. Der Auftriebs-Koeffizient CA eines verschränkten Flügels, und damit sein Auftrieb, verändert sich mit dem Anströmwinkel relativ wenig, auch noch bei hohen Anströmwinkeln. Ein geschränkter und nach hinten gepfeilter Flügel verbessert auch ohne Höhenleitwerk (Nurflügler) die Selbstfindung (ohne Zutun des Piloten) eines günstigen stabilen Anstellwinkels (Fluglage), siehe Bilder 7 und 5. Bei einer Erhöhung des Anstellwinkels wird er nicht nur unten, sondern auch außen günstiger angeströmt, so dass sein Auftriebspunkt außer nach hinten auch nach außen wandert, und damit bei nach hinten gepfeilten Flügeln insgesamt noch weiter nach hinten. Bei zu hohen Anstellwinkeln will das Fluggerät dadurch die Nase frühzeitig runter nehmen, bzw. es kippt bei einem teilweisen Strömungsabriss rechtzeitig nach vorne ab, was u.a. auch die Trudelanfälligkeit herabsetzt. Bei zu geringen Anstellwinkeln drücken die Flügelspitzen den Flügel zusätzlich hinten nach unten, so dass das die Nase aufrichtende Moment (Pitch (up)) eines Flügels (Profils) verstärkt wird. Durch eine gewisse Schränkung lässt sich auch der Druckunterschied (Luftdruck über - unter dem Flügel) an der Flügelspitze reduzieren und damit der induzierte Widerstand (Wirbelschleppe durch Druckausgleich) mindern.

Die Flügel heutiger Drachen sind als Nurflügler ausgelegt und haben im unbelasteten Zustand (wenn das Gerät am Boden steht) bereits eine Schränkung von etwa 10 (Hochleister) bis 15 (Anfängergeräte) Grad. Dieses Minimum an Schränkung wird auch gegenüber negativen Lasten (Abtrieb statt Auftrieb durch negative Anströmwinkel) durch Schränkungsanschläge (Swivel), die vom Flügelrohr ausgehend die Segellatten nach oben abstützen, gewährleistet. Bei Turmgeräten werden die mittleren Segellatten durch 'Luff-Lines' (vom Turm zur Hinterkante des Segels führende dünne Stahlseile (Segelabspannungen)) hoch gehalten. Im Flug, wenn der Auftrieb das Segel anhebt (Tunneleffekt), erhöht sich die Schränkung noch, siehe Bilder 4 und 10. Flugaufnahmen von Drachen zeigen je nach Leistungsklasse und VG-Stellung an der Flügelwurzel (Kielrohr) Anstellwinkel von etwa +10 bis +15 Grad, an der Flügelspitze Anstellwinkel von etwa –5 bis –10 Grad, im äußeren Drittel bis Viertel sogar bis etwa –15 Grad, siehe Bild 8. Insgesamt entsteht eine Schränkung von ca. 15 bis 25 Grad, die natürlich zu deutlichen Leistungseinbußen gegenüber einem nicht bzw. gering geschränkten Flügel führt. An der Flügelwurzel ist der Anstellwinkel so hoch, dass fast nur die Vorderkante trägt (Sogspitze) und überwiegend Widerstand erzeugt wird. An der Flügelspitze ist er so klein (negativ), dass statt Auftrieb eher Abtrieb erzeugt wird und ebenfalls erhöhter Widerstand entsteht. Nur im Bereich der Flügelmitte wird das Flügelprofil günstig angeströmt und seine mögliche Leistung abgerufen, siehe Bilder 4 und 5.

Auf die Erhöhung der Schränkung durch den Tunneleffekt, der für die Kurvensteuerung per Gewichtsverlagerung gewünscht bzw. notwendig ist, wird weiter unten eingegangen. Die allein schon hohe Mindestschränkung der Struktur von 10 bis 15 Grad ist in Verbindung mit der Pfeilung erforderlich, um dem beim Nurflügler gefürchteten 'Tuck', einem plötzlichen (sich wiederholenden) Überschlag nach vorne, zu begegnen. Zum Tuck kann es insbesondere beim Langsamflug in Turbulenzen kommen, selten ist der Hochgeschwindigkeits-Tuck. Der Tuck in Turbulenzen entsteht i.d.R. durch Böen (vor allem von unten und von hinten (Windloch)), die dem Flügel durch die abrupte Änderung des Anströmwinkels aufgrund der damit verbundenen Wanderung des Auftriebspunktes nach hinten schlagartig ein Drehmoment nach vorne geben, das ohne ein Höhenleitwerk mit dem Hebelarm eines Rumpfes vom Flügel allein trotz Pfeilung und Schränkung nicht abgebremst werden kann. Hinzu kommt beim Drachen, dass aufgrund der losen Aufhängung des Piloten nur ein vermindertes Trägheitsmoment dem Drehmoment entgegenwirkt.

Eine andere Maßnahme gegen den Tuck, die weniger Leistung kostet als zusätzliche Schränkung, ist die Verwendung eines S-Schlag-Profils (S-Profil) im Bereich der Flügelwurzel (am Kielrohr), wo der Flügel aufgrund der Schränkung den höchsten Anstellwinkel hat. Beim S-Profil ist der hintere Bereich des Flügels ein wenig nach oben gezogen (S-Schlag), die Skelettlinie (Mittellinie) des Profils bildet in etwa ein liegendes 'S'. Bei positiven Anstellwinkeln liegt der S-Schlag im Windschatten des Flügels und wirkt sich damit kaum leistungsmindernd aus, siehe Bild 9. Mit negativen Anstellwinkeln (wie z.B. vor einem möglichen Tuck) gelangt der S-Schlag in die (laminare) Strömung und drückt den Flügel hinten nach unten und erzeugt so ein aufrichtendes Moment (Pitch). Bei turmlosen Geräten bzw. Hochleistern formen die mittleren Latten einen S-Schlag, indem sie hinten etwas nach oben gebogen sind. Bei Geräten mit Turm entsteht bei negativen Anströmwinkeln durch die Luff-Lines ein S-Schlag. Der S-Schlag wirkt aber nur bei hinreichender Strömung am Flügel.

Für den Pitch von Drachen bei verschiedenen Anstellwinkeln, Geschwindigkeiten und Spannungen des Segels bzw. Einstellungen der 'Variablen Geometrie (VG)' werden vom DHV zur Erlangung des Gütesiegels und zur Klassifizierung Mindestwerte gefordert, die von einem Baumuster in Tests nachgewiesen werden müssen. Anfängergeräte sollen sich u.a. durch eine besonders hohe Flugstabilität auszeichnen (Kategorie 1) und müssen daher einen höheren Pitch haben als Intermediates (die Mittelklasse) (Kategorie 2) oder gar Wettkampfgeräte (Kategorie 3). Daher ist es auch so riskant, die Schränkung gegenüber den Baumaßen zu reduzieren. Dennoch ist es ein offenes Geheimnis, dass Wettkampfpiloten dazu neigen, 'ihre Kisten tiefer zu legen', da sie sich hiervon einen Wettbewerbsvorteil erhoffen, der jedoch aufgrund des Tunneleffekts auch bei voll gespannter VG geringer ausfallen dürfte als viele glauben. Durch Vermessungen bei Wettbewerben soll dieser gefährlichen Unsitte zukünftig begegnet werden.

Bei Nurflüglern ist die Wirkung der Pfeilung und Schränkung (und auch des S-Schlags) gegen einen Überschlag nach vorne aufgrund des kurzen Hebels um die Querachse (je nach Pfeilung) recht begrenzt, so dass es auch bei gütesiegel-konformen Geräten zum Tuck gekommen ist, wenn auch sehr selten. Nicht ganz so selten sind Tucks bei Wettbewerben unter turbulenten Bedingungen. Aber schon das Gefühl, 'tucken' zu können oder beinahe 'getuckt' zu haben, dämpft die Freude zu fliegen doch beträchtlich. Gegen das Tuck-Risiko hilft jedoch Geschwindigkeit, auch hier gilt 'Fahrt ist das halbe Leben'. Und im Tuck an der Basis festhalten und ziehen, den Schwerpunkt nach vorne bringen, wie Christof Kratzner vom DHV anschaulich ausgeführt hat. Bei zu geringer Höhe sofort Rettung zur Seite rauswerfen.

Positive Effekte der Schränkung in Turbulenzen

Obwohl die Schränkung von den Einsteigergeräten über die Intermediates und Hochleister zu den Starren hin, die auch keinen Tunneleffekt kennen, deutlich abnimmt, erleben wir in der Praxis geringere Leistungsunterschiede als theoretisch zunächst zu erwarten sind. Dies liegt daran, dass ein Flügel aufgrund der Turbulenzen bei echten Flugbedingungen (gegenüber der gleichmäßigen Strömung in ruhiger Luft) fast nie mit dem optimalen vertikalen (wie auch horizontalen) Winkel angeströmt wird. Während hierauf ein nicht bzw. kaum verschränkter Flügel empfindlich mit Leistungseinbußen reagiert, da der Flügel in seiner gesamten Länge von einer ungünstigen Anströmung betroffen ist, verhält sich ein verschränkter Flügel gegenüber turbulent wechselnden Anströmwinkeln (bezogen auf den Flächenschwerpunkt) ausgesprochen robust, da eine Leistungseinbuße in einem Flügelbereich (z.B. bei einem größeren Anströmwinkel eine Einbuße im Bereich des Kielrohrs) durch einen Leistungsgewinn in dem anderen Flügelbereich (hier z.B. den Außenflügeln) zumindest teilweise ausgeglichen wird, siehe Bilder 5 und 6. Sein Auftriebs-Koeffizient CA bzw. Auftrieb verändert sich mit dem Anströmwinkel relativ wenig. Zu wechselnden Anströmwinkeln kommt es umso mehr, je geringer die Fluggeschwindigkeit gegenüber den Veränderungen der vertikalen Geschwindigkeitskomponente der Luft (des Windes) ist. Dies trifft in hohem Maße u.a. für das Drachenfliegen (geringe Geschwindigkeit) und das Fliegen in der Thermik (turbulent) zu. Daher schadet der Flugleistung eines Drachens seine hohe Schränkung in der Praxis weniger als unter idealisierten Bedingungen (absolut ruhige Luft) und wird in Kauf genommen, da sie nun einmal für die Flugstabilität eines Nurflüglers erforderlich ist, einen Flügel bei Start, Landung und in turbulenter Luft gutmütiger macht (Stallverhalten) und der Tunneleffekt bei den Flexiblen deren Wendigkeit verbessert.

Bedeutung und Nachteile des Tunneleffekts

Unter 'Tunneleffekt' versteht man das Hochwölben des aufgespannten Drachensegels unter der Belastung im Flug, das Entstehen eines 'Tunnels', siehe Bild 10. Beim lattenlosen Rogallo-Flügel der ersten Drachen-Generationen wurde durch diesen Tunneleffekt erst so etwas wie ein Auftriebsprofil gebildet, ohne Tunnel konnte es zum Flattersturz kommen. Obwohl das Flügelprofil eines heutigen modernen Drachens durch Latten geformt wird, wölbt sich auch heute noch die Hinterkante eines Drachensegels trotz hoher Achterliekspannung deutlich nach oben, vor allem im Bereich des Außenflügels. Biegt sich der Flügel durch den Staudruck nach hinten, z.B. im Schnellflug, reduziert sich die Achterliekspannung und die Wölbung nimmt noch zu. Der Tunneleffekt verschränkt den Flügel je nach Segelspannung (VG) meist mehr als die strukturell vorgegebene Mindestschränkung, und ist damit wesentlich für die Leistungsgrenzen eines Flexiblen verantwortlich. Diese Nachgiebigkeit des Flügels erleichtert jedoch maßgeblich die Kurvensteuerung durch seitliche Schwerpunktverlagerung, die mit zunehmender Spannweite immer schwieriger wird. Der kurveninnere Flügel gibt der höheren Flächenbelastung nach und verliert an Wirkungsgrad, so dass sich das Gerät besser in die Kurve neigt. Ein weicher Flügel ist damit wendiger, also geeigneter für schnelle Kurswechsel, wie z.B. für das Anstechen und Zentrieren von Thermik, während ein hart gespannter Flügel zwar mehr Leistung bringt, dafür das Gerät aber 'zäher' macht. Um sich verschiedenen Situationen anzupassen, können moderne Drachen (außer Einsteigergeräten), die Segelspannung (Hinterkante) auch im Flug verändern ('Variable Geometrie (VG)').

Positive Effekte der Flexibilität in Turbulenzen

Die Flexibilität des Drachensegels (Hinterkante) wirkt sich auf die Flugleistung nicht nur negativ aus. Ein elastischer Flügel gibt Stößen (Böen) in der Strömung (schnelle Änderungen der Anströmgeschwindigkeit und/oder -richtung) nach, nimmt deren Energie auf und gibt sie z.T. (Dämpfung) wieder ab bzw. setzt sie in Geschwindigkeit um, siehe Bild 11. Er passt sich den Strömungsstößen dabei auch in seinem Anstellwinkel ein wenig an. Diese Eigenschaften eines flexiblen Segels werden schon seit Jahrzehnten für Regattaboote und Windsurfer genutzt (Peitscheneffekt eines Segels bzw. Riggs zur Nutzung von Böen). Dabei kommt es entscheidend darauf an, dass die Elastizität am Achterliek (Hinterkante des Segels) größer ist als am Mast (Vorderkante). Auch diese Eigenschaften bzw. Effekte könnten erklären, warum Starre gegenüber Drachen leistungsmäßig in der Praxis nicht so viel besser abschneiden wie aufgrund ihrer geringeren Schränkung und höheren Formtreue zu erwarten ist.
Durch die Elastizität des Flügels werden außerdem die durch Böen erzeugten Spitzen der Biege- und Torsionsbelastung der Flügel- und z.T. auch Querrohre abgefedert.

Randbedingungen und Potentiale für das Flügelprofil

Das Profil eines Drachenflügels wird hauptsächlich durch die Biegung der Segellatten definiert. Eine höhere Segelspannung zieht nur das Achterliek flacher, nicht jedoch das Segel bzw. das Profil insgesamt. Die Profildicke heutiger Drachen (Hochleister) liegt bei ca. 12% der Flügeltiefe, bei einer Dickenrücklage von nur etwa 23% (größte Dicke nach 23% der Flügeltiefe ab Vorderkante), siehe Bilder 12 und 13. Der Flügel für die muskelgetriebene Musculair 2 von Günter Rochelt, ausgelegt für den Geschwindigkeitsbereich 35-55 km/h (und ruhige Luft) hat eine mittlere Profildicke von 15% bei einer Dickenrücklage von 40% (modifiziertes Wortmann FX76MP). Dicke verbessert die Langsamflugeigenschaften, allerdings auf Kosten des Schnellflugs. Dickenrücklage reduziert den Widerstand durch eine längere laminare Laufstrecke der Luftströmung (Laminarprofil), allerdings nur bei genügend glatter Oberfläche und zu Lasten der Robustheit gegenüber Änderungen des Anströmwinkels (Turbulenz). Das relativ flache Profil des Drachens könnte sich also aus einer Auslegung für höhere Geschwindigkeiten ergeben haben, allerdings zu Lasten der Leistung in der Thermik sowie bei Start und Landung. Die sehr geringe Dickenrücklage macht das Profil nicht nur robuster hinsichtlich Änderungen des Anströmwinkels, sondern sorgt auch dafür, dass selbst bei den hohen Anstell- und Anströmwinkeln (15 Grad und mehr an der Flügelwurzel (Kielrohr)) noch so viel Wölbung im laminaren Luftstrom verbleibt, um nennenswerten Auftrieb zu erzeugen, siehe Bilder 14 und 15. Der Auftriebs-Koeffizient Ca des Drachen-Profils bleibt auch bei hohen Anströmwinkeln noch relativ groß. Dies ermöglicht eine geringe Minimalgeschwindigkeit für Landen und Starten. Ähnliche und insgesamt bessere Eigenschaften sind m.E. aber auch bei mehr Wölbungsrücklage mit mehr Profildicke zu erreichen. Eine weiter vorne liegende Wölbung führt allerdings auch zu einem weiter vorne liegenden Auftriebspunkt (und entsprechend auch Schwerpunkt) und dient so zusätzlich der Stabilität des Flügels um die Querachse (längerer Hebel für die Dämpfung durch die Flügeltiefe und Flügelspitzen). Aus den Maßnahmen zur Stabilisierung eines Nurflüglers (hohe Schränkung, geringe Dickenrücklage des Profils) ergeben sich also auch Nachteile bzw. Einschränkungen für die Auslegung des Flügelprofils.

Zusammenfassung zur Leistung des Drachenflügels

Zur Leistung des Drachenflügels ist zusammenfassend festzustellen, dass sich durch die Schränkung, die für die Flugstabilität des Nurflüglers notwendig ist, und durch die Nachgiebigkeit der Segelhinterkante, die zum Tunneleffekt führt und für die Kurvensteuerung durch Gewichtsverlagerung gewünscht ist, deutliche Leistungseinbußen ergeben. Diese können nur z.T. durch positive Effekte der Schränkung und Elastizität unter realen Flugbedingungen mit ihren turbulenten Verhältnissen (gegenüber ruhiger Luft) ausgeglichen werden.
Weitere Nachteile gegenüber den Starren sind die geringere Streckung und die größere Pfeilung.

Möglichkeiten und Grenzen der Drachenstruktur

Das Alurohr-Gerüst des Drachens nach Art des Rogallo-Flügels funktioniert wie das eines Schirms. Während jedoch ein Schirm aufgespannt wird, indem die Spreizen nach oben geschoben werden, werden beim Drachen die beiden Querrohre entlang des Kielrohres nach hinten gezogen, um die beiden Flügelrohre zu spreizen und damit den Flügel aufzuspannen. Bei Nasensporngeräten werden die Flügelrohre über Drahtseile und ein nach vorne verlängertes Kielrohr (Nasensporn) nach vorne gezogen. Da die erste Gerätegeneration noch keine Profillatten hatte, musste bzw. durfte das Tuch nicht sehr straff gespannt werden, damit sich unter Last bzw. im Flug durch die Tuchwölbung ein Profil formen konnte (Tunneleffekt). Bei den ersten Rogallo-Drachen wurde daher in den ausgebreiteten Flügel einfach ein gerade durchgehendes Querrohr eingesetzt, anstatt ihn mit zwei gelenkig verbundenen Querrohren aufzuspannen. Die Geräte ohne Latten waren natürlich in wenigen Minuten aufgebaut. Heute sind je Flügelseite etwa 10 Latten einzufädeln, 1 bis 3 Swivel einzusetzen und am Flügelende ist das Tuch zu spreizen (durch Randbogen oder Spreizlatte). Der Aufbau eines solchen Gerätes dauert etwa 20 Minuten. Außerdem ist deutlich Kraft aufzuwenden, um die Querrohre nach hinten zu ziehen und dem Segeltuch damit die gewünscht hohe Spannung zu geben. Aufgrund der Biegelinie des Flügelrohrs sind hier Kräfte von einigen zig Kilo anzunehmen, im Tuch Zugkräfte, in den Flügelrohren Biegemomente, in den Querrohren Druckkräfte. Vermutlich sind bei den heutigen Drachen die Belastungen der Flügel- und Querrohre allein durch das Spannen des Segels größer als durch die im Normalflug entstehenden zusätzlichen Kräfte, da die Auftriebskräfte zum großen Teil durch die Unterverspannung mit dem Trapez aufgefangen werden. Nur durch Windstöße (Turbulenzen), hohe Geschwindigkeiten (Staudruck), extreme Flugmanöver und Negativkräfte können kritische Belastungen durch den Flug entstehen. Bei turmlosen Geräten (also ohne Oberverspannung) führen Negativlasten (z.B. Windstöße von oben) zu erheblichen Biegemomenten in den Flügel- und Querrohren und ihren Gelenken (Nasenplatte und Querrohrgelenk). Bei den Turmlosen von Bautek (Twister, Spice) werden die Biegemomente im Querrohr durch eine Verstagung abgefangen (wie eine Oberverspannung, nur innerhalb des Flügels), wodurch das Querrohr jedoch durch die auftretenden Druckkräfte stark auf Knick belastet wird und die hohen Zugkräfte in der Verstagung beherrscht werden müssen (Dicke der Stahlseile, Krafteinleitungen).

Die hohen Belastungen der Strukturen moderner, turmloser Drachen erfordern entsprechend starke Dimensionierungen der Bauteile (Alurohre, Stahlseile und Beschläge (Gelenke etc.)) und führen damit zu mehr Gewicht, es sei denn, man verwendet festere und/oder leichtere Werkstoffe, wie z.B. Kohlefasern. Aber auch mit Carbon wiegen Hochleister heute annähernd 40 kg, während Einsteigergeräte und auch Intermediates meist weniger als 30 kg benötigen. Hinzu kommt, dass für den Einsatz von Carbon im Drachenbau noch längst nicht die Erfahrungen vorliegen wie für Alu und dass die Qualität der weitgehend manuellen Carbon-Fertigung naturgemäß größeren Schwankungen unterliegt als die Verarbeitung industriell gefertigter Alurohre. Gibt es einen Markt für geeignete industriell gefertigte Carbon-Rohre (wie z.B. im Modellbau)?

Sollte daher nicht zuerst einmal versucht werden, die Belastungen der Struktur durch die Segelspannung wieder etwas zu reduzieren und/oder wieder durch eine Oberverspannung aufzunehmen? Und in der Tat sind die Drachenbauer ja hinsichtlich Oberverspannung von den Turmlosen wieder ein wenig abgerückt und bieten leichte Geräte mit einer strömungsgünstigen Oberverspannung ohne Luff-Lines (und mit kleinem Turm) an, die zumindest älteren Turmlosen aufgrund noch weiterer Optimierungen der Flügel (s.o.) leistungsmäßig nahezu ebenbürtig sind.

Das vom Rogallo-Flügel stammende lange Kielrohr des Drachens (das Tuch reichte ursprünglich bis zum Ende des Kielrohrs) schützt heute die Flügelenden bei einem Runterfallen nach dem Ausstoßen. Aber warum wird ein beim Drachen schon verfügbarer, leichter und fester Schwanz, der für Segelflugzeuge aufwendig konstruiert wird, nicht auch für ein Höhenleitwerk genutzt, um die Nachteile eines Nurflüglers zu vermeiden? Erst vor etwa zwei Jahren, als der Atos mit seinem großen Nasenwinkel (geringe Pfeilung), seiner großen Streckung und seiner geringen Schränkung durch eine Reihe von Tucks aufgefallen war, hat sich der Hersteller (A.I.R) der Vorzüge eines Leitwerks, vor allem Höhenleitwerks, besonnen. Dabei wurde die Höhenflosse so profiliert und angestellt, dass sie im Normalflug nicht nur Widerstand sondern auch Auftrieb erzeugt. Durch einen kleinen Sockel und eine leichte V-Form stützt sie den Flügel zudem im Kurvenflug. Bei den flexiblen Drachen trifft man Höhenflossen bisher jedoch nicht an (allenfalls vereinzelt), obwohl es auch hier bekanntlich immer wieder einmal zu Tucks kommt.

Ein Konzept für neue Drachen

Aus der obigen Diskussion der Schwächen und Potentiale heutiger Drachen ergeben sich folgende Ansätze für Verbesserungen bzw. für ein neues Konzept:
· Ausgangspunkt ist die Struktur des heutigen Drachen. Damit kann auf viele bewährte Konstruktionselemente zurückgegriffen werden, was die Entwicklungskosten reduziert. Die Verwendung von Carbon (industriell gefertigte Carbonrohre?) bleibt offen.
· Abkehr vom Nurflügler durch Nutzung des Kielrohrs für ein Heckleitwerk, insbesondere eine Höhenflosse. Dadurch braucht man den Flügel nur noch so stark zu schränken und zu pfeilen, wie man dies zur Erzielung eines gutmütigen Verhaltens im Stallbereich und in Turbulenzen wünscht. Der Flügel (Streckung, Schränkung, Pfeilung, Zuspitzung, Profil), siehe Bild 3, kann viel mehr für Leistung ausgelegt werden, anstatt für Stabilität um die Querachse.
· Abkehr von der Kurvensteuerung allein durch Gewichtsverlagerung. Statt dessen Verwendung von Querrudern bzw. Spoilern. Die Leistungseinbußen aufgrund eines nachgiebigen Segels (Tunneleffekt), um Wendigkeit zu erzielen, werden vermieden. Außerdem sind durch eine aerodynamische Kurvensteuerung auch größere Spannweiten zu beherrschen.
· Definition von Anstellwinkel und Schränkung im wesentlichen durch Spannten anstatt durch Swivel und die Segelspannung. Das reduziert die Belastung wesentlicher Bauteile (Flügel- und Querrohre), was Gewicht sparen kann. Der stabilere Anstellwinkel sorgt außerdem für mehr Leistung. Zum Abfedern von Windstößen soll der Flügel jedoch über eine gewisse Flügeltiefe elastisch bleiben.
· Verbesserung des Langsamflugs (für Start, Landung und Thermik) durch Variation der Wölbung (z.B. durch Wölbungsklappen) und etwas dickere Profile. Die bisherige VG (variable Geometrie zur Variation der Segelspannung) entfällt.
· Die Aufnahme negativer Lasten wird nicht einseitig strömungsoptimiert gelöst (turmlos), sondern es wird auch an das Gewicht gedacht (strömungsgünstige Oberverspannung (mitTurm)).
· Die Unterverspannung mit Trapez ist zur Aufnahme positiver Lasten natürlich weiter erforderlich. Wegen der aerodynamischen Kurvensteuerung genügt aber ein etwas kleineres Trapez.
· Die Geschwindigkeits- bzw. Höhensteuerung allein durch Gewichtsverlagerung wird beibehalten.
· Das Gerät soll auf dem Autodach eines PKW der Mittelklasse transportiert werden können, also ein Packmaß von 4 m und ein Gewicht von 35 kg nicht überschreiten.

Zur Umsetzung des Konzepts

Zur konstruktiven Umsetzung dieses Konzepts einige Anmerkungen, siehe Bild 16:
· Schränkung: Die Schränkung wird durch 3-4 Spanten je Flügelseite definiert (anstatt über die Segelspannung). Dabei hält jeder Spant über Querstreben etwa 3 Segellatten (Profillatten). Die Spanten sind nicht, wie bisher die Swivel, nach oben frei beweglich, sondern vertikal fixiert (evtl. etwas gefedert), siehe Bild 17. Durch Segellatten, die hinten elastisch sind, bleibt der Flügel hinter den Spanten flexibel. Damit können Turbulenzen abgefedert werden und der Flügel lässt sich in seiner Wölbung verändern.
Durch die Abkehr vom Nurflügler (Verwendung einer Höhenflosse) sind ca. 5 Grad Schränkung (anstatt bisher 15-25 Grad) ausreichend.
· Segelspannung: Die Segelspannung kann deutlich reduziert werden. Die Spannung der Hinterkante (Achterliek) wird bei einer Biegung der Flügelrohre durch höhere Geschwindigkeiten über die Spannkraft größer ausgelegter Randbögen geregelt.
· Pfeilung: Auch die Pfeilung kann bei Verwendung einer Höhenflosse reduziert werden. Für aerodynamische Gutmütigkeit sollte jedoch eine geringe Pfeilung (Nasenwinkel von ca. 140 Grad statt bisher ca. 130) beibehalten werden.
· Profil: Die Profildicke kann mit Erhöhung der Wölbung durchaus bis zu 14% (bisher ca. 12) betragen, ohne gegenüber stark geschränkten Flügeln Nachteile im Schnellflug zu haben. Die Dickenrücklage sollte ca. 35% (bisher ca. 23) betragen.
· Streckung bzw. Spannweite und Flügeltiefe: Bei einer Spannweite von z.B. 12 m und einer Fläche von z.B. 15 qm ergibt sich eine Streckung von 9,6 und eine mittlere Flügeltiefe von 1,25 m. Bei einer Spannweite von 12 m könnte man dem Flügel für ein besseres Handling bei Start und Landung eine leichte V-Stellung geben, was allerdings ein wenig zu Lasten der Wendigkeit ginge.
· Höhenflosse: Die Auslegung sollte sich an der Lösung für den Atos orientieren. Ggf. kann zum Trimmen der Anstellwinkel der Höhenflosse in geringen Grenzen verstellbar sein.
· Kielrohr: Das Kielrohr muss wegen der Bedeutung der Höhenflosse für die Sicherheit fest und gegen Verdrehen zuverlässig gesichert sein. Es sollte im Flug zudem nicht schräg nach unten hängen, sondern, wie z.B. beim Atos, waagerecht verlaufen, also im richtigen Anstellwinkel zum Flügel befestigt sein, damit sein Luftwiderstand minimiert wird.
· Kurvensteuerung, Querruder u./o. Spoiler: Da die Unterverspannung zur Aufnahme positiver Lasten beizubehalten ist, können die Querruder bzw. Spoiler an den Flügelenden nicht wie bei den Starren durch das 'Wackeltrapez' (ein lose hängendes Trapez mit seitlich abgehenden Steuerseilen) betätigt werden. Daher müssen die Steuerseile anders angesprochen werden, nämlich entweder über eine spezielle Pilotenaufhängung oder eine spezielle Trapezbasis mit z.B. einem 'Steuerrohr', siehe Bild 18. Über die Aufhängung kann auch gesteuert werden, wenn der Pilot nur die Seitenrohre des Trapezes hält (Start und Landung). Hier können sich jedoch Steuerseile und Seitenrohre 'in die Quere kommen'. Über die Trapezbasis lässt sich auch dann noch steuern, wenn die Pilotenaufhängung entlastet ist, z.B. bei Negativkräften. Hierfür sind jedoch u.a. noch Fragen zur Führung der Steuerseile zu klären. Die durch Federkräfte definierte Grundstellung der Querruder kann 'hochgestellt' oder 'anliegend' sein, nach unten können sie nicht ausschlagen. Im ersten Fall liegen sie bei gespannten Steuerseilen an und bewegen sich nach oben, wenn am Steuerseil nachgegeben wird. Im anderen Fall liegen sie bei entspannten Steuerseilen an und bewegen sich nach oben, wenn am Steuerseil gezogen wird. Die Vor- und Nachteile der Alternativen sind noch zu diskutieren. Die aerodynamische Kurvensteuerung wird durch die seitliche Verlagerung des Pilotengewichts unterstützt bzw. die Gewichtssteuerung bleibt so für den Notfall erhalten.
· Variable Profilwölbung: Eine Lösung, die sich bei den Starren (und ersten Flexiblen) bewährt hat, sind an der Hinterkante eines jeden Flügels angeklettete gerade Klappen von je ca. 3 m Länge, die durch Gummis in ihrer Grundstellung oben gehalten werden und sich vom Piloten über ein Seil zur Erhöhung der Wölbung nach unten ziehen lassen. Da der Flügel jedoch im hinteren Drittel elastisch sein (bleiben) soll, könnte der Pilot zur Erhöhung der Profilwölbung auch direkt den hinteren Teil des Flügels über eine innenliegende Querstrebe nach unten biegen bzw. ziehen. Das ist aerodynamisch günstiger und spart die zusätzlichen Klappen. In der Grundstellung sollte die Hinterkante des Flügels im Bereich des höheren Anstellwinkels (Flügelwurzel bzw. Kielrohr) etwas nach oben weisen (wie beim S-Schlag), um auch mit reduziertem Widerstand (schneller) fliegen zu können.
· Aufnahme negativer Lasten: Werden negative Lasten (auch) durch eine hierfür ausgelegte kleine Oberverspannung (kurzer Turm, keine Luff-Lines) anstatt (nur) durch die Biegefestigkeit von Quer- und Flügelrohren und ihren Gelenken (Nasenplatte und Querrohrgelenk) aufgefangen, können diese Bauteile leichter ausgelegt werden, während sich der Luftwiderstand des Flügels nur unwesentlich erhöht. Eine V-Stellung des Flügels würde die Knickbelastung des Turms mindern, so dass dieser schlanker ausgelegt werden könnte.
· Packmaß: Die Packlänge wird durch die Länge des inneren Flügelrohrs definiert. Folgendes Beispiel zeigt, dass 4 m Packlänge leicht einzuhalten bzw. zu unterbieten sind: Mit einer Länge von z.B. 3,5 m für das innere Flügelrohr, von 2,0 m für das äußere Flügelrohr und von 1,5 m für den Randbogen erreicht man bei 140 Grad Nasenwinkel schon eine Spannweite von gut 12 m. Das Kielrohr ist teilbar. Die Höhenflosse ist gesondert zu verpacken.
· Gewicht: Das Gewicht wird gemindert durch die geringere Dimensionierung der Rohre, der Oberverspannung und evtl. auch der Tuchstärke sowie durch den Wegfall der VG. Das Gewicht wird erhöht durch (zusätzliche) Spanten statt Swivel und Streben quer zu den Segellatten, durch die Querruder und deren Ansteuerung und durch die Bauteile (Querstrebe und Steuerseil) zur Veränderung der Profilwölbung. Weniger als 35 kg erscheinen möglich, und mit neuen Werkstoffen (Carbon) dürfte noch mehr bzw. weniger drin sein.
Bei einer weiteren Ausarbeitung des Konzepts und seiner Umsetzung steckt der Teufel natürlich noch im Detail.

Alle Vorzüge des neuen Drachen auf einen Blick

Als Fazit noch einmal eine Zusammenfassung der Vorteile des hier vorgestellten Konzepts für einen neuen Drachen:
· Mehr Sicherheit:
§ Praktisch keine Tuck-Gefahr mehr (je nach Länge des Kielrohrs und Größe der Höhenflosse) durch Abkehr vom Nurflügler bzw. Verwendung einer Höhenflosse.
§ Vereinfachung von Start und Landung aufgrund besserer Langsamflugeigenschaften durch eine größere Profildicke.
§ Wendiger und ermüdungsfreier durch aerodynamische Kurvensteuerung über Querruder.
· Mehr Leistung:
§ Höhere Gleitzahl durch geringere Schränkung aufgrund der Abkehr vom Nurflügler und durch Verzicht auf den Tunneleffekt aufgrund der aerodynamischen Kurvensteuerung.
§ Bessere Nutzung von Aufwinden durch bessere Langsamflugeigenschaften und erhöhte Wendigkeit durch die aerodynamische Kurvensteuerung.
· Mehr Komfort:
§ Kürzeres (kurzes) Packmaß und geringeres (geringes) Gewicht.
§ Weniger Kraftaufwand im Flug durch aerodynamische Kurvensteuerung.
· Günstiger Preis:
§ Geringer Entwicklungsaufwand durch Rückgriff auf das Gerüst des Drachens, seine bewährten Bauteile und Werkstoffe.

Und der Starre?

Der Starre stößt mit den neuesten Entwicklungen (z.B. Atos VR/X) inzwischen in den Bereich des (fußstartfähigen) Leichtsegelflugzeugs (z.B. Swift, Archaeopteryx) vor, jedoch nicht nur hinsichtlich Leistung, sondern leider auch hinsichtlich Preis. Während man beim Drachen und den bisherigen Starren (z.B. Atos V) für einen Gleitzahlpunkt ca. 550,- EUR beim Kauf eines neuen Geräts investieren muss, steigt dieser Wert mit höheren Gleitzahlen (etwa 20 – 30) auf ca. 1.000,- EUR an. Möglicherweise sollen nun neben den verbliebenen gleitzahlhungrigen Drachenpiloten auch Segelflieger angesprochen werden.

Auf jeden Fall wurden mit den Starren einige Innovationen erfolgreich umgesetzt, die auch hier zur Verbesserung des Drachens aufgegriffen worden sind, wie die aerodynamische drachenähnliche Kurvensteuerung und die Wölb- bzw. Landeklappen. Und de facto hat man sich beim Starren mit der Heckflosse (V-Leitwerk) des Atos vom Nurflügler verabschiedet.

Können nun evtl. auch umgekehrt Vorschläge für einen neuen Drachen auf den Starren übertragen werden? Lassen sich aus einer Kreuzung von Drachen und Starrflügler vielleicht systematisch Vorteile herauszüchten? Liegt die Zukunft evtl. in einem hybriden Gerät, z.B. mit einem starren Innenflügel und flexiblen Außenflügeln sowie einer flexiblen Hinterkante? Und durch welche Unterschiede in den Konstruktionsmerkmalen werden die Möglichkeiten der Lösungsübertragung begrenzt?

Von dem oben vorgestellten Konzept für den Drachen lässt sich für den Flügel eines Starren z.B. der flexible hintere Bereich zur Abfederung von Windstößen und zur Variation der Wölbung durch ein Herunterziehen dieses Bereichs (anstatt hinten angekletteter Lande- bzw. Wölbklappen) übernehmen. Als Hauptunterschied bleibt jedoch die Ausbildung des vorderen Flügelbereichs als tragender Kasten (Holm) beim Starren gegenüber einem von Latten und Segeltuch definierten Profil um ein durch Seile abgespanntes Rohrgerüst herum beim Drachen. Die damit festere Flügelform und etwas glättere Oberfläche beim Starren dürfte sich im Bereich des Normalflugs allerdings nur gering auswirken.

Die Gliederung des Starren für den Transport wurde vom Drachen übernommen: Zwei Flügelhälften (Holme) sind über ein Gelenk verbunden, über das sie zusammengeklappt werden können. Da der Starre kein Querrohr hat, lassen sich die beiden Flügelholme so auch einfach trennen und einzeln tragen. Ist man dem Faltprinzip des Drachens unbewusst gefolgt? Denn für den Starren ergeben sich hieraus zwei erhebliche Nachteile: 1. Wegen der fehlenden Unter- und Oberverspannung treten in der Flügelmitte die größten Kräfte (Biegemomente) auf, so dass das Gelenk sehr stark dimensioniert sein muss und die Krafteinleitung in die Holme entsprechend aufwendig ist. 
Da im Carbonbau lösbare Verbindungen aufwendig sind, hat man auf eine weitere Teilung der Flügel, wie für den Kurzpack beim Drachen, zunächst verzichtet, so dass sich z.B. beim Atos V eine Packlänge von 5,8 m ergibt. Erst durch abnehmbare 'Ohren' beim VR und VX kommt der VR mit einer Packlänge von 5,15 m aus. Gegen meinen Vorschlag einer Dreiteilung des Flügels in einen Mittelteil und zwei Endteile, nachdem ich vom Konzept des Impacts gehört hatte, wurde eingewandt, zwei lösbare Verbindungen (Gelenke) statt einer würden zu viel Aufwand und damit zu viel Gewicht und zu hohe Kosten bedeuten. Aber bei einer z.B. gleichmäßigen Dreiteilung (plus Randbögen) und einer Spannweite von z.B. 12 m käme man auf Flügelteile, also eine Packlänge, von nur etwa 4 m. Außerdem dürften die Biegemomente an den beiden Nahtstellen bei einem um 1/3 kürzeren Hebel aufgrund des nach außen abnehmenden Auftriebs des Flügels deutlich unter 2/3 des Moments an der Flügelwurzel liegen, sind vmtl. sogar nur etwa halb so groß. Der Mehraufwand für zwei Verbindungen (statt nur einer) zugunsten eines attraktiven Packmaßes hält sich daher m.E. in vertretbaren Grenzen. Außerdem bietet es sich bei einer Dreiteilung an, statt Gelenken einfache Steckverbindungen zu wählen, wie sie sich z.B. im Segelflugzeugbau bewährt haben. Die Entwicklung beim Atos hat inzwischen zu einem mehrteiligen Flügel geführt, wenn wohl auch nicht nur im Hinblick auf die Packlänge.

Schlussfolgerungen und Ausblick

Verbesserungen am Drachen innerhalb der traditionell vorgegebenen Randbedingungen sind m.E. kaum noch möglich. Aber schon, wenn man einige bisher geltende Vorgaben in Frage stellt, Lösungen aus benachbarten Bereichen aufgreift und systematisch von den grundsätzlichen Zielen und physikalischen Möglichkeiten ausgeht, eröffnen sich neue Qualitäten. Dieses Potential ist m.E. auch für den 'betagten' Drachen noch lange nicht ausgeschöpft, auch wenn hier die Entwicklung in den letzten Jahren nur noch wenig gebracht hat, da die jetzige Konstruktion ohne grundlegende konzeptionelle Änderungen m.E. ausgereizt ist.

Zum Leistungsstand im Drachenbau

Welches Niveau hat der Drachenbau hinsichtlich Leistung, Sicherheit, Komfort und Wirtschaftlichkeit erreicht? Eigentlich sollte die Sicherheit als erstes betrachtet werden (safety first), denn nur mit einem sicheren Fluggerät komme ich in den Genuss seiner Flugleistung. Aber gewöhnlich wird die Sicherheit eines Gerätes heute als selbstverständlich hingenommen und schnell nach der Leistung gefragt. Andererseits ist bekannt, dass sich – zumindest unter gleichen Randbedingungen – mehr Leistung im allgemeinen nur zu Lasten der Sicherheit erreichen lässt.

Sicherheit:
Hinsichtlich Sicherheit können wir heute u.a. aufgrund des DHV-Gütesiegels in der Tat von einem hervorragenden Standard ausgehen. Seriengeräte müssen das 6-fache des zugelassenen Maximalgewichts aushalten. Die Flugstabilität wird von Testpiloten des DHV überprüft. Die Instandhaltung wird durch die Überprüfungspflicht gewährleistet. Unfallursachen sind daher fast ausschließlich Pilotenfehler. Einzig der gefährliche Tuck (Überschlag nach vorn) macht noch zu schaffen. Dieses Risiko hängt eng mit dem gering gepfeilten Nurflügel zusammen und wird m.E. innerhalb des Nurflügel-Konzepts nicht ganz auszuschließen sein. Ein Problem bei der Landung stellt die hohe minimale Gleitzahl (lose VG) von Hochleistern dar. Der Einsatz von Bremsschirmen erscheint mir hier nur bedingt tauglich. Besser haben es da die Starren mit ihren Wölbklappen (+ Spoilern), vorbildlich wirksam sind die Bremsklappen bei den Segelflugzeugen.

Leistung:
Die Flugleistung wird im wesentlichen durch das beste Gleiten (beste Gleitzahl) und das geringste Sinken definiert, siehe Bild 1. Aber auch Wendigkeit ist für die Nutzung von Thermik vorteilhaft.
Die (beste) Gleitzahl Glz = Reichweite/Abflughöhe ist insbesondere für Streckenflieger interessant. Je nach Gleitzahl wird der nächste Aufwind bzw. das Flugziel schon oder noch erreicht. Sie entspricht dem Verhältnis Auftrieb/Widerstand des Gerätes, siehe Bild 1, und hängt von seiner aerodynamischen Güte, insbesondere dem (maximalen) CA/CW seines Flügels, ab, siehe Bild 2.
Je geringer das geringste Sinken ist, desto schwächere Aufwinde kann ich nutzen. Dies interessiert eher die Genussflieger an ihrem Hausberg, aber ohne Aufstieg im Aufwind komme ich auch mit einer super Gleitzahl nicht weit. Geringes Sinken erreiche ich durch einen hohen (maximalen) CA-Wert (Auftriebs-Koeffizienten) und durch geringes Gewicht, also Leichtbau. Bei gegebener Gleitzahl bedeutet geringes Sinken aber leider auch eine geringe Fluggeschwindigkeit, siehe Bild 1. Und eine hohe Fluggeschwindigkeit bringt mir nicht nur einen Zeitvorteil, sondern verbessert auch meinen Gleitwinkel bei Gegenwind. Deswegen nehmen Piloten bei guter Thermik gerne Wasserballast mit. Die Gleitzahl verschlechtert sich durch mehr Gewicht nicht, nur das minimale Sinken wird schlechter. Bei gegebenem Gewicht sorgt eine hohe Gleitzahl für eine hohe Fluggeschwindigkeit.
Für einen Drachen wird i.d.R. eine Gleitzahl von 12 und ein geringstes Sinken von 1,0 m/s angegeben. Hersteller werben für Hochleister mit 15 und 0,9, für Starre mit 19 und 0,72. Sie machen allerdings vorsichtshalber Einschränkungen bzgl. Speedbar und Gurtzeug geltend. Der Swift soll 27 und 0,6, der Archaeopteryx 28 und 0,5 bringen. Zumindest an den Angaben für Hochleister und Starre ist zu zweifeln. Eine Initiative von Lukas Etz offenbarte anhand von GPS-Daten und intelligenten Varios ernüchternde Gleitzahlen: 10,13 und 10,34 für zwei aktuelle Hochleister und 15,14, 16,69 und 17,00 für drei aktuelle Starre. Allerdings war da auch Wind im Spiel, dennoch: Das wären für Drachen lediglich 70 bis 85% der versprochenen bzw. angegebenen Leistungen. Das geringste Sinken dürfte für Drachen tatsächlich bei 1,1 liegen, für Starre bei 0,8 bis 0,9. Die Prospektangaben werden daher selbst unter idealen Bedingungen (absolut ruhige Luft, geringste Restwiderstände (Pilot), kein Pilotenfehler etc.) kaum zu erfliegen sein, möglicherweise sind es errechnete Werte für den Flügel allein. Zum Vergleich: Zwei aktuelle Gleitschirme der Leistungsklasse erreichten Gleitzahlen von 7,49 und 7,71, das sind immerhin etwa 95% der für Gleitschirme üblicherweise genannten Gleitzahl von 8.
Welche Flugleistung bei ebenfalls höchsten Anforderungen an die Sicherheit physikalisch machbar ist, zeigt der Segelflugzeugbau. Ein internationales Projekt (Concordia) strebt derzeit eine Gleitzahl von 80 an, die ETA (Kleinserie) schafft bereits mehr als 70, und die ASW-22B, ein Serienflugzeug der offenen Klasse, kommt schon auf 60 (ihr geringstes Sinken ist 0,41). Erreicht wird dies durch hochfesten Leichtbau (Carbon), höchste Oberflächengüte und eine extreme Flügel-Geometrie, siehe Bilder 3 und 13: Eine Streckung von über 50 (ETA) (ein Hochleister hat ca. 7,6), geringste Schränkung, keine Pfeilung, Laminar-Profil, z.B. das erfolgreiche DLR-HQ17. Dadurch bleibt die Strömung bis zu 95% der Flügeltiefe laminar, der induzierte Widerstand wird minimiert. Aber auch diese Leistungsangaben sind unter realen Bedingungen (Turbulenzen) nicht zu erfliegen und das beste Gleiten allein beschreibt noch nicht ausreichend das Leistungsvermögen eines Flügels. Eine hohe maximale Gleitzahl hat wenig Wert, wenn die Leistungskurven (Polaren), siehe Bilder 6 und 15, nicht auch um den Auslegungspunkt herum gut aussehen (vergleichbar mit dem Drehmomentverlauf eines Motors). Dies nur zur Vervollständigung eines Leistungsbildes, denn natürlich sind hang- bzw. fußstartfähigen Geräten baulich von vornherein Grenzen gesetzt (Spannweite, Gewicht).
Die Manövrierbarkeit und Wendigkeit von Drachen schließlich ist m.E. noch gerade ausreichend. Die kräftezehrende Gewichtssteuerung um die Längsachse (Kurven) stößt bei den straff gespannten Segeln und Spannweiten von 10 bis 11 m an ihre Grenzen. Die Steuerung durch Spoiler bei den Starren ist dagegen durchaus befriedigend. Leichte Manövrierbarkeit ist im Hinblick auf ermüdungsfreies Fliegen, Ausweichmanöver und Landung im übrigen auch ein Sicherheitskriterium.

Komfort:
Maßgeblich für den Komfort sind das Packmaß, insbesondere die Packlänge, und das Gewicht, denn sie bestimmen die Transportierbarkeit und die Lagerfähigkeit des Geräts. Auch wenn der Gleitschirm in dieser Hinsicht unschlagbar ist, sollte man diesen Aspekt auch im Drachenbau weiter verfolgen. Leider ist dieser Punkt zugunsten der Leistung vernachlässigt worden. Die Hochleister wiegen schon an die 40 kg, ein Kurzpack (ca.4,5 m) ist aufwändig und strapaziert das Segel (Vorderkante). So sind Packlängen von über 5 m zu bewältigen. Die Starren sind zwar auch bzw. noch fuß- bzw. hangstartfähig, die neuesten Entwicklungen verlangen aber zunehmend Aufwand wie für ein kleines Segelflugzeug (die Packlänge erreicht 6 m, das Leergewicht 50 kg und mehr).

Wirtschaftlichkeit:
Kriterien für die Wirtschaftlichkeit seien der Investitionsaufwand bzw. das Preis/Leistungs-Verhältnis (vereinfacht Preis/Gleitzahl), die mögliche Nutzungsdauer des Gerätes und der Betriebsaufwand (Instandhaltungsaufwand und Transportaufwand).
Beim Neukauf eines Hochleisters zahlt man (inkl. 16% MWSt) für die versprochene Gleitzahl etwa 450,- EUR pro Gleitzahlpunkt, bezogen auf die tatsächliche Gleitzahl aber schon ca. 650,-. Ähnlich sieht es bei den Starren und bei den Gleitschirmen aus. Aber auch die 650,- pro Gleitzahlpunkt erscheinen noch günstig, wenn man erfährt, dass ein Gleitzahlpunkt beim Swift und beim Archaeopteryx um die 1.000,- kostet, bei einem Hochleistungs-Segelflugzeug gar etwa 2.500,-. Auch diese Betrachtung erklärt die verbleibende Attraktivität des Drachens neben dem Gleitschirm und dem Starren, der mit den neuesten Entwicklungen möglicherweise eher schon Segelflieger anlockt. Dennoch ist zu befürchten, dass eine ehrgeizige Jagd nach hohen Gleitzahlen die Preise unverhältnismäßig ansteigen lässt.
Die Nutzungsdauer des Drachens ist in der Vergangenheit weniger durch seine Lebensdauer (mechanische Belastungen, UV, Temperaturen) als viel mehr durch die Entwicklung im Drachenbau bestimmt (verkürzt) worden. Dennoch sind Nutzungsdauern von 10 bis 15 Jahren keine Seltenheit. Hier hat der Drachen eindeutig Vorteile gegenüber dem Gleitschirm, dessen dünnes imprägniertes Gewebe durch das enge Packen an Dichtheit verliert, so dass die Leistung als auch die Sicherheit des Schirms mit der Nutzung signifikant abnehmen. Aber auch die Nutzungsdauern bei Schirmen wurde wegen der ständigen Innovationen selten durch die Lebensdauer begrenzt. Die bisherigen Erfahrungen mit der Carbon-Bauweise bei den Starren haben anfängliche Befürchtungen und wenige Einzelfälle von Laminatschäden in der Breite nicht bestätigt, so dass Starre in diesem Punkt ähnlich gut wie die Drachen abschneiden.
Der Instandhaltungsaufwand (Gerätecheck, Lagerung etc.) ist m.E. für alle Geräteklassen verglichen mit anderen technikintensiven Sportarten bescheiden, zumindest aber vertretbar. Mit größeren Packmaßen steigt allerdings der Aufwand für die Lagerung (wenn Garage bzw. Carport nicht mehr ausreichen).
Der geringe Transportaufwand, unschlagbar ist hier der Gleitschirm, war auch einmal ein Markenzeichen des Drachens. Ohnehin gegenüber dem Gleitschirm im Nachteil, ist dieses Merkmal in der Entwicklung m.E. jedoch zu sehr vernachlässigt worden. So braucht man für den Transport der neuen Starren schon große Autos (meist jedoch ist das Wohnmobil ohnehin das Reisefahrzeug) oder Anhänger.

Fazit:
Obwohl der Drachenbau insgesamt ein hohes Niveau erreicht hat und der Drachen nach wie vor spezifische Vorteile bietet, die seine verbliebene Attraktivität ausmachen, steht man in der Entwicklung offenbar an einem Scheideweg. Das bisherige Konzept scheint ausgereizt zu sein, eine neue Perspektive ist noch nicht klar erkennbar und die verbliebenen Unternehmen können sich, bis auf Ausnahmen, bei dem Umsatzrückgang kaum Entwicklungsaufwand leisten. Die zuletzt verfolgte Leistungsorientierung führt m.E. nicht aus dieser Sackgasse heraus. Eine Tendenz zur Leistung ist selbstverständlich natürlich, aber hier ist das Gesamtpaket gefragt, nicht allein Gleitzahl (und Sinkwert). Ohne neue Ideen mit ihren Risiken lässt sich eine Krise bekanntlich nicht überwinden. Vielleicht helfen in dieser Situation gemeinsame Aktionen von Drachenbauern, Hochschulen und dem DHV weiter.