Deutscher Hängegleiterverband e.V.

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Swing Arcus RS M

Sicherheitsklasse 4
Swing Arcus RS M

Bewertung Extremflugverhalten

Sicherheitsklasse 1 Sicherheitsklasse 2 Sicherheitsklasse 3 Sicherheitsklasse 4 Sicherheitsklasse 5
Seitliche Einklapper
Wegdrehen
Vorschießen
Höhenverlust
Sinkgeschwindigkeit
Gegenklapper
Verhänger
G-Last
Frontale Einklapper
Drehung
Geschwindigkeit (Öffnungsverhalten)
Piloteneingriff (Öffnungsverhalten)
Verhänger
Höhenverlust
Sinkgeschwindigkeit
Steilspirale
G-Last
Vsink nach 720°
Vsink maximal
Verhalten nach Freigeben der Bremsen
Nachdrehen
Höhenverlust für Ausleitung
Sicherheitsklasse 4
Pilotenanforderung:
Fähigkeit, Störungen im Ansatz zu erkennen, durch gezielte Reaktionen zu verhindern, bzw. deren Auswirkungen zu minimieren.
Fortgeschrittene Flugerfahrung.

Beschreibung Geräteverhalten

Startvorbereitungen: einfach
Startverhalten: verzögert, verzögertes Steigen, leichtes Führen erforderlich, geringes Feedback in der Aufziehphase, geringes Abfangen erforderlich, verlangsamt vor dem Scheitelpunkt, Tendenz zum Abriss in Kontrollphase
Seitliche Einklapper: Gerät klappt flächentief, moderate Dynamik, Wegdrehen insgesamt 270°-360°, (4), schnelles Wegdrehen, mäßiges Vorschießen 45°-60° (2), mäßiger Höhenverlust 30-39 m, (2), sehr geringe Sinkgeschwindigkeit < 10 m/s, Gegenklapper mit Richtungswechsel < 90°, (4), mit Verhängertendenz, (4), G-Last < 2,5 G, (1)
Frontale Einklapper: Gerät klappt flächentief, deutliches Abkippen 45-60°, mäßiges Vornicken 30-45°, moderate Dynamik, Drehung 90-180°, (3), , meist symmetrische Wiederöffnung, , , sofortiges Anfahren, , mäßiger Höhenverlust 30-39 m, (2), sehr geringe Sinkgeschwindigkeit < 10 m/s, (1)
Steilspirale: schnelle Steigerung von Vsink, mäßige G-Last 3,5- 4 G, (2), Vsink nach 720° < 18 m/s, (3), Vsink max. sehr hohe Sinkgeschwindigkeit < 25 m/s, (4), Nach Freigeben der Bremsen, Erhöhung Vsink < 10 m/s, (4), Nachdrehen insgesamt 540°-720°, (4), Höhenverlust für Ausleitung hoch 60-100 m, (3)
B-Leinen-Stall: normaler Kraftaufwand, deutliches Abkippen 30°-45°, deutliches Vornicken 30°-45°, stabile Sinkphase, keine Deformationstendenzen, , sofortiges Anfahren, 8-10 m/s, Höhenverlust bei Ausleitung < 20 m
Ohren anlegen: Einleitung einfach, ruhige Flugphase, , , Ausleitung selbständig schnell, Vsink unbeschleunigt 2,5-3 m/s, Vsink beschleunigt 3,5-4 m/s, Vunbeschleunigt 3-5 km/h geringer als Vtrimm, Vbeschleunigt 0-3 km/h höher als Vtrimm
Steuerverhalten: ausgewogen, Steuerweg 75 cm, Steuerdruckzunahme sehr deutlich spürbar, Abriss erfolgt nach längerer, deutlich spürbarer Ankündigung

Bemerkung

Startvorbereitungen
Die Startvorbereitungen des SWING ARCUS RS sind einfach. Die Tragegurte übersichtlich und die Leinen sind einfach zu trennen. Auffallend ist der große, harte Steuerleinengriff. Mittels einer Schlaufe kann er zu einem ergonomischen Griff umgebaut werden. Der halbe Schlag lässt sich damit gut durchführen. Die Härteeinstellung des Steges sollte unbedingt beachtet werden um auf die jeweiligen Pilotenvorlieben eingestellt werden. Dazu kann der Steg im Griff ausgetauscht und somit in der Härte verändert werden.

Start
Die gefühlt schwere Kappe beginnt mit einem mäßigen Anfangsimpuls gemächlich zu steigen und möchte leicht aber kontinuierlich über die A-Leinen zum Zenit geführt werden. Durch das RAST-System füllt sich wie vom Hersteller beschrieben zuerst der vordere Teil der Kappe. Das Feedback an den Piloten ist dabei im Vergleich zu konventionellen Kappen ungewohnt und braucht etwas Umstellungszeit:
In der Steigphase der Kappe erhält der Pilot hauptsächlich Feedback über die A-Leinen. Der Zug über die Hüfte, welcher von den Tragegurten kommuniziert wird ist geringer als erwartet. In der Stabilisierungsphase muss man sich ebenfalls an den kaum vorhandenen Steuerdruck an der noch nicht ganz gefüllten Kappe gewöhnen. Hier sollte man nur wenig Steuerleinenzug verwenden um ein Abkippen des Schirmes nach hinten zu verhindern und das komplette Befüllen zu ermöglichen. Hat man sich an diese Besonderheiten gewöhnt zeigt der Schirm eine ruhige Steigphase und meist eine selbstständige Stabilisierung ohne zu überschießen. Je nach Startbedingungen kam es auch zu einem raschen, vollständigen Füllen der gesamten Kappe, was im Zenit ein Abstoppen über die Steuerleinen nötig machte. Selbiges gilt für das Rückwärtsaufziehen. Hier sollten die Steuerleinen erst gegen Ende der Steigphase gefühlvoll eingesetzt werden um ein Abkippen der Kappe zu verhindern. Eindrücklich waren die Vorteile dieses Startverhaltens beim Windenschlepp zu beobachten.
Ist die Kappe komplett gefüllt, ist die Abhebegeschwindigkeit und die Startstrecke sehr gering. Wird mit tiefen Steuerleinen gestartet, wird der hintere Kappenteil am Befüllen gehindert. Die Startstrecke verlängert sich dadurch.

Groundhandling
Durch das verzögerte Befüllen und Entleeren des hinteren Teils der Kappe sind auch für das Groundhandling ein paar Umstellungen nötig. Es hat sich bewährt die Kappe im nicht ganz gefüllten Zustand deutlich über den Körper zu steuern statt über die Steuerleinen. Das Ablegen bei viel Wind verhält sich ebenfalls etwas anders. Der hintere Teil der Kappe bleibt länger gefüllt und wie eine Wand stehen. Mit ein paar flugtechnischen Umstellungen (Weniger Steuerleine - mehr Körper) kann man das Potential vom RAST gut ausnutzen.


Flug und Handling
Die Kappe des SWING ARCUS RS macht einen harten und sehr stabilen Eindruck. Dennoch bleibt der Steuerdruck angenehm. Die Kappe arbeitet kaum in sich. Turbulenzen oder Thermik werden stark gefiltert hauptsächlich über die Tragegurte kommuniziert. Steuerdruckänderungen über die Bremsen sind kaum vorhanden. Hier empfiehlt es sich auf Referenz zum Zugweg und weniger auf Steuerdruck zu steuern. Zur Kurvensteuerung sollte das Körpergewicht deutlich mit eingesetzt werden. Bei passiven Körperverhalten setzt der Schirm den Steuerleinenzug verzögert um. Dies betrifft vor allem die Kurveneinleitung. Ist der Schirm einmal in der Kurvenbewegung, ist die Schräglagen- und Kurvensteuerung gut durchführbar. Beim Thermikfliegen hat der Schirm gute Flachdreheigenschaften und benötigt wenig bis gar keine Außenbremse. Lösen & Nachziehen der Innenbremse hilft die Schräglage auch in turbulenteren Bedingungen beizubehalten. Grundsätzlich zeigt der Schirm im oberen Drittel beladen ein angenehmeres Flughalten und ein exakteres Handling über die Steuerleinen. Im unteren Drittel wirkt das Handling gerade in turbulenten Bedingungen eher passiv und verzögert. Hier zeigt der Schirm auch eine Tendenz öfters mal seitlich zu schieben.
Besonders positiv: Der Schirm weist eine hohe Strömungsabrisstoleranz auf.

Seitliche Einklapper
Der Einleitewiderstand an den A-Leinen war hoch.
Unbeschleunigt klappte der Schirm mit wenig Flächentiefe und meist vor dem RAST. Der vordere Teil des Flügels entleerte sich dabei sofort. Der hintere Teil des Flügels blieb lange gut gefüllt. Hat er sich doch entleert, füllte er sich rasch. Dies minderte die Dynamik deutlich. Erzeugte der Schirm keine „Bruchlinie“ im Bereich des RAST klappte der Schirm sehr flächentief mit Verhängertendenz im Außenflügel der Klapperseite. Das Wegdrehen lag zwischen 90° und 180° mit geringen Sinkwerten von maximal 10m/s.
Beschleunigt klappte der Schirm meist sehr flächentief. Dabei drehte er zügig weg und nickte ansatzlos auf 60° nach vorne. Dies führte zu einem Einrollen des Außenflügels was häufig zu Richtungsänderungen < 90° führte. Die Verhängertendenz der Klapperseite blieb ebenfalls erhalten. Das Lösen war einfach durch Pumpen mit der Steuerleine möglich. In einem Fall kam es zu einer Verhängerspirale. Auffallend war dabei der extrem starke Anstieg des Steuerdrucks an der offenen Außenseite. Der Schirm ließ sich zwar jederzeit über die Steuerleinen in den Geradeausflug zurück bringen – der nötige Kraftaufwand war jedoch ungewohnt hoch. Das zügige Vornicken nach dem Klapper kann zusätzlich zu einem Aushebeln des Piloten und somit zu Twists führen. Je nach Entleeren der geklappten Seite war das Wegdrehen zur Klapperseite sehr unterschiedlich zwischen 90° und 360° mit geringen Sinkwerten von max. 10m/s. Der Höhenverlust lag unter 40 m. Bei der Verhängerspirale war das Wegdrehen kontinuierlich bis zum Eingriff des Piloten – bei Abkippen in die Spirale ist selbstverständlich auch der Sinkwert höher. Der Schirm zeigte eine große Bandbreite an Reaktionen auf seitliche Einklapper von super-gutmütig bis anspruchsvoll.
Das RAST System ist in der Simulation spürbar, lässt sich aber dennoch umgehen. Die Wirkungsweise ist in Simulationen schwer zu beurteilen. Hier wird nur der zukünftige Realeinsatz die tatsächlichen Vor- und Nachteile zeigen.
Der Schirm ließ sich einfach mit der Steuerleine nach dem Klappen stabilisieren und auf Kurs halten. Der Steuerdruck kann stark ansteigen. Der Schirm ließ sich ebenfalls auch gut mit den hinteren Tragegurten stabilisieren und auf Kurs halten.


Frontale Einklapper
Der Einleitewiderstand an den A-Leinen ist hoch.
Unbeschleunigt und beschleunigt lassen sich flächentiefe Einklapper realisieren. Hier öffnet der Schirm zügig von der Mitte beginnend und fährt sofort an. Klappt der Schirm nur bis zum RAST sind die Frontklapper sehr unspektakulär. Klappt der Flügel über das RAST hinaus zeigt der Schirm unterschiedliche Reaktionen wie impulsive Öffnungen, langsame Öffnungen, asymmetrische Öffnungen oder schnelle Drehungen.

Strömungsabriss
Der Schirm besitzt 15 cm Leerweg und einen effektiven Steuerweg von 75 cm. Der Steuerdruck ist zu Beginn sehr weich, im ersten Drittel weich und nimmt zum Abriss hin markant kontinuierlich zu. Dabei bleibt der Steuerdruck lange hart, bis der Schirm deutlich verzögert bei 75 cm Steuerweg abreisst. Der Abriss ist deutlich spürbar und visuell durch ein Abknicken der Flügel nach hinten erkennbar. Der einseitige Strömungsabriss weist ebenfalls hohe Toleranzen auf. Selbst bei stark gewürgten Kurven hat der Schirm eher die Tendenz positiv in eine Kurve überzugehen statt negativ abzureißen. Der Abriss ist gut über den Steuerdruck sowie visuell über Verbiegen der Kappe zu erkennen.


B-Stall
Problemlos

Ohrenanlegen
Problemlos

Steilspirale
Gut durchführbar und hohe Fliehkräfte. Der Grat zwischen stabiler Steilspirale und selbständiger, verzögerter Ausleitung ist sehr gering. Wird die Spirale nicht streng nach Norm oder mit einem etwas steiferen Gurtzeug geflogen dreht der Schirm stabil weiter. Mit einem kippligen Gurtzeug sowie genauer EN Flugweise leitet der Schirm nach dem Freigeben der Steuerleinen selbstständig innerhalb von 720° aus. Bei aktiver Ausleitung durch den Piloten leitet der Schirm sofort aus. SAT Spirale ist möglich. Bei Testdurchführung nach EN erhöht der Schirm nach Freigeben der Steuerleinen die Sinkgeschwindigkeit um mehr als 10 m/s und erreicht einen maximalen Sinkwert von 23m/s. Diesen Wert behält er für 540° bei. Erst dann beginnt er innerhalb weiterer 180° selbstständig auszuleiten.

Fullstall
Der Schirm beginnt zuerst am Außenflügel abzureißen und verbiegt sich daher etwas. Der Flyback ist einfach zu finden. Der Schirm lässt sich sauber und einfach im Flyback halten. Der Stall ist kontrolliert durchführbar.
Das Sackflugfenster des Schirmes ist sehr klein. Der Schirm weist eine hohe Strömungsabrisstoleranz auf und beginnt erst spät zu stallen. Der Übergang in den Fullstall ist zügig.



Bewertung

Sicherheitsklasse 4

Gleitschirme dieser Klasse zeigen ein anspruchsvolles Verhalten bei einem oder mehreren der getesteten Flugmanöver: seitliche Einklapper, frontale Einklapper, Steilspirale.
Anspruchsvoll heißt, dass die Reaktionen des Gerätes bei den betreffenden Manövern mit großer Dynamik erfolgen und/oder einen großen Höhenverlust verursachen.

Es werden erhöhte Anforderungen an Geübtheit und Reaktionsschnelligkeit des Piloten gestellt. Die Grundtechniken zur richtigen Reaktion sind bei den betreffenden Manövern nicht mehr ausreichend um die Kontrolle zu behalten und größeren Höhenverlust oder kritische Folgereaktionen zu vermeiden. Der Pilot sollte über ausreichende Fähigkeiten verfügen, Störungen im Ansatz zu erkennen und diese durch schnelle und gezielte Reaktionen zu verhindern, bzw. deren Auswirkungen zu minimieren.

Die sichere Handhabung des Gleitschirms verlangt fortgeschrittene Flugerfahrung und regelmäßiges, zusätzliches Training, wie Groundhandling und Sicherheitstraining. Die Abstiegshilfen können teilweise Fähigkeiten verlangen, die über das Beherrschen der Standardtechniken hinaus gehen und spezielles Training erfordern. Gleitschirme dieser Klasse sind für Einsteiger und Wenigflieger nicht geeignet.