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Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV

Spanish Nationals - Ager 25.07. - 01.08.2020

Campeonato de Espana ala Delta 2020 in Ager

AIRTRIBUNE/Ergebnisse/Info

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Schon lange hatte ich mir vorgenommen, einmal bei den spanischen Meisterschaften mitzufliegen. Nun, 2020 ist mit Corona in allen Belangen ein Ausnahmejahr. Bisher fielen alle Wettbewerbe aus und auch arbeitsbedingt habe ich noch kaum Urlaub genommen. So habe ich mich kurzentschlossen für die Spanische- und anschließend für die Italienische Meisterschaft am Mt. Cucco angemeldet. Von der Fahrstrecke ein „Wahnsinn“, aber was macht man nicht alles für Blödsinn im Leben.

Auf der 1.400 Km langen Anfahrt durch die Schweiz und Südfrankreich bekomme ich mit 38° C einen Vorgeschmack auf die Temperaturen der kommenden Tage. Kurz vor der Abfahrt bekomme ich über Presseberichte und Internet mit, dass sich in Katalonien und Galizien zwei neue Corona Hotspot´s gebildet haben und hoffe, dass der Wettbewerb trotzdem stattfinden kann.
Über WhatsApp erhalte ich vom Organisator Gabriel und Nuria die Info- der Wettbewerb findet mit strengen Auflagen statt. Ich begreife erst im Nachhinein, was die Organisatoren hier geleistet haben, um den Wettbewerb stattfinden zu lassen. Die Absage stand wegen der Ausnahmesituation auf „Messers Schneide“.  In Ager angekommen spüre ich dann auch sofort, dieses Jahr ist anders!
Alle tragen Masken (ich vergesse die dauernd im Auto), in den kleinen Markets wird man sofort darauf hingewiesen, sich die Hände zu desinfizieren. In den Lokalen werden Tische, Stühle sofort mit Desinfektionsmittel umfassend gereinigt. Das gilt auch für Bar und Theke. Den Höhepunkt beobachte ich in einer kleinen Bar. Der Besitzer schenk aus einer Weinflasche, die im Glasschank steht, ein Glas Wein ein und desinfiziert im Anschluss die ganze Flasche.

Nach der Ankunft am Freitagabend am Campingplatz begrüße ich meine spanischen Freunde Iosu, David, Rubio und vor allem Juaki, der den Wettbewerb wie immer souverän leitet. Nach einem Probeflug schreib ich mich am Samstag ein und bin gespannt auf die kommenden Tage und die schroffe, superschöne Gegend, die aber durchaus auch Respekt einflößt. Insgesamt sind 79 Piloten aus 9 Nationen angemeldet, davon kommen trotz Corona 55 Internationale Piloten.

Es wird in 3 Klassen geflogen und gewertet, die Teilnehmer setzen sich wie folgt zusammen:
37 Piloten Class 1, Flexible
9 Piloten, Clase 1 Sport Klasse Flexibel
9 Piloten Class 5, Starrflügel

Für den Competition sind insgesamt sieben Tage angesetzt, davon fliegen wir sechs Tage Strecken von 75 bis 101 km entlang der Ager Ridge und dann Richtung der Stauseen von Sopeira im Norden. Von da aus geht es im Regelfall nach Osten zur der mittelalterlichen Ortschaft Abella, zurück nach Westen und im Anschluss an die tollen Landeplätze an der Beach vom Stausee bei La Pobla de Segur oder die riesige Landewiese bei Nuovo. Leider fliegen wir nicht in die ganz hohen Berge der Pyrenäen, in den en die Basis an zwei Tagen mit 4000 m und mehr angesagt ist.

Die ersten zwei Tage sind untypisch für Ager ziemlich stabil, die Abflughöhe von 2.000 bis 2.200 m ist für den Beginn auch nicht all zu üppig. Am ersten Task schafft es nur Mario Alonzi ins Ziel, selbst bei den Ridges steht nur Benito Rodrigues im Goal. Auch beim zweiten Task schafft nur Mario Alonzi das Goal mit 1.000 Punkten, mein Freund Iosu Erera fliegt auf Platz zwei. Der dritte Tag wird abgesagt, weil der Wind stark auffrischt und 45-90 ° von der Seite kommt. Ataulfo fliegt an dem Tag zwar 111 km, meint aber beim Abendessen, dass es doch sehr sportlich war. Bei Task 3 erreichen nach 98 km immerhin 11 Piloten das Ziel und viele landen kurz vor dem tollen Landeplatz am Stausee. Ich bin zwar auch dabei, war aber an der vorletzten Wende zu kurz und werde nur bis dahin gewertet. Den Tagessieg holt sich zur Abwechslung der Spanier Daniel Martin Mota der mir auf der WM 2019 schon oft als exzellenter Flieger aufgefallen ist. Trotz dem Kardinalfehler hatte ich einen coolen Flug in einer superschönen Landschaft und freue mich über das eisgekühlte Bier, das mit selbstlos angeboten wird. In den letzten zwei Tagen werden wir mit Hammerbedingungen verwöhnt. Am Freitag geht’s schon am Start von 1.500 m auf 3.000 m, im Norden steigen wir auf 3.500 m und mehr, wobei der Luftraum mit 3.500m begrenzt ist. Mir läuft es ziemlich gut und ich kann aus dieser Höhe die Landschaft mit den unendlich vielen, türkisblauen Stauseen richtig genießen. Auch den restlichen Piloten merkt man diese Leichtigkeit und Freude beim Fliegen an, viele stehen relaxt und glücklich im Ziel. Nach einer Siegerehrung in einem der schönsten Hotels der Region mit Pool über dem Stausee und Vollmond beenden wir den Wettbewerb mit einem superfeinen spanischen 4-Gänge Menü. Bei den turmlosen Flexis gewinnt Mario Alonzi (Fra) vor Daniel Martin Moto und meinem Freund Iosu Erera auf Platz 3. Bei den Starren Class 5 ist Benito Rodrigo Gonzalez vor Carlos Punet und Alberto Moren Fernandes. Die Class 1 Sport mit Turm gewinnt Guy Griner vor Manuel Sanchez Garcia (Sohn von Juaki) und Raphael Montfort. Aufgefallen sind mir vor allem die 5 jungen französischen Piloten, die von den beiden Champignons Mario Alonzi und Christian Pollet betreut und gepuscht werden. Bei den Spaniern sticht als Talent mit 23 Jahren Alberto Reques heraus, der nach nur 5 Flügen mit seinem neuen Turmlosen Platz 14 erflogen hat. Ich denke, man wird noch viel von ihm hören, er fliegt schon jetzt auf ganz hohem Niveau.

Ich hatte ein sehr erlebnisreiche und aufgrund der Temperaturen von ca. 35-40° auch sehr anstrengende Woche. Die starken Eindrücke der Landschaft und vor allem die Hilfsbereitschaft aller meiner spanischen Freunde, aber auch der restlichen Piloten bleiben mir im Gedächtnis. Am Ende sind es die sozialen, zwischenmenschlichen Freundschaften und Beziehungen, die mir so wertvoll erscheinen.
Bedanken möchte ich mich vor allem bei der gesamten Organisation um Organisatoren Gabriel, Nuria, Juaki und allen Helfern und natürlich bei allen spanischen Freunden und Piloten, die mich so herzlich aufgenommen haben.
Mir wird klar, wie wichtig es für den Sport und die Gesellschaft ist, dass so ein Wettbewerb stattfindet und so wieder etwas Normalität zurückkehrt. Leider kam ich während des Wettbewerbes nicht zum Schreiben. Deshalb nachträglich viele Grüße aus Ager, das ich nur weiterempfehlen kann.

Semo ( Georg Schweier)