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Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV

Wegweiser durchs Wettbewerbslabyrinth im Gleitschirmsport

Die nationale und internationale Wettbewerbsszene ist groß und bietet Einsteigern wie Profis eine Vielzahl an Möglichkeiten. Der Haken an der Sache: Das System ist kompliziert und selbst für Experten nur schwer zu durchschauen. Drachen- und Gleitschirmpiloten, die bei Wettbewerben fliegen, teilen sich laut Richard Brandl vom DHV-XC-Team im Wesentlichen in zwei Gruppen auf: „Die einen wollen weiter kommen und peilen dabei durchaus auch das Nationalteam an, die anderen sehen den Wettbewerb als fliegerische Weiterbildung an und haben keine Ambitionen in eine möglichst hohe Klasse aufzusteigen.“ Die persönlichen Gründe in die Wettbewerbsszene einzusteigen sind dabei so unterschiedlich, wie die Piloten und ihr Leistungsstand.

Vier Möglichkeiten hat ein B-Schein-Inhaber. „Vor der Anmeldung sollte aber ausreichende Flugpraxis im Flugbuch stehen und selbstständige Thermikerfahrung vorhanden sein“, findet Karl Slezak vom DHV-Referat Sicherheit. Ihm geht es um die Sicherheit der Piloten. Formell reicht der B-Schein aus. Bei einigen Wettbewerben, wie zum Beispiel den Newcomer Challenges, sind Einsteiger durchaus gern gesehen. „Nichtsdestotrotz ist es eine gute Idee, sich zunächst in Flugschulen bei Performancekursen, Streckenseminaren, betreuten Reisen, Thermik-, Sicherheits- oder anderen Trainings weiterzubilden“, erklärt der Teamchef des Gleitschirm-Nationalteams, Harry Buntz.
Um im Einzelfall eine gute und sichere Entscheidung treffen zu können, braucht der Flieger Informationen. Dieser Überblick über den Wettbewerbs-Dschungel soll Interessierten beim Einstieg in die Wettbewerbsszene helfen.

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Gleitschirm

Lokale Wettbewerbe im eigenen Verein bieten Piloten die Möglichkeit sich in heimischen Gefilden und ohne großen Aufwand mit anderen zu messen. Die gestellten Aufgaben reichen vom Streckenflug über Ziellandeübungen bis hin zu Gaudi-Veranstaltungen, bei denen beispielsweise mit zwei vollen Wasserbechern gestartet wird und möglichst wenig Flüssigkeit verschüttet werden darf.

Ziel beim DHV-XC (früher OLC) ist es, eine möglichst weite Strecke zurückzulegen. Wie viele Punkte dabei pro Kilometer angerechnet werden, hängt davon ab, ob der Pilot mit dem Wind geradeaus fliegt oder auf Dreieckskurs möglichst weit zu seinem Ausgangspunkt zurückkommt. Einsteiger wie Fortgeschrittene können am Hausberg los legen, genau so gut aber auch im Urlaub in neuen und vielleicht für Streckenflüge besser geeigneten Geländen Punkte sammeln.

„Mit dem DHV-XC erreichen wir Piloten, die nicht so gerne an zentralen Wettbewerben teilnehmen“, erklärt Richard Brandl. Wie viele Flüge gemacht werden, bleibt jedem selbst überlassen. Gewertet werden die besten drei, wenn mindestens ein Start in Deutschland erfolgte. Zwei Mal darf der Pilot auf europäischem Boden abheben. Zusätzlich zu den Einzelwertungen gibt es diverse Unterwertungen, wie zum Beispiel die Bundesliga, in der Vereine als Mannschaften gewertet werden oder den Deutschlandpokal für Flachlandpiloten. In der Einzelwertung gibt es die Standardklasse, Sportklasse und Performance Klasse. Die besten fünf der Performance Klasse, sowie die beste Dame qualifizieren sich für die Liga. „Es ist fast immer so, dass die Erstplatzierten gar nicht in die Liga wollen. Dann kommen die Nachrücker zum Zuge“, so Richard Brandl. Aus jeder Klasse geht außerdem ein „Deutscher Streckenflugmeister“ hervor.
Um teilzunehmen benötigen Piloten einen Internetzugang sowie ein GPS, das die Flugstrecke und die Höhenlinie aufzeichnet. Nach einer kurzen Registrierung auf der Webseite des DHV können sie ihre Flüge hoch laden.

Die Newcomer Challenges führen Wettbewerbsanfänger an das Fliegen bei Wettkämpfen heran und haben einen starken Weiterbildungscharakter. Die gestellte Flugaufgabe hängt vom Wetter und Gelände ab. Die Teilnehmer werden sieben Tage lang von den Trainingsleitern der Nationalmannschaft und Liga betreut und profitieren von deren Erfahrungen. Die Anreise lohnt sich auch wegen der Theorie-Workshops. Darin werden Flüge besprochen und Wissen zu Themen wie Technik und Umgang mit dem GPS vermittelt. Während der Challenge halten die Trainingsleiter nicht nur nach zukünftigen Leistungsträgern für die Nationalmannschaft Ausschau, sondern entscheiden auch nach ihrem persönlichen Eindruck, welche Piloten in der Liga mitfliegen dürfen.

Auch bei den Landesmeisterschaften richten sich die gestellten Aufgabe nach Gelände und Wetter. In der Regel wird ein Race geflogen, bei dem der Schnellste nach mehreren Stunden Flugzeit gewinnt. „Wer hier mitfliegt, sollte nicht vor 100 Piloten am Startplatz erschrecken“, betont Harry Buntz. „Das kann man mögen und sich wohl fühlen“, fügt er hinzu. Womit er niemanden abschrecken möchte. Schließlich bietet die Gemeinschaft im Vergleich zum Alleinflug einen Sicherheitsvorteil. „Der Wettbewerb ist ein Gruppenerlebnis bei dem total viel Fliegerlatein ausgetauscht wird. Hier fühlt man sich immer geborgen, egal wie gut man fliegt“, findet Harry. Sinn und Zweck des Wettbewerbs ist es, die Piloten für die Liga zu qualifizieren. Die Landesmeisterschaften werden als Regionen Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Ost- und Norddeutschland ausgetragen. Wobei zum Beispiel die Nordrhein-Westfalen die Möglichkeit haben, sich mit den Bayern zu einigen und im bergigem Gelände bei deren Meisterschaften mit zu fliegen. Am Ende gibt es dann zwei Landesmeister und einen Overall-Gesamtsieger.

Die Landesmeisterschaften sind in der Regel Wettbewerbe der FAI Kategorie 2. Bei diesen Wettbewerben werden die Ergebnisse der FAI gemeldet und man kann hier Punkte für die Weltrangliste sammeln. Für die Teilnahme benötigt man eine FAI-Sportlizenz. Die Weltrangliste ist Grundlage für die Selektion von Piloten z.B. in internationalen Wettbewerben und für die Nationalmannschaften.

Die Liga dient laut der Sportordnung dazu, die Piloten auf internationale Wettbewerbe vorzubereiten. Geflogen werden verschiedene Wettbewerbe, die jeweils zwei bis vier Tage dauern und zusätzlich zwei Hauptwettbewerbe, die die Deutsche Meisterschaft ergeben. Die Flugaufgabe richtet sich nach dem Wetter und Gelände. In der Regel wird ein mehrstündiges Race geflogen, bei dem eine vorgegebene Anzahl von Wendepunkten abzufliegen ist. Die Gleitschirmflieger qualifizieren sich entweder, indem sie schon in der Liga geflogen sind und gut genug sind, um drin zu bleiben, durch eine Kaderrangliste, über die Landesmeisterschaften, den DHV-XC, und die Challenges.

Um an der Deutschen Meisterschaft (DM) teilzunehmen, muss der Pilot in der Liga fliegen oder in der Kaderrangliste des DHV sein (Punkte für die Kaderrangliste sammeln deutsche Piloten zum Beispiel bei internationalen Wettbewerben). Deutscher Meister kann jedoch nur ein Liga-Pilot werden. Die Meisterschaft dauert eine Woche. Die Flugaufgabe richtet sich nach dem Wetter und Gelände. In der Open werden die Gleitschirmflieger aus dem Ausland repräsentiert, die bei der „Offenen Deutschen Meisterschaft“ mitfliegen.

Das Nationalteam nimmt an Europa- und Weltmeisterschaften teil. Teamchef Harry Buntz nominiert zwei Monate vor einem Wettbewerb die Piloten und kümmert sich um die gesamte Organisation. Vor Ort ist der Teamchef Beobachter, Betreuer, Rückholer, macht Fotos und berichtet auf der Webseite des DHV live vom Wettkampf. Das Nationalteam reist meistens eine Woche vor Beginn eines Turniers an und trainiert im Wettkampfgelände.
Europameisterschaften (EM, FAI 1 Wettbewerb) werden alle zwei Jahre ausgetragen. In der Regel ist die EM nicht „offen“, es dürfen nur Europäische Piloten mitfliegen. „Das Niveau ist sehr hoch, die Wertigkeit des Turniers damit aber nicht geringer als bei einer Weltmeisterschaft, weil die Europäischen Piloten die Spitze im Gleitsegelsport bilden“, erklärt Harry Buntz. Zwei Wochen lang fliegen die Gleitschirmpiloten täglich, sofern das Wetter mitspielt. Die Flugaufgabe hängt vom Wetter und Gelände ab. In der Regel wird ein Race geflogen: Der Schnellste gewinnt. Es müssen mindestens drei gültige Durchgänge geflogen werden.

Bei einer Weltmeisterschaft (WM, FAI 1 Wettbewerb) stellen die Nationalmannschaftspiloten ihr Können in den unterschiedlichsten Geländen unter Beweis. „In Australien flogen sie eher im Flachland, was natürlich ein starker Gegensatz zu den Bergen in Österreich ist“, berichtet Harry Buntz. Genau wie bei der EM müssen in zwei Wochen mindestens drei gültige Durchgänge geflogen werden. Teilnehmen können alle Nationen, die sich anmelden. Vor Ort starten pro Land mindestens 3 + 1 Piloten (3 Männer + 1 Frau oder umgekehrt). Auch die WM findet alle zwei Jahre statt.

Der Paragliding World Cup (PWC) ist eine eigene Wettbewerbsserie. Sie erstreckt sich über mehrere Events, in denen eine Vielzahl von Durchgängen überall auf der Welt geflogen wird. Am Saisonende wird ein Superfinal Wettbewerb mit den besten 25 aus jedem Einzelweltcup gestartet und in 12 Wettbewerbstagen die Sieger ermittelt. „Dadurch ist der PWC die oberste Plattform des Wettbewerbssports“, betont Harry Buntz. Nur die allerbesten Piloten der einzelnen Länder werden nach einem strengen Selektionsverfahren ausgewählt. Nicht mehr als fünfzehn Deutsche - die nicht zwangsläufig Mitglied des Nationalteams sein müssen - schaffen es, sich zu qualifizieren. Es gibt fünf World Cup-Veranstaltungen und ein World Cup-Super-Finale pro Saison.