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Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV
05.08.2014

Akkreditierung der DHV-Musterprüfstelle

Die Anforderungen der Akkreditierung durch die DAkkS an alle Prüfabläufe in der Musterprüfstelle des DHV sind inzwischen sowohl im Gleitschirm- als auch im Drachenbereich erfüllt. Sobald der Akkreditierungsrat das nächste Mal getagt hat und der formale Akt der Anerkennung erfolgt ist, ist damit die Akkreditierung abgeschlossen. Hier gibt es weitere Informationen zum Thema LTF und Akkreditierung:

 

LTF und Akkreditierung

Zuerst einmal eine Beschreibung der aktuellen Lage. Gleitschirme und Drachen sind von den gesetzlichen europäischen Anforderungen an die Lufttüchtigkeit von Fluggeräten und Flugausrüstung ausgenommen. Somit gelten für diese Geräte weiterhin die nationalen Vorschriften, welche sich in den einzelnen Ländern stark unterscheiden. Für das Betreiben von Luftsportgeräten wie Drachen und Gleitschirmen samt übriger dazu gehöriger Ausrüstung ist in Deutschland per Verordnung zur Prüfung von Luftfahrtgerät eine Musterprüfung vorgeschrieben (zulassungsbefreite Luftsportgeräte sind musterprüfpflichtig nach LuftGerPV §11 – die technischen Musterprüfanforderungen sind festgelegt in den LTF 91/09 für Gleitschirme und HG, 2.DVLuftGerPV). Diese Musterprüfung durfte bis zum 31.12.2013 ausschließlich von einer vom LBA zugelassenen Musterprüfstelle durchgeführt werden. Der Gesetzgeber hatte dann im März 2013 festgelegt, dass die LBA-Anerkennungen für LTF-Musterprüfstellen zum 01.01.2014 auslaufen und dass stattdessen für die Musterprüfstelle des DHV eine Akkreditierung durch die Deutsche Akkreditierungsstelle DAkkS erforderlich ist.

Parallel zur deutschen LTF wurde schon seit 1996 für den Bereich Gleitschirm eine eigene freiwillige europäische Norm entwickelt, die sogenannte EN. Diese wurde 2005 fertiggestellt, ist aber als Norm für ein Luftsportgerät nicht mit einer EU-Regelung gleichzusetzen. Dafür verantwortlich ist die CEN (Comité Européen de Normalisation), eine private Organisation, die mit europaweiten Normen die europäische Wirtschaft und Produktqualität im Sinne der Verbraucher fördern soll. Die EN-Normen regeln auf privatrechtlicher Basis aber nur Prüfungen für Gleitschirme, Rettungsschirme und Gurtzeuge, sonstige Gleitschirmausrüstung wie etwa Protektoren oder Schleppklinken kommen in den diesen EN-Normen überhaupt nicht vor, genauso wenig wie der gesamte Drachenbereich.

Unter bestimmten Voraussetzungen ist auch eine Anerkennung ausländischer behördlicher Prüfungen für den Betrieb von Luftsportgerät in Deutschland möglich, der Gesetzgeber sagt hier:
Muster- oder Gerätezulassungen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind unmittelbar gültig und ersetzen die Prüfungen nach den Absätzen 1 und 2.
Die einzige Behörde, die in Europa eine Zulassung von Luftsportgeräten, in diesem Fall ausschließlich für Motorschirme, erteilt, ist allerdings das französische Pendant zum LBA, die DGAC (Direction générale de l'aviation civile). Sonst gibt es keinerlei Zulassungen von Luftsportgerät durch einen Mitgliedstaat. Prüfungen von privaten Prüfstellen (wie etwa im HG-Bereich), auch von Verbänden ohne staatliche Beauftragung oder Akkreditierung, erfüllen die Anforderungen des Gesetzgebers nicht.

Was ist jetzt eigentlich der Unterschied zwischen LTF und EN, da sich doch z.B. die Flugtests fast gleichen und oft die Anforderungen der einen Norm mit zeitlicher Verzögerung  in die andere übernommen werden? Ein gravierender Unterschied ist, eine EN-Zertifizierung kann von privaten Firmen ohne Kontrolle auf privatrechtlicher Basis vergeben werden (man spricht hier vom ungeregelten Normen-Bereich). Abgesehen davon, dass sich diese Norm jeder Hersteller auch selber bestätigen könnte, ist der Verstoß gegen eine solche Norm mit keinerlei Konsequenzen verbunden (wie man vor kurzen sehr deutlich bei Problemen mit einem nach EN geprüften Wettkampfschirm sehen konnte). Die LTF dagegen ist eine gesetzliche Vorschrift (geregelter Normen-Bereich), mit den damit verbundenen rechtlichen Möglichkeiten der Durchsetzung. Wenn ein Gerät nicht dem geprüften Muster entspricht, eine Abweichung sicherheitsrelevant ist und eine Gefährdung für Piloten darstellt, kann der Betrieb eines solchen Geräts z.B. verboten werden. Außerdem fordert die LTF eine Prüfung ausschließlich durch zugelassene Prüfbetriebe, die durch eine übergeordnete Kontrollinstanz (früher LBA, heute Deutsche Akkreditierungsstelle) überwacht werden.

Nachdem also im März 2013 klar war, dass die Akkreditierung durch die Deutsche Akkreditierungsstelle DAkkS die LBA-Zulassung zum Jahresbeginn 2014 ablösen wird, hatte die Musterprüfstelle des DHV daraufhin ihr Qualitätsmanagementsystem entsprechend der geforderten Norm ISO EN DIN 17020 überarbeitet, dokumentiert und im August 2013 den Akkreditierungsantrag mit den erforderlichen Unterlagen eingereicht. Für die Erfüllung der formalen Anforderungen an die Akkreditierung holte sich der DHV außerdem einen in diesem Bereich erfahrenen externen Spezialisten. Leider musste auf den Audittermin dann bis zum 04. März 2014 gewartet werden, ein früherer Termin war der DAkkS nicht möglich.

Der Audittermin verlief positiv, es gab keine grundsätzlichen Probleme, allerdings einige sogenannte Abweichungen. Ich zitiere den Leiter der Prüfstelle Hannes Weininger aus einem Interview zum Thema:
Die DAkkS hat alle unsere Prüfverfahren und deren Abläufe als geeignet eingestuft. Das ist erfreulich, denn damit waren keine Anlagenbauten oder Änderungen notwendig. Selbst der äußerst komplexe Bereich der Flugmechanikmessung wurde im Bericht der DAkks als "geeignet, gut und geschickt" mit einer "ungewöhnlich ausführlichen Programmbeschreibung" bewertet. Die neuen und großen Herausforderungen waren für uns die formale Validierung der Prüfungen, unter anderem die Berechnung der Messunsicherheiten und die Darstellung des Messunsicherheitsbudgets bei den Prüfergebnissen.“

Dass es in einer Akkreditierung solche Abweichungen gibt, ist beim teilweise großen Umfang von Forderungen nicht ungewöhnlich und passiert regelmäßig. Hier reicht es, wenn einige wenige Punkte in den Abläufen nicht den Anforderungen der DAkkS entsprechen. Eine Akkreditierung wird dem Antragsteller deshalb nicht verweigert, sondern einfach erst dann endgültig vergeben, wenn alle bemängelten Punkte korrigiert sind. Eine Übergangsfrist, eine „provisorische“ oder eine Akkreditierung in Teilbereichen ist nicht vorgesehen.
Jetzt hieß es also für die Mitarbeiter der Musterprüfstelle, diese Beanstandungen zu beseitigen. Die Zusammenarbeit mit der DAkkS gestaltete sich allerdings nicht einfach, die haben momentan jede Menge Arbeit und reservierten ihre Zeit nicht exklusiv für den DHV. Anscheinend gibt es auch in vielen anderen Bereichen der Wirtschaft große zeitliche Probleme in den Akkreditierungsabläufen (1-2 Jahre bis zum positiven Abschluss werden angeblich mittlerweile zur Regel), hier war der Gesetzgeber mit seinen sehr kurzen Fristen von der Bekanntgabe einer Akkreditierungspflicht bis zur geforderten Umsetzung vielleicht etwas zu optimistisch. Die Mitarbeiter der DHV-Technik kamen dann bis Ende Juli 2014 zu einer abschließenden Lösung aller noch offenen Probleme. Aber auch, wenn nun alle Anforderungen der Akkreditierung durch die DAkkS als erfüllt, alle Abweichungen als behoben angesehen werden, steht der formale Akt der Akkreditierung noch aus (hierfür muss erst einmal der Akkreditierungsrat tagen).

Was hätte sich jetzt im zeitlichen Ablauf der Akkreditierung besser machen lassen?
Hannes Weininger: „Wir haben nicht nur den eigenen Arbeitsaufwand und die Komplexität der technischen Anforderungen unterschätzt, sondern vor allem auch den Zeitbedarf und den Zeitrahmen der Akkreditierungsstelle bei der Bearbeitung der umfangreichen Akkreditierung.“
Eine frühere Antragstellung hätte sinnvoll sein können. Der Verband wollte aber mit dem Beginn einer konkreten Umsetzung der Akkreditierung warten, bis die gesetzlichen Vorgaben bestätigt waren. Die gesamte Akkreditierung wird mehrere zehntausend Euro kosten, dieses Geld der Mitglieder gibt man erst aus, wenn sicher ist, dass das auch wirklich nötig ist (außer, wenn man gar keine Zulassung mehr hat). Die fünf Monate zwischen Bekanntgabe der Akkreditierungspflicht und dem Einreichen der Unterlagen an die DAkkS waren der Tatsache geschuldet, dass das gesamte System der Arbeitsabläufe in der Musterprüfstelle in allen Bereichen entsprechend der Norm ISO EN DIN 17020 umgestellt werden musste. Dies neben dem laufenden Betrieb, in dem auch noch eine deutlich größere Anzahl an Musterprüfungen abgearbeitet werden musste als normalerweise. Und nicht zuletzt war es eine böse Überraschung, dass vom Termin der Antragstellung bis zum Audit ein halbes Jahr verging.
 
Welche Nachteile haben die Piloten in Deutschland durch die verzögerte Akkreditierung der DHV-Musterprüfstelle jetzt gehabt. Zur Erinnerung, es gibt neben dem DHV noch zwei weitere Musterprüfstellen, die nach LTF prüfen, das sind die EAPR und Air Turquoise. Grob gesagt deckt jede etwa ein 25-50% der jährlichen Prüfungen ab (das schwankt von Jahr zu Jahr). Jeder Hersteller hat seinen Favoriten, einige wenige Hersteller wechseln auch mal oder geben Schirme verschiedener LTF-Klassen an unterschiedliche Prüfstellen. Der DHV hatte „seine“ Hersteller schon in der zweiten Jahreshälfte 2013 auf die zeitliche Verzögerung in der Akkreditierung hingewiesen, darauf wurde viele 2014er-Schirmmodelle noch in 2013 mustergeprüft, solange die Zulassung durch das LBA Gültigkeit hatte. Bis Ende Juli 2014 warteten aber natürlich einige Hersteller mit aktuellen Schirmmodellen auf eine DHV-Prüfung ihrer Produkte nach LTF. Es gab trotzdem keinen „Prüfstau“ und es mussten auch nicht tausende von Piloten in Deutschland auf ihren neuen Schirm verzichten.

Eine Gruppe deutscher Piloten war von dem Akkreditierungsproblem allerdings teilweise direkter betroffen, das sind die Piloten, die in Wettbewerben mitfliegen. Die DHV-Sportordnung, also quasi die Ausschreibung für alle zentrale Wettbewerbe, sieht vor, dass im Jahr 2014 nur mit nach LTF mustergeprüften Geräten an Wettbewerben teilgenommen werden kann. Die Zulassungsstelle von Alain Zoller, der die Schirme der Firma Ozone musterprüft, bekam mit dem Wettkampfschirm Enzo 2 dieser Firma Probleme in der EN-Prüfung (das geprüfte Muster entsprach nicht annähernd den ausgelieferten Schirmen), die Prüfung nach LTF kann auch er außerdem ohne Akkreditierung nicht vergeben. Gerade dieser Schirm, der wohl dieses Jahr leistungsmäßig mit die Spitze markiert, kann also heuer in DHV-Wettbewerben nicht genutzt werden. Einer Ausnahmeregelung, dass nachträglich die laufende Ausschreibung in der Saison angepasst wird und auch Schirme mit EN zumindest für die Nutzung in Wettbewerben im Ausland zugelassen werden, hätten alle von der Sportordnung betroffenen Piloten zustimmen müssen, sonst wären Proteste gegen Wettbewerbsergebnisse vorbestimmt gewesen. Ein Viertel der Wettkampfpiloten war gegen eine Änderung der Sportordnung. Zukünftig wird es keine Probleme mehr geben, da für Wettkämpfe von der CIVL eine neue Schirmklasse  geschaffen wurde, die Prüfungen nach CCC (CIVL Competition Class) vorgibt. CCC-Schirme dürfen dann dank einer Erprobungsregelung auch in Deutschland geflogen werden. Die Sportordnung wird entsprechend angepasst werden. Die Wettkampfproblematik kam also in diesem Fall nicht durch die verzögerte Akkreditierung der DHV-Musterprüfstelle zustande, sondern vor allem durch die fehlende Akkreditierung von Alain Zollers Musterprüfstelle Air Turquoise.

Unabhängig von der Akkreditierung für LTF-Tests führte der DHV in den vergangenen Monaten seine DHV-Safety-Tests durch, die auf große Mitglieder-Zustimmung stoßen. Diese Tests wird der Verband fortführen.

Richard Brandl
DHV Öffentlichkeitsarbeit