X
Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV
Die Aufgabe: 800 km vom Dachstein über Verbier nach Monaco
Stefan Bocks (rechts) und Christian Ammon (links)
Kaspar Henny und Stefan Bocks (Boxi): letztes shake hands vor dem Start
Foto: Red Bull
Supporter Hans Keim
Foto: Red Bull
Das EAST von Ruag (links) und das Rentschler Vario mit integriertem GPS
Foto: Red Bull

Die Red Bull X-Alps

Das erste mal hörte ich von den Red Bull X-Alps auf der Messe Free-Flight in Garmisch.

X-Alps ist eine neue Art von Gleitschirmwettkampf nämlich zu Fuß und mit dem Gleitschirm fliegend vom Dachstein nach Monaco in einer Zeitvorgabe von 3 Wochen. Wenn der erste ins Ziel kommt, haben die restlichen Piloten noch 48 Stunden Zeit, um Kilometer gut zu machen. Der erste Gedanke von mir war, selbst daran teilzunehmen. Aber davon kam ich schnell ab, weil meine Gelenke dies nicht mitmachen und ich fliegerisch ein "Schisser" bin.

Kurz nach meinen Entschluss kam Boxi und fragte mich, ob ich bei ihm Supporter machen würde. Ich sagte ihm zu, aber nur wenn er keinen anderen findet. Minuten später kam Thomas Friedrich zu mir und bat mich, bei ihm Supporter zu machen. Da musste ich ihm absagen.

Vorbereitungen

Boxi suchte krampfhaft nach einen Supporter, um mir nicht den zweiten Platz in in der Sportklasse des Onlinecontest zu versauen. Nachdem zwei Wochen vor dem Start Racedirektor Steve Cox Boxi ein Ultimatum für den Eintrag seines Supporters setzte, musste ich herhalten. Schließlich erkämpfte Boxi drei Wochen Urlaub am Stück  beim Arbeitgeber und auch bei seiner Familie. Die Suche nach Sponsoren viel ihm etwas leichter, da Red Bull als Initiator des Wettkampfs für eine gute Vermarktung sorgt.

So fanden sich mit Aerosport, Gin mit einem Boomerang in Leichtbauweise, Sup Air mit den Gurtzeugen Radical für Boxi und X-Alps für den Supporter, Renschler mit den Varios: Solario, sol 17 mit doppelter Speicherkapazität an Treckpunkten und Funkgeräten, Gore mit Airvantage und Goretex Bekleidung von Odlo, Coloplast mit Urinalcondomen und Blasenpflaster einige Sponsoren. Dies verhalf uns mit dem Preisgeld von Red Bull zu einer finanziellen Nullrunde. Die Reiseapotheke wurde mit Rücksprache des Olympiastützpunktes zusammengestellt.

Eine Waage wurde fester Bestandteil im Wohnzimmer der Familie Bocks. Nahezu jeden Feierabend wurde über jedes zu tragende Gramm der Ausrüstung und die volle Ausnutzung der Wettkampfregeln nachgedacht. Laut Wettkampfreglement wäre Kajak fahren und Reiten, nicht unter die Hilfsmittel für den Athleten gefallen. Aber die Wettkampfregeln wurden am Tag vor dem Start nochmals verschärft, so dass man nur noch Gleitschirmfliegen und Wandern erlaubt waren. Der Pilot musste Gleitschirm, Gurtzeug, Rettung, Helm, East von Ruag (GPS, das die GPS-Koordinaten in Form einer SMS zum Wettkampfbüro schickt, um den Treck der Piloten im Internet für die Zuschauer ca.15 min verzögert sichtbar zu machen) und einen Notfunkmelder immer bei sich tragen. Den Rest (Wasser, Brotzeit, Bekleidung, Schuhe, Vario) darf der Supporter tragen, der alle erdenklichen Hilfsmittel benutzen darf bis auf motorisierte Luftfahrzeuge. Durch die drastische Gewichtsreduzierung der Ausrüstung, wie auch im Verlauf des Wettkampfes des Piloten (ca. 10 kg Abnahme des Bierbauchs), wurde der Supporter auch noch zum Wasser(ballast)träger, um für den zu groß gewählten Boomerang die nötige Flächenbelastung zu gewährleisten.

Die Vorbereitungen nahmen neben der Arbeit sehr viel Zeit in Anspruch, sodass wir uns vor dem Wettkampf nur zweimal am Abend trafen, um Taktik, nötige Logistik für einen zuvor nie dagewesenen Wettkampf (vergleichbar Tour de France ohne Etappenziele im Einmannteam) zu durchdenken. Am ersten Abend schickte uns der Himmel ein Zeichen, einen doppelten Regenbogen, der direkt vor Boxis Zuhäusl des Bergbauernhofs erdete.

Freitagnachmittag nach vollbrachter Arbeit und einer Henkersmalzeit bei Aerosprort kamen wir endlich zum Packen. Das Material aus Fahrzeugen und Wohnzimmer wurde auf dem Hof nach Wichtigkeit hingeschmissen (es sah aus wie auf einem Schlachtfeld!), um Boxis geländegängigen Bus unsortiert wieder zu beladen. Zeitdruck!!! Freitagabend Einchecktermin für die X-Alps in der Ramsau am Dachstein. Wir haben ja noch Zeit bis zum Start am Montag, um alles zu sortieren. Pustekuchen der Stress ging am Wochenende weiter:

- Aushändigung des Materials seitens Red Bull

- Schirm mit Werbung bekleben

- Begrüßung

- Abendessen

- Zimmer einchecken

- Vortrag des Schweizer Wetterdienstes, der uns täglich Wetter SMS sendete

- Einweisung in Sony/Ericsson Handys und Sony Videokamera

- Einweisung in das East von Ruag das die "Liveberichterstattung" des Wettkampfs im Internet erst ermöglichte

- Vorstellung der X-Alps Homepage

- Testen des Notfunksenders

- Photoshooting

- Interviews für die Presse

- Vorstellung der Teams und Besprechung der Wettkampfregeln

- Organisieren von Funkgeräten, Batterien, Kabel...

Beim Warten auf den Start traf Boxi Christian Ammon, der ihm Tipps für die ersten Streckenkilometer gibt. Boxi versucht sich zu entspannen, indem er mit seinem Modellflieger spielt.

Tag eines Supporters

- ca. 6 Uhr aufstehen

- Frühstück machen

- evtl. Tapen

- Wetterdaten und Wetterberichte einholen

- Hilfe bei Taktieren, Startplatzwahl und Routenwahl  (kompetente Piloten möglichst in ihrer Sprache befragen, kürzesten Weg mit Auto suchen, Talwind und Regenschauer an Piloten durchgeben...)

- Helfen beim Tragen (was das Reglement erlaubt)

- Dummy spielen

- Filmen und Photographieren (Pflicht: Filmmaterial alle 36 Stunden bei Rennleitung abgeben)

- Autofahren, Autofahren, Autofahren...

- Landkarten kaufen

- Essen, Trinken oder was der Pilot sonst will kaufen (Geschäfte suchen)

- Kochen

- Abspülen

- Aufräumen

- Tanken

- Passstraßen fahren und telefonieren

- Dem sich in der Luft befindenden Piloten übers Telefon orten und die Flugroute erklären (sehr spannend)

- Wiederfinden des Piloten über den 7.Sinn, wenn kein Handynetz vorhanden ist

- Sorgen machen, wenn keine Info vom Piloten und kaum fliegbare Bedingungen vorherrschen

- Isoliert (keine normalen Unterhaltungen)

- Sich anfauchen lassen und dabei gut gelaunt sein

- Athleten managen (motivieren oder bremsen)

- Informationen über die Konkurrenz sammeln

- Täglich Interview geben oder Bericht fürs Internet schreiben (Pflicht ansonsten Strafzeit)

- Bus fahrklar, essklar und schlafklar machen

- ca. 24 Uhr schlafen ohne zu schnarchen (wenig Schlaf!!!)

Hans Keim