X
Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV
Boxi beim Frühstücken
Boxi kämpft gegen den Wind
Foto: Red Bull

Foto: Red Bull
Aufstieg
Foto: Red Bull
grün: Kaspar Henny, blau:Buhara Arif Kemal, rot: Boxi
Boxis Route

15.7.03 Gefangen im Gasteinertal

Um 6 Uhr stehen wir auf und frühstücken. Müsli mit Banane und Äpfel, "des gibt a Kraft" sind sich Hans und ich einig. Viel zu früh brechen wir auf, und so stehen wir schon um 8 Uhr am Startplatz, der uns nicht gerade einladend mit einem 20 er Rückenwind empfängt. "Das ist sicher nur der morgendliche Ausgleichswind" beruhigen wir uns gegenseitig und hoffen auf die prophezeite Thermik ab 9! Tatsächlich unterbrechen gelegentlich thermische Ablösungen bereits nach 9 Uhr den starken Westwind und so mache ich mich um halb zehn startklar.

In einer Ablösung starte ich hochmotiviert in den Osthang und der erste Bart trägt mich tatsächlich schon über den staunenden Hans- allerdings treibt mich die Thermik mit dem Westwind geradewegs ostwärts und so verlasse ich den morgendlichen Bart um Richtung Rauristal zu fliegen. Ohne Thermik ist der Wind noch stärker und so finde ich mich gleich wieder unterhalb des Startplatzes wieder um erneut den gleichen Bart auszugraben. Nach mehrmaligem Wiederholen dieses sinnlosen Unterfangens, muss ich nach zwei Stunden und einer kleinen Thermikpause 600 hm tiefer einlanden und wieder hochlaufen. Sollte der Wind doch stärker sein als vorhergesagt? Nach dem zweiten Start bestätigt sich die Vermutung- gnadenlos werde ich gegen den eigentlichen Kurs wieder ins Gasteinertal gespült und zu allem Überfluss ruft mich schon der erste besorgte Freund an und fragt pädagogisch sinnvoll, ob ich denn schon weiß, wo Monaco liegt und daß ich gerade in die falsche Richtung geflogen sei. Nun lasse ich mich vorerst noch nicht beirren und packe mein Zeug, freue mich über das geringe Gewicht und spurte hoch um den Westhängen folgend doch noch Richtung Zell am See zu fliegen. Eine Wiese 500 hm überm Tal erscheint mir genug um bei dem Wind zu starten. Voller Entsetzen stelle ich bei den Startvorbereitungen fest, dass ich meinen Helm im Tal vergessen habe. So muss ich nochmals ins Tal joggen um den Helm zu holen, super Boxi!

Wieder zurück zögere ich keine Sekunde und starte in die vermeintliche Ablösung, als schätzungsweise der halbe Schirm in der Leewalze einklappt. Verdammt, auch das noch - mit weit aufgerissenen Augen versuche ich den Abstand zum Boden abzuschätzen, als mit einem Knall die Fläche wieder steht. Bloß weg vom Hang und Richtung Prallhang in Form einer Rippe, die ins Tal steht- shit, leider wird dort der Talwind nicht nach oben gelenkt und so muss ich abermals - zum dritten Mal - im Gasteinertal landen. Zu allem Überfluss übersehe ich noch eine Stromleitung, als ich beim Landen Richtung Schatten eines Baumes ziele und kann gerade noch den Flügel vor dem Kabel herunterstallen. Jetzt reicht es mir aber, der Helm fliegt wie eine Frisbeescheibe davon, dann rufe ich Hans an und bitte ihn um Hilfe. Wir müssen ganz rauf, erkläre ich ihm und eine halbe Stunde später machen wir uns zusammen auf den großen Aufstieg großteils ohne Weg. 2 Stunden später, gegen 16 Uhr stehen wir kurz unterhalb des Gipfels, witzigerweise nur 2 Stunden früher als gestern fast an der gleichen Stelle. Nicht gerade motivierend, mal so eben einen Tag nach hinten zu fallen…

Ich muss noch eine weitere Stunde warten, da (was sonst) eine größere Abschattung keine Thermik erwarten lässt. Der Hans ist inzwischen schon wieder auf dem Abstieg, als ich zögernd starte. Wenigstens jetzt kann ich Höhe gewinnen und versuche daraufhin aus dem engen Gasteinertal zu entfliehen. Der Talwind, der sich durch die Düse am Taleingang noch verstärkt forderte das Äußerste, was ich aus dem Schirm und mir herausholen kann - ständig muss ich abschätzen, ob mir die Flucht durch das unlandbare Klammstück gelingen wird. Mit dem letzten Hemd rette ich mich durch das Schlüsselloch ins untere Pinzgau. Puh, geschafft. Sanft gleite ich, zwar tief aber innerlich befreit, bis kurz vor Zell am See und freue mich schon fast auf den ersten längeren Fußmarsch.

Im Gasthof Schett, neben dem bekannten Landeplatz bei Zell am See, gibt es ein von der hilfsbereiten Wirtin Lisa spendiertes anständiges Abendessen mit Hans und der Crew rund um Michaela Binder von Red Bull. Auch die verspätete restliche Regenausrüstung von Gore Tex wird wie versprochen vom Werkspraktikanten vorbeigebracht.

Der nachfolgende fünfstündige Fußmarsch zum Wildkogel lässt mich schon mal erahnen, was da noch auf uns zukommen sollte…

Hans:

Nach dem ersten Start macht Boxi gleich Höhe, ich jubele und jauchze ihm zu. Später bin ich frustriert, da ich die Route etwas nördlicher gewählt hätte und nicht so nahe am Alpenhauptkamm. Die Mitteilung, dass Boxi kurz vor Bruck gelandet ist, stimmt mich wieder positiver. Dank Lisa brauche ich auch nicht kochen und kann während Boxi weiter maschiert noch ein bisschen bei einem Bierchen mit ihr ratschen. Da kommt sogar ein wenig Urlaubsstimmung auf, die aber kurze Zeit später, bei der Suche nach einem geeigneten Schlafplatz für den Bus, zunichte gemacht wird