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Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV
Stefan Bocks (Boxi)
Foto: Red Bull
Kaspar Henny (rechts) und Boxi voller Vorfreude
Foto: Red Bull
Start am Dachstein von Will Gadd
Foto: Red Bull
Boxi macht sich auf den Weg nach Monaco
Foto: Red Bull
David Dagault über dem Dachstein
Foto: Red Bull
Boxi schnorrt Bier vom "Jaga Miche"
grün: Kaspar Henny, blau: Holger Herfurth, hellblau: Buhara Arif Kemal, rot: Boxi
Boxis Route

14.7.03 Start vom Dachstein

Dann der Start, ich bin zwar etwas aufgeregt, aber die Routine lässt keine Fehler zu. Die Kappe füllt sich und mit jeder Zelle verlässt mich das Gefühl der Anspannung. Mit einem kreischenden "Vive la France" stürze ich mich über das Schneefeld ins Rennen. Obwohl ich mit einer komplett neuen und damit ungewohnten Ausrüstung hinauskatapultiert werde, überkommt mich sofort ein Gefühl der Vertrautheit. Die Thermik ist ruhig, die Piloten um mich herum aufmerksam und die Kulisse gewaltig. Ich merke wie nach und nach der Stress der letzten Tage weicht und lasse den ganzen Trubel hinter mir. Dies ist genau das, was ich mir schon immer bei einem Wettkampf gewünscht habe, eine ordentliche Aufgabe, genug Freiraum für Entscheidungen und natürlich gutes Wetter. Ruhig ist es endlich geworden, nur das Renschler Vario klingt wie eine Symphonie. Der Kopf wird endlich frei für das Wesentliche, da fällt auch schon der Startschuss. Der kleine Schwarm Zugvögel formiert sich in Richtung Monaco.

Was mag wohl jetzt in den Köpfen der Piloten vorgehen? Vielleicht, wie weit es noch ist oder wie lange das jetzt wohl dauert? Nun, wahrscheinlich denkt sich nach der ersten Talquerung jeder Zweite: shit, less thermals than expected here. Und dann wird es wirklich ernst, einige Piloten landen tatsächlich nach nur wenigen Kilometern. Auch mein Kopf füllt sich wieder mit Stresshormonen- sollte das wirklich schon das Ende des Fluges hier sein? In Talmitte kralle ich mich mit aller Kraft in einen Nullschieber und lasse mich auf eine Nordwestflanke hintreiben. Verdammt tief kann ich dort Meter um Meter Höhe gewinnen und weiter Richtung Westen fliegen. Ich lasse mich immer weiter Richtung Süden treiben, da auch die Wolken dort bessere Thermik erwarten lassen. Kurz vor dem Gasteinertal muss ich landen und komme erstmalig in den Genuss, mit meiner gewichtsoptimierten Ausrüstung wieder den Berg raufzugehen. Wie weit mögen wohl die anderen heute geflogen sein, mit meinen paar Kilometern bin ich zwar nicht glücklich, aber bis Monaco ist es ja noch ein ganzes Stück. Oben angekommen, besprechen Hans und ich wie es nun weitergehen soll. Zwar erscheint mir ein Abgleiten aus dem Gasteinertal mit anschließendem 40 km Fußmarsch nach Zell am See durchaus sinnvoll, dennoch nicht gerade einladend. Noch dazu sollte der nächste Tag ein vielversprechender Flugtag werden und so werden wir nach einem Tipp vom XC-Freak Wolfgang Dertnig in der Idee bestärkt, nach dem Abgleiten ins Gasteinertal auf den Gernkogel zu gehen um am nächsten Morgen mit Thermikbeginn  zur Schmittenhöhe zu fliegen, bevor die ersten X-alper den Startplatz verlassen. So latsche ich gemütlich die Forststrasse entlang , als ich vor einer kleinen Hütte romantische Gitarrenklänge vom "Jaga Miche" vernehme, der voll Innbrunst seiner Geliebten den Klassiker Angie vorsingt. Ich platze in die traute Zweisamkeit, erzähle kurz von meinem Auftrag und bitte um Wasser aus dem Brunnen. "Mext a hoibe?" fragt der österreichische Nachwuchskünstler, nachdem ich lachend ein kühles Bier aus dem Trog herausgefischt habe. Gern, antworte ich und so verbleibe ich eine Weile auf der Hüttenbank, bevor ich mich auf die letzten Höhenmeter zu unserem Nachtquartier aufmache.

Ich schlafe nicht besonders gut in der ersten Nacht, aber dies sollte sich bald ändern…

Hans:

Kaum bin ich in der Seilbahn nach unten zum Auto, erreicht mich ein Anruf von Boxi, er habe das GPS am Startplatz liegen lassen. Das geht schon gut los! Die Frigga steht zum Glück noch am Startplatz und fährt es mir nach Radstadt hinterher, damit ich nicht gleich am Anfang den Funkkontakt verliere. An diesem Tag treffe ich noch ein paar Supporter zum Ratschen, das später eine Seltenheit wird. Beim Suchen eines geeigneten Stellplatzes für die Nachtruhe habe ich mich gegenüber Jäger und Bauern rechtfertigen dürfen.