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Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V.

DHV

FAI geht auf Forderungen des DHV und des SHV ein

In den letzten Jahren haben sich bei internationalen Gleitschirm- und Drachenwettbewerben fast regelmäßig tödliche Unfälle ereignet, Rettungsschirmöffnungen bei GS-Wettbewerben (allein über 20 bei der letzten GS-WM in Mexiko) sind mittlerweile zur Normalität geworden. Der DHV bemüht sich schon seit langem um eine Verbesserung des internationalen Sicherheitsstandards und hat sich dabei wegen seiner nationalen Alleingänge oft dem Vorwurf der Insellösung ausgesetzt.

Nun mehren sich auch in den Reihen der Wettkampfpiloten die Stimmen, dass jetzt endlich etwas passieren muss, um dieser fatalen Entwicklung entgegen zu wirken.

Mark Hayman (britischer Teilnehmer GS-WM Mexiko):
"Wie bei den meisten Paragliding-Events gab es überdurchschnittlich viele  Rettungsschirm-Öffnungen, Abstürze, Helikopter-Rettungseinsätze, Schwerverletzte und, unglücklicherweise, einen Toten. Erst gestern musste mein Teamkollege Kirsty landen, um sich um einen schwerverletzten Piloten zu kümmern, der gecrasht hatte, nicht während dem Race, sondern kurz vor der Landung in niedriger Höhe, als sein Gleiter einklappte und einen nichtbehebbaren Verhänger produzierte. Der Himmel war derart voll von Rettungshubschraubern, die hin und her schwirrten, um hinter uns aufzuräumen, dass der Task gecancelt werden musste."

Ewa Wisnierska (Mitglied der Deutschen Nationalmannschaft in Mexiko):
".. ich habe noch bei keinem Wettbewerb so viele Verhänger wie in Mexiko gesehen. Der Trend zu noch mehr Streckung und noch weniger Leinen führt sicherlich nicht zur Besserung dieser Problematik. Aber solange die Entscheidung den Piloten überlassen bleibt, bei welchen Flugbedingungen und welche Prototypen ohne Einschränkungen sie fliegen dürfen, solange werden sie, um mit der Konkurrenz mithalten zu können, auf Kosten von Sicherheit zur Leistung greifen."

Torsten Siegel (Mitglied der Deutschen Nationalmannschaft in Mexiko):
"Die FAI muss als Erstes ihr neues Konzept für Europa- und Weltmeisterschaften überdenken. Der olympische Gedanke ist hier einfach nur gefährlich. Es gibt nun mal Länder, in denen selbst die besten nationalen Piloten viel zu wenig Wettkampferfahrung besitzen, um an einer EM oder WM teilzunehmen. Schaut man sich das Endergebnis aus Mexiko an, dann gibt es etliche Piloten, für die "Ziellinie" ein Fremdwort ist. Diese Piloten gehören nicht auf einen solchen Wettbewerb und haben auch nichts unter einem Wettkampfschirm verloren."

Uli Prinz (Mitglied der Deutschen Nationalmannschaft in Mexiko):
"Wer hier gefragt ist, ist ganz klar die FAI: Diese müsste mindestens 3 Dinge beschließen:
- Pflicht für Helme mit einer echten Schutzwirkung (sehr viele Piloten fliegen tatsächlich nur mit einer reinen Plastikschale ohne jedwede Dämpfung, so auch der hier Verunfallte, der Kopfverletzungen aufwies, bei deren Beschreibung mir übel wurde).
- Pflicht für Protektoren, mit einer echten Schutzwirkung. Manche (non-Güsi) GZ haben zwar einen Protektor, der aber dermaßen offensichtlich falsch platziert ist, dass er nichts bringt. Der Unterschied zw. 12 und 17cm Protektor? Doppelte G-Kräfte auf die Wirbelsäule!
- Einen minimalen EN-Competition Standard als Pflicht für Schirme: Test wird hierbei vom Hersteller (!) durchgeführt mit deren Testpiloten und deren Videodoku.

Für Ulis Forderungen, die auch der Beschlusslage des DHV-Vorstands entsprechen, hat sich der DHV bei der FAI/CIVL-Jahrestagung in Hall/Österreich (18.-22.2.09) energisch eingesetzt. Der DHV war dort vertreten durch den Delegierten Klaus Tänzler (DHV-Geschäftsführer) sowie im Gleitschirmbereich vom Teamchef Harry Buntz und Ligachef Dr. Dietrich Münchmeyer. Die Vorschläge des DHV und die nahezu gleichlautenden Forderungen des SHV wurden aufgegriffen. Endlich soll eine durchgreifende Verbesserung des Sicherheitsstandards in Angriff genommen werden. Frühere Sicherheitsinitiativen des DHV waren in der FAI/CIVL oft gescheitert, da dort das Prinzip "one country, one vote" gilt. Bei Abstimmungen hat der DHV als mitgliederstärkster Hängegleiterverband der Welt soviel Gewicht wie z.B. San Marino. Bis dato hatte die Mehrheitsmeinung der CIVL den über allen anderen Erwägungen stehenden Freiheitsgedanken gepflegt.
Künftig dürfen bei FAI-Wettkämpfen (GS und HG) nur geprüfte Helme zum Einsatz kommen und beim Gleitschirmfliegen wird die Protektorenpflicht eingeführt. In einer Arbeitsgruppe, der Harry Buntz angehört, werden die künftigen FAI-Mindestanforderungen an Protektoren festgelegt, für Helme wird voraussichtlich die Europäische Norm für Drachenflug- und Gleitschirmhelme als Mindeststandard gelten. Mit der besonders wichtigen Frage, welche Mindeststandards künftig für Gleitschirme gelten sollen, wird sich die Arbeitsgruppe ebenfalls befassen.

Auch die Forderung des Schweizer Teamchefs Martin Scheel, dass künftig nur die zwei besten Piloten eines Teams pro Durchgang für die Teamwertung punkten, wurde akzeptiert. Harry Buntz: "Bei der WM in Mexiko haben nur die drei Piloten gepunktet, die der Teamchef vor Wettbewerbsbeginn festgelegt hatte. Dadurch war der Druck vor allem in einer starken Nation wie der Schweiz groß, immer Leistung zeigen zu müssen und das Gerät immer wieder zum Fliegen bringen zu wollen, anstelle den Retter zu werfen."

Im Drachenflugbereich unterstützten der Experte Christof Kratzner, die Teamchefin Regina Glas und Dr. Dietrich Münchmeyer Klaus Tänzler darin, FAI-Mindestanforderungen für Wettkampfgeräte durchzusetzen. Dies war auch im Sinne des amtierenden Deutschen Drachenflugmeisters Roland Wöhrle: " Ich freue mich, wenn künftig alle Teilnehmer mit "gleicher Sicherheit" fliegen."
Während der DHV bei früheren Anläufen allein auf weiter Flur stand, kam diesmal starke Unterstützung von den Delegierten der Schweiz und Norwegen. Endlich wird nun die CIVL zusätzlich zu anderen getroffenen Sicherheitsmaßnahmen auch gegen das lebensgefährliche Herunterdrehen der Schränkungsanschläge der Drachenflügel Sanktionen verhängen. Der DHV geht seit 2 Jahren bei seiner German Open gegen das Herunterdrehen der  Schränkungsanschläge vor. Die FAI hatte bei der EM in Greifenburg zwar die Schränkungsanschläge überprüft, aber keine Sanktionen verhängt. Mit der Folge, dass viele Spitzenpiloten mit den lebensgefährlichen Einstellungen weiterflogen. Ein Schweizer Pilot kam aus diesem Grund ums Leben.

Im FAI/CIVL Plenum wurde nun einstimmig bei einer Enthaltung beschlossen, dass bei der WM 09 in Laragne das Fliegen mit zu niedrigen Schränkungsanschläge unterbunden wird. Die Einzelheiten arbeitet eine CIVL-Arbeitsgruppe unter Leitung von Dennis Pagen aus. Klaus Tänzler gehört der Arbeitsgruppe an und wird von Christof Kratzner fachlich unterstützt.

Um sicherzustellen, dass all diese richtigen Ansätze nicht in den FAI/CIVL-Arbeitsgruppen versanden, hat sich kurz nach der FAI/CIVL Jahrestagung der DHV-Vorsitzende Charlie Jöst im Kreis der Präsidenten der Europäischen Verbände erfolgreich dafür eingesetzt, dass die EHPU (European Hang Gliding and Paragliding Union) mit großem Nachdruck auf eine schnelle Umsetzung der Erhöhung des Sicherheitsstandards drängen wird.