Hinweise zur Klassifizierung von Gleitschirmen
Die Klassifizierung eines Geräts bietet einen Anhaltspunkt zur Beurteilung der Ansprüche, die es an das Können des Piloten stellt.
Die Klassifizierung wird durch die Flugtests im Rahmen des Musterprüfverfahrens ermittelt. Bei diesen Tests werden ausschließlich Aussagen zu den Flugeigenschaften, nicht aber zu den Flugleistungen getroffen. Die Gesamtklassifizierung ergibt sich aus der höchsten (=anspruchsvollsten) Beurteilung, die ein Gerät in einer einzelnen Beurteilungskategorie (Flugfigur) erhält.
Zur Beurteilung der Schulungseignung der Geräte bei der Ausbildung nach deutschem Luftrecht ist zusätzlich die jeweils aktuelle Ausbildungs- und Prüfungsordnung (APO) zu beachten.
Neueste Lufttüchtigkeitsforderungen (LTF) ab 2010.
Klassifizierung der Flugeigenschaften und Pilotenanforderungen der Klassen nach LTF.
Bei der Prüfung werden verschiedene Aspekte des Flugverhaltens des Gleitsegels gemessen und klassifiziert.
Bei der Klassifizierung nach LTF wird das Muster nach dem höchsten bei den Testflügen festgestellten Bewertungsbuchstaben in eine der nachfolgenden Klassen eingeteilt. Die Klasse soll Piloten eine Orientierungshilfe geben, ob ein Gleitsegel für ihr Pilotenkönnen geeignet ist.
LTF Klasse | Beschreibung der Flugeigenschaften | Beschreibung des erforderlichen Pilotenkönnens |
---|---|---|
A | Gleitsegel mit einem Maximum an passiver Sicherheit und einem extrem verzeihenden Flugverhalten. Gute Widerstandsfähigkeit gegen abnormale Flugzustände. | Für alle Piloten einschließlich Piloten aller Ausbildungsstufen. |
B | Gleitsegel mit guter passiver Sicherheit und verzeihendem Flugverhalten. Einigermaßen widerstandsfähig gegen abnormale Flugzustände. | Für alle Piloten einschließlich Piloten aller Ausbildungsstufen. |
C | Gleitsegel mit mäßiger passiver Sicherheit und mit potenziell dynamischen Reaktionen auf Turbulenzen und Pilotenfehler. Die Rückkehr in den Normalflug kann präzisen Piloteneingriff erfordern. | Für Piloten, die das Ausleiten abnormaler Flugzustände beherrschen, die „aktiv" und regelmäßig fliegen und die die möglichen Konsequenzen des Fliegens mit einem Gleitsegel mit reduzierter passiver Sicherheit verstehen. |
D | Gleitsegel mit anspruchsvollem Flugverhalten und potenziell heftigen Reaktionen auf Turbulenzen und Pilotenfehler. Die Rückkehr in den Normalflug erfordert präzisen Piloteneingriff. | Für Piloten, die über viel Übung im Ausleiten abnormaler Flugzustände verfügen, die sehr aktiv fliegen, die signifikante Erfahrungen in turbulenten Bedingungen gesammelt haben und die die möglichen Konsequenzen des Fliegens mit einem solchen Gleitsegel akzeptieren. |
e = Spezielle Einweisung erforderlich, z. B. wegen ungewöhnlicher Steuerung.
g = Gleitsegel wurde mit speziellem Gurtzeug mustergeprüft und darf nur mit diesem Gurtzeug
betrieben werden, da ansonsten die Lufttüchtigkeit nicht gegeben ist.
e und g sind Zusatzbezeichnungen zu den Klassifizierungsangaben.
Lufttüchtigkeitsforderngen und Bauvorschriften bis 2009.
Der Zusatz zur Gesamtklassifizierung bezeichnet bei Gleitschirmen die Gruppe von Gurtzeugen, mit welchen der jeweilige Schirm betrieben werden darf.
Klassifizierung | Zusatz | Beschreibung |
1 | Gleitschirme mit einfachem, weitgehend fehlerverzeihendem Flugverhalten. | |
1-2 | Gleitschirme mit gutmütigem Flugverhalten. | |
2 | Gleitschirme mit anspruchsvollem Flugverhalten und dynamischen Reaktionen auf Störungen und Pilotenfehler. Für Piloten mit regelmäßiger Flugpraxis. | |
2-3 | Gleitschirme mit sehr anspruchsvollem Flugverhalten und heftigen Reaktionen auf Störungen und geringem Spielraum für Pilotenfehler. Für Piloten mit umfassender Flugerfahrung und regelmäßiger Flugpraxis. | |
3 | Gleitschirme mit sehr anspruchsvollem Flugverhalten und sehr heftigen Reaktionen auf Störungen und geringem Spielraum für Pilotenfehler. Für Piloten mit überdurchschnittlich hohem Pilotenkönnen. | |
| G | Nur spezielle, namentlich aufgeführte Gurtzeuge sind mit diesem Schirm zugelassen |
| GH | Brustgurtzeuge - Alle Gurtzeuge, die der Gurtzeuggruppe GH angehören, sind mit diesem Gleitschirm zugelassen (dieser Gruppe gehören fast alle modernen DHV-zugelassenen Gurtzeuge an) |
| GX | Gurtzeuge mit festen Kreuzgurten - Alle Gurtzeuge, die der Gurtzeuggruppe GX angehören sind mit diesem Gleitsegel zugelassen |
| Biplace | Der Schirm ist für doppelsitzigen Betrieb zugelassen |
| Y | Hängegurtzeug (frühere Konstruktion) |
| S | Spezialgurtzeug |
Während früher Gleitschirme der Klassen 1 und 1-2 als "Gurken" verschrien waren, stehen sie heute in ihren Flugleistungen den anspruchsvolleren Klassen kaum nach, bieten jedoch dem Piloten ein Höchstmaß an aktiver und passiver Sicherheit. Sie empfehlen sich für jedermann, der diesen Sport selten ausübt, oder für den weniger die sportliche Höchstleistung, als vielmehr der pure Fluggenuß im Vordergrund steht.
Auf der anderen Seite verlangen heute Gleitschirme der Klasse 2, die früher bereits im Rahmen der Schulung empfohlen wurden, wegen ihres höheren Geschwindigkeitspotentials einen aktiv fliegenden Piloten, der imstande ist, bei Störzuständen gezielt zu reagieren. Der routinierte Pilot wird aber ein feines Handling und ein hohes Maß an aktiver Sicherheit feststellen - und das bei Flugleistungen, die früher ausgereizten Hochleistern vorbehalten waren.
Beim Lesen der Testberichte sollte beachtet werden, daß das Fliegen von Testfiguren und deren Beurteilung nach einem streng festgelegten Schema erfolgt, denn nur so ist es möglich, die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten und diese mit festgelegten Grenzwerten zu vergleichen. Die Aussagen in den Testberichten ermöglichen dadurch einen objektiven Vergleich der Flugeigenschaften der Geräte untereinander, in ihrer Absolutheit gelten sie aber natürlich nur unter den festgelegten Testbedingungen. Auffälligkeiten, die sich im Beurteilungsschema nicht ausdrücken, werden gegebenenfalls im Feld "Ergänzungen zur Flugsicherheit" angeführt.
Musterprüfungen nach den Lufttüchtigkeitsforderungen können nur von Musterprüfstellen durchgeführt werden, die vom deutschen Luftfahrtbundesamt anerkannt wurden. Basis der deutschen Lufttüchtigkeitsforderungen sind die Europäischen Normen (EN). Eine Prüfung nur nach der EN allein hat in Deutschland keine Gültigkeit.